Sozialrecht

Erfolglose Klage gegen bodenschutzrechtliche Anordnung zur Grundwassersanierung

Aktenzeichen  W 4 K 15.560

Datum:
12.1.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBodSchG BBodSchG § 4 Abs. 3 S. 1, § 10 Abs. 1 S. 1, § 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 6, § 15 Abs. 2 S. 5, § 18
VwGO VwGO § 114 S. 1

 

Leitsatz

1. Im Falle von durch schädliche Bodenveränderungen verursachten Gewässerveränderungen ist das Bodenschutzrecht gegenüber dem Wasserrecht vorrangig anzuwenden (vgl. § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG). (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verpflichtung zur Begleitung und Dokumentation bodenschutzrechtlicher Sanierungsmaßnahmen durch ein Fachbüro kann auf die bodenschutzrechtliche Generalklausel des § 10 Abs. 1 S. 1 BBodSchG gestützt werden. (redaktioneller Leitsatz)

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg
W 4 K 15.560
Im Namen des Volkes
Urteil
Verkündet am 12.1.2016
4. Kammer
gez.: F., Angestellte als stellv. Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Sachgebiets-Nr: 1060
Hauptpunkte:
bodenschutzrechtliche Anordnung; Verpflichtung zur Begleitung, Überwachung und Dokumentation einer Gewässersanierung durch einen Sachverständigen;
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache

– Klägerin –
bevollmächtigt: …
gegen

vertreten durch: Landratsamt A., B-str. …, A.,
– Beklagter –
wegen bodenschutzrechtlicher Anordnung
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg, 4. Kammer, durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Strobel, die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Hetzel, den Richter Kreiselmeier, den ehrenamtlichen Richter K., die ehrenamtliche Richterin P.
aufgrund mündlicher Verhandlung am 12. Januar 2016
folgendes Urteil:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen für sofort vollziehbar erklärte bodenschutzrechtliche Anordnungen im Zusammenhang mit der Verpflichtung zu einer Grundwassersanierung.
1. Auf dem Betriebsgelände des klägerischen Unternehmens (W-straße 15, 63… G.) erfolgte im August 2012 ein Bodenaustausch zur Sanierung einer Verunreinigung durch leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe (LHKW).
Dem ging ein Bescheid des Landratsamts A. vom 1. September 2011 voraus, mit dem ein im Auftrag der Klägerin von der Fa. U. GmbH, W., ausgearbeiteter Sanierungsplan gemäß § 13 Abs. 6 Satz 1 BBodSchG für verbindlich erklärt wurde. Dieser Bescheid enthielt u. a. folgende Nebenbestimmung:
„2.13 Die Grundwassersanierung ist wieder aufzunehmen und bis auf weiteres fortzuführen. Hierbei ist Folgendes zu beachten:
Für die Ableitung des in der Behandlungsanlage vorbehandelten Grundwassers werden folgende Restkonzentrationen festgelegt:
(…)
Die hydraulische Grundwassersanierung ist kontinuierlich zu betreiben, wobei die beiden Betriebsbrunnen sowie der Ablauf der Behandlungsanlage vor dem Sanierungsbeginn sowie anschließend im zweimonatlichen Rhythmus auf die LCKW-Restkonzentrationen zu untersuchen sind. Die Untersuchungsergebnisse sind zu dokumentieren und vierteljährlich vorzulegen.“
Mit Schreiben vom 5. März 2013 forderte das Landratsamt A. die Klägerin auf, ein Fachbüro mit der „Überwachung, Begleitung und Dokumentation“ der Grundwassersanierung zu beauftragen, nachdem die Klägerin die Zusammenarbeit mit dem bisher beigezogenen Sachverständigen gekündigt hatte.
Unter dem 25. März 2013 teilte die Klägerin mit, dass sie nunmehr die Fa. I., A., mit der „Probennahme und Dokumentation“ beauftragt habe.
Mit Schreiben vom 30. Dezember 2014 teilte das Wasserwirtschaftsamt A. dem Landratsamt A. mit, dass im Hinblick auf die LHKW-Belastung der beiden Betriebsbrunnen weiterhin eine sanierungsbedürftige Schadstoffbelastung im Grundwasser vorhanden sei, welche eine Fortführung der Sanierungsmaßnahmen erforderlich mache. Eine Grundwassersanierung ohne die Koordination durch ein fachkundiges Büro sei jedoch nicht sinnvoll, praktikabel und zielführend. Es bestehe daher die Notwendigkeit der Betreuung der Sanierungsmaßnahmen durch einen Sachverständigen.
