Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – “Löss” – Freihaltungsbedürfnis

Aktenzeichen  26 W (pat) 164/09

Datum:
3.8.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
§ 50 Abs 1 MarkenG
§ 50 Abs 2 S 1 MarkenG
§ 54 Abs 1 MarkenG
Spruchkörper:
26. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 67 647 S 212/08 Lö
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 3. August 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnur
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I
1
Die Antragstellerin hat am 4. Juli 2008 die Löschung der am 26. Februar 2007 für die Waren
2
„33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“
3
eingetragenen Marke 306 67 647
4
Löss
5
gemäß §§ 50 Abs. 1, 54 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beantragt. Die Markeninhaberin hat der Löschung innerhalb der in § 54 Abs. 2 S. 2 MarkenG bestimmten Frist widersprochen.
6
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat am 10. Juni 2009 die Löschung der angegriffenen Marke beschlossen, weil es sich bei ihr um eine Angabe handele, die bereits zum Eintragungszeitpunkt dazu habe dienen können und tatsächlich auch gedient habe, eine Eigenschaft eines Weins zu bezeichnen, und die auch weiterhin hierfür geeignet sei. Zur Begründung hat die Markenabteilung ausgeführt, sie habe in einer eigenen Internetrecherche die Angabe „Löss“ in zahlreichen Weinbeschreibungen als Hinweis darauf gefunden, dass der Wein auf einem Lössboden angebaut worden sei. Diese beschreibende Verwendung des Wortes „Löss“ zeige, dass ein Interesse der Allgemeinheit sowie der Mitbewerber der Antragsgegnerin an der freien Verwendbarkeit des Wortes „Löss“ für Weine bestehe, die von dem im Warenverzeichnis enthaltenen Warenoberbegriff „Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“ mit umfasst würden. Demgegenüber sei es nicht erheblich, ob der Anbau eines Weins auf einem Lössboden den Geschmack eines Weines tatsächlich merklich beeinflusse. Auch die Behauptung der Antragsgegnerin, ihre Marke habe inzwischen Verkehrsgeltung erlangt, habe die Löschung der angegriffenen Marke nicht verhindern können, weil die Antragsgegnerin keine Tatsachen vorgetragen habe, die geeignet seien, eine Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke glaubhaft zu machen. Insbesondere seien die von der Antragstellerin angeführten Umsatzzahlen und Werbeaufwendungen zur Glaubhaftmachung einer Durchsetzung der angegriffenen Marke im Verkehr erheblich zu gering.
7
Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, bei der angegriffenen Bezeichnung handele es sich in Bezug auf alkoholische Getränke nicht um eine unmittelbar beschreibende Angabe. Das Wort „Löss“ bezeichne zwar eine bestimmte Bodenart, aber keine Eigenschaft eines Weines. Es fehle an dem erforderlichen unmittelbaren Produktbezug der Marke. Höre ein durchschnittlicher Weintrinker das Wort „Löss“ in Verbindung mit Wein, so müsse er erst einen gedanklichen Schluss von der Bodenbeschaffenheit auf die Eigenschaft des Weins vollziehen. Es handele sich somit bei „Löss“ in Bezug auf die Ware „Weine“ allenfalls um eine mittelbar beschreibende Angabe, die als solche nicht freihaltungsbedürftig sei. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin wiesen auch nicht alle auf Löss-Böden angebauten Weine die Eigenschaften „frühreif, fruchtig und gehaltvoll“ auf. Auf entsprechenden Böden erzeugte Weine könnten auch trocken oder feinherb sein, weshalb die Angabe „Löss“ nicht geeignet sei, die Beschaffenheit eines Weins zu beschreiben.
8
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
9
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Juni 2009 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.
10
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
11
die Beschwerde zurückzuweisen.
