Aktenzeichen 26 W (pat) 79/09
Tenor
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2008 023 861.5
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Dezember 2008 aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der
„Dienstleistungen in Bezug auf Kinoprogramme und Standortinformationen; Unterhaltung in Form von Organisation, Gestaltung und Durchführung von musikalischen Darbietungen, Filmfestivals, Theaterproduktionen, Fernseh- und Radioshowdarbietungen, Auftritten berühmter Personen, Kunstshows und Talentshows; Organisation von kulturellen und gesellschaftlichen sportlichen Ereignissen; Unterhaltung in Form von Wettkämpfen, Wettbewerben und Spielen im Bereich von Gesellschaftssport, Musik, Literatur, Film und Kunst; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;
wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware“
zurückgewiesen worden ist.
Gründe
I
1
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Dienstleistungen der Klassen 38, 41 und 42 bestimmten Wortmarke 30 2008 023 861
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MYSPACE
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wegen mangelnder Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) mit der Begründung zurückgewiesen, dem Anmeldezeichen lasse sich ausschließlich der beschreibende und für eine Eintragung nicht ausreichende Unterscheidungskraft aufweisende Hinweis auf einen Raum bzw. Bereich (im Sinne des allgemein bekannten „Webspace“) entnehmen, in dem Daten hochgeladen oder sonstige Online-Aktivitäten nach eigenem Dafürhalten durchgeführt werden könnten.
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Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 19. Februar 2010 ihr Dienstleistungsverzeichnis auf die aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Dienstleistungen eingeschränkt. Nach ihrer Auffassung sehe der angesprochene Verkehr im Umfang der hiernach noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen in dem Anmeldezeichen „
MYSPACE
“ einen das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG überwindenden Hinweis auf die Herkunft der solchermaßen gekennzeichneten Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen.
5
Die Anmelderin beantragt,
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den angegriffenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Dezember 2008 aufzuheben.
II
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Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist hinsichtlich der noch verfahrensgegenständlichen, aus dem Entscheidungstenor ersichtlichen Dienstleistungsverzeichnisses begründet. Insoweit steht einer Eintragung der angemeldeten Marke „
MYSPACE
“ keines der Schutzhindernisse der § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.
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Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren/Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Waren- oder Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 –
Libertel
; GRUR 2002, 804, 809 –
Philips
). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (vgl. EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 –
BRAVO
). Keine Unterscheidungskraft weisen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779 –
URLAUB DIREKT
; 2001, 1151, 1152 –
marktfrisch
). Dabei sind nach ständiger Rechtsprechung fremdsprachige Begriffe den entsprechenden deutschen gleichzustellen, sofern sie geläufige warenbeschreibende Bezeichnungen darstellen, die von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen auch verstanden werden (vgl. BGH GRUR 2001, 1047, 1048 –
LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER
).
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Für die nunmehr noch beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 38 kann hiernach der angemeldeten Marke die für eine Eintragung hinreichende Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Der mit Grundbegriffen der englischen Sprache vertraute Durchschnittsverbraucher, der mit den beanspruchten Dienstleistungen in Berührung kommt oder von diesen angesprochen wird, wird – trotz grammatikalisch unkorrekter Schreibweise – erkennen, dass sich der Begriff „
MYSPACE
“ aus dem Possessivpronomen „MY“ im Sinne von „mein, persönlich, individuell“ und dem Substantiv „
SPACE“
, wörtlich zu übersetzen mit „Raum“ bzw. „Weltraum“ zusammensetzt. Einen sachbeschreibenden Hinweis auf den im Bereich der Onlinemedien allgemein bekannten Begriff des „Webspace“ wird der Verkehr in einem mit der Marke
„MYSPACE
gekennzeichneten verfahrensgegenständlichen Dienstleistungsangebot, dessen Schwerpunkt im Bereich der Freizeitgestaltung sowie der Wissenschaft und Forschung, nicht jedoch im Bereich der Kommunikationstechnologie liegt, nicht vermuten. Im Zusammenhang mit den nach Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses noch beanspruchten Dienstleistungen erscheint dem Verkehr „
MYSPACE
“ daher als mehrdeutige und interpretationsbedürftige Bezeichnung, als hinreichend unterscheidungskräftig und als Hinweis auf die Herkunft der solchermaßen gekennzeichneten Produkte aus einem bestimmten Unternehmen geeignet.
10
Da auch keine konkreten Anhaltspunkte für ein der Eintragung entgegenstehendes Freihaltebedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) vorliegen, war der Beschwerde der Anmelderin im verfahrensgegenständlichen Umfang stattzugeben.