Sozialrecht

Ausschluss aus Kindergarten

Aktenzeichen  Au 3 K 16.819

Datum:
31.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG BayVwVfG Art. 48 Abs. 4, Art. 49 Abs. 2 S. 1
BayGO § Art. 21 Abs. 1, Art. 23

 

Leitsatz

Eine Rechtsvorschrift iSd § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Alt. 1 BayVwVfG kann auch eine auf Basis von Art. 23 f. BayGO erlassen kommunale Kindertageseinrichtungs-Satzung sein. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für ihre Klage, die gegen den Ausschluss ihres Sohns aus einem kommunalen Kindergarten gerichtet ist.
Der Beklagte betreibt in seinem Gemeindegebiet u. a. den Regelkindergarten „Am S.“ als öffentliche Einrichtung. Näheres regelt die Satzung des Beklagten für die Kindertageseinrichtung (KITAS) i. d. F. vom 1. Januar 2016.
§ 7 KITAS lautet wie folgt:
„§ 7 Ausschluss
Ein Kind kann vom weiteren Besuch der Kindertageseinrichtung ausgeschlossen werden, wenn einer der folgenden Gründe eintritt:

e) Die Zusammenarbeit zwischen Kindertageseinrichtung und den Personensorgeberechtigten nachhaltig gestört ist.
f) Das Kind aufgrund schwerer Verhaltensstörungen sich oder andere gefährdet, insbesondere wenn eine heilpädagogische Behandlung angezeigt erscheint.
g) Das Kindergartenkind aufgrund seiner Entwicklung noch nicht in der Lage ist, den Alltag in der Kindertagesstätte zu bewältigen. Mögliche Gründe wären mehrmaliges Einnässen und Einkoten, anhaltendes Weinen, frühes Ermüden am Vormittag, unbegründete Trennungsängste des Kindes usw. Bevor ein Ausschluss erfolgt, ist ein aufklärendes Gespräch zwischen den Personensorgeberechtigten und der Kindergartenleitung bzw. der Erzieherin absolut notwendig. Das Gespräch muss protokolliert werden. Im Anschluss daran beginnt die 4 Wochenfrist für das Kindergartenkind erneut zu laufen.
Vor dem Ausschluss sind die Personensorgeberechtigten des Kindes und auf deren Antrag der Beirat (§ 3) zu hören.“
Mit Formblatt vom 15. Oktober 2014 meldete die 1988 geborene Klägerin ihren am 30. Oktober 2010 geborenen Sohn L. beim Beklagten für den Besuch des Kindergartens „Am S.“ ab September 2015 an. Zuvor besuchte L. einen Kindergarten in kirchlicher Trägerschaft („St. A.“) im Gemeindegebiet des Beklagten.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. März 2015 wandte sich die Klägerin an den Beklagten und bat um rasche schriftliche Entscheidung über die beantragte Zuweisung des Kindergartenplatzes. Entgegen unwahrer Behauptungen sei L. ein gesundes und völlig normal entwickeltes Kind, welches bereits seit seinem ersten Lebensjahr am damaligen Wohnsitz in N. ohne Probleme einen Kindergarten besucht habe. Probleme, die während des nur wenige Wochen dauernden Besuchs des letzten kirchlichen Kindergartens aufgetreten seien, seien jedenfalls nicht auf das Kind zurückzuführen.
Mit Schreiben vom 23. März 2015 teilte der Beklagte der anwaltlichen Bevollmächtigten der Klägerin mit, dass die Kindergartenanmeldung an das Kreisjugendamt weitergeleitet worden sei. Nach Vorliegen des Ergebnisses werde man auf die Angelegenheit zurückkommen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 2. April 2015 teilte die Klägerin dem Beklagten u. a. mit, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Beklagte bei einer einfachen Kindergartenanmeldung das Kreisjugendamt beteilige. L. sei ein normal entwickeltes Kind, dessen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz notfalls gerichtlich durchgesetzt werde.
Eine auf den Aussagen der Beteiligten basierende Stellungnahme einer Sozialpädagogin des Kreisjugendamts vom 24. April 2015 gelangt zu dem Schluss, dass L. bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen in einem Regelkindergarten betreut werden könne. U. a. solle angesichts der hohen Arbeitszeiten der Mutter und des Lebensgefährten die Betreuungsdauer überdacht werden, da die Familie den emotionalen Bedarf des Kinds kaum decken könne. Bereits entstandene Auffälligkeiten im Sozialverhalten sollten frühzeitig mit der Mutter und deren Lebensgefährten thematisiert werden, um einer weiteren Eskalation zwischen Einrichtung und Familie vorzubeugen; es würden deshalb regelmäßige Elterngespräche empfohlen. Eine weitere Grundvoraussetzung sei das generelle Vertrauen der Familie in die Mitarbeiter der Einrichtung. Da die letzten drei Betreuungsstellen bei L. Auffälligkeiten im Sozialverhalten beschrieben hätten, müsse eine generelle Offenheit der Familie hinsichtlich der Ursachenklärung vorliegen; nur so könne eine ggf. notwendige Förderung angedacht und eingeleitet werden. Sollte L. auch in der neuen Einrichtung neue Auffälligkeiten zeigen bzw. sich die vorhandenen Auffälligkeiten verschlimmern, so sei eine grundlegende Diagnostik zu empfehlen; dies könne u. U. auch einen stationären Aufenthalt bedeuten.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 30. April 2015 bat die Klägerin den Beklagten um eine Beantwortung ihres Schreibens vom 2. April 2015. Sollte bis zum 20. Mai 2015 keine verbindliche positive Rückäußerung des Beklagten vorliegen, behalte man sich gerichtliche Schritte vor. Darüber hinaus werde man in Erwägung ziehen, die Presse einzuschalten.
Sodann fand am 15. Mai 2015 eine Besprechung zwischen dem Ersten Bürgermeister und Verwaltungsmitarbeitern des Beklagten sowie der Klägerin, ihrem Lebensgefährten und der anwaltlichen Bevollmächtigten statt. Ausweislich eines Gesprächsprotokolls des Beklagten hätten die Mitarbeiter des Beklagten für L. den Besuch eines Kindergartens in S. mit kleinerer Gruppe empfohlen, da dort Auffälligkeiten im Sozialbereich schneller registriert werden könnten, so dass auf diese eingegangen werden könne. Die Klägerin und ihr Lebensgefährte hätten jedoch auf einen Besuch des Kindergartens „Am S.“ bestanden, L. sei ein ganz normales, wenngleich durchaus lebendiges Kind. Die Vertreter des Beklagten hätten letztlich dem Besuch des gewünschten Kindergartens zugestimmt, jedoch darauf hingewiesen, dass die dortige Gruppenstärke bei 27 Kindern liege, eine Einzelbetreuung sei nicht möglich.
Mit Schreiben des Beklagten vom 20. Mai 2015 wurde der Klägerin sodann mitgeteilt, dass ihr Sohn L. entsprechend der Anmeldung ab 1. September 2015 im Kindergarten „Am S.“ aufgenommen werde. L. besuchte sodann den Kindergarten ab dem genannten Zeitpunkt.
Mit Schreiben vom 12. April 2016 kündigte der Beklagte gegenüber der Klägerin den Betreuungsplatz für L. mit Wirkung zum 31. August 2016. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass L. Verhaltensauffälligkeiten im Sozialbereich zeige, welche in einer Regeleinrichtung ungenügend aufgefangen und begleitet werden könnten. Diese Auffälligkeiten seien in mehreren Gesprächen von Seiten des Kindergartens erläutert worden, ebenso sei eine Diagnostik empfohlen worden Es werde der Besuch einer heilpädagogischen Tagesstätte empfohlen. Als rechtliche Grundlage wurde auf § 7 KITAS verwiesen.
