Steuerrecht

privates Veräußerungsgeschäft

Aktenzeichen  5 K 1588/15

Datum:
30.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2019, 429
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG  § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
FGO § 135 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Streitig ist, ob und ggf. in welcher Höhe aufgrund der Veräußerung des im Gesamthandseigentum der Gesellschafter der Klägerin stehenden Anwesens in D (Anwesen) ein zu versteuernder Überschuss aus einem privaten Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung (EStG) entstanden ist.
Mit notariell beurkundetem Übertragungsvertrag vom 22. Dezember 1995 übertrug die am 10. April 2001 verstorbene E im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Nießbrauchsvorbehalt schenkweise das Anwesen und zwei weitere Grundstücke auf ihre alleinigen Kinder PR, P, J und M zur gesamten Hand als Gesellschafter der Klägerin.
Die Klägerin war durch die Kinder mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom 22. Dezember 1995 (Gesellschaftsvertrag) gegründet worden. Gegenstand der Gesellschaft war die Verwaltung und Vermietung des von E übertragenen Grundbesitzes. Die Gesellschaft sollte zunächst bis zum 31. Dezember 2003 geschlossen sein und sich dann jeweils um drei Jahre verlängern. Eine Kündigung oder Auflösung der Gesellschaft zu Lebzeiten von E war ausgeschlossen. Am Vermögen und Ergebnis der Klägerin waren die Kinder gemäß § 9 des Gesellschaftsvertrags jeweils zu 25 v.H. beteiligt. Gemäß § 4 und § 12 des Gesellschaftsvertrags sollte ein Gesellschafter aus der Gesellschaft unter Fortbestand des Gesellschaftsverhältnisses unter den übrigen Gesellschaftern ausscheiden, wenn er die Gesellschaft kündigt, wenn über sein Vermögen das Konkursverfahren oder ein gerichtliches Vergleichsverfahren eröffnet bzw. mangels Masse nicht eröffnet wird, wenn er seine Zahlungen einstellt, wenn sein Gesellschaftsanteil wirksam gepfändet und die Pfändung nicht binnen drei Monaten wieder aufgehoben wird, er mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen in Verzug gerät, wenn E den Widerruf der Schenkung erklärt, oder der Gesellschafter mit E nicht in gerader Linie verwandt oder „verschwägert (= Ehegatte)“ ist. Für diese Fälle sollte der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters den verbleibenden Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und Gesellschaftsergebnis zuwachsen, es sei denn, dass die Gesellschafterversammlung unter Ausschluss des ausscheidenden Gesellschafters einstimmig etwas Abweichendes beschließt. Durch den Tod eines Gesellschafters sollte die Gesellschaft vorbehaltlich eines einstimmigen Beschlusses der verbleibenden Gesellschafter nicht aufgelöst werden. Nach § 14 des Gesellschaftsvertrags war in allen Fällen, in denen nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder kraft gesetzlicher Vorschriften ein Gesellschafter ausscheidet, eine Abfindung zu bezahlen. Diese sollte wertmäßig dem Bruchteil des Vermögens der Gesellschaft entsprechen, der quotenmäßig seiner Beteiligung am Vermögen und am Ergebnis gemäß § 9 entspricht. Als Vermögen der Gesellschaft sollte – außer im Falle des Widerrufs der Schenkung durch E – unwiderleglich das Zwölffache der tatsächlichen Netto-Jahresmiet- und pachterträge aus den Immobilien der Gesellschaft gelten, wobei im Entwurf des Notarvertrags zunächst lediglich das Neunfache der tatsächlichen Netto-Jahresmiet- und pachterträge aus den Immobilien der Gesellschaft vorgesehen gewesen war. Maßgeblich für die Berechnung sollte das letzte Kalenderjahr vor dem Ausscheiden sein.
Die zwei weiteren übertragenen Grundstücke wurden in den Jahren 1998 und 2000 veräußert.
