Aktenzeichen W 2 K 16.479
VwGO VwGO § 84
BayHSchG BayHSchG Art. 48 Abs. 2
Leitsatz
1 Die Frist von einem Monat nach Beginn der Vorlesungszeit zur Beantragung eines Urlaubssemesters verfolgt den Zweck, über den Status des Studierenden rasch Rechtssicherheit in seinem als auch im Interesse der Hochschule zu schaffen und ist deshalb nicht zu beanstanden. (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine nach der Immatrikulationsverordnung mögliche Beurlaubung während des Semesters wegen einer Erkrankung ist unverzüglich zu beantragen. Hieran fehlt es, wenn der Studierende mehr als drei Monate zuwartet. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
1.
Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden hierzu gehört (§ 84 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO).
2.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Universität W. vom 8. April 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Beurlaubung vom Studium für das Wintersemester 2015/2016 (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
2.1
Gemäß Art. 48 Abs. 2 BayHSchG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Immatrikula-tions-, Rückmelde- und Exmatrikulationssatzung der Julius-Maximilians-Universität W. (Immatrikulationssatzung) vom 7. März 2007, zuletzt geändert durch Satzung vom 12. November 2014, können Studierende, die aus wichtigem Grund an einem ordnungsgemäßen Studium gehindert sind, auf schriftlichen Antrag vom Studium beurlaubt werden. Als wichtiger Grund gilt insbesondere eine durch ein ärztliches Attest bescheinigte Erkrankung, wenn durch sie ein ordnungsgemäßes Studium in dem betreffenden Semester nicht möglich ist (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Immatrikulationssatzung). Semester, in denen eine Beurlaubung erfolgt ist, zählen nicht als Fachsemester (§ 17 Abs. 3 Immatrikulationssatzung). Die Beurlaubung ist mit der Rückmeldung, spätestens aber einen Monat nach Beginn der Vorlesungszeit des betreffenden Semesters zu beantragen (§ 17 Abs. 4 Satz 1 Immatrikulationssatzung). Gegen die Monatsfrist zur Beantragung des Urlaubssemesters bestehen keine rechtlichen Bedenken. Gemäß Art. 51 Abs. 1 BayHSchG haben die Hochschulen im Hinblick auf die Beurlaubung Verfahrensregelungen durch Satzungsbestimmungen zu treffen, wozu insbesondere einzuhaltende Fristen zählen. Sinn und Zweck der einmonatigen Frist des § 17 Abs. 4 Satz 1 Immatrikulationssatzung ist es, aufgrund der Konsequenzen einer Beurlaubung für den Status des Studierenden rasch Rechtssicherheit und Klarheit sowohl für den Studierenden als auch für die Universität zu schaffen (vgl. VG München, U. v. 8.10.2007 – M 3 K 07.106 – juris); und zwar möglichst vor dem innerhalb des jeweiligen Semesters anberaumten Prüfungszeitraum. Den Konstellationen des nachträglichen Eintritts einer Erkrankung sowie der Verschlechterung einer bestehenden Krankheit während des Semesters wird mittels der Bestimmungen des § 17 Abs. 4 Satz 3 und Satz 4 Immatrikulationssatzung hinreichend Rechnung getragen (vgl. VG Würzburg, U. v. 28.10.2015 – W 2 K 14.400 u. W 2 K 14.401 – juris). Die Rechtmäßigkeit des in § 17 Abs. 6 Immatrikulationssatzung vorgesehenen Ausschlusses einer Beurlaubung nach Ablauf des Verwaltungszeitraums eines Semesters ist nicht entscheidungserheblich. Der generelle Ausschluss einer nachträglichen Beurlaubung für bereits abgeschlossene Semester wird insoweit kritisch gesehen, als dass Konstellationen, in denen ein Beurlaubungsgrund erst nach Ablauf des Semesters erkennbar ist, außer Acht gelassen werden (vgl. VG München, U. v. 8.10.2007 – M 3 K 07.106 – juris). Vorliegend hat die Klägerin ihren Beurlaubungsantrag jedoch noch innerhalb des Wintersemesters 2015/16 gestellt. Der Einwand der Klägerin, die „starren“ Regeln seien nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar, ist unsubstantiiert.
2.2
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Urlaubssemesters für das Wintersemester 2015/2016, denn die Geltendmachung des Beurlaubungsgrundes erfolgte verfristet.