2. Hiergegen hat die Klägerin am 1. Juni 2016 Klage erhoben.
3. Ausweislich eines Protokolls der zuständigen Studienrätin (FS) der Mobilen sonderpädagogischen Hilfe im Kindergarten (MSH; angesiedelt beim Sonderpädagogischen Förderzentrum V.-P.-Schule …) vom 10. Juni 2016 habe es am 25. September 2015 den Erstkontakt mit der Klägerin und ihrem Lebensgefährten sowie L. gegeben. Das Kindergartenpersonal habe berichtet, dass sich bereits nach den ersten beiden Wochen vermehrt Schwierigkeiten mit L. gezeigt hätten. Es habe häufig Konflikte von L. mit den anderen Kindern gegeben, der Umgang mit den Betreuungspersonen sei zunehmend schwerer gefallen. Spiele und Tätigkeiten im Kreis fielen mangels Durchhaltevermögens schwer; L. habe versucht, über Störungen die für ihn schwierige Situation zu beenden. Im Vordergrund der Entwicklungsauffälligkeiten habe der sozial-emotionale Bereich gestanden, L. sei es schwergefallen, Regeln anzunehmen und einzuhalten. Zunehmend habe er Grenzen übergangen und Aufmerksamkeit in unangemessenem Verhalten gesucht. Verbal sei er oft nur schwer zu erreichen gewesen. Es sei zu Verweigerungen und Provokationen gekommen. Noch im September 2015 habe die Gruppenleiterin den Wunsch geäußert, dass L. möglichst schnell Unterstützung bekomme. Sie selbst habe L. im Rahmen der mobilen sonderpädagogischen Hilfe im Kindergarten besucht. Die Sorge des Kindergartenpersonals sei gewesen, dass L. seine Fähigkeiten vor allem im sozial-emotionalen Bereich in der großen Kindergartengruppe nicht ausreichend gut entwickeln könne. Die Schwierigkeiten von L. (geringe Eigenwahrnehmung, kein Halten der Aufmerksamkeit, stark schwankende Konzentrationsfähigkeit, hohe Impulsivität, hohe Ablenkbarkeit, erschwerte Eigensteuerung) seien mit der Klägerin und ihrem Lebensgefährten besprochen worden. Es sei den Erziehungsberechtigten u. a. angeraten worden, die Unterstützung einer heilpädagogischen Praxis zu suchen und darauf zu achten, dass L. auch zu Hause einen klar strukturierten Tagesablauf mit konsequenter Einhaltung von Regeln und Grenzen erhält. Nach einiger Zeit solle ein gemeinsames Gespräch bzw. Austausch stattfinden, um die zwischenzeitliche Entwicklung zu bewerten. Die Klägerin habe geäußert, die genannten Schwierigkeiten zu kennen, mit diesen aber daheim gut umgehen zu können; sie habe jedoch die Empfehlung des Besuchs einer heilpädagogischen Praxis angenommen und umgesetzt. Trotz regelmäßiger Unterstützung hätten sich jedoch auch weiterhin gravierende – z.T. auch zunehmende bzw. heftigere – Auffälligkeiten von L. im sozial-emotionalen Bereich gezeigt, der Umgang mit ihm sei aufwändig und schwierig geblieben. Am 18. Dezember 2015 habe es daher ein erneutes Elterngespräch und einen erneuten Kontakt zu L. gegeben, um das weitere Vorgehen zu erörtern. Die Klägerin habe hier berichtet, dass L. gerne in den Kindergarten gehe. Seitens des Kindergartens sei sodann die im sozial-emotionalen Bereich fortbestehende Problematik – insbesondere bei der Einhaltung von Regeln – aufgezeigt worden. Es sei eine Notwendigkeit der Abklärung der Problematik in den Bereichen Aufmerksamkeit, Ablenkbarkeit und Eigensteuerung besprochen worden, um L. eine möglichst positive Entwicklung zu ermöglichen. Zur Abklärung der Gesamtentwicklung bzw. der Durchführung einer logopädischen Überprüfung sei der Klägerin eine Frühförderstelle angeraten worden. Die Klägerin habe berichtet, dass beim Kinderarzt im Rahmen der U9-Untersuchung von L. die Sprache und eine Unterstützung durch Ergotherapie angesprochen worden seien. Gegenüber der Klägerin sei erneut die Erforderlichkeit einer kleineren Kindergruppe (Heilpädagogische Tagesstätte – HPT, Schulvorbereitende Einrichtung – SVE) betont worden. Am 4. März 2016 habe ein erneutes Elterngespräch mit erneutem Kontakt zu L. stattgefunden. Hier habe die Klägerin über deutliche Fortschritte von L. durch die Arbeit in der heilpädagogischen Praxis berichtet; weitere Maßnahmen seien aus ihrer Sicht nicht erforderlich. Sie habe entschieden, L. im Kindergarten „Am S.“ zu belassen bzw. ihn vormittags in eine schulvorbereitende Einrichtung zu geben und sodann die Nachmittagsbetreuung im Kindergarten in Anspruch zu nehmen. Seitens des Kindergartens sei hierzu eingehend darauf hingewiesen worden, dass sich aufgrund der Entwicklung von L. im sozial-emotionalen Bereich von September 2015 bis März 2016 zunehmend gezeigt habe, dass eine Förderung von L. in einer schulvorbereitenden Einrichtung und der anschließende Besuch des Regelkindergartens nicht als ausreichend angesehen werden könne. L. benötige in der Gruppe sehr viel individuelle Betreuung, Zuwendung und Steuerung. Wichtig sei dabei, dass hier auf Kontinuität hinsichtlich der einzuhaltenden Regeln und Tagesabläufe geachtet wird. Dies könne in einer über den Tag fortlaufenden Betreuung in einer heilpädagogischen Einrichtung deutlich erfolgsversprechender geleistet werden, zumal dort ein umfassendes Therapieangebot sowie eine bessere personelle Ausstattung vorhanden seien. Das Elterngespräch habe sich rasch äußerst angespannt entwickelt. Die Klägerin habe erregt den Raum verlassen, der Lebensgefährte die Einschaltung eines Rechtsanwalts angekündigt. Es sei versucht worden, deutlich zu machen, dass für alle Beteiligten das Wohl des Kindes im Mittelpunkt stehe. Das Gespräch habe sodann zwar gütlich beendet werden können, jedoch ohne gemeinsame Lösung. In der Folge habe die Klägerin aber mitgeteilt, dass L. nunmehr eine andere Einrichtung besuchen werde.
