Aktenzeichen 27 W (pat) 137/09
Tenor
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 306 52 822
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 9. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Januar 2009 aufgehoben. Die Löschung der Marke 306 52 822 wird angeordnet.
Gründe
I.
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Die am 23. Oktober 2006 angemeldete und am 3. Februar 2007 eingetragene farbige (schwarz, weiß, blau, rot) Wort-/Bildmarke 306 52 822
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ist für folgende Waren der Dienstleistungen der Klassen 16, 25 und 41 geschützt:
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“Papier, Pappe (Karton und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Künstlerbedarfsartikel; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; kulturelle Aktivitäten”.
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Widerspruch erhoben ist aus der am 16. April 2002 angemeldeten und am 7. Oktober 2003 eingetragenen farbigen (rot, blau, weiß) Wort-/Bildmarke GM 2664647
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die für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9, 16, 18, 21, 25, 28, 38, 41 und 42, nämlich für
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“Bespielte mechanische, magnetische, magneto-optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten; codierte Telefonkarten; codierte Ausweise; Spielprogramme für Computer; Bildschirmschonerprogramme; Maus-Matten; Brillen und Sonnenbrillen sowie Brillenetuis; Datenbankprogramme; Computer-Software; netzwerkunterstützende Computer-Software (Netzware); Firmware, Waren aus Papier und Pappe (Karton), nämlich Papierhandtücher, Papierservietten, Filterpapier, Papiertaschentücher, Papierschmuck, Briefpapier, Toilettenpapier, Papierwindeln, Verpackungsbehälter, Verpackungstüten und Einwickelpapier, Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Broschüren, Faltblätter, Prospekte, Programmhefte, Pressemappen, Fotomappen, Bücher, Kalender, Plakate (Poster), auch in Buchform, Transparente, nicht-codierte Telefonkarten, Eintrittskarten, Teilnahmekarten, Einladungskarten, Postkarten, auch in Form von Adhäsionspostkarten, nicht codierte Ausweise; Schreibwaren einschließlich Schreib- und Zeichengeräte; Büroartikel, nämlich Stempel, Stempelkissen, Stempelfarbe, Brieföffner, Papiermesser, Briefkörbe, Aktenordner, Schreibunterlagen, Locher, Hefter, Büro- und Heftklammern, Aufkleber (auch selbstklebende); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen, Spielen, Globen, Wandtafeln und Wandtafelzeichengeräten; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, nämlich Hüllen, Beutel, Taschen, Folien (letztere auch selbstklebend und für Dekorationszwecke), Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Taschen und nicht an den aufzunehmenden Inhalt angepasste Behältnisse einschließlich Handtaschen, Aktentaschen, Einkaufstaschen, Reisetaschen, Sporttaschen, Schulranzen, Packsäcke und Rucksäcke, Gürtel, Hosenträger, Kleinlederwaren einschließlich Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen, Reisenecessaires, Toilettenbeutel- und -taschen, ferner Schreibgeräteköcher und -schalen, Zettelhalter und -behälter, Reise- und Handkoffer, Regenschirme, Sonnenschirme, Spazierstöcke. Waren aus Glas, Porzellan und Steingut für Haushalt und Küche; Kunstgegenstände aus Glas, Porzellan und Steingut; Waren für den Haushalt nämlich Flaschenverschlüsse, Untersetzer, Tisch-Sets, Seifendosen und -schalen, Zahnputzbecher, Zahnbürstenköcher; Pappteller, Pappbecher. Bekleidungsstücke einschließlich Sport- und Freizeitbekleidung; Schuhe, Schuhwaren und Stiefel einschließlich Sport- und Freizeitschuhe und -stiefel; Strümpfe, Strumpfhosen, Socken; Krawatten einschließlich Binder; Handschuhe; Kopfbedeckungen einschließlich Stirn- und Schweißbänder; Gürtel, Hosenträger, auch aus Leder, Spiele einschließlich elektrische und elektronische, soweit in Klasse 28 enthalten; Spielwaren, Spielzeug; Figuren zu Spielzwecken einschließlich Stoff- und Gummitiere sowie Maskottchen; Scherzartikel; Spielkarten und Kartenspiele; Turn-, Fitness- und Sportgeräte, Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer; Sammeln und Liefern von Nachrichten, Unterhaltung durch Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programme; Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion; Musikdarbietungen; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen; Durchführung von Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen, von Konferenzen, Tagungen, Seminaren, Lehrgängen, Symposien, Ausstellungen für kulturelle und Unterrichtszwecke und Vorträgen; Veranstaltung von Sportwettbewerben. Datenverwaltung auf Servern; Design von Home-Pages und Web-Seiten; Konzeptionierung von Web-Siten; redaktionelle Betreuung von Internetauftritten; Entwurf und Entwicklung von Computersoftware; Dienstleistungen einer Datenbank; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken”
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geschützt ist. Der Widerspruch wird auf alle Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke gestützt und richtet sich gegen alle Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke.
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Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 14. Januar 2009 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Den in Anbetracht von Waren-/Dienstleistungsidentität und zumindest teilweiser gesteigerter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke gebotenen Abstand halte die angegriffene Marke aufgrund des Bestandteils “KULT-INITIATIVE” in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht ein. Es bestehe kein Anlass, diesen Bestandteil wegzulassen oder zu vernachlässigen. Bei der angegriffenen Marke sei kein Bestandteil für die Gesamtmarke mehr prägend als der andere. Sie enthalte eine Gesamtaussage, nämlich dass sich eine Kultinitiative zugunsten der Beatmusik in einem Club zusammengeschlossen habe.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält die Marken für verwechselbar. Die angefochtene Marke werde aufgrund Schriftform und Schriftgröße von den Wörtern “
BEAT
CLUB” beherrscht, die deutlich größer geschrieben seien als die Wörter “KULT-INITIATIVE”. Zwischen den Marken bestehe eine schriftbildliche, klangliche und begriffliche Ähnlichkeit. Bezüglich der klanglichen Ähnlichkeit vertritt die Widersprechende die Ansicht, eine mittlere Ähnlichkeit bestehe aufgrund der übereinstimmenden Elemente “
BEAT
CLUB” selbst dann, wenn “KULT-INITIATIVE” mit ausgesprochen werde.
