Patent- und Markenrecht

3 Ni 5/18 (EP)

Aktenzeichen  3 Ni 5/18 (EP)

Datum:
13.1.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:130121U3Ni5.18EP.0
Spruchkörper:
3. Senat

Tenor

 …
In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das Patent EP 2 562 002
(DE 50 2008 013 764)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2021 durch den Vorsitzenden Richter Schramm sowie die Richter Schwarz, Dipl.-Chem. Dr. Jäger, Dipl.-Chem. Dr. Wismeth und die Richterin Dipl.-Chem. Dr. Wagner
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 2 562 002 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des am 27. Mai 2008 angemeldeten und in deutscher Verfahrenssprache auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 2 562 002 (Streitpatent) mit der Bezeichnung „Flächiges Element und Verfahren zum Herstellen desselben“. Das beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 50 2008 013 764.5 geführte Streitpatent ist als Teilanmeldung aus der Stammanmeldung EP 2 158 095 hervorgegangen, nimmt die Priorität der am 27. Mai 2007 angemeldeten DE 10 2007 025 014 in Anspruch und umfasst in der erteilten Fassung 12 Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 1, 8 und 12 jeweils als unabhängiger Sach-, Verfahrens- und Verwendungsanspruch ausgestaltet sind. Die Patentansprüche 2 bis 7 und 9 bis 11 sind auf Patentanspruch 1 bzw. 8 unmittelbar oder mittelbar zurückbezogen.
2
Die erteilten nebengeordneten Patentansprüche 1, 8 und 12 lauten:
3
1. Flächiges Element (100), aufweisend
4
– mindestens ein als Aluminiumverbundplatte ausgebildetes Trägersubstrat (10), insbesondere mindestens eine Trägerplatte, und
5
– mindestens eine auf mindestens einer Fläche oder Seite des Trägersubstrats (10) angeordnete Beschichtung (30),
6
gekennzeichnet durch
7
eine mehrmalige Versiegelung (50) der vom Trägersubstrat (10) abgewandten Fläche oder Seite der Beschichtung (30).
8
8. Verfahren zum Herstellen mindestens eines flächigen Elements (100), wobei auf mindestens eine Fläche oder Seite mindestens eines als Aluminiumverbundplatte ausgebildeten Trägersubstrats (10), insbesondere mindestens einer Trägerplatte, mindestens eine Beschichtung (30) aufgebracht wird,
9
dadurch gekennzeichnet,
10
dass die vom Trägersubstrat (10) abgewandte Fläche oder Seite der Beschichtung (30) mehrmals versiegelt (50) wird.
11
12. Verwendung mindestens eines flächigen Elements (100) gemäß mindestens einem der Ansprüche 1 bis 7 und/oder eines Verfahrens gemäß mindestens einem der Ansprüche 8 bis 11 als Dekorelement, Duschwand, Möbelfront, Trennwand oder dergleichen, insbesondere in Feucht- oder Nassräumen, zum Beispiel für Duschkabinen oder für Schwimmbäder.
12
Mit ihrer am 22. Februar 2018 erhobenen Nichtigkeitsklage begehrt die Klägerin die vollständige Nichtigerklärung des Streitpatents, da das Streitpatent nicht patentfähig sei. Die Klägerin hat hierzu u.a. folgende Druckschriften eingereicht (Nummerierung und Kurzzeichen nach Klageschriftsatz):
13
K6 Alcan Singen GmbH, Prospekt „Dibond® Verarbeitung“ (02/2004), 28 Seiten
14
K7 GDA-Gesamtverband der Aluminiumindustrie e.V., Merkblatt „O3 Beschichten von Aluminium“, 7. Aufl., 1992, 17 Seiten
15
K7b Unterlagen zur Vorveröffentlichung der K7, 15 Seiten
16
K11 US 2003/0032708 A1
17
K12 DE 10 2005 016 516 A1
18
K23 DE 10 2004 032 058 B4
19
K24 F. Ostermann, Anwendungstechnologie Aluminium, Springer Verlag Berlin Heidelberg 1998, 15. Aufl., Bd. 2, 33 Seiten
20
K25 DE 600 06 739 T2
21
K26 EP 1 669 193 A1
22
K28 A. Goldschmidt und H.-J. Streitberger, BASF-Handbuch, Lackiertechnik, 2002, Seiten 199, 341, 490, 692, 768
23
K32 Interlux® Hirsch GmbH, Auszug der Produktbeschreibung „Dibond“, 14 Seiten, undatiert
24
K32a Ausdruck zu K32 aus www.archive.org, 20.9.2003, 4 Seiten
25
Der Beklagte verteidigt sein Patent in der erteilten Fassung sowie jeweils als geschlossene Anspruchssätze in den Fassungen von insgesamt 31 Hilfsanträgen. Die nebengeordneten Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen haben jeweils folgenden Wortlaut (Unterschiede zur erteilten Fassung jeweils markiert; ohne die in Fußnoten angegebenen Fundstellen der Ursprungsoffenbarung):
26
Hilfsantrag 1
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27
Hilfsantrag 2
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Hilfsantrag 3
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29
Hilfsantrag 4
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30
Hilfsantrag 5
