Patent- und Markenrecht

11 W (pat) 1/21

Aktenzeichen  11 W (pat) 1/21

Datum:
2.6.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:020621B11Wpat1.21.0
Spruchkörper:
11. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 103 62 359
hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 2. Juni 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst, der Richter Eisenrauch, Dr.-Ing. Schwenke und Dipl.-Chem. Dr. Deibele
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 27 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Februar 2016 aufgehoben und das Patent widerrufen.
2. Die Beschwerde des Patentinhabers wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Auf die am 15. Januar 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte, durch Teilung aus der Patentanmeldung 103 01 217.6 hervorgegangene Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung
2
„Behälteranordnung für Transport und Lagerung von fliessfähigen Stoffen und Verfahren zu ihrer Herstellung“
3
am 2. Januar 2014 veröffentlicht worden.
4
Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden. Die Patentabteilung 27 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das Patent durch Beschluss vom 24. Februar 2016 beschränkt aufrechterhalten.
5
Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerde des Patentinhabers und die der Einsprechenden.
6
Der Patentinhaber hat den Antrag gestellt (sinngemäß),
7
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten sowie die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
8
Den Antrag auf mündliche Verhandlung hat der Patentinhaber mit Schriftsatz vom 26. April 2021 zurückgenommen.
9
Die Einsprechende hat den Antrag gestellt,
10
den angefochtenen Beschluss aufzuheben das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
11
Ihr Vorbringen zum Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit stützt die Einsprechende u. a. auf die Dokumente
12
D4 DE 101 15 780 A1,
13
D5 DE 196 05 890 A1 und
14
D11 LECHNER, M. Dieter.; GEHRKE, Klaus; NORDMEIER, Eckhard H.: Makromolekulare Chemie – ein Lehrbuch für Chemiker, Physiker, Materialwissenschaftler und Verfahrenstechniker. 2. überarb. und erw. Aufl., Basel [u.a.]: Birkhäuser, 1996 S. 419-422 – ISBN 3-7643-5343-0.
15
Die Einsprechende macht geltend, der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Sie ist weiter der Auffassung, bei der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung gemäß Hilfsantrag 1 liege infolge des Kategoriewechsels eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs vor. Zudem beruhe auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
16
1. Der Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fassung gemäß Hauptantrag lautet mit hinzugefügter Gliederungsnummerierung:
17
1. Gegen elektrostatische Aufladung geschützte Behälteranordnung für Transport und Lagerung von fließfähigen Stoffen,
18
2. mit einem palettenartigen Untergestell (2) aus einem elektrisch-leitfähigen Material und
19
3. einem damit verbundenen Schutzgitter (3) aus einem elektrisch-leitfähigen Material, das die Seitenwände eines Behälters (1) umschließt und
20
4. dessen Wandungen durch die Herstellung im Blasverfahren mehrschichtig aufgebaut sind und
21
4.1 aus einer tragenden Basisschicht (9) aus einem High-Density-Polyethylen und
22
4.2 wenigstens einer Schicht (10) aus einem Material mit elektrisch eigenleitenden, intrinsischen Eigenschaften bestehen,
23
dadurch gekennzeichnet, dass
24
5. das Kunststoffmaterial mit intrinsischen Eigenschaften aus einer Mischung eines
25
5.1 elektrisch nichtleitenden Kunststoffs als Basiskunststoff mit
26
5.2 einem intrinsischen Kunststoff besteht, und dass
27
5.3 als Basiskunststoff ein High-Density-Polyethylen verwendet wird.
28
An diesen Patentanspruch schließen sich die erteilten, auf eine Vorrichtung gerichteten Patentansprüche 2 bis 9 an.
29
Der nebengeordnete, auf ein Verfahren gerichtete Patentanspruch 10 in seiner erteilten Fassung gemäß Hauptantrag lautet:
30
„Verfahren zur Herstellung eines Transportbehälters für eine Behälteranordnung gem. den Ansprüchen 1 bis 9 unter Verwendung eines Kunststoffmaterials mit elektrisch eigenleitenden, intrinsischen Eigenschaften,
31
dadurch gekennzeichnet,
32
dass ein Anteil eines intrinsischen Kunststoffes als Masterbatch mit einem Anteil eines elektrisch nichtleitenden Basiskunststoffs in einem vorgebbaren Volumenverhältnis in einem Extruder (15) zu dem Kunststoffmaterial mit intrinsischen Eigenschaften gemischt wird und dass das durch die Mischung gebildete Kunststoffmaterial mit intrinsischen Eigenschaften vom Extruder (15) einer Blasformmaschine zugeführt wird.“
33
An diesen Patentanspruch schließen sich die erteilten, auf Verfahren gerichteten Patentansprüche 11 bis 13 an.