2. Unter dem 26. Mai 2015 erließ das Landratsamt A. daraufhin einen Bescheid, der u. a. folgende Anordnungen enthält:
„1. Die Grundwassersanierung auf dem Anwesen W-straße 15, 63… G., hat durch einen Sachverständigen nach § 18 BBodSchG und der Verordnung über Sachverständige und Untersuchungsstellen für den Bodenschutz und die Altlastenbehandlung in Bayern (VSU Boden und Altlasten) zu erfolgen. Der Sachverständige muss die Zulassung bzw. Bestätigung für das Sachgebiet 5 (Sanierung) besitzen.
2. Der Sachverständige nach § 18 BBodSchG ist dem Landratsamt A. bis zum 26.06.2015 zu benennen. Die Grundwassersanierung ist durch den beauftragten Sachverständigen bis spätestens 03.07.2015 aufzunehmen und ist regelmäßig durch diesen zu überwachen und zu dokumentieren. Die Gutachten sind bis auf weiteres jeweils halbjährlich dem Landratsamt A. vorzulegen.
3. Für den Zeitraum Oktober 2014 bis Mai 2015 sind die Sanierungsmaßnahmen unter Vorlage der Analyseergebnisse dem Landratsamt A. bis 03.08.2015 nachzuweisen.“
Die vorgenannten Anordnungen wurden jeweils für sofort vollziehbar erklärt (Ziffer 4 des Bescheids). Für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnungen wurden jeweils Zwangsgelder angedroht (Ziffer 5 des Bescheids).
Zur Begründung wurde ausgeführt: Nach fachlicher Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes A. liege eine sanierungsbedürftige Schadstoffbelastung im Grundwasser vor. Das Wasserwirtschaftsamt habe weiterhin darauf hingewiesen, dass eine fachgerechte Sanierung erfordere, dass diese durch ein Fachbüro koordiniert werde. Die von der Klägerin veranlasste Beteiligung des Fachbüros I. sei unzureichend. Es genüge nicht, dass das Fachbüro lediglich Proben entnehmen und analysieren lasse. Vielmehr bedürfe es der fachlichen Begleitung der Sanierung und der Dokumentation derselben in einem Halbjahresbericht. Rechtsgrundlage für die Anordnung der Durchführung der Sanierung durch einen Sachverständigen sei § 16 i. V. m. § 15 Abs. 2 Satz 4 BBodSchG.
3. Mit Bescheid vom 29. Juli 2015 änderte das Landratsamt A. Ziffer 1 des Bescheids vom 26. Mai 2015 wie folgt ab:
„Für die Eigenkontrollmaßnahmen im Rahmen der Grundwassersanierung auf dem Anwesen W-straße 15, 63… G., ist ein Sachverständiger nach § 18 BBodSchG und der Verordnung über Sachverständige und Untersuchungsstellen für den Bodenschutz und die Altlastenbehandlung in Bayern (VSU Boden und Altlasten) zu beauftragen (§ 15 Abs. 2 Satz 5 BBodSchG). Der Sachverständige muss die Zulassung bzw. Bestätigung für das Sachgebiet (Sanierung) besitzen. Der Sachverständige hat die ihm obliegenden Aufgaben (Eigenkontrollmaßnahmen), insbesondere die Begleitung und Überwachung der Grundwassersanierung, die Probenahmen und Analytik, die Sicherstellung der Probenahmen, die Bewertung der Messergebnisse der durchgeführten Untersuchungen, die Beschreibung der entnommenen Wassermengen sowie der zurückgewonnenen Schadstofffrachten, eine Darstellung der Defizite im Sanierungsverlauf bzw. der -anlagen oder die Unterbreitung von Vorschlägen für die weitere Vorgehensweise der Sanierung und die regelmäßige Vorlage der Berichte im Jahreszeitraum durchzuführen.“
4. Gegen den Bescheid vom 26. Mai 2015 ließ die Klägerin am 25. Juni 2015 Klage erheben, zuletzt gerichtet gegen den Bescheid vom 26. Mai 2015 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 29. Juli 2015, und beantragte:
Der Bescheid des Landratsamts A. – Wasser- und Bodenschutz – vom 26. Mai 2015 (Zeichen: 52.5-…) in der Fassung des Bescheids vom 29. Juli 2015 wird aufgehoben.