Patent- und Markenrecht

30 W (pat) 19/20

Aktenzeichen  30 W (pat) 19/20

Datum:
18.3.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:180321B30Wpat19.20.0
Spruchkörper:
30. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache
betreffend die Wort-/Bildmarke
30 2018 008 356
(hier: Löschungsverfahren S 180/18)
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 18. März 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. November 2019 aufgehoben, soweit der Antrag auf Löschung der Marke 30 2018 008 356 hinsichtlich der Dienstleistungen
“Klasse 38: Telekommunikationsdienste; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet über Partnerschaftsvermittlung und auf Informationen über damit verwandte Produkte; elektronischer Austausch von Nachrichten mittels Chatlines, Chatrooms und Internetforen; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Ehe- und Partnerschaftsvermittlung; Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im Internet, insbesondere mittels eines Online-Informationscenters für die Kundenbetreuung im Zusammenhang mit Ehe- und Partnerschaftsvermittlung; elektronische Übertragung und Weiterleitung von Tönen, Bildern, Dokumenten, Nachrichten und Daten; elektronische Ausstrahlung, Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk”
zurückgewiesen worden ist.
Die Löschung der Marke 30 2018 008 356 wird auch für die vorgenannten Dienstleistungen angeordnet.

Gründe

I.
1
Die am 28. März 2018 angemeldete Wort-/Bildmarke
2
wurde am 29. Mai 2018 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 41 sowie für die Dienstleistungen
3
“Klasse 38: Telekommunikationsdienste; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet über Partnerschaftsvermittlung und auf Informationen über damit verwandte Produkte; elektronischer Austausch von Nachrichten mittels Chatlines, Chatrooms und Internetforen; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Ehe- und Partnerschaftsvermittlung; Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im Internet, insbesondere mittels eines Online-Informationscenters für die Kundenbetreuung im Zusammenhang mit Ehe- und Partnerschaftsvermittlung; elektronische Übertragung und Weiterleitung von Tönen, Bildern, Dokumenten, Nachrichten und Daten; elektronische Ausstrahlung, Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk”
4
in das Markenregister eingetragen:
5
Mit einem am 8. August 2018 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Schriftsatz hat die Antragstellerin die vollständige Löschung dieser Marke wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG beantragt.
6
Diesem der Markeninhaberin mit Schreiben vom 7. September 2018 mitgeteilten Löschungsantrag hat diese mit einem am 18. September 2018 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Schriftsatz widersprochen.
7
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 5. November 2019 die Teillöschung der angegriffenen Marke für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 41 angeordnet, den Löschungsantrag jedoch im Übrigen, nämlich hinsichtlich der obengenannten Dienstleistungen der Klasse 38, zurückgewiesen.
8
Zwar sei das Wort “Obandln” als bayerische Variante für “anbandeln” mit der Bedeutung “Anknüpfen einer vielleicht nicht ganz ernsthaften Liebesbeziehung” weiten Teilen des Publikums auch außerhalb des bayerischen Sprachraums bekannt, zumal die ganze Republik teilnehme, wenn jedes Jahr Ende September in München mit dem Ruf “O’zapft is!” das Oktoberfest eröffnet werde.
9
Mit dieser Bedeutung weise der Begriff jedoch in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 38 keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt auf.
10
Denn bei diesen (Telekommunikations-)Dienstleistungen gehe es lediglich um die rein technische Herstellung und Realisierung von Kommunikationsverbindungen. Nach den Erläuternden Anmerkungen der Klasse 38 der Nizzaer Klassifikation enthalte diese Klasse jedoch nicht “Inhalte, die im Kommunikationsvorgang enthalten sein können”. Telekommunikation und über Telekommunikation vermittelte Inhalte seien danach zu unterscheiden. Plattformen und Portale, die für Partnervermittlung genützt würden, seien hinsichtlich ihrer technischen Qualität nicht anders als die sonstigen Firmen- und Buchungsportale ausgestaltet. Somit komme dem Wort “Obandln” im Rahmen der beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 38 Unterscheidungskraft zu.