12
Sie macht sich die Begründung des Beschlusses der Markenabteilung zu eigen und vertritt ergänzend hierzu die Ansicht, dass der angegriffenen Marke auch jegliche Unterscheidungskraft fehle, weil Löss eine in Weinanbaugebieten weit verbreitete Gesteinsart sei und viele Winzer einen Teil ihrer Weine aus Weinbergen mit Lössböden gewönnen. Die Bezeichnung „Löss“ könne deshalb keinem bestimmten Winzer zugeordnet werden und sei nicht geeignet, die Weine eines Winzers von denjenigen anderer Winzer zu unterscheiden.
II
13
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den zulässigen, insbesondere innerhalb der Frist des § 50 Abs. 2 S. 2 MarkenG gestellten Löschungsantrag hin zutreffend die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, weil es sich bei der die Marke bildenden Bezeichnung „Löss“ sowohl zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag um eine Angabe handelte, die zur Bezeichnung eines sonstigen Merkmals der Ware „Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“ dienen konnte (§§ 50 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1, 54 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
14
Nach § 50 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 S. 1 MarkenG wird die Eintragung einer Marke auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden ist und das Schutzhindernis auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung fortbesteht. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG enthält keine abschließende Aufzählung beschreibender Angaben, was durch die dem Art. 3 Abs. 1 Buchst c MarkenRichtl entnommene Formulierung „ …zur Bezeichnung sonstiger Merkmale …“ eindeutig klargestellt ist. Neben den dort ausdrücklich genannten Angaben der Art, der Beschaffenheit usw. fallen somit alle Bezeichnungen über im Verkehr wichtige Umstände bezüglich der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen unter § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (Ströbele/Hacker, Markengesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 8 Rdn. 262). Diese Bestimmung verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass alle Angaben und Zeichen, die Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreiben, von jedermann frei verwendet werden können. Solche Angaben dürfen nicht nur einem Unternehmen vorbehalten werden (EuGH GRUR 2004, 680, 681 – BIOMILD). Bei einem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis, welches durch die Verwendung von Oberbegriffen jeweils eine Vielzahl unterschiedlicher Waren und Dienstleistungen umfasst, ist die Eintragung eines Zeichens bereits dann für den gesamten Oberbegriff ausgeschlossen, wenn sich auch nur für eine spezielle, unter den Oberbegriff fallende Ware ein Eintragungshindernis ergibt (BGH WRP 2002, 91, 93 f. – Ac).
15
Hiervon ausgehend hat die Markenabteilung zutreffend die Löschung der angegriffenen Marke beschlossen, denn das die Marke bildende Wort „Löss“ war schon zum Zeitpunkt seiner Anmeldung und seiner Eintragung und ist auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung noch i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dazu geeignet, eine Eigenschaft der in der Anmeldung aufgeführten Waren zu bezeichnen.
16
Mit dem deutschen Begriff „Löss“ wird eine bestimmte Bodenart bezeichnet (Duden, Deutsches Universalwörterbuch A-Z, 2. Auflage 1989, S. 967). Lössböden finden sich, wie die Antragstellerin unwidersprochen vorgetragen hat, u. a. auch in den Weinanbaugebieten Rheinhessens, der Pfalz und des Rheingaus. Auf Lössböden werden, da er sehr fruchtbar, leicht zu bearbeiten und gut durchlüftet ist, tatsächlich auch Weine angebaut, wie sich u. a. aus den von der Markenabteilung ermittelten und der Antragsgegnerin übermittelten Internetseiten und Auszügen aus der Zeitschrift „Weinwirtschaft“, Ausgabe 11/08, ergibt. All dies stellt auch die Antragsgegnerin nicht in Abrede.