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin sei falscher Adressat der bodenschutzrechtlichen Anordnungen, da sie weder Verursacher der Verunreinigung noch Eigentümerin des verunreinigten Grundstücks sei. Unabhängig davon bestehe für die Anordnung, dass Sanierungsmaßnahmen von einem Sachverständigen nach § 18 BBodSchG getroffen werden müssen, keine Rechtsgrundlage. Aus dem angegriffenen Bescheid gehe nicht hervor, warum nunmehr neben der bereits stattfindenden Sanierung mittels beider Betriebsbrunnen die Zuziehung eines Sachverständigen geboten sei. Ohnehin sei unklar, was genau das Landratsamt im Bescheid habe anordnen wollen. Nach dem Wortlaut des Bescheids soll die Sanierung einerseits durch einen Sachverständigen durchgeführt, andererseits aber überwacht werden. § 15 Abs. 2 BBodSchG, genauer § 15 Abs. 2 Satz 5 BBodSchG, regele jedoch nur Eigenkontroll-, nicht jedoch Sanierungsmaßnahmen als solche. Für die Klägerin sei daher nicht erkennbar, was von ihr eigentlich verlangt werde. Die Probenziehung am 22. September 2015 habe zudem ergeben, dass der Gesamtablauf zu Werten unterhalb der Bestimmungsgrenze mit dem Gesamturteil „LHKW nicht nachweisbar“ geführt habe. Im Übrigen wolle die Klägerin den Sanierungsbedarf nicht „wegdiskutieren“. Unabhängig davon greife § 15 Abs. 2 Satz 5 BBodSchG jedenfalls deshalb nicht, weil die Klägerin für die Durchführung der Eigenkontrollmaßnahmen das Fachbüro I. beigezogen habe, so dass der notwendige Sachverstand bereits eingebunden sei. Die Klägerin sei außerdem aufgrund ihrer jahrzehntelangen Erfahrung mit dem streitgegenständlichen Sanierungsprojekt in der Lage, die Sanierung so weiter zu betreiben, dass das abfließende Wasser keine Kontamination mit Schadstoff zeige. Sie werde dabei unterstützt durch das Fachunternehmen Fa. U. Gesellschaft mbH in enger Zusammenarbeit mit der Fa. I. Gesellschaft mbH. Einen weiteren Sachverständigen beizuziehen sei daher überflüssig.
5. Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Dass die Grundwassersanierung weiterzuführen sei, ergebe sich bereits aus der Nebenbestimmung Nr. 2.13 des Bescheids vom 1. September 2011 in Verbindung mit Nr. 4.5 („Eigenkontrollmaßnahmen“) des Sanierungsplans vom 12. Mai 2011. Die Klägerin sei darüber hinaus in mehreren Schreiben darauf hingewiesen worden, dass die Fortführung der Grundwassersanierung durch einen Sachverständigen zu begleiten, zu überwachen und zu dokumentieren sei. Dies entspreche auch der fachlichen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes. Die von der Fa. I., A., vorgenommenen Maßnahmen – Probenahme und Analytik – seien, auch nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes, nicht ausreichend. Die Fachkompetenz der Fa. I. werde nicht in Frage gestellt, die von ihr vorgenommenen Maßnahmen könnten die sachverständige Begleitung, Überwachung und Dokumentation der Sanierung aber nicht ersetzen, zumal die Fa. I. nicht Sachverständiger nach § 18 BBodSchG sei. Da die Fa. I. mit einer Betreuung der Sanierung im vorgenannten Sinne offenbar nicht beauftragt bzw. hierzu offenbar nicht in der Lage sei, habe das Landratsamt nach pflichtgemäßem Ermessen die Beauftragung eines Sachverständigen nach § 18 BBodSchG angeordnet. Der von der Klägerin zu beauftragende Sachverständige könne, soweit der Ablauf der Sanierung hierdurch nicht nachteilig beeinflusst werde, ein ortsnahes Labor bzw. eine sonstige Fachfirma mit den Zuarbeiten beauftragen. Die Auswahl, Eignung, Abschätzung der fachlichen Kompetenzen und Zuverlässigkeit dieser Unternehmen sollte aber dem Sachverständigen vorbehalten bleiben, der alleinverantwortlich den Sanierungsverlauf regle. Es sei jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin nicht ausreichend, wenn der Sachverständige sich nur alle zwölf Monate mit der Sanierung befasse. Vielmehr sei erforderlich, dass dieser die Sanierungsarbeiten fortlaufend begleite und die Anlage vor Ort überwache. Bei der im Bescheid angegebenen Rechtsgrundlage (§ 15 Abs. 2 Satz 4 BBodSchG) handele es sich um ein Schreibversehen, richtige Rechtsgrundlage sei § 15 Abs. 2 Satz 5 BBodSchG. Der Ergänzungsbescheid vom 29. Juli 2015 diene lediglich der weiteren Klarstellung der von der Klägerin geforderten Maßnahmen. Soweit die Klägerin auf die Probe 3 vom 22. September 2015 verweise, weise das Landratsamt A. darauf hin, dass es sich hierbei um eine nach Abreinigung genommene Probe handele, bei der normalerweise keine Belastung mit LHKW mehr vorliege. Die genommenen Proben 1 und 2 zeigten eine Belastung mit LHKW an, weshalb weiterhin eine sanierungsbedürftige Belastung in beiden Brunnen bestehe.