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Die Widersprechende beantragt (sinngemäß),
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den Beschluss der Markenstelle vom 14. Januar 2009 aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.
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Der Markeninhaber beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Er verteidigt den angegriffenen Beschluss und hält die Marken insbesondere wegen des nur in der angegriffenen Marke vorhandenen Bestandteils “KULT-INITIATIVE” für nicht verwechselbar.
II.
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Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken jedenfalls eine assoziative Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 125b Nr. 1 MarkenG.
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Zwischen den für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Faktoren – Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der älteren Marke – besteht eine Wechselwirkung. So kann eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Marken und Dienstleistungen ausgleichen und umgekehrt (EuGH GRUR 2005, 1042 – Thomson Life; BGH GRUR 2005, 326 – il Patrone / Portone).
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a) Nachdem die Benutzung der Widerspruchsmarke nicht bestritten wurde, ist bei der Beurteilung der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit für die Widerspruchsmarke von den im Register eingetragenen Waren und Dienstleistungen auszugehen. Die Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke sind mit den zugunsten der Widerspruchsmarke in den Klassen 16, 25 und 41 eingetragenen Waren und Dienstleistungen teilweise identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich.
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b) Die Kennzeichnungskraft der unter Berücksichtigung ihres Wort- und Bildbestandteils von Haus aus durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarke hält der Senat abweichend von der Auffassung der Markenstelle nicht für gesteigert. Abgesehen davon, dass die in den 60er-Jahren ausgestrahlte Fernsehsendung “Beat Club” weiten Teilen der unter 50 Jahre alten inländischen Bevölkerung nicht mehr bekannt sein wird, kommt es für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht auf die Bekanntheit der Fernsehsendung, sondern auf die Bekanntheit der konkret eingetragenen Wort-/Bildmarke in Bezug auf die geschützten Waren und Dienstleistungen an. Dafür, dass das Logo der Widerspruchsmarke für die hier relevanten Widerspruchswaren-/Dienstleistungen eine gesteigerte Kennzeichnungskraft genießt, hat die Widersprechende nichts vorgetragen.
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c) Den danach erforderlichen weiten Abstand halten die Marken in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht aufgrund des nur in der jüngeren Marke vorhandenen Wortbestandteils “KULT-INITIATIVE” zwar ein. Das Publikum hat keine Veranlassung, diesen Bestandteil bei der Benennung der Marke wegzulassen, sodass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu verneinen ist.
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d) Zwischen den Marken besteht jedoch eine assoziative Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen.
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Diese Art der Verwechslungsgefahr hat zur Voraussetzung, dass die Verbraucher, die die Unterschiede der Marken wahrnehmen und sie deshalb nicht unmittelbar verwechseln, aufgrund von Gemeinsamkeiten in der Markenbildung oder in prägenden Einzelteilen Anlass haben, die jüngere Marke irrtümlich der Inhaberin der älteren Marke zuzuordnen oder aufgrund dieser Umstände auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern schließen.
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Die Übereinstimmungen der Zeichen in den Bestandteilen “
BEAT
CLUB” bewirkt, dass die Verbraucher die Marken irrtümlich ein und demselben Herstellungsbetrieb zuordnen oder auf sonstige Verbindungen zwischen den Herstellern und Anbietern schließen werden, vor allem im Sinne einer gemeinsamen Produktverantwortung (vgl. EuGH GRUR Int. 2000, 899 – Marca/Adidas; BGH GRUR 2006, 60 – coccodrillo). Dafür spricht insbesondere, dass beide Marken nicht nur in ihren Farben rot, blau und weiß, sondern auch in ihren gestalterischen Grundelementen übereinstimmen, weil die Rundung der Buchstaben des Wortes “
BEAT
CLUB” den Kreis der Widerspruchsmarke aufnehmen und beide Marken in ihrem Zentrum einen Balken enthalten; hinzu kommt, dass die Gestaltung der Buchstaben des Wortes “
BEAT
CLUB” eine Reminiszenz an die 1960er und 1970er Jahre hervorrufen.
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Gegen die Annahme einer assoziativen Verwechslungsgefahr spricht auch nicht der nur in der jüngeren Marke vorhandene Bestandteil “KULT-INITIATIVE”. Dieser Wortbestandteil ist bereits von seiner Schriftgröße her deutlich kleiner gestaltet als die Wortbestandteile “
BEAT
CLUB”, die wiederum wegen ihrer dominanten Schriftgröße und ihrer übereinstimmenden Farbgestaltung in blau wie eine Einheit wirken. Aufgrund der unterschiedlichen Schriftgröße und vom Bedeutungsinhalt her verbinden sich die Bestandteile “
BEAT
CLUB” und “KULT-INITIATIVE” – entgegen der Auffassung der Markenstelle – nicht zu einem einheitlichen Gesamtbegriff; für diese Annahme fehlen jegliche tatsächliche Anhaltspunkte, insbesondere auch Belege.
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Damit ist eine Verwechslungsgefahr gegeben, weil das Publikum durch gedankliche Verbindung die angegriffene Marke aufgrund der Übereinstimmung in einem wesensgleichen Bestandteil dem Inhaber der Widerspruchsmarke zuordnet.
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Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).