Patent- und Markenrecht

5 Ni 16/19 (EP)

Aktenzeichen  5 Ni 16/19 (EP)

Datum:
11.5.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:110521U5Ni16.19EP.0
Spruchkörper:
5. Senat

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2021 durch die Richterin Martens als Vorsitzende, die Richter Dipl.-Ing. Univ. Rippel und Dr.-Ing. Dorfschmidt, die Richterin Uhlmann sowie den Richter Dipl.-Ing. Univ. Maierbacher
für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 2 383 534 (Streitpatent), das am 20. Dezember 2004 angemeldet worden ist und die Priorität der deutschen Patentanmeldung 103 60 705.6 vom 19. Dezember 2003 in Anspruch nimmt. Das Streitpatent trägt die Bezeichnung: „Verfahren und Vorrichtung zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln und Brennkammern“ und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 50 2004 014 524.8 geführt. Der gegen das Streitpatent eingelegte Einspruch ist mit Beschluss der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts vom 22. November 2016 (überreicht von der Beklagten als Anlage VP1) zurückgewiesen worden.
2
Das Streitpatent umfasst 7 Patentansprüche, die alle mit der Nichtigkeitsklage angegriffen sind.
3
Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 4 lauten nach der Streitpatentschrift (EP 2 383 534 B1) wie folgt:
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4
Wegen der auf die Patentansprüche 1 und 4 rückbezogenen Unteransprüche 2 und 3 bzw. 5 bis 7 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.
5
Mit ihrer Nichtigkeitsklage vom 26. Juli 2019 macht die Klägerin geltend, das Streitpatent sei mangels Patentfähigkeit (Art. II § 6 Absatz (1) Nr. 1 IntPatÜG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 (a), Art. 52 bis 57 EPÜ) für nichtig zu erklären. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei gegenüber den Dokumenten D1a bis D1d wegen offenkundiger Vorbenutzung und Beschreibung dieser Vorbenutzung nicht mehr neu. In der Aktennotiz gemäß Anlage D2 seien sowohl das Verfahren als auch die Vorrichtung deutlich beschrieben. Die im Zusammenhang mit der Anlage D2 überreichte Anlage D3 sei eine Skizze, die den Aufbau einer wassergekühlten Sprengschnurvorrichtung zeige. Darüber hinaus könne das Streitpatent auch aufgrund fehlender erfinderischer Tätigkeit seiner Gegenstände nach dem druckschriftlichen Stand der Technik keinen Bestand haben.
6
Ihren Vortrag zur fehlenden Patentfähigkeit stützt die Klägerin u.a. auf folgende Dokumente:
7
D1a Zeitungsartikel in der italienischen Zeitung II Giomo vom 08.05.2003
8
D1b Übersetzung des Zeitungsartikels D1a
9
D1c Foto vom 09.05.2003
10
D1d Notiz von Herrn A…
11
D2 Aktennotiz des Herm F… vom 21.07.2003
12
D3 Skizze von Herm R…
13
D4 Auszug aus „Sprengtechnik”, 2. Auflage 1993, S. 438 bis 442
14
D5 US 5 307 743 A
15
D6 EP 1 275 925 A1
16
D7 Artikel von S…, 1996
17
D8 EP 1 067 349 A2
18
Die Klägerin beantragt,
19
das europäische Patent 2 383 534 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im gesamten Umfang für nichtig zu erklären.
20
Die Beklagte beantragt,
21
die Klage abzuweisen,
22
hilfsweise nach Maßgabe der Hilfsanträge 1, 1‘, 2, 2‘ 3, 3‘, 4, 4‘, überreicht als Anlage VP16b zum Schriftsatz vom 6. Mai 2021, in dieser Reihenfolge.
23
Wegen der Fassung der Hilfsanträge wird auf die Anlage VP16b Bezug genommen. Die Klägerin hält die Nichtigkeitsklage auch gegenüber der Verteidigung des Streitpatents mit den Hilfsanträgen aufrecht.
24
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie hat neben der Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA (Anlage VP1) u. a. mit der Anlage VP15 eine besser lesbare Kopie von Auszügen aus der Anlage D4 vorgelegt. Der Gegenstand des Streitpatents sei bereits in der erteilten Fassung bestandsfähig. Jedenfalls gelte dies für eine der hilfsweise verteidigten Fassungen.
25
Der Senat hat die Parteien mit einem Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG vom 1. Februar 2021 auf die Gesichtspunkte hingewiesen, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sind.
26
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf deren Schriftsätze mit sämtlichen Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.
27
Die zulässige Klage ist nicht begründet und daher abzuweisen.