Ausweislich einer Stellungnahme der Leiterin des Kindergartens „Am S.“ vom 14. Juni 2016 seien bei L. zwar immer wieder kleine Fortschritte zu beobachten. Daneben seien jedoch auch viele Rückschritte und Bereiche, in denen er sich kaum oder gar nicht weiterentwickelt, festzustellen. Die regelmäßigen Übergänge des Tagesablaufs (Freispiel – Brotzeit – Aufräumen – Stuhlkreis – Garten – etc.) fielen L. immer noch schwer und brächten ihn deutlich durcheinander. Auch sei er in der großen Gruppe mit 27 Kindern überfordert, er schaffe es auch nach über neun Monaten nicht, sich an bekannte Gruppenregeln zu halten. L. müsse daher intensiver kontrolliert werden als andere Kinder. Es zeige sich deutlich, dass L. mehr Einzelförderung und individuelle Ansprache benötige, die ihm der besuchte Kindergarten konzeptionell jedoch nicht ausreichend bieten könne. Die Auffälligkeiten seien in ihrem Auftreten und ihrer Intensität so häufig, dass man froh sei über die Unterstützung der Mobilen sonderpädagogischen Hilfe im Kindergarten (MSH). Nach vielen Gesprächen und einigem Druck habe sich die Klägerin davon überzeugen lassen, einen Logopäden und eine Heilpädagogin hinzuzuziehen. Dennoch halte man es für erforderlich, dass L. ab September 2016 in eine andere Einrichtung gehe, um dort die Förderung und Unterstützung zu bekommen, die er dringend benötige. Die Mitarbeiterin der mobilen sonderpädagogischen Hilfe habe insofern dringend den Besuch einer Heilpädagogischen Tagesstätte empfohlen, da dort besser und intensiver auf die Bedürfnisse und Auffälligkeiten von L. eingegangen werden könne. Die vom Kindergarten abgeklärte Möglichkeit eines Platzes in einer solchen Einrichtung in A. habe die Klägerin jedoch ausgeschlagen; auch sei die insoweit erforderliche fachärztliche Diagnostik bis heute durch die Klägerin nicht veranlasst worden.
Der Dokumentation des Beklagten ist hinsichtlich des Kindergartenbesuchs von L. u. a. Folgendes zu entnehmen:
DatumArtInhalt
07.09.15VermerkKindergarten: 1. Tag von L. im Kindergarten ohne Auffälligkeiten.
08.09.15VermerkKindergarten: L. habe bei Abholung versucht, Erzieherin und Mutter Mund zuzuhalten; es sei leichter Ansatz zu beobachten gewesen, Mutter ins Gesicht zu spucken.
10.09.15GesprächTeilnehmer: Erzieherin, Mutter. Inhalt: Mutter habe über allgemeine Familiensituation berichtet; in altem Kindergarten habe es Probleme mit „Abhauen“ von L. gegeben; L. habe viel Temperament, erhalte Ergotherapie. Kindergartenpersonal habe wg. Problemen in altem Kindergarten Besuch der MSH-Mitarbeiterin empfohlen, Mutter sei einverstanden gewesen.
17.09.15VermerkKindergarten: L. teste stark Grenzen aus, werfe mit Spielzeug, reagiere nicht auf Anweisungen, wirke abgelenkt und unaufmerksam, gerade im Stuhlkreis.
25.09.15GesprächTeilnehmer: Erzieherin, MSH-Mitarbeiterin, Mutter. Inhalt: MSH-Mitarbeiterin habe über ihre Beobachtungen zu L. berichtet (benötige viel Außensteuerung bzw. Individualbetreuung, schnell ablenkbar, impulsiv, Aufmerksamkeitsstörung); MSH-Mitarbeiterin habe Heilpädagogen, SVE und Elternkurs empfohlen.
01.10.15VermerkKindergarten: L. reagiere nicht auf Anweisungen, benutze vor anderen Kindern Kraftausdrücke („Arschloch“). L. habe sich eingekotet und eingenässt.
06.10.15VermerkKindergarten: Bei Gartenspiel sei L. im Gebüsch verschwunden; dort habe ihn Erzieherin mit heruntergelassener Hose angetroffen, L. habe sich eingekotet. Im Gebüsch hätten sich zudem überall kleine Haufen Kot befunden.
09.10.15VermerkKindergarten: L. habe seinen Kopf beim Turnen mehrfach ganz fest auf einen Ball geschlagen; zudem plötzliches kreischendes Lachen ohne ersichtlichen Grund.
13.10.15VermerkKindergarten: L. werde in großer Gruppe schnell körperlich; er schubse, lange Kindern ins Gesicht oder schlage mit Gegenständen auf andere Gegenstände.
14.10.15VermerkKindergarten: L. habe sich mit zwei anderen Kindern unerlaubt vom Gartenspiel entfernt und in den Kindergarten geschlichen; dort hätten sie sich in einer Kindertoilette versteckt, wo L. gewollt habe, dass die anderen Kinder ihm beim „großen Geschäft“ zuschauten. Die Situation sei „recht merkwürdig“ gewesen.
16.10.15VermerkKindergarten: L. habe anderem Kind mit der Faust ins Gesicht geschlagen, da das andere Kind beim Spielen schneller gewesen sei.
19.10.15GesprächTeilnehmer: Erzieherin, Mutter. Inhalt: Mutter habe von „dramatischem Wochenende“ berichtet, L. habe nicht gehört, sie tue sich schwer, sich durchzusetzen. Mutter sei über Verhalten von L. im Kindergarten informiert worden (nicht altersgerechte Toilettenbenutzung, Wischen mit benutztem Toilettenpapier über eigenes Gesicht; unangemessenes Verhalten ggü. anderen Kindern); Empfehlung: Heilpädagoge.
21.10.15GesprächTeilnehmer: Erzieherin, Mutter. Inhalt: L. reagiere nicht auf Anweisungen; Empfehlung, dass L. ab 09/2016 andere Einrichtung (SVE, HPT) besuche, in der in Kleingruppe Förderung durch speziell ausgebildete Kräfte erfolgen könne. Nochmalige Empfehlung eines Heilpädagogen; Mutter solle sich um Termin kümmern. Mutter sei nach anfänglichem Schock offen für SVE gewesen und habe mit MSH-Mitarbeiterin wg. SVE sprechen wollen; HPT habe Mutter jedoch abgelehnt.
28.10.15GesprächTeilnehmer: Erzieherin, Mutter. Inhalt: Laut Mutter habe MSH-Mitarbeiterin L. auf Warteliste für SVE gesetzt und wolle L. bei Besuchen im Kindergarten immer mal wieder anschauen. L. besuche jetzt regelmäßig Heilpädagogin, Entwicklung solle beobachtet werden.
29.10.15VermerkKindergarten: L. reagiere bei Fehlverhalten nicht auf Anweisungen; beim Versuch wegzurennen, habe Erzieherin L. festgehalten, daraufhin habe L. wild um sich geschlagen und Erzieherin getroffen (kein altersentsprechendes Verhalten).
30.10.15GesprächTeilnehmer: Erzieherin, MSH-Mitarbeiterin, Mutter. Inhalt: Kurzer Austausch über ersten Termin bei Heilpädagogin (29.10.15); Heilpädagogin solle L. in Kindergarten besuchen. Nächstes Gespräch geplant für 18.12.2015 (Inhalt: Diskussion der Entwicklung, Mutter solle zur Annahme einer Familienhilfe hingeführt werden).
30.10.15VermerkKindergarten: L. habe anderem Kind mit Handfläche über Gesicht gefahren.
10.11.15VermerkKindergarten: Auffälliges Verhalten von L. bei Brotzeit (Stopfen von Brotkugeln in Nase); Information der Mutter hierüber.
11.11.15VermerkKindergarten: L. sei an jenem Tag wieder sehr unruhig gewesen (schlechtes Reagieren auf Ansprache, Nichtbefolgung von Anweisungen); L. habe anderes Kind von hinten mit beiden Händen am Hals gewürgt. L. habe sein Verhalten nicht erklären können und auch nicht gezeigt, dass es ihm leid tut.