Mit notariell beurkundetem Übertragungsvertrag vom 24. Oktober 2005 (Übertragungsvertrag) übertrug PR seinen Anteil an der Klägerin an seine Söhne PP und MR, behielt sich jedoch ein lebenslanges und unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Gesellschaftsanteil vor. Auf die Regelungen des Übertragungsvertrags im Einzelnen wird Bezug genommen.
Nachdem der Gesellschaftsanteil des P mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 6. April 2006, der der Klägerin als Drittschuldnerin am 24. April 2006 zugestellt worden war, gepfändet worden war, schied P zum 24. Juli 2006 gemäß § 12 des Gesellschaftsvertrags aus der Gesellschaft aus. Sein Gesellschaftsanteil von 25 v.H. wuchs dementsprechend den verbliebenen Gesellschaftern gemäß § 12 des Gesellschaftsvertrags zu, nachdem die Gesellschafterversammlung von ihrem Recht, einstimmig etwas Abweichendes zu beschließen, keinen Gebrauch gemacht hatte. Im Gegenzug wurde von der Klägerin eine nach § 14 des Gesellschaftsvertrags berechnete, der Höhe nach zwischen den Beteiligten nicht streitige Abfindung von insgesamt 755.762 € an Gläubiger des P entrichtet.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 13. Juli 2007 veräußerten J, M, PP und MR, handelnd als alleinige Gesellschafter der Klägerin, das Anwesen zu einem Kaufpreis von 5.600.000 €. PP wurde dabei von MR aufgrund Generalvollmacht vom 22. März 2006 vertreten, auf die Bezug genommen wird.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 8./30. Dezember 2008 beschlossen die Gesellschafter J, M, PP und MR die Klägerin wegen Zweckerreichung zum 31. Dezember 2008 aufzulösen. In den in der Folgezeit abgegebenen Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung wurde als Sitz der Gesellschaft X angegeben. Mit Gesellschafterbeschluss vom 6./10./11. Dezember 2015 bestellten und bestätigten die Gesellschafter J, M, PP und MR sowie PR auch für den Zeitraum der Liquidation der Klägerin J als Geschäftsführer. PP wurde dabei von MR aufgrund Generalvollmacht vom 22. März 2006 vertreten. Auf den Beschluss wird Bezug genommen.
Mit Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung für das Streitjahr 2007 vom 10. August 2009 wurden vom vormals für die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zuständigen Finanzamt in D mit Wirkung für und gegen die Feststellungsbeteiligten PR, J und M erklärungsgemäß laufende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen gesondert und einheitlich festgestellt, die jeweils zu 1/3 auf die Feststellungsbeteiligten aufgeteilt wurden. Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft hatten die Feststellungsbeteiligten nicht erklärt. Die Betriebsnahe Veranlagungsstelle des nunmehr zuständigen Beklagten (des Finanzamts – FA -) führte in der Folgezeit u.a. für das Streitjahr eine Außenprüfung durch und kam in ihrem Bericht vom 2. November 2011 zu dem Ergebnis, dass nach dem Ausscheiden des P zum 24. Juli 2006 die verbleibenden Gesellschafter PR, J und M den Gesellschaftsanteil des P von 25 v.H. und damit gemäß § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG dessen Anteil am Anwesen am 24. Juli 2006 aufgrund der Abfindungszahlung entgeltlich erworben hätten. Da dieser Anteil am Anwesen am 13. Juli 2007 veräußert worden sei, seien Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft erzielt worden. Die Einkünfte berechneten sich aus 25 v.H. des Veräußerungspreises von 5.600.000 € = 1.400.000 € abzüglich der um die für die Jahre 2006 und 2007 geltend gemachten und berücksichtigten Gebäude-AfA verminderten Anschaffungskosten von 737.835 € (755.762 € ./. 6.591 € ./. 11.336 €) und betrügen demnach 662.165 €. Das FA folgte der Ansicht der Betriebsnahen Veranlagungsstelle im geänderten und gegenüber den Feststellungsbeteiligten PR, J und M ergangenen Bescheid für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Feststellungsbescheid) vom 2. Dezember 2011, stellte Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 EStG in Höhe von 662.165 € fest und teilte diese jeweils zu 1/3 auf die Feststellungsbeteiligten PR, J und M auf. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb in der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2015 im Wesentlichen ohne Erfolg, das FA berücksichtigte lediglich Werbungskosten in Höhe von 29.951 €, setzte die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften auf 632.214 € herab und teilte diese jeweils zu 1/3 (mit 210.738 €) auf die Feststellungsbeteiligten PR, J und M auf.