34
2. Der Patentanspruch 1 in seiner beschränkt aufrechterhaltenen Fassung gemäß Hilfsantrag 1 lautet mit hinzugefügter Gliederungsnummerierung:
35
a) Verwendung eines Kunststoffmaterials mit elektrisch eigenleitenden, intrinsischen Eigenschaften aus einer Mischung
36
b1) eines elektrisch nichtleitenden Kunststoffs als Basiskunststoff mit
37
b2) einem intrinsischen Kunststoff,
38
b3) wobei als Basiskunststoff ein High-Density-Polyethylen verwendet wird,
39
c1) zur Herstellung eines Behälters einer gegen elektrostatische Aufladungen geschützten Behälteranordnung für Transport und Lagerung von fließfähigen Stoffen
40
c2) mit einem palettenartigen Untergestell aus einem elektrisch-leitfähigen Material und
41
c3) einem damit verbundenen Schutzgitter aus einem elektrisch leitfähigen Material, das die Seitenwände des Behälters umschließt,
42
d1) wobei die Wandungen des Behälters durch die Herstellung im Blasverfahren mehrschichtig aufgebaut sind und
43
d2) aus einer tragenden Basisschicht aus einem High-Density-Polyethylen und
44
d3) wenigstens einer Außenschicht des Kunststoffmaterials mit elektrisch eigenleitenden, intrinsischen Eigenschaften bestehen.
45
An diesen Patentanspruch schließen sich die erteilten und nun auf eine Verwendung gerichteten Patentansprüche 2 bis 9 an.
46
Der nebengeordnete Patentanspruch 10 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Hauptantrag durch einen auf die Verwendung angepassten Rückbezug im Oberbegriff, wobei der Oberbegriff nun lautet:
47
„Verfahren zur Herstellung eines Transportbehälters für eine Behälteranordnung unter Verwendung eines Kunststoffmaterials mit elektrisch eigenleitenden, intrinsischen Eigenschaften gemäß den Ansprüchen 1 bis 9“.
48
An den Patentanspruch 10 schließen sich die erteilten, auf Verfahren gerichteten Patentansprüche 11 bis 13 an.
49
Zum Wortlaut der Unteransprüche sowie den weiteren Einzelheiten wird auf das Streitpatent und die Akte Bezug genommen.
II.
50
Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden ist begründet, die zulässige Beschwerde des Patentinhabers ist unbegründet.
51
1. Das Streitpatent betrifft Behälteranordnungen für Transport und Lagerung von fließfähigen Stoffen, insbesondere Flüssigkeiten, die in der Regel aus einem palettenförmigen Untergestell und einem darauf aufgesetzten und von einem Schutzgitter umschlossenen Kunststoffbehälter bestehen. Infolge Reibung mit dem Füllgut könnten die Behälteroberflächen eine elektrostatische Ausladung erfahren. Bei Flüssigkeiten, deren Dämpfe leicht entzündlich seien, oder bei Verwendung in als explosionsgefährdet einzustufenden Bereichen, bestehe die Gefahr, dass durch eine Entladung der elektrostatischen Aufladung der Behälteroberfläche unter Funkenbildung eine Explosion ausgelöst werden könne (vgl. Abs. [0001]).
52
Zur Vermeidung dieser Gefahr sei aus DE 202 06 436 U1 eine Behälteranordnung der vorbezeichneten Art bekannt, bei der der Kunststoffbehälter mit einer dauerantistatischen Außenschicht aus einem Kunststoff mit einem Leitrußanteil versehen sei. Damit seien elektrische Entladungen unter Funkenbildung zwischen dem Behälter und dem Untergestell und/oder dem Schutzgitter ausgeschlossen. Ein Nachteil der vorbekannten Behälteranordnung bestehe darin, dass durch den Leitrußanteil in der Außenschicht, ggf. auch in der Wandung des Behälters selbst infolge der Zumischung von leitrußhaltigen Kunststoffabfällen die Behälterwandungen undurchsichtig sei, so dass eine optische Füllstandskontrolle nicht möglich sei. Um dies zu erreichen, sei ein aufwendiges Herstellungsverfahren vorgesehen, durch das vorzugsweise in den Eckenbereichen beim Extrusionsvorgang in den aus im Wesentlichen undurchsichtigen Kunststoffmaterial bestehenden schlauchförmigen Rohling ein Streifen aus durchscheinendem oder durchsichtigen Kunststoffmaterial eingebracht werde. Hierdurch bestehe jedoch die Gefahr, dass bei der stofflichen Verbindung zwischen dem Sichtstreifenmaterial und dem angrenzenden undurchlässigen Kunststoffmaterial infolge von Inhomogenitäten nicht die gleiche Festigkeit erreicht werde wie die der übrigen Wandbereiche.