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31
Hilfsantrag 6
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32
Hilfsantrag 7
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Hilfsantrag 8
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34
Hilfsantrag 9
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Hilfsantrag 10
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Hilfsantrag 11
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Hilfsantrag 12
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Hilfsantrag 13
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Hilfsantrag 14
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Hilfsantrag 15
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Hilfsantrag 16
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Hilfsantrag 17
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Hilfsantrag 18
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Hilfsantrag 19
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Hilfsantrag 20
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Hilfsantrag 21
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Hilfsantrag 22
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Hilfsantrag 23
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49
Hilfsantrag 24
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50
Hilfsantrag 25
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51
Hilfsantrag 26
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52
Hilfsantrag 27
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53
Hilfsantrag 28
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54
Hilfsantrag 29
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55
Hilfsantrag 30
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56
Hilfsantrag 31
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57
Wegen des Wortlauts der übrigen Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen wird auf die Anlagen zum in der Akte befindlichen Schriftsatz des Beklagten vom 22. Dezember 2020 verwiesen.
58
Die Klägerin trägt vor:
59
Das Streitpatent sei in allen verteidigten Fassungen insbesondere gegenüber den Dokumenten K24, K25 und K26 nicht neu. Jedenfalls beruhe das streitpatentgemäße Verfahren gegenüber den Dokumenten K6, K7/K7b, K11, K12, K23, K24, K28, K30, K32 oder K33 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Sowohl Aluminiumverbundplatten als auch Verfahren zu ihrer Beschichtung seien zum Zeitrang des Streitpatents vorbekannt gewesen. Ebenso sei es zum Zeitrang des Streitpatents für den Fachmann nichts Neues gewesen, Aluminiumverbundplatten zu beschichten und mehrfach zu versiegeln und diese sodann für die im Streitpatent beschriebenen Zwecke einzusetzen, vor allem zur Verwendung als Dekorelement, Duschwand, Möbelfront, Trennwand oder dergleichen, insbesondere in Feucht- oder Nassräumen. Soweit in den Entgegenhaltungen von Versiegelung die Rede sei, bedeute dies nicht, dass diese nur einfach aufgetragen werde. Wie sich aus den Druckschriften vielmehr ergebe, sei der Begriff „Versiegelung“ ein diesen Vorgang allgemein bezeichnender Begriff, der nichts über die Anzahl der hierzu aufzutragenden Schichten aussage, so dass dieser Begriff auch die Mehrfachauftragung der Versiegelungsschicht mit umfasse. Der Fachmann läse daher bei den in diesen Druckschriften allgemein bezeichneten Vorgang der Versiegelung die mehrfache Auftragung des hierfür verwendeten Lacks mit. Weder die Art der Oberflächenbeschichtung noch die Verwendung von Aluminiumverbundplatten im streitpatentgemäßen Umfang beruhten daher auf einer schutzwürdigen Idee des Patentinhabers. Vielmehr sei es für den Fachmann selbstverständlich gewesen, Aluminiumverbundplatten zu beschichten und anschließend, auch unter Aufbringung mehrerer Lackschichten, zu versiegeln. Auf die Notwendigkeit einer Mehrfachversiegelung werde selbst auf damals wie heute im Baumarkt verfügbaren Klarlackdosen hingewiesen. Wie bereits im europäischen Erteilungsverfahren diskutiert, könnte das Trägersubstratmaterial in Kombination mit der mehrfachen Versiegelung keinen synergistischen Effekt begründen, da sich aus der Wahl des Trägersubstratmaterials, auf die es nicht ankomme, kein über die mehrfache Versiegelung hinausgehender technischer Effekt ergebe. Im parallelen US-Anmeldeverfahren sei der merkmalsidentische Gegenstand wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen worden. Insbesondere sei dort festgestellt worden, dass die Vervielfältigung eines bekannten Arbeitsschrittes für den Fachmann naheliegend sei. Daher beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 auf jeden Fall nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