In einem Rechtsbehelfsverfahren in Sachen Umsatzsteuer 2006 bis 2009 sind gegenüber der Klägerin am 4. September 2015 geänderte Umsatzsteuerbescheide ergangen, die jeweils zu Erstattungen führten, die auf ein Konto der Klägerin überwiesen wurden. Über die Auskehrung dieses Aktivvermögens wurde bislang keine Entscheidung getroffen.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass der Übergang des Gesellschaftsanteils von P gemäß § 12 des Gesellschaftsvertrags im Wege der Anwachsung erfolgt sei. Wie sich aus § 738 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergebe, handle es sich dabei um einen rein dinglichen Vorgang, auch wenn die Anwachsung schuldrechtliche Wirkungen, wie die Entstehung des Abfindungsanspruchs, zur Folge gehabt habe. Da der Rechtsübergang quasi automatisch erfolgt sei, fehle es an einer Anschaffung i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG, die einen Willensakt voraussetze. Zum Zeitpunkt des Ausscheidens von P habe weder er eine Veräußerung gewollt, noch die verbliebenen Gesellschafter einen Erwerb.
Auch wenn man insoweit eine andere Auffassung vertrete, handle es sich jedenfalls um eine teilentgeltliche Anschaffung. Der Abfindungsanspruch habe zum Zeitpunkt des Ausscheidens des P unstreitig weit unter dem Verkehrswert seines Gesellschaftsanteils gelegen. Streitig sei lediglich, ob die Abfindungsregelung deshalb zu einer teilentgeltlichen Anschaffung geführt habe. Das FA folgere die Vollentgeltlichkeit unzutreffend aus dem Umstand, dass der Gesellschaftsanteil entsprechend der Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag im Austausch mit einer Gegenleistung erworben worden sei. Diese Auffassung sei nach der sog. „strengen Trennungstheorie“ nicht haltbar, nach der für die Ermittlung eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns nur derjenige Teil als Anschaffungskosten zu berücksichtigen sei, der dem Anteil des Teilentgelts am Verkehrswert des Wirtschaftsguts entspreche. Bei Anwendung der „strengen Trennungstheorie“ sei der Teilbetrag, welcher auf den Wert zwischen Abfindungsbetrag und Verkehrswert entfalle, als unentgeltlicher Teil zu qualifizieren. Es gebe zahlreiche Beispiele aus der Rechtsprechung, die für die Anwendung der „strengen Trennungstheorie“ sprächen; so führe der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 12. Dezember 1996 IV R 77/93, BStBl II 1998, 180, aus, dass zwischen vollteil- oder unentgeltlichen Erwerbsvorgängen zu unterscheiden sei. In seinem Urteil vom 7. Februar 1995 VIII R 36/93, BStBl II 1995, 770, weise er darauf hin, dass die teilentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils als einheitlicher Vorgang zu beurteilen sei. Einen teilentgeltlichen Übertragungsvorgang halte der BFH also explizit für möglich. Die Parteien des Gesellschaftsvertrags seien sich bereits bei Abschluss des Vertrages darüber im Klaren gewesen, dass die Abfindung für den sog. „bad leaver“, d.h. bei verschuldetem Ausscheiden aus der Gesellschaft, wie bei P nach Pfändung seines Gesellschaftsanteils, niemals dem Verkehrswert des Anteils am Gesellschaftsvermögen habe entsprechen sollen. Aus dem Gesellschaftsvertrag ergebe sich, dass sich die Abfindung für den „bad leaver“ im Gegensatz zur Regelung bei der Erbfolge oder Verfügungen weit unter dem Verkehrswert der Anteile habe bewegen sollen. Ursprünglich sei sogar nur das Neunfache der Netto-Jahresmiete vorgesehen gewesen und erst bei der notariellen Beurkundung auf das Zwölffache korrigiert worden. Letztlich habe man für alle Fälle des Ausscheidens eines Gesellschafters in § 14 des Gesellschaftsvertrags eine „Strafklausel“ schaffen wollen. Durch den Gebrauch der Worte „gilt“ und „unwiderleglich“ werde deutlich, dass unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung des Vermögens ein