Steuerrecht

Gewerbeuntersagung

Aktenzeichen  3 A 148/20 MD

Datum:
4.2.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Magdeburg 3. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:VGMAGDE:2022:0204.3A148.20MD.00
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

Ein Gewerbetreibender ist auch dann unzuverlässig, wenn er einer bestandkräftigen Zahlungsverpflichtung in einem Kostensicherungsbescheid zur Durchführung der Ersatzvornahme nicht nachkommt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im behördlichen Vorverfahren für notwendig zu erklären, wird abgelehnt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 20.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine durch die Beklagte ausgesprochene Gewerbeuntersagung.
Sie betreibt entsprechend ihrer Anmeldung als Gewerbe „die Verwaltung, der An- und Verkauf sowie die Aneignung von Immobilien, Vermietung und Verpachtung von Wohnungs- und Gewerbefläche sowie sonstiger Immobilien gleicher Art, der Erwerb, die Verwaltung eigenen Vermögens, insb. Grundbesitz, Beteiligung an Gesellschaften aller Art“ mit dem Betriebssitz S.-Str. 33 in A-Stadt.
Mit Bescheid vom 02.09.2013 ordnete die Beklagte gegenüber der Klägerin an, das einsturzgefährdete, leerstehende, ehemalige Wohn- und Geschäftshaus auf dem Grundstück L. Str. 22 (G1, G2) abzubrechen. Gleichzeitig ordnete sie die sofortige Vollziehung und drohte die Ersatzvornahme in Höhe der geschätzten Kosten von 200.000,00 € an.
Dem kam die Klägerin nicht nach, sodass die Beklagte unter dem 09.09.2013 die Ersatzvornahme festsetzte und der Klägerin gegenüber den Kostensicherungsbescheid vom 27.09.2013 in Höhe von 257.000,00 € erließ. In der Folgezeit veranlasste die Beklagte den Abbruch des Gebäudes.
Gegen diesen Kostensicherungsbescheid vom 27.09.2013 erhob die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Magdeburg. Mit Urteil vom 17.02.2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab (Az.: 4 A 339/13 MD). Gegen dieses Urteil stellte die Klägerin einen Antrag auf Zulassung der Berufung. Den Zulassungsantrag lehnte das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt mit Beschluss am 15.12.2016 ab (Az.: 2 L 43/15).
Das Finanzamt A-Stadt regte mit Schreiben vom 24.03.2016 aufgrund von ausstehenden steuerlichen Forderungen die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens gegen die Klägerin an. Darüber hinaus stellte die Beklagte fest, dass die A. ihr die vorläufigen Kosten für die Ersatzvornahme aus dem Kostensicherungsbescheid vom 27.09.2013 in Höhe von 257.502,58 € sowie rückständige Grundsteuern und Straßenreinigungsgebühren in Höhe von 518,44 € schuldete.
Die Beklagte bat im Rahmen des Gewerbeuntersagungsverfahrens gegen die Klägerin unter dem 03.04.2016 die IHK A-Stadt um Mitteilung, ob ihr Tatsachen bekannt seien, welche die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden begründen könnten. Die Klägerin sei ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Finanzamt A-Stadt nicht nachgekommen. Am 13.04.2016 teilte die IHK der Beklagten mit, es bestünde noch eine offene Forderung in Höhe von 208,44 Euro (Blatt 15 der Beiakte).
Mit mehreren Schreiben, zuletzt vom 14.02.2017 gab die Beklagte der Klägerin Gelegenheit zur beabsichtigten Gewerbeuntersagung Stellung zu nehmen. Hiervon machte die Klägerin mehrfach Gebrauch.
Die Beklagte untersagte mit dem vorliegend streitigen Bescheid vom 10.05.2017 der Klägerin die selbstständige Gewerbetätigkeit „Verwaltung, der An- und Verkauf sowie die Aneignung von Immobilien, Vermietung und Verpachtung von Wohnungs- und Gewerbefläche sowie sonstiger Immobilien gleicher Art, der Erwerb, die Verwaltung eigenen Vermögens, insb. Grundbesitz, Beteiligung an Gesellschaften aller Art, Vorbereitung, Entwicklung und Durchführung von Immobilie und Bauvorhaben gleich welcher Art“ in der Betriebsstätte S.-Str. 33 in A-Stadt. Weiterhin untersagte sie der Klägerin jede weitere Gewerbetätigkeit und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Klägerin sich aufgrund der bestehenden Steuerschulden gegenüber dem Finanzamt sowie der Schulden bei der Beklagten resultierend aus dem Kostensicherungsbescheid, als unzuverlässig erwiesen habe.
