Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “ProLoop” – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis

Aktenzeichen  25 W (pat) 545/13

Datum:
28.1.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
25. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 003 248.6
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. Januar 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters am Amtsgericht Dr. Nielsen
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Juli 2013 aufgehoben.

Gründe

I.
1
Die Bezeichnung
2
ProLoop
3
ist am 2. März 2012 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren angemeldet worden:
4
Klasse 9:
5
Elektrische Schaltelemente, insbesondere Schaltleisten, Schaltmatten, Bewegungsmelder, Lichttaster und Lichtschranken sowie Sensoren; Schaltgeräte; Geräte zur Signalübertragung; Schleifendetektoren; Detektoren.
6
Mit Beschluss vom 22. Juli 2013 hat die Markenstelle für Klasse 9 des DPMA die unter der Nummer 30 2012 003 248.6 geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das angemeldete Zeichen setzte sich aus den Wörtern bzw. Wortbestandteilen „Pro“ und  „Loop“ zusammen. „Pro“ könne dabei einerseits die Bedeutung von „für“ oder „je“ haben und andererseits eine Abkürzung von „professionell“ sein. „Loop“ sei ein Begriff der englischen Sprache und bedeute auf Deutsch „Schleife“ oder „Schlinge“. Das Zeichen sei damit eine beschreibende Sachangabe in dem Sinne, dass die Waren „für Schleifen/Schlingen“ bestimmt seien oder „professionelle Schleifen/Schlingen“ seien. Alle beanspruchten Waren seien elektrische oder elektronische Bauteile, die beim Bau automatischer Tore oder Schranken Verwendung finden würden. Hierfür würden im Boden Schleifen verlegt, um die Bewegung eines Autos oder eines Menschen zu registrieren und einen entsprechenden elektrischen Impuls weiterzusenden. Auch die verwendete Binnengroßschreibung gewährleiste nicht das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Die Zusammenschreibung von Fremdwörtern sei üblich.
7
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die analysierende Betrachtungsweise der Markenstelle sei nicht zulässig. Die bloß theoretische Möglichkeit, dass die Marke die eine oder andere Sachaussage vermittle, reiche nicht aus, um die Unterscheidungskraft zu verneinen. Ein sachlicher Bezug stehe bei „ProLoop“ nicht im Vordergrund. Die von der Markenstelle vorgetragene Interpretation werde nur durch mehrere Gedankenschritte und intensives Nachdenken ermöglicht. Bei unmittelbarer Aufnahme des Zeichens werde der Verkehr diesen als Phantasiebegriff erkennen. Die Markenstelle habe zudem nicht ausreichend zwischen den einzelnen beanspruchten Waren differenziert. Elektrische Schaltgeräte und Schaltelemente sowie Geräte zur Signalübertragung müssten nicht notwendig als Bewegungsmelder dienen. Hier weise die Marke keinen Sachbezug auf. Die Verbindung von „Pro“ und „Loop“ zu „ProLoop“ sei untypisch und auch in der Werbesprache nicht üblich. Die Marke sei originell und mehrdeutig.
8
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,
9
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Juli 2013 aufzuheben.
10
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Markenanmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
11
Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens stehen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG entgegen. Deshalb war der angefochtene Beschluss aufzuheben.
12
1. Entgegen der Auffassung der Markenstelle ist das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht erfüllt. Dem angemeldeten Zeichen kann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
13
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH, GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH, GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH, MarkenR 2010, 439 Rn. 41- 57 – Flugbörse). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 – Postkantoor) oder sonst gebräuchliche Wörter der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, die – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. BGH a. a. O. – Link economy; GRUR 2009, 778 Rn. 11 – Willkommen im Leben; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O.– FUSSBALL WM 2006).
14
