Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Mieter, Streitwert, Zustimmung, Wohnung, Anspruch, Klage, Sicherheitsleistung, Zahlung, Verfahren, Inanspruchnahme, Realofferte, Unternehmen, Lieferung, Haus, Kosten des Rechtsstreits, Treu und Glauben, kein Anspruch

Aktenzeichen  22 O 828/20

Datum:
6.9.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 33012
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Amberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden.
Betrags vorläufig vollstreckbar.Beschluss.
Der Streitwert wird auf 20.667,75 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
A.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 20.600,75 € zu.
Zwischen den Parteien ist ein Energieversorgungsvertrag bezüglich der Lieferung von Gas für das streitgegenständliche Anwesen im verfahrensgegenständlichen Bezugszeitraum nicht zustande gekommen.
Die Klägerin vermag den Beklagten daher nicht in Anspruch zu nehmen. Der Beklagte ist nicht passiv legitimiert.
1. Der Beklagte ist bereits nicht Adressat der der streitgegenständlichen Gaslieferung zugrunde liegenden Realofferte gewesen.
Empfänger der im Leistungsangebot des Versorgungsunternehmens liegenden Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrags ist dabei typischerweise derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt, was auch ein Mieter oder Pächter sein kann, dem aufgrund des Miet- oder Pachtvertrags die tatsächliche Verfügungsgewalt über die ihm überlassene Miet- oder Pachtsache eingeräumt ist (vgl. BGH NJW 2006, 1667 Rn. 20; NJW 2009, 913 Rn. 6; NJW 2011, 3509 = WM 2012, 618 Rn. 16; NJW 2014, 1951 Rn. 13; BGHZ 202, 17 = NJW 2014, 3148 Rn. 12, 14; BGHZ 202, 158 = NJW 2014, 3150 Rn. 14, 16; BGH NJW 2016, 2260 Rn. 14; NZKart 2017, 245 = IR 2017, 127 = RdE 2018, 27 Rn. 18; NJW-RR 2018, 1105 Rn. 6; jew. mwN).
Dabei ist es unerheblich, ob dem Energieversorger die Identität des Inhabers der tatsächlichen Verfügungsgewalt bekannt ist, er also etwa weiß, dass das zu versorgende Objekt sich im Besitz eines Mieters oder Pächters befindet und dieser die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss ausübt (vgl. Senat BGHZ 202, 158 = NJW 2014, 3150 Rn. 16).
Bei der Bestimmung des Angebotsadressaten kommt es durchaus maßgebend darauf an, wer den Strom verbraucht, da der Vertrag regelmäßig gerade mit der Person begründet werden soll, die aufgrund ihrer tatsächlichen Verfügungsgewalt in der Lage ist, die offerierte Energie auch zu entnehmen, mithin hierdurch das Angebot (konkludent) anzunehmen (vgl. Senat BGHZ 202, 17 = NJW 2014, 3148 Rn. 14, 17; BGHZ 202, 158 = NJW 2014, 3150 Rn. 27; LG Köln NJOZ 2019, 377 Rn. 41; Busche in Berliner EnergieR, 4. Aufl., Vorb. § 36 EnWG Rn. 27; Brändle ZfIR 2016, 714, [715]). Ist eine Wohnung vermietet, hat diese Möglichkeit typischerweise der Mieter, da ihm infolge der eingeräumten Nutzungsbefugnis auch die tatsächliche Sachherrschaft über die gemieteten Räume und die darin befindlichen Versorgungsanschlüsse zukommt (vgl. Senat BGHZ 202, 158 = NJW 2014, 3150 Rn. 21; NJW-RR 2018, 1105 Rn. 4, 6).
Nach diesen Maßstäben hat sich vorliegend die Realofferte an die beiden Mieter der Wohnungen des streitgegenständlichen Anwesens, Frau I. J. und deren Sohn, gerichtet.
Nur diesen stand aufgrund des Mietvertrags die tatsächliche Verfügungsgewalt über die sich jeweils in der Wohnung befindlichen Versorgungseinrichtungen zu. Damit befanden allein sie über den jeweiligen Gasverbrauch in der Wohnung.
Demzufolge musste der Beklagte, dem ohnehin bei ordnungsgemäßem Verlauf der Dinge nicht die Möglichkeit offen stand, über diesen Zähler Strom zu verbrauchen, die Zurverfügungstellung der Energie nicht als eine an ihn gerichtete Realofferte verstehen (vgl. auch BGH aaO).
2. Jedenfalls aber hätte der Beklagte eine an ihn gerichtete Realofferte nicht (konkludent) angenommen.
Das Gericht verkennt nicht, dass es sich für die Klägerin als Energielieferanten aufgrund der Tatsache, dass im streitgegenständlichen Anwesen nur ein Gaszähler für zwei Abnehmer existiert, als schwierig erweisen dürfte, den konkreten Gasverbrauch einer Wohnung zuzuordnen.
Hierzu Abhilfe zu schaffen, wäre nur der Eigentümer berufen.
Selbst wenn aber vorliegend aufgrund dieses Umstands der örtlichen Gegebenheiten davon auszugehen wäre, dass sich die Realofferte an den Beklagten als Eigentümer des Anwesens gerichtet hat, kann allerdings nicht konstatiert werden, dass dieser sie auch angenommen hat.
Eine ausdrücklich erklärte Annahme des Beklagten liegt nicht vor.
Einem Schweigen des Beklagten auf oder einem wie auch immer gearteten Unterlassen von Maßnahmen gegen die klägerseits veranlasste Bereitstellung von Gas wohnt vorliegend kein Erklärungsgehalt inne, weswegen eine aus einem solchen Verhalten des Beklagten resultierende konkludente Annahme der Realofferte ausscheidet.
Selbst eine vom Beklagten geschaffene Weichenstellung, also die Verteilung bzw. Weiterleitung eines Gasanschlusses auf zwei Wohnungen stellte keine konkludente Annahme durch diesen dar, weil er hierdurch noch kein Gas entnommen hat bzw. Gas auf diese Weise auch generell nicht entnommen wird. Nur eine entsprechende Entnahme kann jedoch nach dem objektiven Empfängerhorizont als (unmissverständliche) Annahme der Realofferte angesehen werden.
Eine solche Entnahme ist indes ausschließlich durch die Mieter der Wohnungen des Anwesens erfolgt.
Dieser Befund ist schließlich auch mit dem Grundsatz der Leistung nach Treu und Glauben vereinbar.
Die Klägerin als Energieversorgerin ist hierdurch nicht schutzlos gestellt.
Eine nach dem objektiven Empfängerhorizont vorgenommene Gesamtbetrachtung ergibt nämlich, dass der der Gasversorgung zugrunde liegende Energieversorgungsvertrag (weiter) mit der Mieterin Ingeborg Jakob laufen und sich diese dann mit ihrem Sohn über dessen Gasverbrauch ins Benehmen setzen soll.
II.
Quais-vertragliche oder gesetzliche Ansprüche, die der Klägerin zum Erfolg verhelfen könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich.
III.
Die geltend gemachte Nebenforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung.
B.
Die prozessualen Entscheidungen ergehen aufgrund der §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 S. 1, 2 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.


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