28
Die Klägerin konnte den Senat nicht davon überzeugen, dass das Verfahren und die Vorrichtung gemäß Streitpatent durch den Stand der Technik vorweggenommen ist bzw. dem Fachmann am Prioritätstag nahegelegen hat und somit nicht als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend anzusehen ist.
I.
29
1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln und Brennkammern.
30
Nach Angaben des Streitpatents ist es allgemein bekannt, dass Wärmetauscher, Abhitzekessel oder Brennkammern, also Räume, in denen eine Verbrennung stattfindet und die mit entsprechenden Leitungen versehen sind, durch die ein zu erwärmendes Medium strömt, in gewissen Zeitabständen gereinigt werden müssen. Grund hierfür sei, dass die Leitungen, die von dem zu erwärmenden Medium durchströmt werden, an ihrer Außenseite durch den Brennvorgang innerhalb des Brennraumes versotten bzw. von einer Schicht von Brennrückständen bedeckt sind, die den Wärmeübergang erschweren bzw. verhindern, was letztlich den Wirkungsgrad der Anlage vermindert (Absatz [0002]).
31
Das Streitpatent führt weiter aus, dass es auch bekannt sei, zur Reinigung solcher Räume und Leitungen sog. Explosionsreinigungen durchzuführen. Hierzu werde beispielsweise ein Textilsack außerhalb des zu reinigenden Raums mit einem Gasgemisch gefüllt und in den Raum, der gereinigt werden soll, eingebracht und dort zur Explosion gebracht. Bei einem solchen Verfahren entstehe eine kugelförmige Abreinigung, da die gesamte Sprengwirkung vom Textilsack, der idealerweise als Kugel angenommen werden kann, ausgeht. Problem hierbei sei, dass zwar Verschmutzungen, die außenseitig auf den Leitungen bzw. Rauminnenwänden aufgebracht sind und die direkt von der Sprengwirkung erreicht werden können, möglicherweise beseitigt werden könnten. Unbefriedigend sei das Ergebnis bei Leitungen, die das zu erwärmende Medium aufnehmen, da diese Leitungen oftmals sehr eng zueinander liegen, und die Sprengwirkung häufig Verunreinigungen, die zwischen den Rohren oder von der Sprengung aus gesehen hinter den Rohren liegen, nicht ablöse ([0003]).
32
2. Vor diesem Hintergrund bezeichnet es die Streitpatentschrift in Absatz [0004] als Aufgabe der Erfindung, unter Vermeidung der bisherigen Nachteile eine Reinigung zu erlauben, wenn die Temperatur innerhalb des zu reinigenden Raumes noch nicht auf Raumtemperatur oder eine Temperatur unterhalb 100 °C abgesunken ist.
33
3. Als Fachmann ist vorliegend ein Verfahrensingenieur mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet von Sprengreinigungen anzusehen.
34
II. Zur erteilten Fassung (Hauptantrag)
35
1. Patentanspruch 1 schlägt in der erteilten Fassung ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:
36
1. ein Verfahren zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern, wobei
37
1.1 die Verschmutzungen durch eine lineare Sprengung zwischen den zu reinigenden Leitungen gelockert und/oder abgelöst werden,
38
dadurch gekennzeichnet, dass
39
1.2 ein Rohr innenseitig mit einer Sprengschnur versehen,
40
1.3 von einem Kühlmedium durchströmt,
41
1.4 zwischen die zu reinigenden Leitungen eingebracht,
42
1.5 die Sprengung ausgelöst wird und
43
1.6 das Rohr bei der Sprengung zerstört wird,
44
Die Vorrichtung nach Patentanspruch 4 lautet in gegliederten Form:
45
4. Vorrichtung zum Reinigen von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern,
46
dadurch gekennzeichnet, dass
47
4.1 die Vorrichtung ein Rohr umfasst, welches über eine große Länge bei gleichzeitig relativ geringem Durchmesser verfügt,
48
4.1.1 so dass es auch zwischen die zu reinigenden Leitungen passt und somit auch Verunreinigungen von den Leitungen abgelöst werden können, die zwischen den Leitungen liegen, wobei
49
4.2 innerhalb des Rohrs eine Sprengschnur zur linearen Sprengung ausgebildet ist und
50
4.3 das Rohr nach der Sprengung zerstört ist, und
51
4.4 dass innerhalb des Rohrs ein Kanal ausgebildet ist,
52
4.4.1 welcher die Sprengschnur umfasst und
53
4.4.2 von einem Kühlmedium durchströmt werden kann.