60
Auch die Änderungen in den Hilfsanträgen seien nicht geeignet, eine Patentfähigkeit zu begründen, weil dem dieselben Gründe wie bei der erteilten Fassung entgegenstünden. Die mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2020 eingereichten Hilfsanträgen seien, soweit damit das Streitpatent auf einen unabhängigen Verwendungsanspruch beschränkt werde, als verspätet zurückzuweisen. Die Hilfsanträge, in denen die Ansprüche auf eine bloße Verwendung des flächigen Elements als Duschwand beschränkt werde, seien auch unzulässig, denn auf den erteilten Patentanspruch 12 könnte der jeweilige Verwendungsanspruch nicht gestützt werden, weil der erteilte Patentanspruch 12 nur scheinbar als nebengeordneter Anspruch formuliert sei und es sich bei ihm in Wahrheit um einen abhängigen Anspruch handle. Bei dem in diesen Hilfsanträgen jeweils allein noch beanspruchten Verwendungsanspruch sei unklar, was mit dem Begriff „Duschwand“ gemeint sei, also ob damit die Rückwand oder die Seitenwände oder etwas Drittes bezeichnet werden solle; offenbar besage dieser Begriff nicht mehr, als dass die streitpatentgemäße Aluminiumverbundplatte für Feuchträume geeignet sei. Dem Streitpatent ließe sich aber nicht entnehmen, dass durch die Verwendung von Aluminiumverbundplatten synergetische Effekte erzielt werden könnten, durch die sich solche Platten gegenüber anderen Trägersubstraten auszeichnen würden. Die Möglichkeit zur Verwendung in Feuchträumen bestehe auch bei den Trägermaterialien der K6 bzw. der K32, da diese ausdrücklich als für den Außenbereich geeignet beschrieben würden; dies schlösse eine Verwendung in Feuchträumen ein, lege diese aber zumindest nahe. Hierfür sprächen auch die Ausführungen in dem Dokument US 5,598,674. Diese US-Patentschrift hat die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgelegt.
61
Die Klägerin beantragt,
62
das europäische Patent 2 562 002 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
63
Der Beklagte beantragt,
64
die Klage abzuweisen,
65
hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 31 gemäß Schriftsatz vom 22. Dezember 2020 erhält.
66
Der Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents in wenigstens einer der verteidigten Fassungen für schutzfähig. Zur Stützung seines Vorbringens hat er folgende Druckschriften eingereicht:
67
RGTH1 EP 2 158 095 B1 (Patentschrift der Stammanmeldung)
68
RGTH2 US 8,714,766 B2 (Erteilung der der RGTH1 entsprechenden amerikanischen Patentanmeldung in den USA)
69
RGTH3 DE 38 38 930 A1
70
RGTH4 USPTO-Prüfungsbescheid vom 27. Juli 2020 zur Anmeldung US 14/255,495
71
Der Beklagte trägt vor:
72
Das Streitpatent sei gegenüber den im Verfahren befindlichen Dokumenten neu und beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Keine dieser Entgegenhaltungen zeige die streitpatentgemäße Beschichtung und/oder die mehrmalige Versiegelung. Einige Dokumente offenbarten darüber hinaus auch nicht das streitpatentgemäße Trägermaterial.
73
Die Erfindung sei aufgrund des zum Zeitrang des Streitpatents bekannten Standes der Technik für den Fachmann ebenso nicht nahegelegt gewesen. Aus den Entgegenhaltungen läge für den Fachmann allenfalls nahe, in Abhängigkeit von der gewünschten Verwendung der Aluminiumverbundplatte die einzige Versiegelungsschicht dicker aufzutragen, er erhalte aber – was der Beklagte im Einzelnen näher ausführt – aus keiner dieser Entgegenhaltungen eine Anregung, die Aluminiumverbundplatte, wie es das Streitpatent vorsehe, mehrlagig zu versiegeln; zwar sei eine mehrfache Versiegelung bei anderen Trägermaterialien wie Holz üblich, auf die eine erfinderische Tätigkeit begründende Idee, eine mehrlagige Versiegelung auch bei Aluminiumverbundplatten vorzusehen, sei aber erstmals der Beklagte gekommen. Dies sei im Übrigen auch im US-Erteilungsverfahren ausdrücklich so festgestellt worden.
74
So zeige der Fachbuch-Auszug der K24 weder eine mehrmalige Versiegelung der vom Trägersubstrat abgewandten Fläche oder Seite der Beschichtung, noch lege die K24 in Kombination mit dem weiteren Stand der Technik einen solchen Schichtaufbau nahe. Auch sei der K24 kein Hinweis auf eine Verwendung einer mit mindestens einer Beschichtung sowie mit einer mehrlagigen Versiegelung versehenen Aluminiumverbundplatte als Duschwand zu entnehmen.
