Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Wohnungseigentumsrecht: Zulässigkeit eines mobilen Trampolins im Ziergarten

Aktenzeichen  485 C 12677/17 WEG

Datum:
8.11.2017
Fundstelle:
WuM – 2018, 104
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG § 13, § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Der Sondernutzungsberechtigte darf in einen Garten, der in der Teilungserklärung als Ziergarten bezeichnet wird, (zeitweilig) ein Trampolin aufstellen. (Rn. 13 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Liegen nicht besondere Umstände vor, gehört es zu einem geordneten Zusammenleben von Miteigentümern iSd § 14 Nr. 1 WEG, dass spielende Kinder und auch größere Spielgeräte, soweit sie nicht übermäßig stören, hinzunehmen sind. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein nicht einbetoniertes und auch nicht anderweitig fest in dem Boden verankertes, sondern mobiles Trampolin stellt keine bauliche Veränderung iSd § 22 Abs. 1 WEG dar. (Rn. 19 – 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Klagepartei steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Die Nutzung der Gartenfläche durch das (zeitweilige) Aufstellen des Trampolins hält sich im Rahmen der Bestimmungen der Teilungserklärung.
Unstreitig besteht zugunsten der Beklagten ein Sondernutzungsrecht an dem ihrer Wohnung vorgelagerten Gartenanteil.
Die Grenzen des Gebrauchsrechts sind aus dem vereinbarten Inhalt des Sondernutzungsrechts sowie den gesetzlichen Schranken (insbes. aus §§ 13 ff. WEG) abzuleiten.
In der GO ist insoweit vorgesehen, dass die Nutzung nur als „Ziergarten“ gestattet ist. Da die Gemeinschaftsordnung im Grundbuch eingetragen wird, gelten für ihre Auslegung die Grundsätze zur Auslegung grundbuchrechtlicher Erklärungen. Maßgebend ist damit nicht das subjektiv Gewollte als Wille des Erklärenden, sondern der Wortlaut und Sinn der Eintragung, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung ergibt. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden, es sei denn, diese sind für jedermann ohne Weiteres erkennbar (BGH, NJW 2012, 3719).
Diese Maßstäbe zugrundegelegt ist der Begriff des „Ziergartens“ lediglich in Abgrenzung zu dem Begriff „Nutzgarten“ zu verstehen. Während der Nutzgarten hauptsächlich der Erzeugung von Nutzpflanzen, wie z.B. Kräutern, Obst und Gemüse als Nahrungsmittel dient, handelt es sich bei dem Ziergarten um einen Garten, in dem Pflanzen nicht mit dem Ziel der Nahrungsgewinnung, sondern lediglich aufgrund gestalterischer und ästhetischer Aspekte in unterschiedlichen Kombinationen verwendet werden, insbesondere auch im Zusammenhang mit Pflasterungen und Bekiesungen. Das Gericht legt den Begriff des Ziergartens hingegen nicht dahingehend aus, dass damit auch eine Beschränkung auf das Anpflanzen „optisch erbaulicher“ und „schmückender“ Pflanzen verbunden ist und dass Kinder in dem Ziergarten nicht spielen dürfen. Dürfen aber Kinder in dem Bereich spielen, so gehört hierzu auch das Aufstellen eines Spielgerätes, soweit nicht der Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG überschritten wird.
Der Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG wird vorliegend nicht überschritten. Eine über das zulässige Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinausgehende Beeinträchtigung geht von dem Trampolin nicht aus. Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung, die den Grad einer Bagatelle überschreitet. Ganz geringfügige Beeinträchtigungen sind daher zu dulden. Der Nachteil bemisst sich dabei nach objektiven Kriterien, sodass ein subjektiv empfundener Nachteil nicht ausreichend ist Entscheidend ist, ob sich ein Wohnungseigentümer nach der Verkehrsanschauung in entsprechender Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BeckOGK/Falkner WEG § 14 Rn. 11 m.w.N.). Im Rahmen einer Gesamtabwägung sind dabei vor allem auch die besonderen Gegebenheiten der Anlage maßgeblich, also etwa Lage, Anordnung, technische Standards. Handelt es sich z.B. – wie hier nicht – um eine Anlage mit älteren, ruhebedürftigen Personen (Seniorenwohnanlage), wird ein größeres Maß an Rücksichtnahme erwartet, als dies bei Wohnungseigentümergemeinschaften mit überwiegend jüngeren Mitgliedern der Fall ist. Das Gericht schließt sich ausdrücklich der Auffassung an, dass es zu einem geordneten Zusammenleben von Miteigentümern gehört, dass spielende Kinder anderer Miteigentümer beziehungsweise deren Mieter und dazugehörige auch größere Spielgeräte, soweit sie nicht übermäßig stören, hingenommen werden müssen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW – RR 1989, 1167; AG Braunschweig, Beschluss vom 04.08.2006, Az. 34 II 198/05, zitiert nach BeckRS 2007, 08852). Die Anlage ist gerade im hier streitgegenständlichen Bereich geprägt von einem großen Kinderspielplatz, der auch in der „Blickachse“ zwischen der Einheit der Klagepartei und der Beklagtenpartei liegt. Das Trampolin erscheint zwar groß, aber nicht überdimensioniert, vor dem Trampolin sind überdies bereits Pflanzungen vorgenommen worden.
Das nicht einbetonierte oder sonst fest in dem Boden verankerte Trampolin stellt auch keine bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG dar.
Bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 S. 1 WEG ist jede Maßnahme, die über eine ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung oder modernisierende Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht, auf das gemeinschaftliche Eigentum bezogen ist, das gemeinschaftliche Eigentum umgestaltet, auf Dauer angelegt ist, das gemeinschaftliche Eigentum also nicht nur vorübergehend umgestalten soll und nicht unerheblich in die vorhandene Substanz eingreift oder einen substanziellen Eingriff ins Grundstück darstellt (BeckOK WEG/Elzer § 22 Rn. 6). Das Vorhandensein des mobilen Trampolins im Garten hingegen betrifft – im Gegensatz etwa zu einem festen Gartenhaus oder Geräteschuppen – die tatsächliche Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums nicht. Das Spielgerät ist nicht auf Dauer angelegt, es befindet sich nicht immer, sondern nur „saisonal“ in der wärmeren Jahreszeit in dem Garten (vgl. im Gegensatz dazu LG München I, ZWE 2016, 95).
Das Gericht hält es für überzeugend, dass eine Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, welches dieses ohne einen Eingriff in die Bausubstanz umgestaltet, keine bauliche Veränderung ist, sondern ein – ggf. unzulässiges – Gebrauchmachen, und dass dieses Ergebnis augenfällig wird, wenn man in andere Lebensbereiche schaut: stellt jemand auf öffentliches Land etwas ab, mag es noch so schwer sein, etwa einen 7,5-Tonner, ist dieses keine bauliche Maßnahme. Eine Maßnahme ohne erheblichen Substanzeingriff – aufstellen, anleuchten, hinlegen – ist daher ein Gebrauchmachen vom gemeinschaftlichen Eigentum, dessen Zulässigkeit sich allein nach §§ 13 – 15 WEG und den Vereinbarungen und Beschlüssen bemisst (BeckOK WEG/Elzer § 22 WEG Rn. 22).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Ähnliche Artikel


Nach oben