54
2. Der Senat legt den Patentansprüchen 1 und 4 folgendes Verständnis zugrunde:
55
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln und Brennkammern mittels Explosionsreinigung in Räumen, deren Temperatur noch nicht auf Raumtemperatur oder auf eine Temperatur unterhalb 100°C abgesunken ist.
56
Mit dem Merkmal 1.1 bzw. 4.2 wird eine „lineare Sprengung“ beansprucht, die sich von einer „kugeligen Sprengung“ dadurch unterscheidet, dass die Sprengwirkung über eine größere Länge erzeugt wird (vergleiche Abschnitt [0006] der Streitpatentschrift). Nachdem mit dem Verfahren Verschmutzungen zwischen Leitungen gelockert und/oder gelöst (Merkmal 1.1) werden sollen, werden implizit bereits Anforderungen an die Geometrie und den Sprengstoff gestellt, die im Verfahren nach Anspruch 1 nicht näher präzisiert werden. Bei der Vorrichtung nach Anspruch 4 erfolgt diese Präzisierung über die Merkmale 4.1, 4.1.1 und 4.2.
57
Das Merkmal 4.1, wonach das Rohr eine große Länge und einen relativ kleinen Durchmesser haben soll, ist zwar unbestimmt, der Fachmann würde hier jedoch zumindest davon ausgehen, dass die Rohrlänge wesentlich größer ist als der Rohrdurchmesser. Mit dem Merkmal 4.2, wonach eine lineare Sprengung erzeugt werden soll, wird dieses Merkmal dahingehend weiter eingeschränkt, dass die Länge des Rohrs eher ein Vielfaches des Durchmessers sein soll. Die genaue Dimensionierung gemäß dem Merkmal 4.1.1 ist wiederum abhängig vom Einsatzort und dem Abstand zwischen den Leitungen, von denen die Verunreinigungen abgelöst werden sollen.
58
Darüber hinaus wird mit den Merkmalen 1.2 und 4.2 auf die Verwendung einer Sprengschnur abgestellt, wobei für den Fachmann der Unterschied zwischen einer Sprengschnur und einer Zündschnur bereits aufgrund seines Fachwissens klar ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieser Unterschied auch dem Fachbuch D4, welches nach Auffassung des Senats durchaus zu einem großen Teil als Grundlage zum Erwerb fachmännischen Wissens dient, eindeutig zu entnehmen. Bereits im Inhaltsverzeichnis der D4 wird zwischen Sprengschnüren und Zündschnüren unterschieden. Wenngleich sowohl „2.2.1 Sprengschnüre“ als auch „2.2.5 Zündschnüre“ jeweils als Unterkapitel zu dem Oberkapitel „2.2. Zündmittel“ aufgelistet werden, entnimmt der Fachmann dem dortigen Kapitel „2.2.1 Sprengschnüre“ die technische Lehre, dass Sprengschnüre nicht nur als Zünder für zusätzlichen Sprengstoff fungieren können, sondern dass sie selbst mit einer „Detonationsfortpflanzung …mit etwa 6000 bis 8000 m/s“ eine entsprechende Sprengwirkung besitzen, weshalb sie „bei der Beförderung und Aufbewahrung wie Sprengstoff behandelt“ werden. Als Einsatzmöglichkeiten solcher Sprengschnüre wird in D4 neben der Verwendung als Bindeglied zur Übertragung der Detonation „vom sprengkräftigen Zündmittel auf den Sprengstoff“ beispielhaft unter anderem auch die Herstellung solcher Sprengschnüre „für das schonende Sprengen“ genannt.
59
Der Auffassung der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 25.02.2021 (Punkt 29) hinsichtlich der Auslegung des Merkmals 1.3 und analog des Merkmals 4.4.2, dass es mit der Formulierung, wonach das Rohr „von einem Kühlmedium durchströmt wird“ (Merkmal 1.3) bzw. „von einem Kühlmedium durchströmt werden kann“ (Merkmal 4.4.2) als zwingend anzusehen sei, dass das Kühlmedium nur in eine Richtung ströme und in den Brennraum weitergeleitet werde, kann sich der Senat nicht anschließen. Vielmehr ist diesbezüglich der Klägerin zuzustimmen, dass eine Rückführung des Kühlmediums, wie sie beispielsweise auch der D4 oder der D6 zu entnehmen ist, im Streitpatent nicht ausgeschlossen ist.
60
Die Merkmale 1.6 und 4.3, wonach das die Sprengschnur aufnehmende Rohr nach der Sprengung zerstört wird bzw. ist, liest der Fachmann bereits aus der Bestimmung des beanspruchten Verfahrens bzw. der beanspruchten Vorrichtung mit.
