Aktenzeichen 27 W (pat) 248/09
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 306 57 489
(hier: Löschungsverfahren S 164/08)
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Gegen die am 13. September 2006 angemeldete und am 10. Januar 2007 für die Dienstleistungen
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“39: Chauffeurdienste; Veranstaltung von Reisen und Ausflugsfahrten, Vermietung von Fahrzeugen und Booten; Reservierungsdienste (Reisen);
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41: Organisation und Veranstaltung von Kongressen, Konferenzen, Symposien und Seminaren; Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen; Durchführung von Konzerten und Live-Veranstaltungen; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle Zwecke; kulturelle Aktivitäten; Ticketverkauf für Veranstaltungen, Veranstaltung von Bällen;
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43: Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; Betrieb eines Hotels, einer Lounge, von Salons und einer Bar; Verpflegung von Gästen in Cafés und Restaurants, Catering; Vermietung von Versammlungsräumen;
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44: Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen; Dienstleistungen von Schönheitssalons”
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eingetragene Bildmarke 306 67 489
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hat die Antragstellerin am 21. Mai 2008 Löschungsantrag gestellt und dazu vorgetragen, die Marke sei entgegen § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG eingetragen worden. Sie zeige die Quadriga auf dem Brandenburger Tor; diese Quadriga wirke als geographische Herkunftsangabe. Zahlreiche Unternehmen verwendeten die Quadriga, um ihre Verbindung zu Berlin zu verdeutlichen. Insoweit sei die Quadriga vergleichbar mit dem Kölner Dom, dem Eifelturm, dem schiefen Turm von Pisa, der Nürnberger Burg und dem
Holstentor
in Lübeck. Solche Wahrzeichen seien nicht schutzfähig.
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Der Löschungsantrag wurde der Markeninhaberin mit Schreiben vom 11. Juni 2008, das sie am 13. Juni 2008 erhalten hat, zugestellt. Sie hat ihm mit Schreiben vom 2. Juli 2008, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 3. Juli 2008, widersprochen.
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Dem Löschungsantrag vorausgegangen war ein Rechtsstreit, in dem die Inhaberin des angegriffenen Zeichens der Antragstellerin verbieten lassen wollte, den Schattenriss der Quadriga auf dem Brandenburger Tor über der Angabe “Hotel de Rome Berlin” zu verwenden. Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 11. Dezember 2007 (Az.: 15 O 82/07) die Klage zurückgewiesen, weil der Quadriga als geographische Herkunftsangabe Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft für in Berlin ansässige Unternehmen fehle. Die Quadriga sei ein Wahrzeichen Berlins.
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Die Markenabteilung 3.4 hat mit Beschluss vom 22. Juni 2009 die angegriffene Marke gelöscht. Die Entscheidung ist u. a. damit begründet, die angegriffene Marke zeige das Schattenbild der Quadriga auf dem Brandenburger Tor in Berlin und sei als solche deutlich zu erkennen. Eine vereinfachte Darstellung sei typisch für ein Schattenbild. Zwar seien Quadrigen öfter verwendete Elemente an klassizistischen Bauten, sie seien aber jeweils anders gestaltet und weitestgehend unbekannt. Die streitgegenständliche Quadriga sei auch dadurch bekannt, dass sie sich auf dem Brandenburger Tor befinde, das als Symbol der Teilung Deutschlands gestanden habe und jetzt für die Wiedervereinigung und Einheit Deutschlands stehe. Die Quadriga sei damit ein Wahrzeichen Berlins. Sie sei das individualisierende Element auf dem Brandenburger Tor. Dieses sei zwar selbst ein historisches Wahrzeichen. Da sich historische Tore aber recht ähnlich sähen, mache erst die Quadriga das Brandenburger Tor von anderen Toren unterscheidbar. Die vorgelegten Nachweise zeigten, dass das Bild der Quadriga als Hinweis auf Berlin gebraucht werde.