konkreter Wert habe festgelegt werden sollen. Es sei dabei nicht darum gegangen, sich an den Marktpreis anzunähern, sondern spätere Diskussionen zu vermeiden. Ein Schätzungsmaßstab habe mit der Regelung entgegen der Ansicht des FA nicht vorgegeben werden sollen. Sinn und Zweck der Abfindungsregelung sei gewesen, dem Wunsch von E nachzukommen, dass die Gesellschafter bis zur Beendigung der Gesellschaft zusammenblieben. Dem vorrangigen Schutz der verbleibenden Gesellschafter habe auch die Regelung dienen sollen, dass das Abfindungsguthaben in acht gleichen Jahresraten ausgezahlt werden sollte. Eine „good leaver“-Regelung habe nur für den Fall des Verkaufs zu 100 v.H., wie im Jahr 2007 erfolgt, oder im Fall der Vererbung des Gesellschaftsanteils zum Tragen kommen sollen. Von einer Vollwertigkeit der Abfindungszahlung und somit von einem vollentgeltlichen Anschaffungsvorgang könne daher nicht ausgegangen werden.
Unter Zugrundelegung einer Wertsteigerung von 3 v.H. innerhalb eines Jahres ergäben sich ein entgeltlicher Anteil von 55 v.H. und somit steuerpflichtige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften von lediglich 24.418 €.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 2. Dezember 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2015 zu ändern, und die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG auf 0 € festzustellen,
hilfsweise, den Bescheid für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 2. Dezember 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2015 zu ändern, und die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG auf 24.418 € festzustellen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung. Die verbliebenen Gesellschafter PR, J und M hätten am 24. Juli 2006 25 v.H. des Anwesens von P erworben, am 13. Juli 2007 sei das Anwesen veräußert worden. Da Anschaffung und Veräußerung eines Anteils von 25 v.H. des Anwesens innerhalb eines Zeitraums von unter zehn Jahren erfolgt sei, lägen Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 EStG vor. Eine Anschaffung sei nach der Rechtsprechung des BFH jedenfalls dann anzunehmen, wenn ein Wirtschaftsgut im Austausch mit einer Gegenleistung, also entgeltlich erworben werde, lediglich der Erwerb des Eigentums im Wege der Gesamtrechtsnachfolge außerhalb eines Rechtsgeschäfts falle nicht unter den Begriff der Anschaffung. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG gelte die Anschaffung oder Veräußerung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter, im Streitfall also des Anwesens. Nachdem es ausweislich des Gesellschaftsvertrags der Wille der Gesellschafter gewesen sei, dass der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters den verbleibenden zuwachse und sie im Gegenzug eine Abfindung zu leisten hätten, beruhten das Ausscheiden des Gesellschafters und die Anwachsung jeweils auf einem Willensakt der Gesellschafter. Der Vollzug dieser Vereinbarungen stelle einen Anschaffungsvorgang i.S.d. § 23 EStG dar. Da der Abfindungsanspruch des P nach den Vereinbarungen des Gesellschaftsvertrags berechnet worden sei, sei von einer „vollwertigen“ Anschaffung auszugehen. Ergänzend weist das FA darauf hin, dass die Abfindung in Höhe der zwölffachen Jahres-Nettomiet- und -pachterträge dem Wert des Gesellschaftsanteils zum Zeitpunkt des Ausscheidens entsprochen habe, jedenfalls habe dieser Wert nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen annähernd den tatsächlichen Wert widerspiegeln sollen. Eine Unterscheidung bzgl. der Abfindungshöhe bei „regulärem“ bzw. „verschuldetem“ Ausscheiden aus der Gesellschaft sei im Gesellschaftsvertrag nicht getroffen worden. Es sei demnach eine vollentgeltliche Anschaffung des Gesellschaftsanteils erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2018 Bezug genommen.