61
III. Patentfähigkeit der erteilten Fassung
62
Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 4 erweisen sich als patentfähig, da die beanspruchte Lehre neu ist und für den angesprochenen Fachmann im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents durch den Stand der Technik nicht nahegelegt war. Auch die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts ist in ihrer Entscheidung vom 22. November 2016 (vgl. Anlage VP1) zu dem Ergebnis gelangt, dass die Lehre des Streitpatents auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
63
Deshalb ist der auf fehlende Patentfähigkeit gerichtete Nichtigkeitsangriff nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜbkG i.V.m Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ unbegründet.
64
1.1 Das Verfahren nach dem erteilten Patentanspruch 1 und die Vorrichtung nach dem erteilten Patentanspruch 4 sind gegenüber den Druckschriften D4 bis D8 jeweils neu. Aus der Entgegenhaltung D4 (Fachbuch „Sprengtechnik“), die auch im europäischen Einspruchsverfahren berücksichtigt wurde (dort als E3 bezeichnet), ist es bekannt, zur Beseitigung der Schlacken in Öfen (hier Merkmal 1. bzw. 4., vergleiche dort S. 438: „Anwendungsbedingungen“, erster Absatz) Laderohre, bestehend aus einem in einem Rohr angeordneten Sprengstoff, in einem weiteren umfangsseitig beabstandeten Rohr anzuordnen (hier Merkmal 1.2 teilweise, vergleiche dort Bild 4.5.25), wobei der sich ergebende Zwischenraum zwischen innerem und äußerem Rohr einen Kanal bildet (Merkmal 4.4), der entsprechend der Auslegung der Merkmale 1.3 bzw. 4.4.2 von einem Kühlmedium durchströmt wird (vergleiche dort Bild 4.5.25). Diese dort als Doppelmantelkühlrohr bezeichnete Vorrichtung ist analog zur Aufgabe der Streitpatentschrift (vergleiche Abschnitt [0004] der SP) für die Sprengung in heißen Medien bzw. für Warmsprengungen vorgesehen. Dass die den Sprengstoff enthaltenden bzw. ihn umgebenden Rohre nach einer ausgelösten Sprengung zerstört sind (hier Merkmale 1.6 bzw. 4.3), liest der Fachmann dabei, wie auch beim Gegenstand des Streitpatents, als selbstverständlich mit. Das Teilmerkmal 1.2 bzw. 4.2, wonach es sich bei dem für Warmsprengungen vorgesehenen Sprengstoff um eine Sprengschnur handelt, ist der D4 an dem angegebenen Ort nicht zu entnehmen. Vielmehr wird zwar in der D4 auf S. 441 vorletzte Zeile eine Sprengschnur erwähnt, aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch eindeutig, dass die Sprengschnur in diesem Fall als Zündmittel fungiert und nicht den Sprengstoff der Sprengladung bildet.
65
Die Merkmale 1.1, 1.2 und 1.4 des Verfahrens gemäß Anspruch 1 und die Merkmale 4.1.1, 4.2 und 4.4.1. der Vorrichtung gemäß Anspruch 4 sind der D4 nicht zu entnehmen.
66
1.2 Die D5 offenbart eine Vorrichtung, die zwar ebenfalls zur Sprengreinigung eines Ofens vorgesehen ist und bei der Sprengschnüre in flexiblen Rohren eingebracht werden. Dort werden jedoch Sprengschnüre in einer komplexen Geometrie in Form von Ringen und entsprechenden Abstandshaltern im Inneren eines zylindrischen Brennraums angeordnet. Eine Kühlung für die dortigen Sprengschnüre ist nicht offenbart.
67
Die Merkmale 1.1, 1.3, 1.4, 4.1.1 und 4.4.2 sind daher in der Druckschrift D5 nicht offenbart.