Nach diesen Grundsätzen geht die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 9 in einem noch ausreichenden Maß über einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt hinaus bzw. stellt nicht nur einen engen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren her.
15
Mit der Markenstelle ist davon auszugehen, dass die Bezeichnung „ProLoop“ durch die Binnengroßschreibung erkennbar aus den Bestandteilen „Pro“ und „Loop“ zusammengesetzt ist. Dabei kann im Deutschen der Begriff „pro“ synonym zu „für“ oder „je“ gebraucht werden. Der Senat hat bei seiner Recherche nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen können, dass der Begriff „pro“ als Abkürzung für „professionell“ bei elektrischen bzw. elektronischen Bauteilen gebräuchlich ist. Auch wenn der von der Markenstelle aufgeworfene Gedanke naheliegend ist, wird in der Regel die Bezeichnung „profi“ (adjektivisch) verwendet, um Waren entweder als für den „Profi“ bestimmt zu bezeichnen oder in der Werbung als besonders hochwertig anzupreisen. Der Bestandteil des Markenwortes „pro“ kann damit unterschiedlich verstanden werden.
16
Das englische Wort „Loop“ ist mit „Schleife“ oder „Schlinge“ zu übersetzen. Zutreffend weist die Markenstelle darauf hin, dass in den beanspruchten Waren (insbesondere Schleifendetektoren) Teile verbaut werde können, die im Deutschen als „Schleife“ und im Englischen als „loop“ bezeichnet werden. Damit liegt es nicht fern, dem Begriff „loop“ für sich genommen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuzuordnen, auch wenn die Schleifen nur ein (möglicher) Bestandteil des gesamten elektronischen Gerätes sind. Nach den Recherchen des Senats hat sich aber nicht belegen lassen, dass die Bezeichnung „Loop“ derzeit als sinngebende Wortbildung verwendet wird. Nur in einer markenmäßigen Verwendung kann der Begriff „Loop“ vielfach aufgefunden werden, auch zur Kennzeichnung ganz anderer als der hier beanspruchten Waren (z. B. Verbindungshaken für Lenkdrachen, Drahtkammformmaschinen oder medizinische Gewebe).
17
Unabhängig von der möglichen warenbeschreibenden Bedeutung insbesondere des Markenbestandteils „Loop“ kommt nach Auffassung des Senats der angemeldeten Wortkombination keine sich aufdrängende, ohne weiteres ersichtliche beschreibende Bedeutung für die so gekennzeichneten Waren zu. Gegenstand der Frage der Schutzfähigkeit bei einer mehrteiligen Marke ist die Marke in ihrer Gesamtheit. Zwar geht der beschreibende Charakter mehrere Wörter nicht grundsätzlich schon durch deren Zusammenführung verloren. Vielmehr verbleibt im Allgemeinen die bloße Kombination von beschreibenden Bestandteilen selbst beschreibend. Die Bezeichnung kann im Einzelfall aber in ihrer Gesamtheit einen anderen Eindruck vermitteln als die Summe ihrer Bestandteile (vgl. BGH GRUR 2009, 949 Rn. 13 – My World). In der Gesamtschau eröffnet die angemeldete Bezeichnung einen relevanten Interpretationsspielraum, so dass die von der Markenstelle aufgefundene mögliche Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung erst in mehreren gedanklichen Schritten nachvollzogen werden kann und zudem nicht hinreichend eindeutig ist. Zwar weckt die Bezeichnung „ProLoop“ möglicherweise Assoziationen dahingehend, dass es sich um „professionelle“ elektronische Bauteile handeln könnte oder die Waren zur Nutzung als Sensoren oder Detektoren bestimmt sein könnten. Dem Verkehr wird sich bei unbefangener Wahrnehmung kein entsprechendes warenbeschreibendes Verständnis aufdrängen, so dass die Vorstellungen, was mit der Bezeichnung gemeint sein könnte, eher diffus sein wird. Eine analytische Betrachtungsweise, mag diese auch nicht besonders vertieft sein, ist im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft nicht angebracht, weil sich daraus keine in den Vordergrund drängende, für den Endverbraucher ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassbare Beschreibung des Inhalts der beanspruchten Waren ergibt (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2012, 270 Rn. 12 – Link economy; GRUR 2012, 1143 Rn. 10 – Starsat; GRUR 2014, 483 Rn. 11 – test).
18
2. Im Hinblick auf die fehlende Eignung der Bezeichnung „ProLoop“ zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren unterliegt das Zeichen auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
19
Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben.


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