17
Neben der Rebsorte bzw. den Rebsorten, aus der/denen ein Wein erzeugt wird, sowie dem Jahrgang eines Weines und dem Können und Ruf des Winzers spielt für den Durchschnittskäufer eines Weins auch die geografische, geologische und klimatische Herkunft des Weins, das sog. terroir, eine den Kaufentschluss maßgeblich mit beeinflussende Rolle. Dementsprechend werben auch Winzer und andere Wein vermarktende Unternehmen für Weine mit der Angabe des Bodens, auf dem der Wein gewachsen ist. Dass die Bodenbeschaffenheit des Anbaugebiets im Allgemeinen und der Anbau eines Weins auf einem Lössboden im Besonderen sich auf den Geschmack eines Weins auswirken kann, ergibt sich aus den von der Markenabteilung im angegriffenen Beschluss angeführten und diesem als Anlage beigefügten Internetseiten (vgl. insoweit insbesondere die Internetseite http://www.welt.de/lifestyle/article3673870/Wenn-er-nach-Stahl-schmeckt-liegts-am-terroir).
18
Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, ob die Angabe „Löss“ gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossen ist, aber gar nicht entscheidend darauf an, ob der Anbau auf einem Lössboden den Geschmack eines Weins erkennbar beeinflusst. Denn nach der vorgenannten Bestimmung sind nicht nur Angaben über die Art und Beschaffenheit einer Ware oder Dienstleistung, sondern auch solche Angaben von der Eintragung ausgeschlossen, die sonstige Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen bezeichnen. Als sonstige Merkmale i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind alle die Angaben anzusehen, die für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände in Bezug auf die Ware oder Dienstleistung beschreiben (BGH GRUR 1996, 770, 771 – MEGA; GRUR 2000, 132, 232 – FÜNFER). Die Tatsache, dass ein Wein auf einem Lössboden gewachsen ist, stellt als solche – unabhängig von dem daraus im Einzelfall konkret resultierenden Geschmack des Weins, der auch durch andere Faktoren mitbestimmt wird – eine für die Durchschnittskäufer von Weinen bedeutsame und damit für die Erzeuger und Anbieter von Weinen wichtige Angabe über die (geologische) Herkunft des Weins dar. Die erhebliche Bedeutung der Angabe des Bodens, auf dem der Wein gewachsen ist, für die Vermarktung eines Weins lässt sich bereits daraus ersehen, dass die Anbieter von Weinen diese Angabe häufig mit in die Beschreibung der Charakteristik des von ihnen angebotenen Weins aufnehmen. Die Angabe „Löss“ bezeichnet somit nicht nur mittelbar den Geschmack eines Weins, sondern bezeichnet unmittelbar ein sonstiges Merkmal des Weins, nämlich dahingehend, dass dieser auf „Löss“ angebaut worden ist, weshalb die Angabe „Löss“ für die vom Warenoberbegriff „Alkoholische Getränke, ausgenommen Biere“ mit umfassten Weine schon zum Zeitpunkt der Anmeldung und Eintragung der angegriffenen Marke freihaltungsbedürftig war und auch weiterhin ist. Ihrer Eintragung stand und steht, wie die Markenabteilung zutreffend festgestellt hat, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
19
Für den Nachweis der von der Antragsgegnerin geltend gemachten nachträglichen Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke für die Ware „Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“ fehlt es, wie die Markenabteilung zutreffend festgestellt hat, bereits an einem hinreichenden Tatsachenvortrag. Die vorgetragenen Umsätze von 7405 Flaschen im Jahre 2006 und von 7750 Flaschen im Jahre 2007 sind, auch in Verbindung mit den wenigen behaupteten, aber nicht glaubhaft gemachten Auftritten auf inländischen Fachmessen nicht geeignet, den erforderlichen Nachweis für eine Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke bei den Abnehmern der vorgenannten Waren zu erbringen oder eine solche auch nur als wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Die entsprechende Behauptung hat die Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung auch nicht mehr wiederholt. Auch hat sie keine weiteren Unterlagen zum Nachweis einer Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke vorgelegt, so dass es eines näheren Eingehens hierauf nicht bedarf.
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Die angegriffene Marke ist daher von der Markenabteilung zu Recht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gelöscht worden. Auf die Frage, ob der Eintragung darüber hinaus das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entgegenstand, kommt es deshalb nicht mehr an.
21
Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf eine der Verfahrensbeteiligten aus Gründen der Billigkeit (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.

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