6. Mit Beschluss vom 12. August 2015 lehnte die Kammer den Antrag der Klägerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage (W 4 S 15.561) ab. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Beschluss vom 12. August 2015 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid des Landratsamts A. vom 26. Mai 2015 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 29. Juli 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der streitgegenständliche Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in den Vorschriften des Bundesbodenschutzgesetzes, konkret in § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG i. V. m. § 4 Abs. 3 BBodSchG.
1.1 Das Bodenbodenschutzgesetz ist vorliegend anwendbar. Die behördlichen Anordnungsbefugnisse richten sich vorliegend, auch wenn die Behörde hier eine Sanierung des Grundwassers verlangt, nach dem BBodSchG und nicht nach dem Wasserrecht, da das Bodenschutzrecht im Falle von durch schädliche Bodenveränderungen verursachten Gewässerveränderungen gegenüber dem Wasserrecht vorrangig ist (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG und Gößl in Sieder/Zeitler, WHG AbwAG, 48. Ergänzungslieferung 2014, § 100 WHG Rn. 52).
Es ist hier auch nicht ernstlich zweifelhaft, dass weiterhin eine sanierungsbedürftige Grundwasserverunreinigung vorliegt. Das Wasserwirtschaftsamt A. hat dies in der fachlichen Stellungnahme vom 30. Dezember 2014 ausdrücklich ausgeführt (Bl. 237 d. Behördenakte). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs haben amtliche Auskünfte und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts im Wasserrecht besonderes Gewicht, weil sie auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen und deshalb grundsätzlich ein weit größeres Gewicht haben als Expertisen von privaten Fachinstituten (BayVGH, B.v. 02.05.2011 – 8 ZB 10.2312, Rn. 11; B.v. 31.08.2011 – 8 ZB 10.1961, Rn. 17; B.v. 17.07.2012 – 8 ZB 11.1285, Rn. 13 – alle juris). Unter Berücksichtigung dessen sind die Ausführungen der Klägerin viel zu unsubstantiiert, um einen fortbestehenden Sanierungsbedarf in Frage zu stellen. Insbesondere sind die dem Schriftsatz vom 5. August 2015 als Anlage beigefügten Dokumente in diesem Zusammenhang unbehelflich, da sie ganz überwiegend zeitlich vor der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes vom 30. Dezember 2014 entstanden sind und das Wasserwirtschaftsamt in Kenntnis der bisherigen Sanierungsmaßnahmen weiterhin auf eine sanierungsbedürftige Grundwasserverunreinigung hingewiesen hat. Im Übrigen hat der Bevollmächtigte der Klägerin den Sanierungsbedarf in seinem Schriftsatz vom 5. November 2015 eingeräumt.