Mit Bescheid vom gleichen Tage untersagte die Beklagte dem Geschäftsführer der Klägerin, Herrn B., u. a. die Ausübung des angemeldeten und jedes weiteren Gewerbes. Nach erfolglosen hiergegen gerichteten Eilverfahren (3 B 200/17 MD) und Widerspruchsverfahren hat der Geschäftsführer der Klägerin hiergegen Klage erhoben (3 A 146/20 MD).
Gegen den Bescheid 10.05.2017 legte die Klägerin mit Schreiben vom 06.06.2017 Widerspruch ein, den sie u. a. damit begründete, dass die Entscheidung der Beklagten auf einer falschen Tatsachenfeststellung beruhe. Denn die Forderungen des Finanzamtes seien nicht rechtmäßig.
Gleichzeitig stellte die Klägerin mit Schriftsatz beim erkennenden Gericht einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs, den das Gericht mit Beschluss vom 02.07.2018 (3 B 201/17 MD) abgelehnte. Die gegen diese Entscheidung des Gerichts erhobene Beschwerde der Klägerin wies das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 16.10.2018 zurück.
In der Zwischenzeit erließ die Beklagte gegenüber der Klägerin am 05.12.2017 einen abschließenden Kostenbescheid bezüglich der durchgeführten Ersatzvornahme. Darin setzte die Beklagte über den Kostensicherungsbescheid vom 27.09.2013 hinaus, weitere Kosten in Höhe von 27.286,18 € fest. Hiergegen legte die Klägerin ebenfalls Widerspruch ein, über den, soweit für das Gericht ersichtlich, die Widerspruchsbehörde noch keine Entscheidung getroffen hat.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens teilte die Beklagte dem Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt am 21.10.2019 mit, dass sich der Zahlungsrückstand der A. nunmehr auf 257.502,58 € an Hauptforderung und 190.471,92 € an Nebenforderungen belaufe. Die darüber hinaus gehende Forderung aus dem Bescheid vom 05.12.2017 sei hierbei aufgrund der aufschiebenden Wirkung nicht berücksichtigt. Dagegen teilte das Finanzamt A-Stadt mit Schreiben vom 14.11.2019 dem Landesverwaltungsamt mit, dass keine Steuerrückstände mehr für die G. A. GmbH bestünden.
Das Landesverwaltungsamt wies mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2020, der Klägerin zugestellt am 11.05.2020, den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das Landesverwaltungsamt aus, dass aufgrund der Zahlungsrückstände gegenüber der Beklagten trotz der eingetretenen Bestandskraft, darauf zu schließen sei, dass die Klägerin auch künftig seinen Zahlungspflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen werde. Zudem beträfen die die Unzuverlässigkeit begründeten Tatsachen auch die übrigen Gewerbearten, sodass die Ausdehnung der Untersagung auf alle anderen Gewerbearten, Tätigkeiten als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden sowie die Tätigkeit als mit der Leitung eines Betriebes beauftragten Person rechtmäßig erfolgt sei.
Die Klägerin hat am 09.06.2020 Klage beim Verwaltungsgericht Magdeburg erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen Folgendes aus: Die Beklagte habe die Industrie- und Handelskammer nicht angehört. Sie habe die gegen die Klägerin erhobenen Vorwürfe der IHK mitzuteilen und ihr die zur Abgabe einer Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Eine solche Beteiligung der Industrie- und Handelskammer sei nicht erfolgt. Aus den behaupteten Forderungen des Finanzamtes und der Beklagten könne nicht auf eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit der Klägerin geschlossen werden. Bei der ausstehenden Forderung aus dem Kostensicherungsbescheid handele es sich lediglich um einen Vorauszahlungsbescheid über geschätzte Kosten einer streitigen Ersatzvornahme. Der abschließende Bescheid über die Abrechnung der konkret entstandenen Kosten vom 05.12.2017 sei aufgrund des erhobenen Widerspruchs noch nicht vollziehbar. Dies gelte auch für die ursprüngliche Abbruchanordnung und den Kostensicherungsbescheid vom 02.09.2013. Darüber hinaus sei die Gewerbeuntersagung unverhältnismäßig im Hinblick auf die vollständige Entziehung der beruflichen Existenzgrundlage.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 10.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalts vom 07.05.2020 aufzuheben und
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des angefochtenen Bescheides,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, diejenigen der Verfahren 3 A 146/20 MD, 3 B 200/17 MD und 3 B 201/17 MD sowie den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewerbeuntersagung beurteilt sich nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO. Danach ist die Ausübung eines Gewerbes von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist.