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Gerade bei den beanspruchten Dienstleistungen sei es für den Verbraucher wichtig, an welchem Ort die Dienstleistung erbracht werde; die Verbraucher erwarteten hier eine Ortsangabe. Diese könne schriftlich erfolgen; die Verwendung eines Symbols oder Wahrzeichens einer Stadt sei jedoch auch üblich. Aus Sicht des Publikums könnte die angegriffene Marke damit von jedem Anbieter der Dienstleistungen in Berlin verwendet werden. Damit fehle ihr die Eignung, die Dienstleistungen der Antragsgegnerin von identischen Dienstleistungen der Mitbewerber unterscheidbar zu machen.
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Diese Einschätzung stehe in Einklang mit den Entscheidungen des Bundespatentgerichts zu “Kölner Dom” (27 W (pat) 35/06) und zu “München” (Az. 26 W (pat) 157/05). Die Abbildung der Quadriga sei sogar wesentlich bekannter und leichter zuzuordnen als die Abbildung der Türme des Kölner Doms. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die heutige Sichtweise von der im Eintragungszeitpunkt abweiche.
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Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat am 7. August 2009 Beschwerde eingelegt und u. a. vorgetragen, die angegriffene Marke beschreibe die Herkunft der von ihr erfassten Dienstleistungen nicht. Kein Quadriga-Bild sei geeignet, Hoteldienstleistungen und diesen nahestehende Dienstleistungen ihrer geographischen Herkunft nach zu beschreiben. Das gelte umso mehr für die gegenständliche Quadriga-Darstellung, die als Schattenriss ausgeführt sei und deren Wagenlenker nicht das Feldzeichen der Berliner Quadriga auf einer Lanze, sondern einen Lorbeerkranz mit der Hand hochhalte. Quadrigen gäbe es nicht nur auf dem Brandenburger Tor; sie würden daher nicht als Hinweis auf Berlin verstanden.
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Keine der von der Antragstellerin herangezogenen Verwendungen erfolge im Kontext zu Beherbergung und Verpflegung von Gästen. Selbst die Quadriga auf dem Brandenburger Tor sei nicht vergleichbar mit den von der Antragstellerin genannten Bauwerken; sie sei nur ein Teil des Bauwerks, nicht das Bauwerk selbst.
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Die Markeninhaberin beantragt,
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den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Juni 2009 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss. Die Quadriga werde aufgrund ihrer Bekanntheit als Wahrzeichen und Symbol der Stadt Berlin wahrgenommen. Zwischen dem Hinweis auf Berlin und den konkreten Dienstleistungen bestehe ein Bezug, da der Ort der Leistungserbringung, insbesondere bei Hoteldienstleistungen, von besonderer Bedeutung sei. Das Bildzeichen werde das Publikum im Zusammenhang mit den Dienstleistungen als Angabe verstehen, dass diese in Berlin erbracht oder angeboten würden. Die Antragstellerin verweist in diesem Zusammenhang auf diverse Internetausdrucke (Anlagen AST 17, 18 und 20), bei denen von Dritten eine Abbildung der Quadriga als Hinweis auf Berlin verwendet worden sei. Dass es neben der Berliner Quadriga noch weitere Quadrigen gebe und die abgebildete Quadriga von dem Original abweiche, begründe entgegen der Auffassung der Markeninhaberin keine Unterscheidungskraft.
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In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft.
II.
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Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenabteilung hat zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG angeordnet, weil es dieser bezüglich der beanspruchten Dienstleistungen im Zeitpunkt der Eintragung an jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlte, wobei dieses Schutzhindernis auch noch im Zeitpunkt der (abschließenden) Entscheidung über den Löschungsantrag besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG).
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Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer.
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Die Unterscheidungskraft kann auch solchen sachbezogenen Abbildungen fehlen, die lediglich als Hinweis auf die geographische Herkunft der Dienstleistungen verstanden werden. So können etwa Abbildungen bekannter Bauwerke und Wahrzeichen von Orten und Ländern als mittelbare Herkunftsangaben zur Beschreibung dienen, soweit die fraglichen Gebiete ohne weiteres mit ihnen identifiziert werden, was in der Regel eine gewisse Bekanntheit als Wahrzeichen voraussetzt (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 175, 295).
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Nach diesen Grundsätzen fehlt es der streitgegenständlichen Marke an der erforderlichen Unterscheidungskraft. Die Marke wird in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen von erheblichen Teilen der angesprochenen inländischen Verkehrskreise lediglich als Hinweis auf eine geographische Herkunft verstanden, nämlich dass die Dienstleistungen in Berlin angeboten bzw. erbracht werden.