68
1.3 Die Entgegenhaltung D6, die im europäischen Einspruchsverfahren als E1 berücksichtigt wurde, zeigt in Figur 1 eine Vorrichtung, die, entsprechend Merkmal 4, auch ausdrücklich zum Reinigen von Verschmutzungen in Wärmetauscheranlagen geeignet ist (Absatz [0001]), mit der das Sprengmittel nach Absatz [0007] in unmittelbarer Nähe des zu zerstörenden heißen Materials positioniert werden kann. Die bekannte Vorrichtung umfasst einen Kühlbehälter 1 bestehend aus einem Kühlkopf 10 und einem Versorgungskopf 11. Der Versorgungskopf 11 besitzt nach Absatz [0020] mehrere Wandungen und zwar ein Kühlkopfgehäuse 23 mit aufgeschobenem Versorgungsgehäuse, einen Versorgungsstutzen 17 mit aufgeschobenem Innenkühlmantel 27 und ein Kühlkopfaufnahmerohr 18 mit eingeschobenem Sprengmittelbehälter 25. In dem Sprengmittelbehälter 25 sind Sprengmittel 5, beispielsweise pastöse, pulverförmige oder granulatförmige Sprengmittel [0015] angeordnet, welche den Sprengmittelbehälter 25 nach der Sprengung zerstören, wodurch ggfls. unterstützt durch zusätzlich angeordnetes Schüttgut 55 die Verunreinigungen von den Leitungen der Wärmetauscheranlage abgelöst werden (Merkmal 4.3). Die bekannte Vorrichtung nach der D6 ist für das Warmsprengen geeignet und weist innerhalb des Sprengmittelbehälters 25 den Innenkühlmantel 27 auf, welcher die Sprengladung vollständig umfasst und von einem Kühlmedium umströmt werden kann. Wenngleich in der D6 auch von dem Kühlkopfaufnahmerohr 18 die Rede ist, das innerhalb des Versorgungskopfes 11 angeordnet ist, so offenbart die D6 jedoch keine lineare Sprengung. Die D6 weist somit auch kein Rohr auf, das innenseitig mit einer Sprengschnur versehen ist und (zwischen Sprengschnur und Rohr) von einem Kühlmedium durchströmt wird.
69
Somit sind die Merkmale 1.1, 1.2 und 1.4 bzw. die Merkmale 4.1, 4.2 und 4.4.1 aus der Druckschrift D6 nicht bekannt.
70
1.4 Aus dem Artikel D7, der im europäischen Einspruchsverfahren als Entgegenhaltung E2 bezeichnet ist und der sich analog zur patentgemäßen Aufgabe ebenfalls mit Sprengreinigung von Abhitzekesseln bereits in der Abkühlungsphase beschäftigt (vergleiche dort Seite 50 bzw. 2. Seite des Artikels, linke Spalte, 4. Absatz) und demnach auch das Merkmal 1. bzw. 4. aufweist, entnimmt der Fachmann weiterhin, dass es für Rohrregionen bekannt ist, die Reinigung und damit die Lockerung oder Ablösung von Schlacke mittels Sprengschnüren und somit mittels linearer Sprengungen zu vollziehen (vergleiche dort Seite 50 bzw. 2. Seite des Artikels rechte Spalte, 3. Absatz). Damit sind auch die Merkmale 1.1, 1.2 bzw. 4.2 zum Teil, 1.4 bzw. 4.1.1 und 1.5 aus dem Artikel D7 vorbekannt. Wie dort die Sprengschnüre zwischen den zu reinigenden Leitungen „drapiert“ werden, in welchem Abkühlungszustand der Anlage diese Präzisionsreinigung durchgeführt wird und ob, bzw. ggfs. wie dort die verwendeten Sprengschnüre gekühlt werden, lässt die D7 jedoch offen.
71
Ein Rohr nach Merkmal 1.2 bzw. 4.1 ist aus der D7 ebenso nicht bekannt wie in Folge die Merkmale 1.3 1.4 und 1.6 bzw. 4.1.1 bis 4.4.2.
72
1.5 Die D8, die bereits in der D6 als Stand der Technik genannt wurde, von der die Erfindung der D6 ausging, offenbart ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Reinigung in Abhitzekesseln, Wärmetauschern oder Brennkammern und weist damit die Merkmale 1. bzw. 4. auf. Bei der dort als „envelope“ bezeichneten semipermeablen Außenhülle handelt es sich jedoch bereits um kein Rohr. Aufgrund der Gesamtkonstruktion der Vorrichtung ist dort auch nicht von einer linearen Sprengung auszugehen, die gezielt zwischen zu reinigende Leitungen eingebracht werden könnte. Die Verwendung einer Sprengschnur als Sprengstoff ist dort ebenfalls nicht erwähnt.
73
Die Merkmale 1.1 bis 1.4, 1,6 bzw. die Merkmale 4.1 bis 4.4.2 sind aus der Druckschrift D8 nicht bekannt.
74
2. Das Verfahren nach dem erteilten Patentanspruch 1 und die Vorrichtung nach dem erteilten Patentanspruch 4 beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
75
Die Klägerin stützt ihren schriftlichen und mündlichen Vortrag zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit auf eine Kombination der Druckschriften D6 und D4, der D5 und D4, der D7 und D4, wobei sie die D4 ohnehin als Standardwerk für die Ausbildung des o. g. Fachmanns und damit als Teil seines Fachwissens ansieht.