1.2 Die bodenschutzrechtlichen Anordnungen in Ziffern 1 bis 3 des streitgegenständlichen Bescheids vom 26. Mai 2015 finden ihre Rechtsgrundlage jedenfalls in § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG i. V. m. § 4 Abs. 3 BBodSchG. Es erscheint zwar zweifelhaft, ob sich die geforderten Maßnahmen, wie vom Landratsamt angenommen, vollumfänglich auf § 15 Abs. 2 Satz 5 BBodSchG stützen lassen. Denn es ist zumindest fraglich, ob es sich bei den Maßnahmen – zumindest teilweise – tatsächlich um Eigenkontrollmaßnahmen i. S. d. § 15 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG, und nicht um Sanierungsmaßnahmen handelt. Im Einzelnen:
Aus dem Bescheid vom 26. Mai 2015 ist der Wille des Landratsamts, dass die Grundwassersanierung durch einen Sachverständigen nach § 18 BBodSchG begleitet, überwacht und dokumentiert wird, hinreichend deutlich erkennbar. Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob es sich bei den getroffenen Anordnungen um Eigenkontrollmaßnahmen, wie etwa den im Gesetz (§ 15 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG) beispielhaft genannten Boden- und Wasseruntersuchungen oder der Einrichtung und dem Betrieb von Messstellen handelt. Es spricht vielmehr einiges dafür, dass es hier um Sanierungsmaßnahmen als solche geht. Denn die getroffenen Anordnungen begleiten die erforderlichen Grundwassersanierungsmaßnahmen unmittelbar und sollen deren Erfolg durch sachverständige Betreuung und Dokumentation sicherstellen und nachweisen. Eigenkontrollmaßnahmen sind hingegen Maßnahmen, die die Behörde von ihrer Überwachungspflicht nach § 15 Abs. 1 BBodSchG entlasten sollen (Müggenborg in BeckOK UmweltR, Stand 1.10.2013, § 15 BBodschG Rn. 13). Darum geht es hier jedoch wohl nicht. Vielmehr soll der Erfolg der durch die Klägerin vorzunehmenden Sanierungsmaßnahmen fachlich abgesichert werden. Dementsprechend wird in der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die Verpflichtung zur Begleitung und Dokumentation bodenschutzrechtlicher Sanierungsmaßnahmen durch ein Fachbüro auf die bodenschutzrechtliche Generalklausel des § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG gestützt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2011 – 22 ZB 10.321 – juris Rn. 2 und 7; VG Regensburg, U.v. 7.12.2009 – RO 8 K 09.01987 – juris Rn. 13 und 54). Dem steht auch nicht entgegen, dass das Landratsamt die Anordnungen nach den Ausführungen im Bescheid auf § 15 Abs. 2 Satz 5 BBodSchG gestützt hat. Denn bei einer fehlerhaften Begründung hat das Verwaltungsgericht stets zu prüfen, ob der Verwaltungsakt mit anderer Begründung aufrechterhalten werden kann (BVerwG, U.v. 27.1.1982 – 8 C 12/81 – BVerwGE 64, 356; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 17). Dies ist hier der Fall, weil die angeordneten Maßnahmen jedenfalls auf § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG gestützt werden können. Der Rückgriff auf diese bodenschutzrechtliche Generalklausel ist vorliegend auch zulässig. §§ 11 bis 16 BBodSchG sind nur für die dort geregelten einzelnen Sanierungsmaßnahmen abschließend; für dort nicht geregelte Maßnahmen kann auf die Generalklausel zurückgegriffen werden (vgl. auch die Überschrift des Dritten Teils des BBodSchG: „Ergänzende Vorschriften“).
2. Die Klägerin ist richtiger Adressat der getroffenen Anordnungen. Soweit diese nunmehr – nach einer bereits Jahre andauernden Sanierung – vorträgt, sie sei weder Verursacher der Verunreinigung noch Eigentümerin des betroffenen Grundstücks, ändert dies nichts an der Verantwortlichkeit der Klägerin. Denn die Klägerin hat in der Vergangenheit einen Sanierungsplan vorgelegt, der mit an sie gerichtetem bestandskräftigen Bescheid vom 1. September 2011 für verbindlich erklärt wurde. Die Verpflichtung zur Vorlage eines Sanierungsplans und dessen Verbindlicherklärung kann nach § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 BBodSchG nur gegenüber einem nach § 4 BBodSchG zur Sanierung Verpflichteten erfolgen. Da die Verbindlicherklärung des Sanierungsplans durch Bescheid vom 1. September bestandskräftig ist, ist somit auch über die Sanierungspflicht der Klägerin bestandskräftig entschieden. Es können daher keine Zweifel bestehen, dass die Klägerin verantwortlich in Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG ist. Es spricht vielmehr alles dafür, dass – wie das Landratsamt ausführt – die Klägerin zumindest als Rechtsnachfolgerin des Verursachers der schädlichen Bodenveränderung Sanierungsverantwortliche gem. § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 2 BBodSchG ist.