53
Aus DE 101 24 681 A1 sei eine Transporteinrichtung mit einem Kunststoffhohlkörper und einer elektrischen Ableitung bekannt. Die elektrische Ableitung weise einen elektrisch leitfähigen Bereich auf, der aus einem elektrisch leitfähigen Kunststoff hergestellt sei, der Polyethylen oder Polypropylen sowie Rußpartikel aufweisen könne. DE 100 13 000 A1 offenbare im Blasformverfahren hergestellte Behälter, welche eine Außen- und Innenwand aufwiesen, wobei Innenwandbahnen elektrisch leitfähiges Material aufwiesen. Als elektrisch leitfähiges Material würden vorgeschlagen Metalle in jeder Form oder mit Metallspänen oder Metallfäden oder Kohlenstofffasern oder leitfähigem Ruß in ausreichender Menge gefüllte, selbst nicht leitfähige Polymere oder intrinsisch elektrisch leitfähige Kunststoffe, wie substituierte Polythiophene oder ähnliche Polymere mit konjugierten Doppelbindungen (vgl. Abs. [0002] bis [0004]).
54
Ausgehend davon soll die Aufgabe gelöst werden, einen gegen elektrostatische Aufladungen geschützten Behälter für eine derartige Behälteranordnung zu schaffen, der eine bessere Bindung der Basisschicht und zumindest der Schicht aus einem Kunststoffmaterial mit intrinsischen Eigenschaften biete (vgl. Abs. [0005]).
55
2. Als mit der Lösung dieser Aufgabenstellung betrauter Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur der Vertiefungsrichtung Kunststofftechnik mit einigen Jahren Berufserfahrung im Behälterbau anzusehen. Er ist mit der Herstellung von ein- oder mehrschichtigen Behältern aus Kunststoffmaterial mittels Blasformmaschinen vertraut und kennt das Aufbringen von dauerantistatischen Schichten sowohl während des Blasformens als auch danach (vgl. z. B. D5, Sp. 1, Z. 59 bis 64; D4, Abs. [0013], [0014]). Ihm ist bekannt, dass intrinsisch leitende Polymere, deren Leitfähigkeit nicht aus dem Zusatz leitfähiger Additive, sondern aus der Molekülstruktur resultiert, dort einsetzbar sind, wo auch gefüllte elektrisch leitfähige Polymere Verwendung finden, und dass sich die mechanische und elektrische Stabilität intrinsisch leitender Polymere durch Mischen mit elektrisch nicht leitfähigen Polymeren wesentlich beeinflussen lässt (vgl. D11, S. 419, 4. bis 6. Abs., S. 432, vorletzter und letzter Abs.).
56
Aus Sicht dieses Fachmanns wird im Streitpatent der Begriff Kunststoff für den genuinen Kunststoff verwendet, während der Begriff „Kunststoffmaterial“ für eine Mischung aus mehreren Kunststoffen verwendet wird. Dementsprechend bedeutet der Begriff „Kunststoffmaterial mit intrinsischen Eigenschaften“ eine Mischung aus einem elektrisch nichtleitenden Kunststoff mit einem Kunststoff, der aufgrund seiner molekularen Struktur elektrisch leitende, d. h. intrinsische Eigenschaften besitzt. Der Zusatz von leitfähigen Materialien aus Leitruß o. ä. oder die Einbringung von Drahtgeweben entfällt. Mit derartigen Zusätzen versehene Kunststoffe stellen im Sinne des Streitpatents kein elektrisch eigenleitendes Kunststoffmaterial dar (vgl. Abs. [0010]). Bei ihnen handelt es sich um gefüllte, elektrisch leitfähige Polymere.
57
Der mehrschichtige Behälter ist in Bezug auf die Festigkeitsanforderungen in seiner tragenden Basisschicht aus High-Density-Polyethylen (Merkmal 4.1), also HDPE, hergestellt. An die Außenschicht, also die wenigstens eine Schicht aus einem Material mit elektrisch eigenleitenden, intrinsischen Eigenschaften (Merkmal 4.2) werden praktisch keine Festigkeitsanforderungen gestellt (vgl. Abs. [0012]).