17.11.15VermerkKindergarten: Sehr positives Verhalten von L. an jenem Tag (u. a. nur seltene Regelverstöße, allgemein ruhiger und aufmerksamer). Beobachtungen seien an Mutter weitergegeben worden.
26.11.15GesprächTeilnehmer: Erzieherin, Mutter. Inhalt: Bei Streit im Bällebad habe L. dem bereits liegenden und weinenden anderen Kind ins Gesicht getreten. Mutter sei informiert worden: derartige Vorgehensweise („erschreckend“) werde im Kindergarten nicht geduldet. Mutter habe verständnisvoll und betroffen reagiert.
12/2015VermerkKindergarten: L. zeige weiter Auffälligkeiten bei Körperwahrnehmung (Eigen- und Fremdwahrnehmung: oft sehr laut), Sprache (bei immer wieder auftretenden Konflikten mit anderen Kindern suche L. eher körperliche Lösung, z. B. durch Hauen, zu festes Drücken, Werfen mit Spielzeugautos), Einhalten von Regeln (Tischmanieren, Aufräumen, Waschraum, Garderobe, Stuhlkreis, Umgang mit Spielmaterialien); L. tue sich schwer mit Übergängen im Tagesablauf ( Herumrennen, Blödsinn machen, mit Wasser spritzen etc.); L. fühle sich in großer Gruppe nicht angesprochen.
18.12.15GesprächTeilnehmer: Erzieherin, MSH-Mitarbeiterin, Mutter. Inhalt: Dringende Empfehlung einer fachärztlichen Diagnostik (Hessing, Josefinum), evtl. Logopädie. Auffälligkeiten bei L. lägen weiter in Wahrnehmung, Konzentration und Ausdauer, Umsetzung von Aufgaben, Einhalten von Regeln, Übergängen und Sprache. Mutter wolle sich schnell um Termin zur Diagnostik sowie zur Logopädie kümmern.
02/2016Beobach-
tungsbogenKindergarten: L. falle es schwer, Regeln einzuhalten ( Konfliktsituationen); Sprache in unvollständigen Sätzen, z.T. etwas undeutlich; wenig Beteiligung im Stuhlkreis, aber Fähigkeit, in Gruppe zu sprechen; schnelles Unruhigwerden (z.T. zappelig), Nachlassen der Konzentration und Ablenken anderer Kinder, soweit nicht ständig individuelle Betreuung erfolge; Erforderlichkeit von Hilfestellung in vielen Situationen (persönliche Ansprache), trotzdem Schwierigkeiten bei Umsetzung; L. fühle sich bei Aufgaben an Gesamtgruppe in der Regel nicht angesprochen; Probleme mit Körperwahrnehmung (Besuch Heilpädagogin); oftmals unangemessenes/impulsives Verhalten, gerade bei Konflikten (z. B. Hauen anderer Kinder, niedrige Schwelle zu körperlicher Reaktion, z. B. Schubsen).
16.02.16VermerkKindergarten: L. wirke ruhiger und ausgeglichener, zeige mehr Konzentration und Ausdauer. Weniger Konfliktsituationen, mehr Spielkontakte mit Gleichaltrigen.
22.02.16VermerkeKindergarten: L. sei ohne Abmeldung in Keller gegangen; habe Mädchen in Bauch und Rücken gehauen; stark unausgeglichenes, unruhiges und unangemessenes Verhalten (Toilettenanstellsituation, Brotzeit); in Garten habe L. Anweisung, in der Nähe zu bleiben, nicht befolgt; L. habe angekündigt, dass er „auch abhauen“ könne. L. habe am Maltisch mit Schere gesessen und anderem Kind die Haare schneiden wollen; L. brauche ständige individuelle Ansprache und Begleitung.
01.03.16GesprächTeilnehmer: Erzieherin, Mutter Inhalt: Information der Mutter über „Zahnproblematik“; Mutter habe abwehrend reagiert, L. habe „wichtigere“ Probleme (Verhalten).
04.03.16VermerkKindergarten: L. höre nicht auf Anweisungen, brauche viel direkte Ansprache, wirke unruhig und unausgeglichen; es gebe wieder mehr Konflikte mit anderen Kindern; L. nässe ab und zu ein (nicht altersentsprechend), Probleme mit Körperwahrnehmung; auffällig seien bei L. auch schlechte Zähne. Mutter sei darauf hingewiesen worden, habe jedoch klargemacht, dass sie keine Einmischung wünsche.
04.03.16GesprächTeilnehmer: Erzieherin, MSH-Mitarbeiterin, Mutter und Lebensgefährte. Inhalt: L. sei seit 2 Wochen wieder stark auffällig (Wahrnehmungsstörung, Umsetzung und Einhaltung von Regeln, Impulsivität, Unkonzentriertheit, mehr Konfliktsituationen). Mutter sei informiert worden, dass L. ab 09/2016 Kindergarten nicht mehr besuchen könne, Eltern müssten sich um Platz in Sondereinrichtung kümmern. Nach zunächst deutlich negativer Gesprächsentwicklung hätten Mutter und Lebensgefährte schließlich zugesagt, sich um HPT-Platz und Diagnostik kümmern wollen.
07.03.16GesprächTeilnehmer: Erzieherin, Leiterin Kindergarten, Gemeindemitarbeiterin, Mutter und Lebensgefährte. Inhalt: Mutter sei informiert worden, dass Kindergartenbesuch von L. in 08/2016 ende, da L. andere Fördermaßnahmen benötige. Mutter solle alsbald ärztliche Diagnostik veranlassen und begleitend mit HPTs in Kontakt treten, um Platz ab 09/2016 sicherzustellen. Mutter und Lebensgefährtin hätten geäußert, sich um Alternativplatz kümmern zu wollen, Hilfe sei insoweit abgelehnt worden.
11.04.16VermerkKindergarten: L. setze beim Malen Aufgabe nicht um; Ausdauer und Konzentration ließen schnell nach.
13.04.16GesprächTeilnehmer: Zunächst Erzieherin und Heilpädagogin, dann auch Leiterin Kindergarten und Mutter Inhalt: Austausch Erzieherin mit Heilpädagogin. Platz in HPT in A. sei seitens Kindergartens angeboten worden, als Notlösung sei SVE denkbar. HPT-Platz sei durch Mutter abgelehnt worden, da sie bereits zwei Zusagen von Einrichtungen in A. habe.
19.04.16VermerkKindergarten: L. sei kurz über Zaun des Kindergartengeländes geklettert; L. habe Grund für Verhalten zunächst nicht erklären können („Ich weiß es nicht“).
04/2016VermerkKindergarten: L. fühle sich in großer Gruppe meist nicht angesprochen und halte sich nicht an bekannte Gruppenregeln/Absprachen (Verlassen des Zimmers ohne Abmelden, Ignorieren der Grenzen des Gartens); Unkonzentriertheit, Unruhe (z. B. Ablenken anderer Kinder und Grimassen im Stuhlkreis,  ständige individuelle Betreuung nötig); Auffälligkeiten in Eigenwahrnehmung (zu festes Anfassen und Umrennen anderer Kinder, lautes Brüllen und Kreischen); starke Impulssteuerung (schnelles Reagieren auf Außenreize, geringe Aufmerksamkeitsspanne); Auffälligkeiten in Alltagssituationen (Nichtanziehen in Garderobe, Nassmachen der Kleidung, Herumlaufen im Waschraum, Essmanieren); Probleme bei Übergängen im Tagesablauf (L. mache Blödsinn oder gehe heimlich in die Turnhalle/Büro); wenig Beteiligung/Aufmerksamkeit im Stuhlkreis; hohe Erforderlichkeit von Einzelzuwendung bzw. -ansprache; auf kleine Fortschritte folgten Rückschritte.