Im Übrigen konnte die Klägerin auch als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt gem. § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 4 BBodSchG herangezogen werden. Denn maßgeblich ist insoweit, wer die tatsächliche Sachherrschaft bzw. die tatsächliche Möglichkeit der unmittelbaren Einwirkung auf das Grundstück hat, ohne dass es auf die Qualifikation des zugrunde liegenden zivilrechtlichen Verhältnisses ankommt (vgl. Giesberts/Hilf in BeckOK UmweltR, Stand 1.10.2015, § 4 BBodSchG Rn. 32; Dombert in Landmann/Rohmer, 77. EL August 2015, § 4 BBodSchG Rn. 24). Da die Klägerin das streitgegenständliche Grundstück als Betriebsgelände nutzt, hat sie die tatsächliche Sachherrschaft hierüber inne. Der Verantwortlichkeit nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 4 BBodSchG steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Verursachung der Verunreinigung nicht Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück war. Denn der Tatbestand des § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 4 BBodSchG begründet eine Zustandsverantwortlichkeit, die ausschließlich an die derzeitige Ausübung der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück, von dem die Gefahr ausgeht, anknüpft. Ob diese Gefahr bereits früher bestanden hat, bevor die Klägerin die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis innehatte, ist für die persönliche – allein aus einem Besitz abgeleitete – Ordnungspflicht der Klägerin ohne Belang (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.2004 – 7 C 22/03 – NVwZ 2004, 1505).
3. Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Bestimmtheit der bodenschutzrechtlichen Anordnungen. Auch wenn Ziffer 2 des Bescheids von der Grundwassersanierung „durch den Sachverständigen“ spricht, geht aus dem Bescheid vom 26. Mai 2015 in Verbindung mit dem Ergänzungsbescheid vom 29. Juli 2015 einschließlich der beigefügten Begründungen, auch unter Berücksichtigung des Schriftverkehrs zwischen Klägerin und Landratsamt hinreichend klar hervor, dass der Sachverständige die Sanierung fachlich begleiten, überwachen und dokumentieren soll. Insbesondere die Begründung des Bescheids kann bei der Bestimmung des Regelungsgehalts der getroffenen Anordnungen ohne weiteres herangezogen werden (Kopp/Ramsauer, 13. Aufl. 2012, § 37 Rn. 6). Es liegt hier im Übrigen auf der Hand, dass nicht der zu benennende Sachverständige persönlich zur Durchführung einzelner Dekontaminations- und Sicherungsmaßnahmen verpflichtet werden soll. Denn Bescheidsadressat und Sanierungspflichtiger nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG ist die Klägerin und nicht der Sachverständige. Hinzu kommt, dass das Landratsamt in zahlreichen Schreiben gegenüber der Klägerin zum Ausdruck gebracht hat, dass die Grundwassersanierung durch einen Sachverständigen zu begleiten, überwachen und dokumentieren ist und dass das Landratsamt nunmehr mit Änderungsbescheid vom 29. Juli 2015 eine weitere Konkretisierung der geforderten Maßnahmen vorgenommen und dabei die wesentlichen erforderlichen Maßnahmen einzeln aufgelistet hat.
4. Die Kammer kann schließlich auch keine Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) des Landratsamts erkennen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Behörde im streitgegenständlichen Bescheid eine wohl nicht einschlägige Rechtsgrundlage genannt hat. Denn die maßgeblichen Erwägungen, insbesondere das öffentliche Interesse an der Grundwassersanierung unter sachverständiger Begleitung und das private Interesse der Klägerin, durch die bodenschutzrechtlichen Anordnungen nicht übermäßig belastet zu werden, sind im Bescheid ausreichend gewichtet. Rechtsfehler sind insofern nicht ersichtlich. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Landratsamt trotz des Umstands, dass die Klägerin zuvor bereits ein Fachbüro (Fa. I.) beigezogen hat, nunmehr die streitgegenständlichen Anordnungen für erforderlich hielt. Insbesondere liegt kein Ermessensfehler darin, dass das Landratsamt eine bloße Probenentnahme und -analysierung durch ein Fachbüro für nicht ausreichend erachtete und stattdessen eine fachliche Begleitung und Dokumentation der Sanierung durch einen Sachverständigen nach § 18 BBodSchG als geboten ansah. Das Wasserwirtschaftsamt hat in seiner Stellungnahme vom 3. Juli 2015 sowie in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, weshalb nach seiner fachlichen Einschätzung eine bloße Probenentnahme und -analysierung durch ein Fachbüro hier nicht ausreichend, sondern eine ständige Begleitung und Überwachung durch einen Sachverständigen i. S. d. § 18 BBodSchG erforderlich ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass – wie oben ausgeführt – den fachlichen Bewertungen des Wasserwirtschaftsamtes nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs besonderes Gewicht zukommt.
Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,
Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,
schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG für die Verwaltungsgerichtbarkeit 2013.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,
Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

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