II.
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 22. Juni 2015 nicht vollbeendet, da die Rechtsbehelfsverfahren in Sachen Umsatzsteuer 2006 bis 2009 erst mit den Umsatzsteueränderungsbescheiden vom 4. September 2015 erledigt wurden (vgl. BFH-Urteil vom 5. Juni 2008 IV R 79/05, BStBl II 2009, 15).
Eine Vollbeendigung ist auch während des Klageverfahrens aus Sicht des Senats nicht eingetreten, da die Umsatzsteuererstattungen, die auf ein Konto der Klägerin geflossen sind, noch nicht an die Gesellschafter der Klägerin ausgekehrt worden sind. Das Gesamthandsvermögen ist demnach noch nicht vollständig abgewickelt und die Liquidation der Klägerin damit noch nicht abgeschlossen.
Die Klage ist jedoch unbegründet, da das FA zu Recht davon ausgegangen ist, dass infolge des Ausscheidens des P dem Grunde nach ein entgeltlicher Anschaffungsvorgang hinsichtlich seines Gesellschaftsanteils und damit gemäß § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG seines Anteils an dem Anwesen vorlag, sowie weiter zutreffend angenommen hat, dass ein teilentgeltlicher Erwerb des Anteils nicht gegeben war. Demnach hat es Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 EStG zu Recht und in zutreffender Höhe festgestellt.
1. Das FA hat allerdings zu Unrecht die Einkünfte aus dem privaten Veräußerungsgeschäft auch auf PR aufgeteilt. Dies kann der Klage aber – auch nicht teilweise – zum Erfolg verhelfen.
Im Zeitpunkt des Ausscheidens des P aus der Klägerin im Jahr 2006 war PR nicht mehr Gesellschafter der Klägerin, da er seinen Gesellschaftsanteil bereits im Jahr 2005 an seine Kinder PP und MR übertragen hatte, mag er dies auch unter Nießbrauchsvorbehalt getan haben. Damit war er zwar berechtigt, die Nutzungen aus dem Gesellschaftsanteil zu ziehen, weshalb ihm auch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Gesellschaftsvermögens zuzurechnen waren. Mangels Gesellschafterstellung konnte ihm im Jahr 2006 jedoch gemäß § 12 des Gesellschaftsvertrags kein Anteil des Gesellschaftsanteils des ausgeschiedenen P anwachsen. Vielmehr ist dieser Anteil den Gesellschaftern PP und MR angewachsen, nur bei diesen konnte daher eine entgeltliche Anschaffung vorliegen. PR hat das Anwesen im Jahr 2007 auch nicht (mit) veräußert. Vertragspartner des Veräußerungsvertrags waren vielmehr neben anderen Gesellschaftern PP und MR, nicht hingegen PR. Soweit die Klägervertreterin vorträgt, dass eine Verlängerung des Nießbrauchs an einem etwaigen erzielten Veräußerungserlös vereinbart worden sei, ist dies auf die verstehende Rechtsfrage ohne Auswirkung, abgesehen davon, dass eine derartige Regelung dem Übertragungsvertrag nicht zu entnehmen ist, sondern lediglich dem Übertragungsvertrag vom 22. Dezember 1995.