02.05.16VermerkKindergarten: L. habe witterungsbedingtes Verbot der Benutzung eines Teils des Kindergartenareals ignoriert und Plastiksandspielzeug auf parkende Pkw geworfen.
03.06.16Gespräch (Erzieherin)Teilnehmer: Erzieherin, Mutter Inhalt: Information bei Kindesabholung über Wochenvorfälle (mehrmaliges „In die Hose machen“, z.T. 2-3x täglich; Urinieren in Spielhütte im Garten; Probleme bei Einhaltung von Regeln); Hinweis Erzieherin auf HPT oder Förderung in Kleingruppe. Diagnostik sei noch immer nicht erfolgt.
10.06.16 Gespräch (Erzieherin)Teilnehmer: Erzieherin, Mutter Inhalt: Information bei Kindesabholung über Tagesvorfälle (aggressives Verhalten von L. bei Turnen und Freispiel, Zuhalten der Toilettentür, „Handtuchwischen“), Hinweis auf fehlende Fähigkeit zur Einhaltung von Regeln, bessere Unterstützung in Kleingruppe. Mutter habe erwidert, dass sie bereits alternative Betreuungsmöglichkeiten habe, jedoch finde sie Veränderung für L. schwer. Sodann abrupter Gesprächsabbruch durch Mutter, wobei sie Erzieherin mit Händen an Oberarmen gehalten habe (Mutter: „Sie machen mich ganz fuchsig“).
4. Mit kostenfreiem Bescheid des Beklagten vom 30. Juni 2016 wurde L. ab 1. September 2016 vom Besuch des gemeindlichen Kindergartens „Am S.“ ausgeschlossen.
Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass gestützt auf Art. 23 f. GO i. V. m. § 7 lit. e, g und f KITAS hinsichtlich L. die Gestattung zur Nutzung des Kindergartens für die Zeit ab 1. September 2016 widerrufen werde. Trotz nahezu wöchentlicher Elterngespräche und wiederholter Zusagen habe die Klägerin die vom Kreisjugendamt für eine Aufnahme von L. in den Regelkindergarten geforderte Kooperation und Offenheit zur Ursachenklärung vermissen lassen. Nachdem die Klägerin im Elterngespräch vom 18. Dezember 2015 berichtet hätte, dass bei der U9-Untersuchung von L. kinderärztlich Sprachschwierigkeiten festgestellt worden seien, sei seitens des Kindergartenpersonals auf die Erforderlichkeit einer umfassenden ärztlichen Diagnostik hingewiesen worden. Obwohl die Klägerin in diesem Elterngespräch die Einleitung der erforderlichen Schritte zugesagt hätte, sei die Klägerin im Elterngespräch Anfang März 2016 der Auffassung gewesen, dass insoweit weitergehende Maßnahmen nicht erforderlich seien. Der Klägerin sei in den Elterngesprächen mit Blick auf das Verhalten von L. gegenüber den anderen Kindern der Gruppe sowie seines Einkotens und Einnässens Unterstützung angeboten worden; es sei sogar ein Platz für L. in einer Heilpädagogischen Tagesstätte gefunden worden. Dieses Angebot habe die Klägerin jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass zwei alternative Betreuungsplätze bereits vorhanden seien. Letztlich habe die Nichteinhaltung der Zusagen und Absprachen das Vertrauensverhältnis zwischen den pädagogischen Fachkräften und der erziehungsberechtigten Klägerin nachhaltig gestört.
5. Der Bescheid des Beklagten vom 30. Juni 2016 wurde mit Schriftsatz der Klägerseite vom 5. Juli 2016 in das Klageverfahren einbezogen. Beantragt ist nunmehr (sinngemäß),
den Bescheid des Beklagten vom 30. Juni 2016 aufzuheben.
Der Bescheid sei rechtswidrig. Es sei keiner der in § 7 KITAS genannten Ausschlussgründe einschlägig. Es werde bestritten, dass das Kreisjugendamt für eine Aufnahme von L. in den Regelkindergarten Kooperation und Offenheit zur Ursachenklärung seitens der Klägerin gefordert habe. Unabhängig davon hätten zwischen der Klägerin und der Gruppenerzieherin an jedem Tag, an dem L. den Kindergarten besucht habe, Gespräche stattgefunden. Es sei auch nicht zutreffend, dass konkrete Auffälligkeiten des Sohns seitens des Kindergartenpersonals des Beklagten in Gesprächen erläutert worden seien; es habe lediglich einmal ein Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Beklagten sowie einer Sonderpädagogin gegeben, die L. – ohne diesen näher zu kennen – ADS sowie auditive Wahrnehmungsstörung unterstellt habe. Es sei auch unzutreffend, dass der Beklagte der Klägerin Hilfen angeboten habe, einen passenden Betreuungsplatz zu finden; hier sei lediglich eine Pauschalverweisung auf eine heilpädagogische Einrichtung in A. oder O. erfolgt, wobei es insoweit für eine Aufnahme jedoch an der erforderlichen ärztlichen Diagnose fehle. Über das normale altersgerechte Maß hinausgehende Verhaltensauffälligkeiten seien bei L. richtigerweise nicht vorhanden; dies könne die Gruppenerzieherin von L. bezeugen. L. sei ein völlig gesundes und normal entwickeltes Kind. Insbesondere kote er nicht ein; es komme lediglich vor, dass L. nach dem Stuhlgang den Po nicht sauber abputze und sodann braune Streifen in der Unterhose entstünden. Bei aufgeregtem Spielen komme es gelegentlich vor, dass L. einnässe; dies sei für ein Kind dieses Alters durchaus normal. L. suche zudem jeden Donnerstag eine Heilpädagogin auf; nach zehn Sitzungen habe eine zuvor jeweils mittwochs aufgesuchte Logopädin keine weiteren Besuche für erforderlich erachtet. Unzutreffend sei auch, dass der Kinderarzt bei der U9-Untersuchung bei L. Sprachschwierigkeiten festgestellt habe; entsprechende Aussagen habe die Klägerin gegenüber dem Kindergartenpersonal auch nicht getroffen. Es bestehe ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz; ein Wechsel im letzten Kindergartenjahr vor Schulbeginn sei schädlich und kindeswohlwidrig. Letztlich passe das Verhalten des Beklagten ins Gesamtbild, nachdem L. bereits im Mai 2015 nur unter Androhung einer Klage der Besuch des streitgegenständlichen Kindergartens gestattet worden sei. Höchst vorsorglich habe die Klägerin zwischenzeitlich eine Untersuchung von L. im kbo-Kinderzentrum in M. veranlasst; mit einem Ergebnis sei jedoch erst frühestens Ende September 2016 zu rechnen.
Mit Einreichung der Klage wurde ein Prozesskostenhilfeantrag gestellt.
6. Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Ausschluss vom Kindergartenbesuch sei rechtmäßig. Der Kindergarten „Am S.“ sei insbesondere personell nicht in der Lage, die für das Kind L. erforderliche Betreuung sicherzustellen. Bereits im zuvor besuchten kirchlichen Kindergarten sei L. aufgrund eines durch einen Regelkindergarten mit Blick auf das zu gewährleistende Wohl aller Kindergartenkinder nicht leistbaren, erhöhten Betreuungs- und Förderungsbedarfs aufgefallen. Dieser Befund habe sich auch beim seit September 2015 erfolgten Besuch des streitgegenständlichen Kindergartens mit seiner Gruppenstärke von 27 Kindern bestätigt. Ausweislich der umfangreichen Dokumentationen des Kindergartenpersonals sei L. in seinem Verhalten stark impulsgesteuert, er halte sich nicht an Anweisungen, benötige regelmäßig Individualbetreuung und gehe mit anderen Kindern hauptsächlich auf physischer, non-verbaler Ebene um. Zudem habe L. Sprachdefizite, brülle und kreische ohne erkennbaren Grund, kote und nässe ein sowie zeige Entwicklungsdefizite bei der Verwendung von Alltagsgegenständen (z. B. Malstifte). Aus den umfangreichen Dokumentationen werde auch deutlich, dass entgegen dem Vortrag der Klägerseite sehr wohl zahlreiche Gespräche mit der allein sorgeberechtigten Klägerin geführt worden sind, die die Entwicklung von L. und entsprechende Förderungsmöglichkeiten zum Gegenstand gehabt hätten. Soweit die Klägerseite auf die für den Besuch einer Heilpädagogischen Tagesstätte zunächst erforderliche Diagnostik hinweise, gelte, dass das Kindergartenpersonal eine solche fachärztliche Abklärung bereits seit langem der Klägerin nachdrücklich angeraten hätten. Zwischenzeitlich sei auch das Vertrauensverhältnis zwischen den pädagogischen Fachkräften des Beklagten und der Klägerin derart angespannt, dass eine weitere Betreuung von L. im Kindergarten „Am S.“ schwierig bis unmöglich ist.
7. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg.
1. Gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Dafür genügt eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs. Bei der dabei vom Gericht anzustellenden vorläufigen Prüfung dürfen im Hinblick auf die Rechtsschutzgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten keine überspannten Anforderungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten gestellt werden. Insbesondere wäre es unzulässig, schwierige Sach- oder Rechtsfragen, die in vertretbarer Weise auch anders beantwortet werden können als von der Beklagtenseite angenommen, bereits in Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens abschließend im Prozesskostenhilfeverfahren zu erörtern und damit den Zugang zu den Gerichten zu versagen (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.2003 – 1 BVR 1526/02 – NJW 2003, 1857). Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe genügt deshalb bereits eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs (siehe zum Ganzen: BayVGH, B. v. 25.11.2013 – 12 C 13.2126 – juris Rn. 11).
2. Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze hat die vorliegend beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
a) Zwar ist der Verwaltungsrechtsweg vorliegend eröffnet (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art.
aa) Klarzustellen ist zunächst, dass dies auch hinsichtlich des Kündigungsschreibens des Beklagten vom 12. April 2016 gegolten hätte, das vorliegend ursprünglich Anlass für die Klage war.
Zwar betrifft die Kündigung eines geschlossenen Betreuungsvertrags vordergründig ein privatrechtliches Vertragsverhältnis. Bei der vom Beklagten betriebenen Kindertageseinrichtung handelt es sich jedoch um eine öffentliche Einrichtung i. S. v. Art. 21 GO i. V. m. § 1 Nr. 1 der Kindertageseinrichtungs-Satzung des Beklagten i. d. F. nunmehr vom 1. Januar 2016. Bei der Zulassung zu einer solchen Einrichtung besitzt die Gemeinde keine Wahlfreiheit zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht. Gleichgültig welche Rechtsnatur das Benutzungsverhältnis besitzt, die Zulassung zur Einrichtung unterliegt stets der Beurteilung durch das öffentliche Recht und damit der Erkenntniszuständigkeit der Verwaltungsgerichte (vgl. BVerwG, B. v. 29.5.1990 – 7 B 30/90 – NVwZ 1991, 59; HessVGH, B. v. 28.9.1976 – V N 3/75 – NJW 1977, 452 – „kommunaler Kindergarten“; B. v. 16.8.1978 – II TG 58/78 – NJW 1979, 886 – „Kindertagesstätte“). Gleiches gilt für den Streit um den Ausschluss von der öffentlichen Einrichtung als Kehrseite der Zulassung (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 40 Rn. 51 m. w. N.). Auch im Falle einer privatrechtlichen Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses darf der aus Art. 21 GO folgende öffentlich-rechtliche Anspruch auf Zulassung und Benutzung der Einrichtung nicht über eine zivilrechtliche Regelung unterlaufen werden. Wird der privatrechtliche Betreuungsvertrag mit einer für die öffentlich-rechtliche Zulassungs- und Benutzungsentscheidung relevanten Begründung gekündigt, ist die Frage des „ob“ der Benutzung und damit das öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis berührt mit der Folge, dass auch insoweit die Verwaltungsgerichte zur Entscheidung berufen sind (vgl. BayVGH, U. v. 16.9.1994 – 4 B 94.1496 – NVwZ 1995, 812 f.; VG Düsseldorf, B. v. 10.9.2003 – 24 L 3143/03 – NWVBl 2004, 33; vgl. zum Ganzen: BayVGH, B. v. 10.10.2012 – 12 CE 12.2170 – juris Rn. 35 f.).
bb) Zwischenzeitlich jedoch hat der Beklagte den Ausschlussbescheid vom 30. Juni 2016 (Blatt 36-38 der Gerichtsakte) erlassen, den die Klägerseite sodann mit Schriftsatz vom 5. Juli 2016 wirksam in die Klage einbezogen hat. Dieser Bescheid hat in der Sache – soweit es das öffentliche Recht betrifft – das zeitlich vorangehende Kündigungsschreiben des Beklagten vom 12. April 2016 vollständig ersetzt.
Hinsichtlich des Bescheids des Beklagten vom 30. Juni 2016 als nunmehriger (alleiniger) Klagegegenstand ist vorliegend ohne weiteres der Verwaltungsrechtsweg i. S. v. § 40 VwGO eröffnet. Insoweit wird zum einen auf die obigen Ausführungen zur stets öffentlich-rechtlichen Natur der Frage der Zulassung zu einer öffentlichen Einrichtung i. S. v. Art. 21 GO verwiesen; zum anderen wirkt die vorliegend durch den Beklagten gewählte Form des Verwaltungsakts rechtswegseröffnend i. S. v. § 40 VwGO (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 23.1.1962 – III C 203.60 – juris Rn. 8; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 40 Rn. 15a).
b) Die zulässige Klage ist jedoch bei summarischer Prüfung wohl nicht begründet.
Der allein streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 30. Juni 2016 ist nach Aktenlage voraussichtlich rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO sind zwar alle Gemeindeangehörigen nach den bestehenden allgemeinen Vorschriften berechtigt, die öffentlichen (also gewidmeten) Einrichtungen zu benutzen. Es spricht jedoch alles dafür, dass vorliegend der Beklagte mit dem genannten Bescheid das öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis wirksam zum 31. August 2016 beendet hat.