76
2.1 Die Klägerin argumentiert, es sei ausgehend von der Druckschrift D6 naheliegend, als Sprengstoff im Inneren des dortigen Sprengmittelbehälters eine Sprengschnur zu verwenden. Diese könne aufgrund ihrer Flexibilität dort auch als Knäuel eingebracht werden.
77
Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Unabhängig davon, ob eine derartige Vorrichtung überhaupt funktionieren würde, käme der Fachmann nie auf die Idee, ein Rohr, welches zur Aufnahme von Sprengstoff vorgesehen ist, mit einer Sprengschnur vollzustopfen. Vielmehr müsste der Fachmann zunächst die gesamte Vorrichtung derart verlängern und im Durchmesser entsprechend reduzieren, dass es statt der in der D6 vorgesehenen kugeligen Sprengung zu einer patentgemäß beanspruchten linearen Sprengung kommen könnte. Darüber hinaus ist auch das aufwändige Vor- und Rücklaufsystem des dortigen Kühlungsmechanismus zur Erfüllung der patentgemäßen Aufgabe, nämlich eine Reinigung zwischen den oft nahe beieinander liegenden Rohren vorzunehmen, bereits ungeeignet. Diese Konstruktion bestehend aus konzentrischen, das Sprengrohr umgebenden Mantelrohren 13, 17, 18, 27 und dem äußeren Kühlkopfgehäuse 23, die verhindern soll, dass Kühlflüssigkeit in dem Zeitraum zwischen Platzierung der Sprengvorrichtung und Auslösung der Sprengung in den Brennraum eindringt, vergrößert den Durchmesser und ist bereits deshalb ungeeignet, um zwischen den oftmals nahe beieinander liegenden Leitungsrohren platziert zu werden. Dabei ist der Klägerin zwar dahingehend zuzustimmen, dass sich diese Kühlvorrichtung, wie sie in der Vorrichtung der D6 verwirklicht ist, auf die Merkmale 1.3 bzw. 4.4 und 4.4.2 lesen lässt und dass mit den patentgemäßen Formulierungen dieser Merkmale auch Verfahren bzw. Vorrichtungen unter Schutz gestellt werden, die einen solchen Vor- und Rücklauf aufweisen. Dies ist jedoch unerheblich, da es sich hierbei um eine Frage des Schutzbereichs handelt, die nicht zwangsläufig zu einer mangelnden Patentfähigkeit führt. Ein Naheliegen kann damit jedenfalls nicht begründet werden.
78
2.2 Aus den gleichen Gründen wie bei der D6 eignet sich auch die D4 nicht als Ausgangspunkt, um eine mangelnde erfinderische Tätigkeit nachzuweisen. Denn die D4 betrifft im Wesentlichen die Warmsprengung großer Massen , wie die in dem Kapitel „4.5.5. Sprengung in heißen Massen (Warmsprengungen)“ angeführten Beispiele zeigen, die von einer erfindungsgemäßen linearen Sprengung mit einer Sprengschnur als Sprengstoff weg weisen, nachdem selbst das für die Nachzerkleinerung zu verwendende Doppelmantelkühlrohr noch ein Innenrohr mit einem Durchmesser von 30 mm aufweisen soll (vergleiche dort Seite 445, letzter Absatz), was als Durchmesser für eine Sprengschnur unrealistisch ist.
79
2.3 Die Kombination des aus dem Artikel D7 bekannten Verfahrens mit einer der aus den Druckschriften D4, D6 oder D8 bekannten Verfahren ist nicht naheliegend. Die Klägerin verweist darauf, dass es zu dem Zeitpunkt, als der Artikel D7 in den USA erschien, dort im Gegensatz zu Europa bereits erlaubt war, Sprengschnüre bei Warmsprengungen zu verwenden. Dennoch habe man diese Möglichkeiten in Europa nicht aus den Augen verloren und nur darauf gewartet, bis man aufgrund gesetzlicher Änderungen auf diese Möglichkeit zurückgreifen könne. Wenngleich in dem Artikel D7 nichts zu den Kühlmaßnahmen bei der Verwendung von Sprengschnüren in den Rohrregionen erwähnt werde, sei es für den Fachmann naheliegend gewesen, Kühlvorrichtungen, wie sie aus der D4, der D6 oder der D8 bekannt seien, vorzusehen.