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Zutreffend hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, das es sich gerade bei den hier beanspruchten Dienstleistungen um solche handelt, bei denen der Ort der Leistungserbringung von besonderer Bedeutung ist. Hoteldienstleistungen werden gerade deshalb in Anspruch genommen, weil sie an einem bestimmten Ort erbracht werden. Aus diesem Grund fehlt es einem geographischen Herkunftshinweis gerade in Bezug auf die hier beanspruchten Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft.
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Der Senat geht ebenso wie die Markenabteilung und das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 11. Dezember 2007 (Az. 15 O 82/07) davon aus, dass die relevanten Verkehrskreise die Quadriga aufgrund ihrer Bekanntheit als Wahrzeichen und Symbol für die Stadt Berlin wahrnehmen. Als relevante Verkehrskreise sind hier insbesondere jene inländischen Personen anzusehen, die sich vorübergehend aus privaten oder beruflichen Gründen in Berlin aufhalten oder solche Aufenthalte planen und dort u. a. die angebotenen Hoteldienstleistungen in Anspruch nehmen.
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Beigetragen zur Bekanntheit der Quadriga haben die an diesem Ort stattgefundenen zahlreichen Veranstaltungen seit der Wiedervereinigung 1989, über die umfangreich in Fernsehen und Zeitschriften berichtet wurde. Neben den Feiern zum Gedenken an die Wiedervereinigung sei in diesem Zusammenhang auf die jährlichen Sylvesterfeiern oder die sog. Fanmeile anlässlich der Fußball WM 2006 hingewiesen.
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Dass die Abbildung der Quadriga als geographischer Hinweis auf Berlin verstanden wird, belegen auch die von der Antragstellerin im Amts- und Beschwerdeverfahren vorgelegten Anlagen AST 11 – 15, 17, 18 und 20, bei denen jeweils die Abbildung der Quadriga als Hinweis auf die Stadt Berlin von Dritten verwendet wird.
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Zur Begründung der Unterscheidungskraft kann sich die Markeninhaberin nicht erfolgreich darauf stützen, dass es im In- und Ausland noch weitere Quadrigen gibt. Die von der Markeninhaberin genannten Quadrigen (z. B. in Braunschweig, Frankfurt, Paris oder Madrid) sind im Inland ausnahmslos nicht so bekannt wie die Quadriga auf dem Brandenburger Tor. Begegnet das Publikum im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Abbildung einer Quadriga, wird sein überwiegender Teil aufgrund der Bekanntheit der Berliner Quadriga an Berlin und nicht an Braunschweig, Frankfurt oder andere Städte denken.
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Daran vermögen auch die schattenrissartige Darstellung der Streitmarke und die geringfügig abweichenden Details von der naturgetreuen Abbildung nichts zu ändern. Maßgebliche Teile des Publikums werden auch die schattenrissartige Abbildung der Quadriga spontan mit der Stadt Berlin assoziieren (s. auch 27 W (pat) 35/06 zur schattenrissartigen Abbildung des Kölner Doms). Gegen ein entsprechendes Verständnis sprechen auch nicht die geringfügigen Abweichungen von der originalen Quadriga. Dass der Lenker in der Streitmarke einen Lorbeerkranz und kein Feldzeichen hochhält, wird dem Betrachter nicht auffallen, weil er nach Auffassung des Senats bereits anhand der Übrigen, mit der Berliner Quadriga übereinstimmenden Merkmale eines der bekanntesten Symbole für die Stadt Berlin wiedererkennt.
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Da die Markenabteilung somit im Ergebnis zutreffend die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG angeordnet hat, war die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückzuweisen. Ob der Aufrechterhaltung der Eintragung auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
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Der Anregung auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht zu entsprechen, weil weder Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden waren, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dies erforderten. Vielmehr war der Fall auf der Grundlage der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der Praxis des Bundespatentgerichts zu entscheiden.
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Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen war kein Anhaltspunkt ersichtlich (§ 71 Abs. 1 MarkenG).