Die Beendigung des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses ist nicht durch eine einseitige privatrechtliche Willenserklärung – hier die Kündigung vom 12. April 2016 – möglich. Vielmehr lässt die Kündigung des privatrechtlichen Nutzungsvertrags den durch (konkludenten) Verwaltungsakt festgesetzten Nutzungsanspruch unberührt (vgl. hierzu näher Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 119 m. w. N.). Insoweit bedarf es vielmehr einer hoheitlichen Regelung in der Gestalt eines (Widerrufs-)Verwaltungsakts (vgl. hierzu näher BayVGH, U. v. 22.11.2006 – 7 B 05.2273 – NVwZ-RR 2007, 765; B. v. 31.8.1999 – 7 ZS 99.2168 – DÖV 2000, 646; VG Düsseldorf, B. v. 10.9.2003 – 24 L 3143/03 – NWVBl 2004, 33; vgl. zum Ganzen: BayVGH, B. v. 10.10.2012 – 12 CE 12.2170 – juris Rn. 42).
Ein das Benutzungsverhältnis beendender Verwaltungsakt dürfte vorliegend nicht im Kündigungsschreiben des Beklagten vom 12. April 2016 zu erblicken sein. Hierfür spricht zunächst die äußere Form des Schreibens, insbesondere die ausdrückliche Verwendung des privatrechtlichen Begriffs der Kündigung und das Fehlen jeglicher Rechtsbehelfsbelehrung. Es spricht insoweit vieles dafür, dass sich der Beklagte zum Zeitpunkt des Kündigungsschreibens der öffentlich-rechtlichen Bedeutung seines Handelns nicht bewusst war, was die Notwendigkeit einer klar erkennbaren Regelung i. S. v. Art. 35 BayVwVfG unterstreicht (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B. v. 10.10.2012 – 12 CE 12.2170 – juris Rn. 43 unter Bezugnahme auf VG Düsseldorf, B. v. 10.9.2003 – 24 L 3143/03 – NWVBl 2004, 33).
Der das öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis beendende Verwaltungsakt dürfte vorliegend daher erst im Bescheid vom 30. Juni 2016 zu sehen sein, mit dem der Beklagte die Gestattung zur Nutzung des Kindergartens „Am S.“ für die Zeit ab 1. September 2016 ausdrücklich widerrufen hat.
aa) Insoweit dürften vorliegend die Voraussetzungen für einen Widerruf nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG gegeben sein (vgl. BayVGH, B. v. 10.10.2012 – 12 CE 12.2170 – juris Rn. 45).
(1) Als Widerrufsgrund ist vorliegend Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayVwVfG anwendbar. Hiernach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt widerrufen werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine solche Rechtsvorschrift kann auch eine auf Basis von Art. 23 f. GO erlassene kommunale Kindertageseinrichtungs-Satzung sein (vgl. BayVGH, B. v. 10.10.2012 – 12 CE 12.2170 – juris Rn. 46; B. v. 31.8.1999 – 7 ZS 99.2168 – DÖV 2000, 646 – juris Rn. 19). So liegt der Fall mit Blick auf die in § 7 KITAS geregelten Ausschlussgründe hinsichtlich des Kindergartenbesuchs wohl auch hier. Die Kindertageseinrichtungs-Satzung des Beklagten i. d. F. vom 1. Januar 2016 ist auch geeignet, ein öffentlich-rechtliches Widerrufsrecht zu begründen. § 7 KITAS betrifft ausweislich seines Wortlauts nicht nur die Kündigung des privatrechtlich zu beurteilenden Betreuungsvertrags, sondern ist allgemein gefasst (vgl. zur Fallkonstellation, in der eine Kindertageseinrichtungs-Satzung ausdrücklich nur zur privatrechtlichen Kündigung berechtigende Ausschlussgründe regelt: BayVGH, B. v. 10.10.2012 – 12 CE 12.2170 – juris Rn. 20-22/46).
Aufgrund der hier gegebenen Anwendbarkeit von Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayVwVfG kann offen bleiben, ob daneben vorliegend auch Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG als Rechtsgrundlage für einen Widerruf des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses in Betracht kommt (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 10.10.2012 – 12 CE 12.2170 – juris Rn. 47).
(2) Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayVwVfG i. V. m. § 7 lit. e-g KITAS ist als Widerrufsgrund vorliegend voraussichtlich auch einschlägig.
(a) So dürfte nach Aktenlage der Ausschlussgrund aus § 7 lit. f KITAS einschlägig sein, da vieles dafür spricht, dass das Kind L. aufgrund schwerer Verhaltensstörungen sich oder andere gefährdet.
Insoweit ist zunächst vollumfänglich auf die Stellungnahmen der zuständigen Studienrätin (FS) der Mobilen sonderpädagogischen Hilfe im Kindergarten (MSH) vom 10. Juni 2016 und der Leiterin des Kindergartens vom 14. Juni 2016 sowie auf die umfangreichen Dokumentationen des Kindergartenpersonals zu verweisen.
Demnach sind bei L. nach Aktenlage Entwicklungsauffälligkeiten gerade im sozial-emotionalen Bereich festzustellen, L. fällt es schwer, Regeln anzunehmen und einzuhalten. Es ist insoweit immer wieder seitens des Kindergartens dokumentiert worden, dass L. bei Konflikten stark körperlich reagiert, andere Kinder schubst, haut, am Hals würgt oder auch unvermittelt ins Gesicht schlägt (siehe Vermerke des Kindergartens v. 13.10.2015, 16.10.2015, 11.11.2015 und 22.2.2016; Beobachtungsbogen 02/2016). Ein weinend am Boden liegendes Kind hat L. nach Aktenlage ins Gesicht getreten (Vermerk des Kindergartens v. 26.11.2015). L. hat auch gegenüber einer Erzieherin „wild um sich geschlagen“ und die Erzieherin getroffen (siehe Vermerk des Kindergartens v. 29.10.2015).
In diesem Zusammenhang erscheint dem Gericht auch der Vorfall vom 14. Oktober 2015 relevant und bedenklich. Hierbei hat sich L. nach Aktenlage mit zwei anderen Kindern unerlaubt vom Gartenspiel entfernt und in den Kindergarten geschlichen; dort haben sie sich in einer Kindertoilette versteckt, wo L. gewollt hat, dass die anderen Kinder ihm beim Stuhlgang zuschauen (siehe zum Ganzen: Vermerk des Kindergartens v. 26.11.2015). Dieser Vorfall könnte zumindest Anlass zu einer kinderpsychologischen Abklärung geben, wenngleich eine unmittelbare Gefährdung der beiden anwesenden Kinder durch L. nicht ersichtlich ist.
Abschließend ist in diesem Zusammenhang klarzustellen, dass es für das Vorliegen des Ausschlussgrunds aus § 7 lit. f KITAS ausweislich des Wortlauts der Norm („insbesondere“) nicht darauf ankommt, ob eine heilpädagogische Behandlung von L. angezeigt ist oder nicht.
(b) Unabhängig davon dürfte vorliegend nach Aktenlage der Ausschlussgrund aus § 7 lit. g KITAS einschlägig sein, da vieles dafür spricht, dass L. aufgrund seiner Entwicklung noch nicht in der Lage ist, den Alltag in der Kindertagesstätte zu bewältigen, wobei im Fall von L. zudem das in der Norm genannte Regelbeispiel des mehrmaligen Einnässen und Einkotens gegeben ist.
Auch insoweit ist zunächst vollumfänglich auf die Stellungnahmen der zuständigen Studienrätin (FS) der Mobilen sonderpädagogischen Hilfe im Kindergarten (MSH) vom 10. Juni 2016 und der Leiterin des Kindergartens vom 14. Juni 2016 sowie auf die umfangreichen Dokumentationen des Kindergartenpersonals zu verweisen.