58
3. Der auf die erteilte Fassung gerichtete Hauptantrag ist zulässig, während sich die beschränkt aufrechterhaltene Fassung des Patents mit dem Gegenstand der „Verwendung eines Kunststoffmaterials …“ gemäß Hilfsantrag 1 bereits als unzulässig erweist.
59
Es mag zutreffen, dass es in der Rechtsprechung als zulässig erachtet wird, einen auf ein Erzeugnis gerichteten Patentanspruch im Nichtigkeitsverfahren auf eine bestimmte Art der Verwendung dieses Erzeugnisses zu beschränken, wenn diese Verwendung in der Patentschrift offenbart ist (vgl. BGH Mitt. 2012, 119, [Rz. 14] – „Notablaufvorrichtung“; mit Verweis auf BGH GRUR 1988, 287 (288) – „Abschlussblende“). Entsprechend dürfte dies auch für das Einspruchsverfahren gelten. Gleichwohl darf der Wechsel der Patentkategorie nicht dazu führen, dass der Gegenstand eines erteilten Patents durch einen völlig anderen ersetzt wird und es so zu einer für die Öffentlichkeit überraschenden Verlagerung des Patentschutzes kommt (vgl. BGH-Entscheidung „Abschlussblende“ a. a. O., dort beginnend auf S. 289). Ein Gegenstand, der durch das erteilte Patent zwar offenbart, von ihm aber nicht geschützt ist, kann nicht nachträglich in das Patent einbezogen und unter Schutz gestellt werden, wie sich anhand § 22 Abs. 1, 2. Alt. PatG zeigt. Neue Patentansprüche, mit denen ein Patent beschränkt verteidigt wird, müssen sich auch im Einspruchsverfahren in jeder Hinsicht als rechtsbeständig erweisen (vgl. hierzu BGH Bl.f.PMZ 1998, 282 (283) – „Polymermasse“ – und 2019, 270 (272) – „Schaltungsanordnung III“).
60
In vorliegendem Fall ist die erteilte Fassung auf eine Behälteranordnung (Endprodukt) gerichtet, während die Verwendung gemäß beschränkter Aufrechterhaltung nicht auf die Verwendung der Behälteranordnung (also auf ein grds. zulässiges „Minus“), sondern auf die „Verwendung eines Kunststoffmaterials …“ (also den Ausgangsstoff) und somit auf ein „Aliud“ gerichtet ist.
61
4. Das Streitpatent erweist sich in seiner Fassung nach Hauptantrag nicht als rechtsbeständig.
62
4.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in seiner Fassung nach dem Hauptantrag beruht gegenüber der Druckschrift D5 i. V. m. der Druckschrift D4 nicht auf erfinderischer Tätigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 4 PatG).
63
Die Druckschrift D5 betrifft Transport- und Lagerbehälter aus Kunststoff für flüssige und körnige Füllguter (vgl. Sp. 1, Z. 3, 4). Dabei kann es sich um Palettenbehälter mit einem Kunststoffbehälter, einem Gittermantel und einer Palette aus Metall handeln. Die Tragschicht eines solchen Behälters aus Hochdruck-Polyethylen kann mit einer dauerantistatischen Außen- und/oder Innenbeschichtung aus einem Kunststoff (Hochdruck-Polyethylen) mit einem Anteil Leitruß ausgestattet sein (vgl. Sp. 1, Z. 7 bis 9, 33, 37 bis 42, 47 bis 51; Merkmale 1, 2, 3, 4.1, 4.2, 5, 5.1, 5.3). Der Mehrschichtbehälter wird durch Extrusionsblasformen hergestellt (vgl. Sp. 1, Z. 59, 60; Merkmal 4).
64
Infolge des Leitrußes ist der Kunststoffbehälter gemäß Druckschrift D5 nicht mehr transluzent und somit ist der Füllstand nicht mehr auf einfache Art und Weise erkennbar.
65
Mit einem solchen Problem befasst sich auch die Druckschrift D4, die eine Transportverpackung aus Kunststoff und ein Verfahren zu Herstellung einer Transportverpackung betrifft (vgl. Abs. [0001]). In dieser Druckschrift ist ausgeführt, es gebe Kunststoffbehälter, die mit Rußpartikeln elektrisch leitfähig ausgebildet sind. Eine ausreichende Rußbeimengung führe jedoch dazu, dass der Kunststoffbehälter nicht mehr transluzent sei und somit der Füllstand nicht mehr auf einfache Art und Weise erkennbar sei. Außerdem reduzierten die eingebrachten Pigmente die Haltbarkeit der Behälter und führten insbesondere bei Fallversuchen zu einem Aufreißen der Behälter an der Bindenaht (vgl. Abs. [0006]).
