Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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Aktenzeichen  414 C 22283/20

Datum:
26.3.2021
Fundstelle:
ZMR – 2021, 825
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägern 759,94 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.11.2020 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an die Klägern 143,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.01.2021 zu bezahlen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten der Streithilfe.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn ich die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Gründe

1) Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht München ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig nach § 29 a Abs. 1 ZPO und § 23 Nr. 1 GVG, nachdem die Parteien über einen Wohnraummietvertrag in München miteinander verbunden waren.
2) Die Klage ist auch begründet.
a) Mit Leistung der Miet-Sicherheit (Kaution) erwirbt der Mieter einen aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr (Schmidt-Futterer Mietrecht 14. Auflage 2019, Rn 95 zu § 551 BGB) gem. § 812 Abs. 1 BGB. Die Bedingung tritt ein, wenn der Mieter die Mietsache zurückgegeben hat. Der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters ist ab diesem Zeitpunkt erfüllbar, wenn auch noch nicht fällig. Unstrittig ist eine Mietsicherheit der Klägern in Höhe von 1.470,- € gewährt und der Mietgegenstand im Juli 2020 zurückgegeben worden. Ab da war daher der klägerische Anspruch erfüllbar.
b) Nach der Entscheidung des BGH vom 20. Juli 2016 – VIII ZR 263/14 wird der Anspruch des Vermieters auf Rückgabe eine Mietsicherheit fällig, wenn eine angemessene Überlegungsfrist abgelaufen ist und dem Vermieter keine Forderungen aus dem Mietverhältnis mehr zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen darf. Nach der Entscheidung des BGH vom 24 Juli 2019 – VIII ZR 141/17 hat sich der Vermieter nach dem Ende des Mietverhältnisses innerhalb angemessener, nicht allgemein bestimmbarer Frist gegenüber dem Mieter zu erklären, ob und gegebenenfalls welche aus dem beendeten Mietverhältnis stammenden Ansprüche er gegen diesen erhebt. Mit einer solchen Erklärung wird die Mietsicherheit abgerechnet, da der Vermieter damit deutlich macht, ob und gegebenenfalls in Bezug auf welche Forderungen er ein Verwertungsinteresse an der gewährten Mietsicherheit hat. Auch durch schlüssiges Verhalten seitens des Vermieters kann abgerechnet werden (a.a.O.). Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Vermieter mit eigenen, aus dem beendeten Mietverhältnis stammenden Forderungen gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters aufrechnet, oder nur eine Teilzahlung vornimmt und damit deutlich macht, dass ihm Gegenansprüche zustehen. Dies hat der Beklagte hier durch die vorprozessuale Abrechnung Anlage K 10 und Ablehnung der Auszahlung in Höhe der Klageforderung im Schreiben vom 09.11.2020 (Anlage K9) getan. Der Anspruch auf Rückzahlung der Rest-Mietsicherheit (Kaution) in Höhe von € 759,94 ist damit fällig geworden.
c) Dieser Anspruch ist nicht gem. § 389 BGB durch Aufrechnung des Beklagten erloschen, und dem Beklagten kann insoweit auch kein Zurückbehaltungsrecht zustehen. VVie das Gericht im Termin vom 19.03.2021 dem Beklagten versucht hat deutlich zu machen, führt eine etwaige Beschädigung des Treppenhauses durch die Beklagte oder von ihr beauftragte Personen zu einem Schadensersatzanspruch, den gemäß § 9 a Abs. 2 WEG n.F. nur die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber der Klägerin geltend machen kann. Die Treppenhauswände sind gem. § 5 Abs. 2 WEG zwingendes gemeinschaftliches Eigentum, deren Verwaltung gemäß § 18 Abs. 1 WEG n.F. der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (und damit nicht dem Beklagten) zusteht. Die vom Beklagten erklärte Aufrechnung und das von ihm reklamierte Zurückbehaltungsrecht gehen daher a priori ins Leere, weil ihm die Prozessführungsbefugnis zur Geltendmachung dieses Schadensersatzanspruches fehlt. Die vom Beklagten erhobene Gegenforderung gemäß Anlage K6 und damit die Frage, ob und wenn ja wer einen Schaden an den Treppenhauswänden angerichtet hat, war aus diesem Grund inhaltlich nicht zu prüfen, weshalb auch ein Vorgehen mittels Vorbehaltsurteil nach § 302 Abs. 1 ZPO nicht angezeigt war. Es kommt daher auch nicht darauf an, dass die Frage der Schadensverursachung entgegen der Angabe des Beklagten im Schreiben Anlage K 12 nicht unstreitig ist, auch nicht unter Berücksichtigung der Angaben im Übergabeprotokoll sowie der Fotos Anlage B1.
d) Zinsen und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten schuldet der Beklagte aus Verzug und wegen Rechtshängigkeit gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB i.V.m. der Mahnung v. 5. November 2020 (Anlage K 8).
Der Klage war aus vorgenannten in vollem Umfang stattzugeben.
3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
4) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet sich auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.


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