Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde: Wert der Beschwer bei einem Streit über das Bestehen eines Mietverhältnisses von unbestimmter Dauer; eigener Beschwerdewert der Widerklage

Aktenzeichen  VIII ZR 16/19

Datum:
4.2.2020
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2020:040220BVIIIZR16.19.0
Normen:
§ 8 ZPO
§ 9 ZPO
§ 544 Abs 2 Nr 1 ZPO
Spruchkörper:
8. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend LG Aachen, 20. Dezember 2018, Az: 2 S 150/17vorgehend AG Aachen, 29. Juni 2017, Az: 120 C 260/16

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 20. Dezember 2018 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Streitwert: 4.368 €

Gründe

I.
1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer die in § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorgegebene Wertgrenze von mehr als 20.000 € nicht erreicht. Die (Rechtsmittel-)Beschwer der zur Räumung und Herausgabe des angeblich angemieteten Anwesens verurteilten Beklagten beträgt angesichts der “vereinbarten” Miete von monatlich 364 € (nur) 15.288 € (42 x 364 €).
2
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist der Wert der Beschwer bei einem Streit über das Bestehen eines Mietverhältnisses, dessen Dauer unbestimmt ist, nach dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der Nettomiete (§§ 8, 9 ZPO) zu bemessen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 6. Februar 2018 – VIII ZR 273/17, WuM 2018, 221 Rn. 2; vom 26. September 2018 – VIII ZR 290/18, NJW-RR 2019, 72 Rn. 10; jeweils mwN).
3
Die der Berechnung der Beschwer zugrunde liegende Nettomiete richtet sich danach, welche Miete der auf Räumung in Anspruch genommene Mieter nach dem von ihm behaupteten Mietvertrag zu entrichten hat. Ein etwaiger höherer objektiver Mietwert oder eine höhere fiktive Marktmiete ist für die Beurteilung ohne Bedeutung (Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2014 – VIII ZR 214/13, WuM 2014, 219 Rn. 2; vom 23. März 2016 – VIII ZR 26/16, WuM 2016, 305 Rn. 9; vom 17. Januar 2017 – VIII ZR 178/16, WuM 2017, 162 Rn. 4; vom 6. Februar 2018 – VIII ZR 273/17, aaO Rn. 4).
4
Danach kann – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts im Nichtabhilfebeschluss zur Streitwertbeschwerde – nicht auf einen “objektiven Nutzungswert” des Anwesens von monatlich 500 € abgestellt werden, weil die ausweislich des (behaupteten) Mietvertrags vereinbarte Miete von 364 € die “Marktgegebenheiten” nicht widerspiegele. Vielmehr ist nach Vorstehendem die nach diesem Mietvertrag zu entrichtende Miete maßgebend.
5
2. Der auf Feststellung des Fortbestehens des Mietverhältnisses gerichteten Widerklage ist kein eigener Beschwerdewert beizumessen.
6
Aufgrund der wirtschaftlichen Identität der Streitgegenstände von Klage und Widerklage scheidet eine Zusammenrechnung der Werte für die Rechtsmittelbeschwer der in beider Hinsicht unterlegenen Beklagten aus (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1994 – XII ZR 50/94, NJW 1994, 3292 unter 3a; Beschlüsse vom 22. Mai 2002 – VIII ZR 49/02, juris Rn. 4; vom 10. Juli 2014 – V ZR 322/13, juris Rn. 10). Die Frage des Bestehens des im Rahmen der Widerklage festzustellenden Mietverhältnisses war vorliegend auch bezüglich des Herausgabeanspruchs der Klägerin zu prüfen, so dass der gleiche Streitstoff vorliegt (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 2. November 2005 – XII ZR 137/05, NZM 2006, 138 Rn. 16).
II.
7
Im Übrigen wäre die Beschwerde aber auch in der Sache unbegründet, weil der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) nicht vorliegt. Insbesondere hat das Berufungsgericht unter Beachtung der Senatsrechtsprechung zu den Fällen behaupteter “Angehörigenmietverhältnisse” im Rahmen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (vgl. Senatsurteile vom 18. September 2013 – VIII ZR 297/12, NZM 2013, 854 Rn. 15; vom 21. September 2016 – VIII ZR 188/15, NJW 2016, 3787 Rn. 13, und VIII ZR 277/15, NJW-RR 2016, 1528 Rn. 10) die Gesamtumstände des Falles berücksichtigt, sich mit diesen eingehend auseinandergesetzt und (zutreffend) gewürdigt.
Dr. Milger     
        
Dr. Fetzer     
        
Dr. Bünger
        
Dr. Schmidt     
        
Wiegand     
        


Ähnliche Artikel


Nach oben