Steuerrecht

Gewerbeuntersagung (erweitert), gewerberechtliche Unzuverlässigkeit, Geschäftsführer einer GmbH, Eintragungen im Schuldnerverzeichnis (Vollstreckungsportal), Nichtabgabe der Vermögensauskunft, Nichterfüllung von Zahlungsverpflichtungen, Steuerrückstände

Aktenzeichen  M 16 K 20.1014

Datum:
20.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 54055
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewO § 35 Abs. 1 S. 1
GewO § 35 Abs. 1 S. 2
GewO § 35 Abs. 7a

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Juli 2021 entschieden werden, obwohl für den Kläger niemand erschienen ist. Die Klagepartei wurde mit Schreiben vom 31. Mai 2021 rechtzeitig und ordnungsgemäß zur Sitzung geladen. Ausweislich des Empfangsbekenntnisses wurde das Schreiben der Klagepartei am 2. Juni 2021 zugestellt. Die Beteiligten wurden mit der Ladung auf die Möglichkeit hingewiesen, dass gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger damit nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Die Beklagte hat dem Kläger zu Recht die künftige selbstständige Ausübung des Gewerbes „Unternehmensberatung“ im stehenden Gewerbe nach § 35 Abs. 7a Gewerbeordnung (GewO) i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO untersagt.
Die Ausübung eines Gewerbes ist gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Nach § 35 Abs. 7a Satz 1 GewO kann die Gewerbeuntersagung nicht nur gegen den Gewerbetreibenden selbst, sondern auch gegen Vertretungsberechtigte – wie hier den Kläger – oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden, wenn gegen den Gewerbetreibenden selbst ein Untersagungsverfahren nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO eingeleitet wurde (BVerwG, U.v. 19.12.1995 – 1 C 3.93 – juris Rn. 19 ff.). Diese Voraussetzungen lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Bescheids vor (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG).
1.1 Die Gewerbeuntersagung konnte gegen den Kläger als Vertretungsberechtigten der … GmbH gerichtet werden. § 35 Abs. 7a GewO gestattet es, einem in leitender Stellung abhängig Beschäftigten eines Gewerbebetriebs die Ausübung des Gewerbes zu untersagen, das seiner abhängigen Beschäftigung entspricht.
Die erforderliche Akzessorietät zwischen dem Untersagungsverfahren gegen die Gewerbetreibende und dem Untersagungsverfahren gegen den Kläger als Vertretungsberechtigten der Gewerbetreibenden ist im vorliegenden Fall gegeben. Gegen die … GmbH als Gewerbetreibende wurde von der Beklagten ein Untersagungsverfahren nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO eingeleitet, das mit Bescheid vom 25. Oktober 2018 abgeschlossen wurde.
Nicht erforderlich ist, dass die beiden Verfahren zeitlich parallel zum Abschluss gebracht werden. Aus verfahrens- und materiellrechtlichen Gründen kann sich – wie hier – eine unterschiedliche Entwicklung der beiden Verfahren hinsichtlich ihres Abschlusses ergeben. Dem trägt § 35 Abs. 7a Satz 2 GewO Rechnung, wonach das Untersagungsverfahren gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebs beauftragte Personen unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden kann (vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 19.12.1995 – 1 C 3.93 – juris Rn. 21).
1.2 Die Beklagte ist auch zu Recht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers ausgegangen.
Maßstab für die Prüfung der Unzuverlässigkeit ist bei der Anwendung des § 35 Abs. 7a GewO kein anderer als im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 GewO. Unterschiede bestehen insoweit, als sich die Unzuverlässigkeit im Rahmen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO auf das ausgeübte Gewerbe bezieht, während sie in Anwendung des § 35 Abs. 7a GewO auf die künftige Gewerbeausübung in einem Gewerbe bezogen ist, das der bisherigen unselbständigen Tätigkeit entspricht. Unzuverlässig ist für eine künftige gewerbliche Betätigung der bisher unselbständig Tätige, wenn er nicht die Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft ein seiner bisherigen Tätigkeit entsprechendes Gewerbe ordnungsgemäß ausüben wird (BVerwG, U.v. 19.12.1995 – 1 C 3.93 – juris Rn. 31).