66
Als Lösung offenbart die Druckschrift D4 eine Transportverpackung, die elektrisch leitfähige Polymere aufweist (vgl. Abs. [0008]).
67
Solche elektrisch leitfähigen Polymere werden als pulverförmige Beimengung vertrieben, die Kunststoffen zugegeben werden kann (vgl. Abs. [0009], Merkmale 5, 5.2); im vorliegenden Fall kommt als Kunststoff Polyethylen, insbesondere HDPE zum Einsatz (vgl. Abs. [0012], Merkmale 5.1, 5.3). Gemäß einer einfachen Herstellungsvariante wird die Kunststoffverpackung aus einem extrudierten Schlauchstück geblasen, wobei der Schlauch an seinen Trennstellen zusammengepresst wird. Die dadurch entstehenden Nahtstellen sind im Hinblick auf die Festigkeit besonders gefährdet. Jedoch beeinträchtigen die elektrisch leitfähigen Polymere die Festigkeit an den Nahtstellen nur unwesentlich (vgl. Abs. [0013]).
68
Alternativ können die Polymere auch als Lack auf die Kunststoffverpackung aufgebracht werden (vgl. Abs. [0014]), wie im Ausführungsbeispiel erläutert ist. Die dort beschriebene Transportverpackung ist als Palettenbehälter 1 (Intermediate Bulk Container) zum Transport flüssiger, auch zündfähiger Materialien ausgebildet. Der Palettenbehälter 1 weist u. a. eine Kunststoffblase 2 aus HDPE mit einer außenseitigen, elektrisch leitfähige Polymere enthaltenden Lackschicht 8 zur Vermeidung elektrostatischer Aufladung, eine metallische Palette 3 und einen Metallkäfig 9 auf. Die Lackschicht 8 ist transluzent und erlaubt, den Füllstand im Behälter von außen zu erkennen (vgl. Abs. [0023], [0024], [0026], [0027], Fig. 1; Merkmale 1, 2, 3, 4.1, 4.2).
69
Druckschrift D4 lehrt somit, entweder elektrisch leitfähige Polymere dem HDPE beizumengen und die Kunststoffblase mittels Blasverfahren herzustellen oder die Kunststoffblase aus HDPE herzustellen und anschließend Lack mit elektrisch leitfähigen Polymeren aufzutragen.
70
Der Fachmann erkennt daher, dass, auf Grund des mehrschichtigen Aufbaus des aus Druckschrift D5 bekannten Kunststoffbehälters, das in der Druckschrift D4 angesprochene Problem der Festigkeit durch die eigens vorhandene Tragschicht aus Hochdruck-Polyethylen ohne elektrisch leitfähige Zusätze nicht besteht. Zudem stellt er fest, dass durch den Lackauftrag im Anschluss an das Blasformen des Behälters gegenüber dem Extrusionsblasformen des mehrschichtigen Behälters gemäß D5 ein zusätzlicher Arbeitsschritt notwendig wäre. Folglich wird er, unter Beibehaltung des mehrschichtigen, durch Extrusionsblasformen hergestellten Behälteraufbaus bei der dauerantistatischen Außen- und/oder Innenbeschichtung aus einem Kunststoff (Hochdruck-Polyethylen) mit einem Anteil Leitruß, den Leitruß durch elektrisch leitfähige Polymere ersetzten, so dass der Mehrschichtbehälter transluzent ausgebildet ist und der Füllstand auf einfache Art und Weise erkennbar ist.
71
4.2 Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 9, der auf ein Verfahren zur Herstellung eines Transportbehälters für eine Behälteranordnung gemäß den Ansprüchen 1 bis 9 gerichtete nebengeordnete Patentanspruch 10 und dessen abhängige Patentsprüche 11 bis 13 gemäß Hauptantrag teilen das rechtliche Schicksal des Patentanspruchs 1.
72
5. Infolge der Unzulässigkeit des Hilfsantrags 1 erübrigt sich ein Eingehen auf die Patentfähigkeit der Verwendung eines Kunststoffmaterials mit elektrisch eigenleitenden, intrinsischen Eigenschaften gemäß Patentanspruch 1 dieses Hilfsantrags.


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