Unzuverlässig im Sinne von § 35 Abs. 1 S. 1 GewO ist, wer nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, das Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß zu betreiben. Es kommt darauf an, ob ein Gewerbetreibender, der gegen seine Pflichten verstoßen hat, nach dem Gesamtbild seines Verhaltens wahrscheinlich auch weiterhin nicht willens oder in der Lage sein wird, seine beruflichen Pflichten zu erfüllen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. September 1991 – 1 B 97/91 -, juris). Tatsächliche Anhaltspunkte für eine solche Unzuverlässigkeit bestehen bei einem Gewerbetreibenden mit erheblichen Steuerrückständen sowie Zahlungsrückständen bei den Trägern der Sozialversicherung oder bei Straftaten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung. Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründen grundsätzlich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt bzw. einen Insolvenzantrag stellt. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urteil vom 15. April 2015 – 8 C 6/14 -, juris Rdnr. 14 [m. w. N.]).
Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das Gericht sind dabei die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung. Denn die Regelung des § 35 Abs. 6 GewO, wonach dem Gewerbetreibenden auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten ist, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Unzuverlässigkeit i. S. v. Absatz 1 nicht mehr vorliegt, führt zu einer deutlichen Trennung zwischen dem Untersagungsverfahren einerseits und dem Wiedergestattungsverfahren andererseits. Ist ein Gewerbe wirksam untersagt worden, hat die Behörde nicht mehr zu prüfen, ob die Untersagungsgründe die ergangene Gewerbeuntersagung weiterhin tragen. Haben sich die tatsächlichen Umstände geändert, muss die Initiative vom Gewerbetreibenden ausgehen (BVerwG, U. v. 15.04.2015 – 8 C 6.14 -, juris, Rdnr. 15 m. w. N.).
Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Klägerin als unzuverlässig anzusehen. Denn es bestehen erhebliche Verbindlichkeiten der Klägerin aus dem Kostensicherungsbescheid der Beklagten vom 27.09.2013 für voraussichtliche Kosten der Ersatzvornahme einer Abbruchverfügung zu einem einsturzgefährdeten Gebäude in Höhe von 257.000,00 Euro. Der Bescheid ist bestandskräftig und vollstreckbar. Denn die gegen ihn erhobene Klage hat das erstinstanzliche Gericht abgewiesen und den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt abgelehnt. Der selbständig durch diesen Bescheid unabhängig von dem abschließenden Kostenbescheid der Beklagten vom 05.12.2017 begründeten Zahlungspflicht kam die Klägerin nicht nach, so dass sich ihre Verbindlichkeiten durch Säumniszuschläge fortlaufend erhöht haben.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist durch den Erlass des abschließenden Kostenbescheides zur Ersatzvornahme vom 05.12.2017 keine Erledigung des Kostensicherungsbescheides eingetreten. Der Kostenbescheid vom 05.12.2017 setzt zwar die Gesamtsumme der Ersatzvornahme abschließend fest. Die mit dem Kostensicherungsbescheid der Klägerin auferlegte Zahlungspflicht in Höhe von 257.000,00 Euro lässt sie jedoch unberührt. In Ziffer 2 verweist der Kostenbescheid vom 05.12.2017 ausdrücklich auf die Bestandskraft des Kostensicherungsbescheides und begründet in Ziffer 3 lediglich eine Zahlungspflicht für den darüberhinausgehenden Restbetrag. Dass der Kostenbescheid vom 05.12.2017 der im Kostensicherungsbescheid auferlegten Zahlungspflicht ihre Bestandskraft wieder nehmen oder sie aufheben soll, lässt sich weder seiner Tenorierung noch seiner Begründung entnehmen. Vielmehr lässt der Kostenbescheid vom 05.12.2017 die Vollstreckbarkeit der mit dem Kostensicherungsbescheid geregelten Zahlungsverpflichtung unberührt.