Die Unzuverlässigkeit kann sich insbesondere aus einer mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dem Vorliegen von Steuerschulden, der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten, dem Vorhandensein von Beitragsrückständen bei Sozialversicherungsträgern oder aus gewerbebezogenen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ergeben (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 13 ff. m.w.N.).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die insoweit erforderliche Prüfung ist derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung. Für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit und der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung kommt es folglich nicht darauf an, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens weiterentwickelt haben. Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Betroffenen zu schließen (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 13 ff. m.w.N; BVerwG, B.v. 26.2.1997 – 1 B 34.97 – juris Rn. 8; BVerwG, U.v. 19.12.1995 – 1 C 3.93 – juris Rn. 31).
Auf ein Verschulden des Klägers hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit der Gewerbetreibenden kommt es nicht an. Die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit setzt kein subjektiv vorwerfbares Verhalten voraus, sondern bestimmt sich ausschließlich nach objektiven Kriterien. Auch der Gewerbetreibende ist unzuverlässig, der zwar willens, aber nicht in der Lage ist, das Gewerbe ordnungsgemäß auszuüben (st. Rspr., vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2014 – 8 PKH 7.14 – juris Rn. 4; BVerwG, B.v. 16.2.1998 – 1 B 26.98 – juris Rn. 4 m.w.N.; BVerwG, B.v. 9.3.1988 – 1 B 17.88 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 8.5.2015 – 22 C 15.760 – juris Rn. 20). Die Gründe für die mangelnde Leistungsfähigkeit – wie das Ausbleiben von Zahlungen von Schuldnern des Gewerbetreibenden – sind folglich nicht maßgeblich (BayVGH, B.v. 19.10.2020 – 22 ZB 20.1088 – juris Rn. 10).
Steuerrückstände sind (nur) dann geeignet, einen Gewerbetreibenden als unzuverlässig erscheinen zu lassen, wenn sie sowohl ihrer absoluten Höhe nach als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind; auch die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ist von Bedeutung (vgl. BVerwG, B.v. 9.4.1997 – 1 B 81.97 – juris Rn. 5). Auf die „materielle Rechtmäßigkeit“ der Steuerfestsetzung kommt es hierbei nicht an. Steuerrückstände sind Beträge, die der Steuerpflichtige noch nicht gezahlt hat, obwohl er sie von Rechts wegen bereits hätte entrichten müssen. Die Steuern bedürfen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der Festsetzung durch Steuerbescheid (§ 155 AO). Dies gilt auch für die Fälle, in denen die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO nicht exakt ermittelt, sondern geschätzt werden. Wann die Steuerschuld fällig ist, ergibt sich aus den einzelnen Steuergesetzen und im Übrigen aus § 220 AO. Ein Steuerbescheid ist grundsätzlich, auch wenn ein Rechtsbehelf dagegen eingelegt wird, vollziehbar. Ist die Vollziehung ausgesetzt (§ 361 AO, § 69 FGO), braucht der Steuerpflichtige die festgesetzte Steuer noch nicht zu entrichten.
Bei alledem ist eine auf einer Schätzung der Besteuerungsgrundlage beruhende Steuerfestsetzung nicht von einer anderen rechtlichen Qualität und daher im Rahmen des § 35 GewO nicht anders zu würdigen als eine Steuerschuld, die sich aus exakt ermittelten Besteuerungsgrundlagen ergibt (vgl. BVerwG, B.v. 25.10.1996 – 1 B 214.96 – juris Rn. 3 f.; BVerwG, B.v. 12.1.1996 – 1 B 177.95 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 27.8.2018 – 22 ZB 18.1562 – juris Rn. 25). Auch kommt es nicht darauf an, ob es sich um Steuern oder steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO) handelt. Von einem Gewerbetreibenden wird – wie von jedem Steuerzahler – erwartet, dass er nicht nur fällige Steuern fristgerecht zahlt, sondern auch unabhängig vom Entstehungsgrund aufgelaufene Schulden nach Kräften alsbald verringert. Dafür spricht die gesetzliche Regelung, wonach außer den Zinsen auf Steuerschulden (§§ 233 bis 239 AO) auch Säumniszuschläge (§ 240 AO) zu entrichten sind (vgl. BayVGH, B.v. 19.10.2020 – 22 ZB 20.1088 – juris Rn. 10).
