Steuerrecht

Einheitlicher Erwerbsvorgang im Grunderwerbsteuerrecht

Aktenzeichen  II R 20/13

Datum:
1.10.2014
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 1 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997
§ 8 Abs 1 GrEStG 1997
§ 9 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997
Spruchkörper:
2. Senat

Leitsatz

1. NV: Ergibt sich aus weiteren Vereinbarungen, die mit dem Grundstückskaufvertrag in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand .
2. NV: Der objektiv sachliche Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren Vereinbarungen wird indiziert, wenn die Veräußererseite dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück ein bestimmtes Gebäude zusammen mit dem Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten hatte und der Erwerber dieses Angebot später unverändert oder mit geringen Abweichungen angenommen hat .

Verfahrensgang

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 29. August 2012, Az: 11 K 11139/08, Urteil

Tatbestand

1
I. Die A-GmbH unterbreitete der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) am 30. Mai 2006 ein Angebot zur Errichtung eines näher bestimmten Haustyps zu einem Festpreis in Höhe von 97.200 €. Bei dem zu errichtenden Haus handelt es sich um ein Zweifamilienhaus (sog. Stadtvilla), bei dem die Klägerin die Wohnung im Obergeschoss und ein Ehepaar, das die Klägerin erst über das Verkaufsangebot kennengelernt hatte, die Wohnung im Erdgeschoss nach entsprechender Aufteilung in Wohneigentum erhalten sollten. In dem Angebot wurde das konkrete Baugrundstück mit Straßennamen und Hausnummer näher bezeichnet und auf den Freiflächenplan zu diesem Grundstück verwiesen. Das Angebot enthält den Zusatz, dass es “zum Vertrag werde”, wenn die Finanzierungszusage einer Bank vorliege und das Grundstück notariell erworben sei. Die Klägerin nahm das Angebot am 30. Mai 2006 an.
2
Die Klägerin und die Eheleute erwarben durch notariell beurkundeten Vertrag vom 7. Juli 2006 von der D-AG das Grundstück zu einem Gesamtkaufpreis in Höhe von 47.955 €. Auf die Klägerin entfiel entsprechend ihrem Miteigentumsanteil von 312/1000 ein Anteil in Höhe von 14.965,40 €. In dem Kaufvertrag ist die Absicht der Erwerber erwähnt, das Grundstück später in Wohnungseigentum aufzuteilen. Die A-GmbH bestätigte am 10. Juli 2006 die Annahme des Bauauftrags der Klägerin vom 30. Mai 2006.
3
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) erließ am 31. Oktober 2006 einen Grunderwerbsteuerbescheid, in dem er die Grunderwerbsteuer ausgehend von dem Grundstückskaufpreis in Höhe von 14.961 € auf 523 € festsetzte. Der Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Am 26. Juni 2007 erließ das FA einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Grunderwerbsteuerbescheid. Dabei rechnete es –rechnerisch unzutreffend– die gesamten Grundstückskosten und die auf die Klägerin allein entfallenden Baukosten zusammen, berücksichtigte davon 312/1000 als Bemessungsgrundlage und setzte die Grunderwerbsteuer auf 1.585 € fest. Am 24. Juli 2007 erließ das FA einen nach § 129 AO geänderten Bescheid, rechnete die anteiligen Grundstückskosten und die auf die Klägerin entfallenden Baukosten zur Bemessungsgrundlage und setzte die Grunderwerbsteuer auf 3.925 € fest. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 6. Mai 2008 setzte das FA die Grunderwerbsteuer nach entsprechendem Verböserungshinweis auf 4.349 € fest. In die Bemessungsgrundlage bezog es weitere 12.100 € ein, die die Klägerin an die C-GmbH gezahlt hatte.
4
Das Finanzgericht (FG) verneinte das Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands und gab der auf Herabsetzung der Grunderwerbsteuer auf den ursprünglichen Betrag von 523 € gerichteten Klage statt. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1425 veröffentlicht.
5
Dagegen richtet sich die Revision des FA. Seiner Ansicht nach hat das FG bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Miteigentumsanteile an einem Gebäude auf einem unbebauten Grundstück nicht für sich allein, sondern nur durch Errichtung des betreffenden Gebäudes “hergestellt” werden können.
6
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.


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