75
Die K25 gehe von einem absorptionsfähigen und/oder durchlässigen Substrat aus. Damit zeige sie aber das genaue Gegenteil zum streitpatentgemäßen Aluminiumverbundmaterial. Da die Absorptionsfähigkeit und/oder Durchlässigkeit die Verarbeitung und den Schichtaufbau maßgeblich beeinflusse, könnten der K25 keine Hinweise auf die Verarbeitung von Aluminiumverbundplatten entnommen werden. Die K25 könne den Fassungen des Streitpatents nach den Hilfsanträgen 6 bis 11, 18 bis 23 und 28 bis 31 auch deshalb nicht entgegenstehen, da in ihr ein Einsatz des Dekormaterials als Duschwand weder offenbart noch angedeutet werde.
76
Auch die K26 sehe keine mehrmalige Versiegelung der vom Substrat abgewandten Fläche oder Seite der farbigen Schicht vor, noch könne sie ihr entnommen werden. Denn die von der Klägerin als erste Versiegelungsschicht bezeichnete, über der Musterschicht befindliche penetrationsinhibierende Schicht verhindere die Durchdringung des Substrats mit der Mattglanzmuster-Tintenschicht und der von der Klägerin als zweite Versiegelungsschicht bezeichneten darüber liegenden Harz-Oberflächenschutzschicht. Der Schichtaufbau nach der K26 diene der Verhinderung der Penetration des permeablen Substrats mit Farbe und Harz, nicht aber der Gewährleistung der Kratz- und Abriebfestigkeit für die Beschichtung. Auch rege die K26 keine Verwendung des Dekormaterials als Duschwand an, so dass sie der Fassung des Streitpatents nach einem der Hilfsanträge 6 bis 11, 18 bis 23 und 28 bis 31 auch aus diesem Grund nicht entgegenstehen könne; dass die K26 verschiedene Anwendungen, darunter auch Wände und Türen für den Innenausbau, lehre, reiche hierfür nicht aus, denn hierunter subsumiere der Fachmann keine Duschwand, welche einer erhöhten Beanspruchung durch die aggressiven Reinigungsmittel ausgesetzt sei, so dass es zum Schutz einer besonderen Versiegelung unabdingbar bedürfe.
77
Eine mehrfache Versiegelung ergebe sich für den Fachmann nicht aus der K32. Denn dort werde – was, wie der RGTH3 entnommen werden könne, zum maßgeblichen Zeitrang üblich gewesen sei – nur eine Überlackierung beschrieben, die je nach Beanspruchung ausreichend dick auszugestalten sei. Ausgehend vom Stand der Technik sei für den Fachmann allenfalls eine Erhöhung der Dicke der einen Versiegelungsschicht naheliegend gewesen, nicht aber die erfindungsgemäße mehrfache Versiegelung. Darüber hinaus habe der Fachmann auch ohne erfinderische Überlegungen keine Veranlassung, die K32 mit einer der Entgegenhaltungen K6, K7b, K23, K25 oder K26 zu kombinieren. Die K6 gebe dem Fachmann keine Anregung für den streitpatentgemäßen Schichtaufbau. Der K7b könne der Fachmann lediglich entnehmen, dass der Schichtaufbau in Abhängigkeit von der Beanspruchung zu wählen sei. Dagegen habe der Fachmann die K23, K25 und K26 erst gar nicht in Betracht ziehen können. Denn die von der K23 herangezogenen Lignozellulose-Trägermaterialien wiesen ebenso wie die saugfähigen bzw. durchlässigen Trägermaterialien, von denen die K25 und K26 ausgingen, völlig andere Absorptionseigenschaften als Aluminiumverbundstoffe auf.
78
Keine der Entgegenhaltungen zeigten auch eine Verwendung der Aluminiumverbundplatte als Duschwand. Denn hierzu müsste die Platte besondere Eigenschaften im Hinblick auf die Beanspruchung durch Feuchtigkeit und chemische Reinigungsmittel aufweisen; dies sei bautechnisch durch die DIN 18534 ausdrücklich vorgeschrieben, welche Duschwände hinsichtlich ihrer Beanspruchung kategorisiere. Die Gewährleistung dieser Eigenschaften werde im Streitpatent durch die Mehrfachversiegelung erreicht. Soweit die Entgegenhaltungen überhaupt eine solche Verwendung im Blick hätten, werde dies demgegenüber auf anderem Wege erreicht, wie die in der mündlichen Verhandlung überreichte US-Patentschrift deutlich mache, bei der hierfür die Kombination einer Aluminiumplatte mit Glas vorgesehen sei, welche mit einer Mehrfachversiegelung nicht gleichgesetzt werden könne.

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