Der somit begründete Unzuverlässigkeitsgrund der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit wäre nur dann entfallen, wenn der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept gearbeitet hätte, d.h. er einen realistischen Plan, der eine Tilgung der Verbindlichkeiten innerhalb überschaubarer Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten lässt, tatsächlich und konsequent verwirklicht hätte (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2016 – 22 ZB 16.2177 – juris Rn. 16). Grundsätzlich setzt ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept dabei voraus, dass mit den Gläubigern eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen wird (vgl. dazu BayVGH, B.v. 8.7.2013 – 22 C 13.1163 – juris Rn. 10).
Daran gemessen bot der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Bescheids nicht die Gewähr dafür, dass er in Zukunft ein Gewerbe ordnungsgemäß ausüben wird.
Zu Recht hat die Beklagte auf die Versäumnisse des Klägers als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der … GmbH und der … GmBH als Komplementärin der Immobilien GmbH & Co. KG Bezug genommen. Die unbestritten seit langer Zeit bestehenden erheblichen Rückstände beim Kassen- und Steueramt wurden mangels hinreichender Leistungsfähigkeit bisher nicht (auch nicht teilweise) getilgt. Eine Tilgungsvereinbarung besteht nicht. Jedenfalls bei Einleitung des Untersagungsverfahrens waren die GmbH bzw. die KG zudem insgesamt dreimal wegen „Nichtabgabe der Vermögensauskunft“ im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Ob der Eintrag vom 18. Januar 2017 wegen Zeitablauf (vgl. § 882e Abs. 1 ZPO) oder aus anderen Gründen vor Bescheidserlass gelöscht wurde, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls zeigt sich auch anhand der Eintragungen, dass der Kläger bzw. die GmbH und KG nicht in der Lage waren, vollstreckbare Forderungen rechtzeitig zu begleichen. Auch dem Vorwurf der Jahre andauernden Nichtabgabe von Steuererklärung wurde nicht substantiiert entgegengetreten.
Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt, wird darauf hingewiesen, dass sich die wirtschaftliche Situation des Klägers bzw. der Gewerbetreibenden auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht maßgebend zu Gunsten des Klägers geändert hat. Die Rückstände beim Kassen- und Steueramt bestehen in unveränderter Höhe.
1.3 Die gegen den Kläger ausgesprochene Gewerbeuntersagung war auch erforderlich.
Die Rechtmäßigkeit einer Untersagungsverfügung setzt auch im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 7a GewO ihre Erforderlichkeit voraus. Diese Voraussetzung ist im Einklang mit den zu der vergleichbaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO entwickelten Grundsätzen erfüllt, wenn von dem Beschäftigten ein Ausweichen in eine entsprechende selbständige Tätigkeit zu erwarten ist. Die Erforderlichkeit einer Untersagung nach § 35 Abs. 7a GewO ist danach gegeben, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Vertreter das Gewerbe zukünftig selbständig ausübt. Anhaltspunkte dafür, dass besondere Umstände der Aufnahme einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit durch den Kläger entgegenstehen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (BVerwG, U.v. 19.12.1995 – 1 C 3.93 – juris Rn. 32).
1.4 Die Ermessensausübung der Beklagten beim Erlass der Untersagungsverfügung ist nicht zu beanstanden.
Die Behörde muss ihr Ermessen erkennen und das Für und Wider eines Eingreifens sachgerecht unter Beachtung der Grundrechte abwägen.
Anders als etwa bei ordnungsbehördlichen Maßnahmen zur Beseitigung rechtswidriger Zustände, bei denen das Einschreiten regelmäßig geboten ist, wenn keine besonderen Gegebenheiten vorliegen, muss hier nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Ausweichens auf die selbständige Gewerbeausübung entschieden werden. Insoweit gilt inhaltlich nichts Anderes als bei der erweiterten Gewerbeuntersagung. Der Verwaltungsentscheidung muss zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden können, dass das Ausweichen in die gewerbliche Betätigung so wahrscheinlich sei, dass deren Untersagung erfolgen solle (BVerwG, U.v. 19.12.1995 – 1 C 3.93 – juris Rn. 33).
Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.
1.5 Angesichts der Erforderlichkeit der Gewerbeuntersagung ist es zum Schutz des redlichen Geschäftsverkehrs vor unzuverlässigen Gewerbetreibenden auch nicht unverhältnismäßig, dem Kläger vorbeugend eine gewerbliche Betätigung zu untersagen.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann (BVerwG, B.v. 19.1.1994 – 1 B 5.94 – juris Rn. 8). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen extremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
2. Nach Vorstehendem ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte gemäß § 35 Abs. 7a Satz 3 GewO i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO die Gewerbeuntersagung auf die Ausübung jeglicher selbständigen gewerblichen Tätigkeit sowie auf eine Tätigkeit des Klägers als Vertretungsberechtigter einer Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person erweitert hat. Die Voraussetzungen für den Erlass einer erweiterten Gewerbeuntersagung lagen im maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Untersagungsverfügung vor. Die Beklagte hat auch insoweit das ihr zustehende Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO).
2.1 Nach § 35 Abs. 7a Satz 3 GewO i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Gewerbeuntersagung auf die vorgenannten Tätigkeiten erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Vertretungsberechtigte oder die mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Insoweit müssen Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Betroffenen in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ dartun („gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“).
Diese sind bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen – wie hier – aber regelmäßig gegeben. Das Vorliegen geordneter Vermögensverhältnisse ist eine Zuverlässigkeitsvoraussetzung, die für jeden Gewerbebetrieb gilt und sich nicht auf eine bestimmte gewerbliche Tätigkeit beschränkt. Der Kläger ist überschuldet und hat Regeln verletzt, die für jeden Gewerbetreibenden gelten und nicht nur Bezug zu einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit haben. Das rechtfertigt die Annahme der Beklagten, dass der Kläger ein entsprechendes Verhalten auch bei Ausübung eines anderen Gewerbes oder anderer gewerblicher Tätigkeiten an den Tag legen wird (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 27.8.2018 – 22 ZB 18.1562 – juris Rn. 22, 26, jeweils m.w.N.).
2.2 Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist auch erforderlich, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Klägers auf andere gewerbliche Tätigkeiten vorliegt.
Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Kläger sowohl für sich selbst als auch für die Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an der gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende bzw. – hier – eine Person i.S.d. § 35 Abs. 7a Satz 1 GewO das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 17 m.w.N.). Besondere Umstände im Einzelfall, die hier eine andere Bewertung hätten zulassen können, lagen nicht vor; dies hat die Beklagte zutreffend erkannt.
2.3 Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, § 114 Abs. 1 VwGO.
Ist ein Gewerbetreibender bzw. eine Person i.S.d. § 35 Abs. 7a Satz 1 GewO in Bezug auf andere gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 18 m.w.N.).
Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.
2.4 Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung ist auch nicht unverhältnismäßig.
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in seiner Ausprägung durch Art. 12 Grundgesetz im Einklang steht. Sind die Voraussetzungen auch der erweiterten Gewerbeuntersagung erfüllt, kann die Untersagung grundsätzlich nicht hinsichtlich der Folgen unverhältnismäßig sein (BVerwG, B.v. 12.1.1993 – 1 B 1.93 – juris Rn. 5). Dies gilt entsprechend für Personen i.S.d. § 35 Abs. 7a Satz 1 GewO.
Anhaltspunkte für das Vorliegen eines extremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
3. Gegen die dem Kläger eingeräumte Abwicklungsfrist von zehn Tagen nach Unanfechtbarkeit der Untersagungsverfügung (Nr. 3 des Bescheidstenors) bestehen ebenso wenig Bedenken wie – angesichts der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Klägers – gegen die Androhung des unmittelbaren Zwangs (Nr. 4 des Bescheidstenors). Auch die behördliche Kostenentscheidung der Beklagten (Nr. 5 des Bescheidstenors) ist nicht zu beanstanden.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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