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Die Antragstellerin hat gegen die teilweise Zurückweisung des Löschungsantrags Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend macht, dass der Begriff “Obandln” bei einer Kontaktaufnahme zur Anbahnung von persönlichen Verbindungen unter Zuhilfenahme von technischen Kommunikationsmitteln, wie Computer, Internet und Telefon auch die entsprechenden technischen Dienstleistungen, wie sie für die angegriffene Marke zu Klasse 38 eingetragen seien, beschreibe. Der Kommunikationsweg sei untrennbar mit dem beschreibenden Ausdruck “Obandln” verbunden.
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Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. November 2019 aufzuheben, soweit der Antrag auf Löschung der Marke 30 2018 008 356 zurückgewiesen worden ist und die Marke 30 2018 008 356 auch für die Dienstleistungen
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“Klasse 38: Telekommunikationsdienste; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet über Partnerschaftsvermittlung und auf Informationen über damit verwandte Produkte; elektronischer Austausch von Nachrichten mittels Chatlines, Chatrooms und Internetforen; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Ehe- und Partnerschaftsvermittlung; Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im Internet, insbesondere mittels eines Online-Informationscenters für die Kundenbetreuung im Zusammenhang mit Ehe- und Partnerschaftsvermittlung; elektronische Übertragung und Weiterleitung von Tönen, Bildern, Dokumenten, Nachrichten und Daten; elektronische Ausstrahlung, Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk”
15
zu löschen.
16
Die Inhaberin der angegriffenen Marke und Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
17
Vor der Markenabteilung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dass es sich bei “Obandln” um einen durchaus üblichen und in seiner Bedeutung auch den Inhalt der betreffenden Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriff handele, welcher aber aufgrund seiner graphischen Ausgestaltung schutzfähig sei.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
19
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, da die angegriffene Marke auch in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 38 entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden ist und das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft auch derzeit noch fortbesteht, so dass die angegriffene Marke auf den Löschungsantrag hin gemäß § 50 Abs. 1 und Abs. 2, MarkenG (in der bis 14. Januar 2019 geltenden und hier nach § 158 Abs. 8 MarkenG maßgeblichen Fassung) auch insoweit zu löschen ist.
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A. Für sämtliche absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 MarkenG gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von Schutzhindernissen zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Wird geltend gemacht, die Eintragung habe gegen einen oder mehrere Tatbestände des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 MarkenG verstoßen, so kann eine Löschung nur erfolgen, wenn das Eintragungshindernis sowohl im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke bestanden hat als auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Ist eine solche Feststellung, auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen nicht möglich, so muss es – gerade in Grenz- oder Zweifelsfällen – bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben (BPatG GRUR 2006, 155 – Salatfix; zur Feststellungslast des Löschungsantragstellers s. BGH GRUR 2010, 138, 142 [Nr. 48] – ROCHER-Kugel).
21
B. In Beachtung dieser Grundsätze lag und liegt bei der angegriffenen Marke auch in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 38 der geltend gemachte Löschungsgrund fehlender Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vor.
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1. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen Für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH GRUR 2018, 932 Rn. 7 – #darferdas? I; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2008, 608 Rn. 66 Eurohypo AG/HABM [EUROHYPO]; GRUR 2006, 229 Rn. 27 – BioID AG/HABM [BioID]; BGH GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2014, 565 Rn. 12 – smartbook).
23
Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel KGaA; BGH GRUR 2018, 301 Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 10 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).
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Maßgeblich Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013,1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffas- sung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2019, 1194 Rn. 20 – AS/DPMA [#darferdas?]; GRUR 2008, 608 Rn. 67 – Eurohypo AG/HABM [EUROHYPO]; GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord AG/Hukla Germany SA [MATRATZEN]; BGH GRUR 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).
25
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreiben- den Begriffsinhalt aufweisen, der Für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Koninklijke KPN Nederland NV/Benelux-Merkenbureau [Postkantoor]; BGH GRUR 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas? I). Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten er- fasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel Für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH GRUR 2018, 301 Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard).
26
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen fehlt der angegriffenen Marke auch hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 38 die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) sowohl zum Zeitpunkt der Anmeldung als auch zum jetzigen Zeitpunkt.