Entgegen der Auffassung der Klägerin musste die Universität W. keine amtsärztliche Untersuchung veranlassen. Denn die Klägerin hat mit dem Attest vom 1. Februar 2016 den Nachweis einer Erkrankung erbracht. Maßgeblich für die Ablehnung der Beurlaubung war jedoch die verfristete Antragstellung.
Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Immatrikulationssatzung ist eine Beurlaubung mit der Rückmeldung, spätestens aber einen Monat nach Beginn der Vorlesungszeit des betreffenden Semesters zu beantragen. Vorliegend stellte die Klägerin jedoch erst am 31. März 2016 und damit mehrere Monate nach Vorlesungsbeginn (12.10.2015) ihren Beurlaubungsantrag.
Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Satz 3 Immatrikulationssatzung liegen ebenfalls nicht vor. Danach kann im Falle einer Erkrankung während des Semesters eine Beurlaubung auch zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochen werden, wenn sie unverzüglich unter Vorlage eines ärztlichen Attestes, aus dem dieser Sachverhalt hervorgeht, angezeigt wird und das Semester nicht mehr erfolgreich abgeschlossen werden kann. Für eine unverzügliche Antragstellung i. S. d. § 17 Abs. 4 Satz 3 Immatrikulationssatzung ist entsprechend der Legaldefinition des § 121 BGB ein Handeln ohne schuldhaftes Zögern erforderlich. Geht man davon aus, dass der Klägerin aufgrund der Fußoperation am 18. Dezember 2015 ein erfolgreicher Abschluss des Semesters verwehrt war, stellt die mehr als drei Monate später erfolgte Antragstellung am 31. März 2016 kein Handeln ohne schuldhaftes Zögern dar. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin eine Kontaktaufnahme mit der Universität nicht bereits zum Zeitpunkt der Operation möglich gewesen wäre. Selbst wenn der Heilungsverlauf zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar gewesen sein sollte, hätte sie sich bei der Universität über ein etwaiges Vorgehen im Falle einer Verhinderung des erfolgreichen Semesterabschlusses informieren können. Jedenfalls zum Zeitpunkt des Ausstellungsdatums des ärztlichen Attestes, d. h. am 1. Februar 2016, war es absehbar, dass die Klägerin das Semester aufgrund ihrer Erkrankung nicht erfolgreich würde abschließen können. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Klägerin im Rahmen ihrer studentischen Mitwirkungspflicht mit der Universität in Kontakt treten können. Die Klägerin stellte jedoch erst am 31. März 2016 und damit fast zwei Monate später ihren Beurlaubungsantrag.
Auch die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Satz 4 Immatrikulationssatzung sind nicht erfüllt. Danach findet § 17 Abs. 4 Satz 3 Immatrikulationssatzung entsprechende Anwendung, wenn sich eine bestehende Krankheit erst während des Semesters bis zur Studierunfähigkeit verschlechtert und das Semester deshalb nicht mehr abgeschlossen werden kann. Selbst unter der Annahme, dass sich das mit dem Wegeunfall der Klägerin einhergehende Dauerleiden durch die Fußoperation am 18. Dezember 2015 verschlechterte und das Semester aus diesem Grund nicht mehr abgeschlossen werden konnte, fehlt es auch für diese Rechtsgrundlage an einer fristgerechten Antragstellung. Aus dem Verweis auf § 17 Abs. 4 Satz 3 Immatrikulationssatzung wird deutlich, dass es für die Geltendmachung der Verschlechterung einer bestehenden Krankheit gleichermaßen einer unverzüglichen Antragstellung bedarf. Hier beantragte die Klägerin erst mit Schreiben vom 31. März 2016 die Beurlaubung für das Wintersemester 2015/16, was – wie zuvor erläutert – nicht mehr als ein Handeln ohne schuldhaftes Zögern zu erachten ist.
Es bestehen im Übrigen auch keine Anhaltspunkte für eine entschuldigte Fristversäumnis. Insbesondere war der Klägerin das Erfordernis der unverzüglichen Beantragung des Urlaubssemesters aus dem Verfahren W 2 K 14. 519 bekannt.
Der Hinweis der Klägerin zu einer bevorstehenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Anerkennung von Krankheitssemstern dringt schon aufgrund mangelnder Substantiiertheit nicht durch.
3.
Somit war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
4.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Gerichtsbescheid steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,
Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,
schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.
Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel gel- tend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,
Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten mündliche Verhandlung beantragen.
Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
Dem Antrag eines Beteiligten sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.
gez.: Emmert Graf Wolff
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, 2 GKG.