Die Verteilung der Einkünfte aus dem privaten Veräußerungsgeschäft wurde jedoch mit der Klage nicht angegriffen und ist demnach in Bestandskraft erwachsen. Dementsprechend waren PP und MR auch nicht gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Verfahren beizuladen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann ein Feststellungsbescheid eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen und deshalb für die in dem nämlichen Bescheid getroffenen und rechtlich nachgelagerten Feststellungen Bindungswirkung entfalten können. Solche selbständige Regelungen (Feststellungen) sind insbesondere die Qualifikation der Einkünfte, das Bestehen einer Mitunternehmerschaft, die Höhe des Gesamtgewinns, des laufenden, auf der Gesamthandsebene erzielten Gewinns (oder Verlusts) sowie dessen Verteilung auf die Mitunternehmer, das Vorliegen und die Höhe des von einem Mitunternehmer erzielten Gewinns aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils, die Frage nach dessen Tarifbegünstigung, oder die Höhe eines Sondergewinns bzw. einer Sondervergütung (vgl. BFH-Urteile vom 10. Februar 2016 VIII R 38/12, BFH/NV 2016, 1256; vom 6. Februar 2014 IV R 19/10, BStBl II 2014, 522). Wird gegen einen Feststellungsbescheid i.S. von §§ 179, 180 der Abgabenordnung (AO) Klage erhoben, ist zu beachten, dass Streitgegenstand die einzelnen gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen sein können (§ 157 Abs. 2 AO). Diese sind selbst Regelungsgegenstand dieses Steuerverwaltungsakts. Der Feststellungsbescheid stellt sich daher als eine Zusammenfassung einzelner Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen dar, die – soweit sie eine rechtlich selbständige Würdigung enthalten – auch als selbständiger Gegenstand eines Klageverfahrens in Betracht kommen und demgemäß einem eigenständigen prozessualen Schicksal unterliegen. Eine Klage gegen einen Feststellungsbescheid kann demzufolge verschiedene Zielsetzungen haben. Welche Besteuerungsgrundlagen ein Kläger mit seiner Klage angreift und damit zum Streitgegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens gemacht hat, ist durch Auslegung der Klageschrift oder der darin ausdrücklich in Bezug genommenen Schriftstücke zu ermitteln (vgl. BFH-Beschluss vom 26. August 2013 IV B 62/13, BFH/NV 2013, 1940).
b) Die Klägerin hat sich mit ihrer Klage lediglich gegen die Feststellung gewandt, dass dem Grunde nach Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft vorlägen, sowie gegen die festgestellte Höhe der Einkünfte aus dem privaten Veräußerungsgeschäft. Dass die festgestellten Einkünfte aus dem privaten Veräußerungsgeschäft mit einem Anteil von einem Drittel nicht auch auf PR hätten aufgeteilt werden dürfen, hat die Klägerin hingegen nicht gerügt.
2. Private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nr. 2 EStG) sind gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u.a. Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor.
a) Die Anschaffung des Gesellschaftsanteils des P und damit seines Anteils am Anwesen durch die verbleibenden Gesellschafter (J, M, PP und MR) erfolgte im Jahr 2006 und nicht bereits im Jahr 1995.