27
a. Bei dem Wortbestandteil “Obandln” der angegriffenen Marke handelt es sich um eine Abwandlung des Verbs “anbandeln” in (verschriftlichter) bayerischer Mundart. Mit dieser Bedeutung ist dieser Begriff – wovon auch die Inhaberin der angegriffenen Marke ausgeht (vgl. Schriftsatz vom 14. November 2018, Seite 2) – vor allem in Bayern durchaus gebräuchlich und somit verständlich, was nicht nur für den aus Bayern stammenden Teil der Bevölkerung, sondern allgemein für die dort lebenden Menschen, auch soweit sie aus anderen Regionen Deutschlands und/oder aus anderen Ländern stammen, gilt. Aber auch über die Landes- und Sprachgrenzen Bayerns hinaus wird “Obandln” aufgrund seiner Nähe zum hochdeutschen Verb “anbandeln”, von dem es sich in seiner Schreibweise durch den Anfangsvokal “O” und den fehlenden Vokal “e” der Endsilbe “-d(e)ln” unterscheidet, von nicht unerheblichen Teilen der Bevölkerung in diesem Sinne interpretiert und verstanden. Insbesondere die am Wortanfang von “Obandln” vorhandene Abwandlung der Anfangssilbe “an” von “anbandeln” durch den Vokal “O” ist in der bayerischen Mundart häufiger anzutreffen (vgl. https://www.bayrisches-woerterbuch.de/buchstabe-o/ zu dem Buchstaben “o”) und auch in anderen Regionen und Landesteilen Deutschlands nicht zuletzt durch das alljährliche mediale Ereignis der Eröffnung des Münchener Oktoberfests mit der traditionellen Formel beim Anzapfen des ersten Fasses Bier durch den Münchner Oberbürgermeister “Ozapft is!” durchaus verständlich (vgl. dazu auch https://www.wortbedeutung.i/Ozapft_is/).
28
Ebenso geläufig ist, dass bei einer schriftlichen Wiedergabe von Begriffen und Wörtern in bayerischer Mundart der Vokal “e” zwischen zwei Konsonanten oftmals weggelassen wird, was aber im Klangbild – wie bei “Obandln” – kaum auffällt. Hinzu kommt, dass der Verkehr zunehmend daran gewöhnt ist, mit mundartlich abgewandelten (beschreibenden) Werbeaussagen und –botschaften konfrontiert zu werden, wodurch nicht nur ein regionaler Bezug der so beworbenen Produkte vermittelt, sondern insbesondere auch eine Aufmerksamkeit hervorgerufen werden soll, die der hochdeutschen Entsprechung der betreffenden Aussage nicht zukommen würde.
29
b. Als somit einem erheblichen Teil der angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise verständliche Abwandlung des Verbs “anbandeln” in seiner Bedeutung “Anknüpfen einer vielleicht nicht ganz ernsthaften Liebesbeziehung” (vgl. DUDEN-online zu “Anbandeln”) weist der Wortbestandteil “Obandln” auch zu den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 38 einen die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausschließenden engen beschreibenden Bezug auf.
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aa. Sämtliche zu Klasse 38 beanspruchten Dienstleistungen können dazu dienen, Informationen oder Daten bereit zu stellen und/oder zu übermitteln und/oder deren Bereitstellung softwaremäßig zu unterstützen. Technisch und inhaltlich können diese Dienstleistungen Verbindungen zum “Anknüpfen einer vielleicht nicht ganz ernsthaften Liebesbeziehung” schaffen und bereitstellen, so dass der Wortbestandteil “Obandln” Inhalt und Gegenstand dieser Dienstleistungen bezeichnet. Dies gilt nicht nur für die Dienstleistungen, die ausdrücklich “für Ehe- und Partnerschaftsvermittlung” beansprucht werden (“Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Ehe- und Partnerschaftsvermittlung”), sondern auch für alle weiteren zu Klasse 38 beanspruchten Dienstleistungen, da auch diese sich inhaltlich mit der Vermittlung von Partnerschaftskontakten und damit einem “Obandln” befassen können.