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Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. In der D7 wird auf der zweiten Seite in der linken Spalte im dritten Absatz explizit darauf hingewiesen, dass die Explosionsreinigung gegenüber der Reinigung mittels Wasserhochdruckreinigung wegen der gestiegenen Auflagen bezüglich des Wasserverbrauchs und der erhöhten Reinigungskosten des Abwassers an Bedeutung gewonnen hat und insgesamt häufig kostengünstiger ist. Damit wird der Fachmann jedoch solche Kühlmethoden vermeiden, bei denen in den zu reinigenden Bereich wiederum Kühlmedium eindringt.
81
2.4 Aus dem gleichen Grund, weshalb es nicht naheliegend ist, die aus der Druckschrift D7 bekannte Vorrichtung mit einem Kühlungsmechanismus zu versehen, wie er aus den Druckschriften D4, D6 oder D8 bekannt ist, würde der Fachmann davon absehen, die Vorrichtung der D5 mit einer dieser Vorrichtungen zu versehen. Denn auch in der D5 wird in Spalte 2, Zeilen 12 bis 38 auf die Nachteile des Wassereintrags in eine solche Anlage hingewiesen, wobei zusätzlich zu den in der D7 bereits genannten Nachteilen des verunreinigten Wassers auch auf die Gefahr der entstehenden Korrosion hingewiesen wird. Aus diesem Grund ist es dort explizit vorgesehen, die Endreinigung nach der Explosionsreinigung trocken durchzuführen (vergleiche dort Spalte 5, Zeilen 38 bis 40). Es ist folglich sowohl bei der D7 als auch bei der D5 eher anzunehmen, dass, sofern nicht bereits entsprechend temperaturstabile Sprengschnüre verwendet werden, bzw. in der Anlage noch zu hohe Temperaturen vorherrschen, vorab gekühlte Laderohre verwendet werden, um die Anlage nach der Explosionsreinigung trocken endreinigen zu können.
82
3. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass sämtliche Merkmale der erteilten Ansprüche 1 und 4 aus den von ihr angeführten Druckschriften in Summe zu entnehmen sind und somit für sich genommen bekannt sind, rechtfertigt dies die Annahme einer mangelnden erfinderischen Tätigkeit nicht. Denn die Klägerin hat nicht überzeugend darlegen können, welcher Anlass für den Fachmann bestand, zwei oder mehrere derartiger Druckschriften gegebenenfalls unter Berücksichtigung seines Fachwissens zu kombinieren, um in naheliegender Weise zu einem Verfahren nach dem erteilten Anspruch 1 oder zu einer Vorrichtung nach dem erteilten Anspruch 4 zu gelangen. Das Auffinden einer neuen Lehre zum technischen Handeln kann nicht schon dann als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend bewertet werden, wenn lediglich keine Hinderungsgründe zutage treten, von im Stand der Technik Bekanntem zum Gegenstand dieser Lehre zu gelangen, sondern diese Wertung setzt voraus, dass das Bekannte dem Fachmann Anlass oder Anregung gab, zu der vorgeschlagenen Lehre zu gelangen (vgl. BGH GRUR 2010, 407 – einteilige Öse).
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4. Die Patentansprüche 1 und 4 der erteilten Fassung sind auch gegenüber der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung bestandsfähig.
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4.1 Die D1a betrifft einen Zeitungsartikel in der italienischen Zeitung Il Giorno vom 8. Mai 2003, die den Einsatz von Sprengstoff zur Reinigung eines Müllverbrennungsofens in Sesto San Giovanni beschreiben. Wie der Anlage D1b bezüglich des Artikels auf der Titelseite (hier als Artikel 2 bezeichnet) entnehmbar ist, bediente sich der Sprengmeister einer „geheimen Technik, bei der durch Einfrieren des Sprengstoffs dieser bei Temperaturen von über 1200 °C eingesetzt werden kann“. Demzufolge offenbart weder der Artikel 2 auf der Titelseite noch der Artikel 1 auf der Folgeseite Merkmale, die ein Verfahren oder eine Vorrichtung zum Reinigen von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern offenbaren.