aa) Für die Berechnung des Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich die Zeitpunkte maßgebend, in denen die obligatorischen Verträge abgeschlossen wurden. Entsprechend dem Normzweck, innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsgutes im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen, kann von einer Verwirklichung des Grundstückswerts nur gesprochen werden, wenn die Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist bindend abgegeben worden sind. Dem entspricht der für das Steuerrecht im Vordergrund stehende Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit (Gesetzmäßigkeit) der Besteuerung: Nur ein verwirklichter Tatbestand darf nach bestimmten Zeitabschnitten zugrunde gelegt werden. Bei einem unbedingten und nicht genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäft ist eine solche Bindung regelmäßig mit dem Vertragsabschluss gegeben. Diese Voraussetzungen können aber auch bei einem Rechtsgeschäft vorliegen, dessen Rechtswirkungen von dem Eintritt einer Bedingung abhängen. Aus dem Wesen der Bedingung und dem Wortlaut des § 158 Abs. 1 BGB folgt, dass das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft tatbestandlich mit seiner Vornahme vollendet und voll gültig ist – die Parteien daher fortan bindet – und seine Wirksamkeit mit dem Bedingungsfall ipso iure eintritt, ohne dass die Willenseinigung der Parteien noch bis dahin Bestand haben müsste; nur die Rechtswirkungen des bedingten Rechtsgeschäfts befinden sich bis zum Bedingungseintritt in der Schwebe. Die Parteien eines bedingten Rechtsgeschäfts können die Vertragsbeziehungen nicht mehr einseitig lösen, vielmehr sind sie im Hinblick auf den aufschiebend bedingten Rechtserwerb (Anwartschaftsrecht) zur gegenseitigen Treupflicht und zur Beachtung der Schutzvorschriften der §§ 160 f. BGB verpflichtet (vgl. BFH-Urteil vom 10. Februar 2015 IX R 23/13, BStBl II 2015, 487).
bb) Die ehemaligen Gesellschafter der Klägerin haben zwar bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags im Jahr 1995 vereinbart, dass unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Gesellschaftsanteil eines Gesellschafters wirksam gepfändet und die Pfändung nicht binnen drei Monaten wieder aufgehoben wird, der betreffende Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet und sein Anteil den verbleibenden Gesellschaftern anwächst (§ 12 des Gesellschaftsvertrags). Die Anwachsung bei den verbleibenden Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und Gesellschaftsergebnis stand jedoch unter der auflösenden Bedingung, dass die Gesellschafterversammlung unter Ausschluss des ausscheidenden Gesellschafters nichts Abweichendes vereinbart. Bei dieser auflösenden Bedingung handelte es sich um eine sog. reine Potestativbedingung, deren Eintritt einzig vom Willen nur „eines“ der Vertragspartner (nämlich der verbleibenden Gesellschafter) abhängig war. Die Anwachsung des Gesellschaftsanteils bei den verbleibenden Gesellschaftern zu je einem Drittel – unter der Voraussetzung des Eintritts eines Ausscheidensgrundes – stand bindend nicht bereits im Jahr 1995 fest, sondern erst im Jahr 2006, als die verbleibenden Gesellschafter von ihrem Recht zur abweichenden Regelung keinen Gebrauch gemacht haben. Eine Bindung der verbleibenden Gesellschafter war demnach im Jahr 1995 nicht gegeben (vgl. insoweit auch die Anmerkung von Dötsch zu BFH in BStBl II 2015, 487, jurisPR-SteuerR 20/2015 Anm. 5; BFH-Urteil vom 18. März 2005 II R 19/02, BFH/NV 2005, 1368).
Der Klägervertreterin ist auch nicht darin beizupflichten, dass es sich bei der auflösenden Bedingung lediglich um eine deklaratorische Regelung gehandelt hätte, weil die Gesellschafter ja stets eine von der bisherigen Regelung abweichende Regelung hätten treffen können. Ohne die Vereinbarung der auflösenden Bedingung und ohne eine vorherige Änderung der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen wäre die Anwachsung automatisch mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung bei J und M zu je einem Drittel und bei PP und MR zu je einem Sechstel erfolgt; eine abweichende Regelung durch die verbleibenden Gesellschafter nach Ausscheiden des P hätte diese zunächst erfolgte Anwachsung nicht rückgängig gemacht, sondern die Übertragung eines bereits angewachsenen Anteils am Gesellschaftsvermögen zur Folge gehabt.
b) Entgegen der Ansicht der Klägerin war die Anwachsung des Gesellschaftsanteils bei den verbleibenden Gesellschaftern als Anschaffungsvorgang i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG zu beurteilen.