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bb. Der Wortbestandteil “Obandln” eignet sich somit – wovon sogar die Inhaberin der angegriffenen Marke im Verfahren vor der Markenabteilung ausgegangen ist (vgl. Schriftsatz vom 14. November 2018, Seite 2) – auch Für die vorliegend verfahrensgegenständlichen Telekommunikationsdienstleistungen als Sachangabe, weil diese zum einen technisch die Voraussetzungen für ein “zeitgemäßes” Obandln schaffen und zum anderen zu diesen Dienstleistungen neben der rein technischen Komponente auch die inhaltliche Bereitstellung und Übermittlung von Informationen gehört. Insoweit kann entgegen der Auffassung der Markenabteilung auch nicht zwischen der Telekommunikation als technischer Dienstleistung und den über Telekommunikation vermittelten Inhalten unterschieden werden. Vielmehr besteht zwischen der technischen Dienstleistung und der Contentvermittlung ein so enger Bezug, dass das entsprechende Verkehrsverständnis zwischen Technik und Inhalt nicht mehr trennt (BPatG 26 W (pat) 72/14 – Shopping Compass; BPatG 29 W (pat) 223/04 – Dating TV; 29 W (pat) 59/10 – dress-for-less; 27 W (pat) 525/14 – Therapie.TV; 29 W (pat) 525/13 – The European; vgl. auch BGH GRUR 2010, 1100, 1102 Rdnr. 22 – TOOOR!). Der Verkehr wird daher dem Begriff “Obandln” in Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 38 den Sachhinweis entnehmen, dass diese dazu dienen und bestimmt sind, Verbindungen zum “Anknüpfen einer vielleicht nicht ganz ernsthaften Liebesbeziehung” zu schaffen und/oder bereitzustellen
32
c. An einem rein sachbezogenen Verständnis des angemeldeten Zeichens vermag auch dessen bildliche Ausgestaltung nichts zu ändern.
33
aa. Zwar kann ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis durch eine besondere bildliche oder graphische Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger Wortbestandteile erreicht werden. Einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbildes, an die der Verkehr gewöhnt ist, vermögen in der Regel den beschreibenden Charakter einer Angabe jedoch nicht zu beseitigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die grafische Ausgestaltung einer Wortmarke in einer naheliegenden Form umso weniger die erforderliche Unterscheidungskraft begründen kann, je deutlicher ein unmittelbarer Bezug der Bezeichnung zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen erkennbar ist (vgl. BGH GRUR 2001, 1153, 1154 – antiKALK; früher schon BPatG GRUR 1996, 410, 411 – Color COLLECTION; s. auch BPatG 2007, 324, 326 – Kinder (schwarz-rot)). Für inhaltsbeschreibende Angaben wie “Obandln” bedürfte es deshalb einer über eine allgemein übliche Gebrauchsgrafik hinausgehenden, phantasievollen Ausgestaltung, um von der durch die Zeichenwörter vermittelten Sachaussage wegzuführen und ein Verständnis im Sinne eines betrieblichen Herkunftshinweises zu ermöglichen.
34
bb. Daran fehlt es jedoch vorliegend. So handelt es bei der an ein altdeutsches Schriftbild angelehnten und sich von üblichen schriftbildlichen Wiedergabeformen nicht wesentlich abhebenden Darstellung des Wortbestandteils “Obandln” um eine vor allem auch bei bayerischen Dialektwörtern weithin übliche Gestaltung Verzierung des Schriftbildes ohne kennzeichnende Eigenart, die lediglich der Hervorhebung des Schriftzugs dient. Dies gilt auch für die neben dem Wortbestandteil angeordnete stilisierte und werbeübliche Darstellung eines Herzens. Denn diese gibt lediglich den Sinngehalt von “Obandln” in bildlicher Form wieder und verstärkt daher den beschreibenden Sinngehalt des Wortbestandteils, so dass der Verkehr keinen Anlass hat, darin mehr als einen werbeüblichen Hinweis auf Gegenstand und Inhalt der entsprechenden Dienstleistungen zu erkennen.
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Eine solche einfache Ausgestaltung des Wortbestandteils kann nicht zuletzt angesichts seines deutlichen sachbezogenen Aussagegehalts in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen nichts zu einer Wahrnehmung der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis beitragen.
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d. Die Marke konnte und kann damit (auch) in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Waren zu garantieren, nicht erfüllen. Die angemeldete Marke war und ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
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C. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).


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