Erhebliche Zahlungsverpflichtungen eines Gewerbetreibenden gegenüber der öffentlichen Hand können seine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit jedenfalls dann begründen, wenn sie der Finanzierung oder Entlastung des öffentlichen Haushaltes dienen. Den Zahlungsverpflichtungen in einem Kostensicherungsbescheid zur Finanzierung der Ersatzvornahme kommt eine solche Funktion regelmäßig zu. Regelungszweck des Kostensicherungsbescheides vom 27.09.2013 ist laut dessen Begründung, dass die Kosten der Ersatzvornahme nicht von der Beklagten und erst recht nicht von ihr über einen längeren Zeitraum verauslagt werden, um ihren Haushalt zu entlasten. Dieser Sicherungszweck war jedenfalls bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung nicht entfallen. Dadurch, dass die Klägerin die ihr mit dem Kostensicherungsbescheid auferlegten Zahlungsverpflichtungen vom Januar 2017 bis zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung im Mai 2020 nicht nachgekommen ist, hat sie den kommunalen Haushalt belastet und in erheblichen Umfang das öffentlichen Interesse beeinträchtigt. Sie hat sich dadurch als unzuverlässig erwiesen. Durch ihr Verhalten hat sie der Beklagten eine nicht unbedeutende Summe vorenthalten. Diese stand der Beklagten deshalb zur Erfüllung anderer, der Daseinsfürsorge ihrer Bürger dienen Aufgaben nicht zur Verfügung.
Die weitere Untersagung jedweder Gewerbetätigkeit (Ziffer 2 des Bescheides) nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO ist ebenso rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Nichterfüllung der bestandskräftigen Zahlungsverpflichtungen ist auf andere Gewerbe übertragbar und belegt die generelle gewerberechtliche Unzuverlässigkeit (vgl. zur erweiterten Gewerbeuntersagung: BVerwG, U. v. 15.04.2015 – 8 C 6/14 -, juris, m. w. N.).
Der angefochtene Bescheid ist nicht ermessenfehlerhaft. Insbesondere steht der Ausschluss eines Gewerbetreibenden, der gewerbeübergreifend unzuverlässig ist, aus dem Wirtschaftsleben mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Ausprägung durch Art. 12 GG im Einklang. Denn die Herausnahme eines solchen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsleben ist zum Schutz der Allgemeinheit und/oder der im Betrieb Beschäftigten notwendig, so dass sein Grundrecht auf freie Berufsausübung nicht unzulässig beschränkt wird (vgl. BVerwG, B. v. 17.08.1995 – 1 B 114.95 -, juris, Rdnr 4).
Der angefochtene Bescheid ist auch verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen § 35 Abs. 4 GewO vor, wonach die Industrie- und Handelskammer gehört werden soll. Die Beklagte hat die Industrie- und Handelskammer im Gewerbeuntersagungsverfahren gegen die Klägerin mit Schreiben vom 05.04.2016 angehört. Gemäß § 35 Abs. 4 Satz 2 GewO sind der Industrie- und Handelskammer die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die hierzu erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Beklagte hat der Industrie- und Handelskammer mitgeteilt, dass die A. ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Finanzamt nicht nachgekommen ist. Das genügte vorliegend. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die IHK zu ihrer Stellungnahme noch weitere Unterlagen benötigte.
Auch im Übrigen begegnet der streitbefangene Bescheid keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Das Gericht schließt sich daher der Bewertung der Sach- und Rechtslage durch die Beklagte in dem streitbefangenen Bescheid, dem hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid, den Beschlüssen des erkennenden Gerichts und des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt im Eilverfahren vom 02.07.2018 (3 B 201/17 MD) sowie vom 16.10.2018 (1 M 81/18) an und darf darauf zur weiteren Begründung verweisen (§ 117 Abs. 5 unmittelbar und anlog VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, ist abzulehnen. Für einen solchen Antrag hat die Klägerin kein Rechtschutzbedürfnis, weil zu ihren Gunsten keine Kostenentscheidung ergeht.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen in den Ziffern 54.2.1 und 54.2.2 des Streitwertkataloges bemisst das Gericht das Interesse der Klägerin an der Verfolgung ihres Begehrens mit 20.000,00 Euro.


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