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Zwar sind auf dem Bild der Titelseite des Zeitungsartikels D1a verschiedene Mitarbeiter zu erkennen, wobei einer ein abgewinkeltes Rohr in Händen hält. Ob es sich dabei um eine Vorrichtung zum Reinigen von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern oder um sonstiges Equipment wie beispielsweise Kameraequipment handelt, wie von der Beklagten behauptet (vergleiche Schriftsatz vom 25. August 2020), lässt sich weder aus den Bildern noch aus den Textstellen der beiden übersetzten Artikel gemäß Anlage D1b entnehmen. Im Übrigen ist aufgrund des (übersetzten) Textes D1b der Titelseite (Artikel 2) davon auszugehen, dass ein Einfrieren des Sprengstoffs vor Einbringung in die Anlage erfolgt ist, so dass sich das Verfahren der D1a bis D1d schon deshalb grundsätzlich von dem streitpatentgemäßen Verfahren unterscheidet, bei dem ein Kühlmedium ein Rohr durchströmt. Ein Hinweis auf die Verwendung einer Sprengschnur im Sinne des Streitpatents ist dem Artikel ebenfalls nicht zu entnehmen. Der als Metapher anzusehende Verweis auf die explizit in Anführungszeichen gesetzte Bezeichnung der von „Mr. M…“ angewendeten Technologie lässt einen großen Interpretationsspielraum zu. Jedenfalls kann hierunter nicht unmittelbar und eindeutig die Verwendung einer Sprengschnur entnommen werden, wie dies von der Klägerin behauptet wird, die in der Übersetzung dieser Bezeichnung mit „Herr L…“ einen Übersetzungsfehler sieht.
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Weil – wie der Zeitungsartikel belegt – es sich um eine „geheime Technik“ handelte, konnten einzelne Schritte der angeblich angewendeten Vorbenutzungshandlung bzw. die einzelnen Merkmale der angeblich vorbenutzten Sprengvorrichtung auch nicht offenkundig werden.
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Das Bild D1c bzw. die Notiz D1d haben offensichtlich nichts mit den Zeitungsartikeln vom 8. März 2003 zu tun. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen und es ist auch nicht ersichtlich, ob bzw. wie diese Unterlagen offenkundig geworden sein sollen. Weder dem Foto D1c noch der Notiz D1d ist ein Verfahren oder eine Vorrichtung zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern unmittelbar und eindeutig zu entnehmen.
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4.2 Zu den behaupteten Vorbenutzungshandlungen der D2, D3 bzw. SB03 und SB04.
89
Die D2 betrifft nach den Aussagen der Klägerin eine Aktennotiz bezüglich eines testweisen Einsatzes einer „neuen“ Sprenglanze. Wie, wann und auf welche Weise nun allerdings die Öffentlichkeit insbesondere Kenntnis von diesem Test bzw. Versuch erlangt haben soll, ist den diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin nicht zu entnehmen. Vielmehr lässt die Angabe, dass es sich hierbei um einen Versuch bzw. Test handelte, darauf schließen, dass diese Vorgänge nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren.
90
Die D3 zeigt eine handgefertigte Skizze ohne Datum. Wie, wann und auf welche Weise die Öffentlichkeit Kenntnis dieser Skizze erlangt haben soll, ist den diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin nicht zu entnehmen. Nach deren Angaben soll die Skizze im Rahmen einer Versuchsreihe gefertigt worden sein und dürfte daher dem innerbetrieblichen Bereich zuzuordnen sein. Der Vortrag, dass möglicherweise eine nach dieser Skizze angefertigte Sprengeinrichtung zum Einsatz gekommen sei, kann ebenfalls nicht als Nachweis dienen, dass die Öffentlichkeit von den Vorrichtungsmerkmalen oder dem Verfahren der jeweiligen behaupteten Vorbenutzungshandlung Kenntnis erlangt hat.
91
Bei der Anlage SB03 handelt es sich um einen Schriftsatz vom 21. März 2019, der an das OLG gerichtet ist. Er enthält Parteivortrag, den die Beklagte im Einzelnen bestritten hat, und ist darüber hinaus schon nicht geeignet, mangels konkreter Angaben, was genau, wann, durch wen und wo vorbenutzt sein soll, eine angebliche Benutzungshandlung vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents darzulegen.
92
Auch die Anlage SB04 ist nicht geeignet, den Bestand des Streitpatents in Frage zu stellen. Denn selbst wenn man zugunsten der Klägerin eine Veröffentlichung vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents zugrunde legen wollte, offenbart das beigefügte „Muster“ der Anlage SB04 nicht sämtliche Merkmale der Patentansprüche 1 und 4 und legt diese dem Fachmann zum maßgeblichen Zeitpunkt auch nicht nahe.
93
5. Die ebenfalls angegriffenen Unteransprüche 2, 3 und 5 bis 7, die Ausgestaltungen des Verfahrens nach Patentanspruch 1 bzw. der Vorrichtung nach Anspruch 4 beinhalten, werden von dem bestandsfähigen Haupt- und Nebenanspruch getragen, ohne dass es hierzu weiterer Feststellungen bedurfte.
B.
94
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.


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