Demnach sind bei L. vor allem Schwierigkeiten im sozial-emotionalen Bereich vorhanden. Probleme bestehen in Form geringer Eigenwahrnehmung, des fehlenden Vermögens zum Halten der Aufmerksamkeit, stark schwankender Konzentrationsfähigkeit, hoher Impulsivität, hoher Ablenkbarkeit, erschwerter Eigensteuerung sowie des fehlenden Einhaltens von Regeln oder Befolgens von Anweisungen (siehe allg.: Beobachtungsbogen des Kindergartens aus 02/2016; Vermerk des Kindergartens aus 04/2016). L. benötigt offenbar eine Förderung durch eine intensive Individualbetreuung, die durch den hier streitgegenständlichen Regelkindergarten „Am S.“ mit einer Gruppenstärke von 27 Kindern objektiv nicht zu leisten ist (siehe etwa Vermerke des Kindergartens v. 4.3.2016 und aus 04/2016; Beobachtungsbogen des Kindergartens aus 02/2016). Insoweit ist bereits der Stellungnahme der Sozialpädagogin des Kreisjugendamts vom 24. April 2015 zu entnehmen, dass schon die letzten drei Betreuungsstellen bei L. Auffälligkeiten im Sozialverhalten beschrieben hätten; das Kreisjugendamt hatte daher nur unter Vorbehalt eine Betreuungsmöglichkeit von L. in einem Regelkindergarten bejaht.
L. ist im Kindergarten „Am S.“ nach Aktenlage auch immer wieder durch Einnässen und Einkoten aufgefallen (siehe Vermerke des Kindergartens v. 1.10.2015, 6.10.2015 und 3.6.2016), was in § 7 lit. g KITAS als Regelbeispiel für den dortigen Ausschlussgrund genannt ist. Auch die gemäß § 7 lit. g KITAS erforderlichen aufklärenden Gespräche zwischen den Personensorgeberechtigten und der Kinderkartenleitung bzw. der Erzieherin haben vorliegend – zahlreich – stattgefunden.
(c) Schließlich dürfte nach Aktenlage vorliegend auch der Ausschlussgrund aus § 7 lit. e KITAS einschlägig sein, da vieles dafür spricht, dass die Zusammenarbeit zwischen Kindertageseinrichtung und der allein personensorgeberechtigten Klägerin nachhaltig gestört ist.
Insoweit gilt, dass die Klägerin nach Aktenlage in der Kommunikation mit dem Kindergartenpersonal wiederholt bei Hinweisen und Empfehlungen eine starke Abwehrhaltung eingenommen und sich Einmischung verboten hat (siehe Gesprächsvermerke des Kindergartens v. 1.3.2016 und 4.3.2016). Zudem sind in den Gesprächen zwischen Klägerin und Kindergartenpersonal mehrfach Absprachen – etwa hinsichtlich des Kümmerns um einen Platz in einer heilpädagogischen Einrichtung und der Veranlassung der erforderlichen fachärztlichen Diagnostik – getroffen worden, die später seitens der Klägerin nicht eingehalten worden sind (vgl. Gesprächsvermerk des Kindergartens v. 3.6.2016: „Diagnose-Stunde ist immer noch nicht erfolgt!“). Auch sind Gespräche des Kindergartenpersonals mit der Klägerin und ihrem Lebensgefährten offenbar z. T. eskaliert, die Klägerin ist wütend geworden, der Lebensgefährte hat die Einschaltung eines Rechtsanwalts in den Raum gestellt (siehe etwa Gesprächsvermerk des Kindergartens v. 4.3.2016). In dieser bereits deutlich angespannten Situation hat die Klägerin nach Aktenlage sodann am 10. Juni 2016 eine Erzieherin des Kindergartens bei einem Gespräch mit den Händen an den Oberarmen gehalten („Sie machen mich ganz fuchsig“, siehe Gesprächsvermerk des Kindergartens v. 10.6.2016); dieser Wechsel im Konfliktverhalten der Klägerin auf eine körperliche Ebene ist aus Sicht des Gerichts nach Aktenlage eine Grenzüberschreitung, aufgrund derer vieles dafür spricht, dass eine weitere zielführende Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und dem Kindergartenpersonal nicht mehr möglich ist.
(3) Die personensorgeberechtigte Klägerin ist auch vor dem Widerrufsbescheid vom 30. Juni 2016 – wie in § 7 KITAS vorgesehen – hinreichend gehört worden. Insoweit ist nur auf die zuvor geführten zahlreichen Gespräche des Kindergartenpersonals mit der Klägerin zu verweisen. Ein Antrag auf Hörung des Elternbeirats des Kindergartens (§ 3 KITAS) zum Ausschluss von L. wurde seitens der Klägerin nicht gestellt.
bb) Auch die Jahresfrist aus Art. 49 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG i. V. m. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG dürfte vorliegend eingehalten sein. Dies ergibt sich vorliegend bereits aus dem Umstand, dass L. die streitgegenständliche Kindertageseinrichtung „Am S.“ erst seit September 2015 – und damit zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids vom 30. Juni 2016 weniger als ein Jahr – besucht.
cc) Auch auf Rechtsfolgenseite ist der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 30. Juni 2016 voraussichtlich nicht zu beanstanden.
Der Widerruf des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses gemäß Art. 49 Abs. 2 BayVwVfG setzt eine Ermessensbetätigung seitens des Beklagten voraus (vgl. BayVGH, B. v. 10.10.2012 – 12 CE 12.2170 – juris Rn. 48). Allerdings ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Fällen des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 BayVwVfG im Regelfall von einem sog. intendierten Überwiegen des öffentlichen Interesses am Widerruf auszugehen (vgl. BayVGH, B. v. 31.8.1999 – 7 ZS 99.2168 – DÖV 2000, 646 – juris Rn. 28 unter Bezugnahme auf BVerwG, NVwZ 1992, 565).
Hiervon ausgehend ist vorliegend zwar im Ausgangspunkt festzustellen, dass eine Ermessensausübung des Beklagten im Bescheid vom 30. Juni 2016 (Blatt 36-38 der Gerichtsakte) nicht stattgefunden hat. In den Gründen des Bescheids ist lediglich der der Widerrufsentscheidung zugrunde liegende Sachverhalt wiedergegeben, ohne jedoch eine einzelfallbezogene Abwägung der privaten Interessen der Klägerin bzw. des Kindes L. mit den öffentlichen Interessen des Beklagten erkennen zu lassen.
Gleichwohl dürfte vorliegend kein Ermessensfehler in Form eines Ermessensausfalls gegeben sein. Das Gericht geht nach Aktenlage vielmehr davon aus, dass eine Ermessensreduktion auf Null hinsichtlich eines Ausschlusses des Kindes L. aus dem Kindergarten „Am S.“ vorlag und vorliegt. Eine Ermessensreduktion kommt in Betracht, wenn angesichts der besonderen Umstände des konkreten Falles jede andere Entscheidung ermessensfehlerhaft wäre (vgl. BayVGH, B. v. 30.10.2013 – 10 ZB 11.1390 – juris Rn. 9; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 40 Rn. 49). Diese Voraussetzungen dürften vorliegend gegeben sein. Insoweit wird auf die besondere Intensität und Frequenz der Verhaltensauffälligkeiten von L. verwiesen, die durch das Kindergartenpersonal sowie die zuständige Mitarbeiterin der Mobilen sonderpädagogischen Hilfe im Kindergarten (MSH) umfangreich und ausführlich dokumentiert worden sind.
3. Nach alledem war der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung abzulehnen, ohne dass es auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin ankommt.

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