Nach der Rechtsprechung des BFH liegt ein Anschaffungsgeschäft nur vor, wenn die Erwerbshandlung des Steuerpflichtigen wesentlich von seinem Willen abhängt (BFH-Urteil vom 29. März 1995 X R 3/92, juris). Auch wenn nach § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB bei dem Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft sein Anteil am Gesellschaftsvermögen kraft Gesetzes den verbleibenden Gesellschaftern zuwächst, ist doch nur der Anwachsungsvorgang als solcher zwingend, wohingegen der Disposition der Gesellschafter unterliegt, welchem Gesellschafter der Anteil am Gesellschaftsvermögen in welchem Umfang zuwächst [vgl. Münchener Kommentar BGB (6. Auflage) Schäfer § 738 Rn 13]. Die Gesellschafter der Klägerin haben also zulässiger Weise in § 12 des Gesellschaftsvertrags geregelt, dass die Anwachsung bei den verbleibenden Gesellschaftern im Verhältnis der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und Gesellschaftsergebnis nur unter der Voraussetzung erfolgen sollte, dass die verbleibenden Gesellschafter keine abweichende Regelung treffen. Daraus folgt aber zugleich, dass die Anwachsung zu je einem Drittel (bzw. bei PP und MR je zu einem Sechstel) auf einer willentlichen Entscheidung der verbleibenden Gesellschafter beruhte.
Abgesehen davon hat auch der BFH, dessen Rechtsauffassung sich der Senat insoweit anschließt, in steuerrechtlicher Betrachtung den Anwachsungserwerb der Übertragung eines Mitunternehmeranteils gleichgestellt und als Anschaffungsgeschäft beurteilt (vgl. BFH-Urteile vom 24. Oktober 1996 IV R 90/94, BStBl II 1997, 241; vom 12. Dezember 1996 IV R 77/93, BStBl II 1998, 180).
c) Die verbleibenden Gesellschafter haben den Gesellschaftsanteil des P und damit seinen Anteil am Anwesen durch Zahlung der Abfindung in Höhe von 755.762 € nach Auffassung des Senats vollentgeltlich erworben. Die Höhe der Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft ist bei Annahme der Vollentgeltlichkeit der Anschaffung des Anteils am Anwesen zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig.
aa) Obwohl bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen (im Streitfall P einerseits bzw. J, M sowie PP und MR andererseits) im Gegensatz zu Verträgen zwischen fremden Personen keine widerlegbare Vermutung für das Vorliegen eines vollentgeltlichen Geschäfts besteht, setzt eine teilentgeltliche Übertragung des Gesellschaftsanteils des P (bzw. gemäß § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG des Anteils des P am Anwesen) voraus, dass der Erwerber aus dem Vermögen des Übertragenden als dem bisherigen Rechtsinhaber eine zumindest teilweise unentgeltliche Zuwendung erhalten sollte. Von einem nur teilweise entgeltlichen Erwerb kann aber nicht schon dann ausgegangen werden, wenn es dem Erwerber gelungen ist, einen besonders günstigen Kaufpreis (hier Abfindung) auszuhandeln; die Beteiligten müssen vielmehr hinsichtlich des Mehrwerts tatsächlich eine Schenkung gewollt haben. Ist dies nicht der Fall, so ist – obwohl Leistung und Gegenleistung nicht objektiv gleichwertig sind – in vollem Umfang ein Anschaffungsgeschäft anzunehmen (vgl. Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 23 EStG Rz. 236, mit weiteren Nachweisen – m.w.N. -, u.a. BFH-Urteil vom 27. Juni 1995 IX R 130/90, BStBl II 1996, 215; siehe auch BFH-Urteil vom 7. März 1995 VIII R 29/93, BStBl II 1995, 693).
Ob eine Veräußerung oder – zumindest teilweise – eine Schenkung vorliegt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem erkennbaren Willen der Beteiligten (vgl. BFH-Beschluss vom 4. August 2008 IX B 85/08, juris), wie er im Streitfall in den Regelungen der §§ 12 und 14 des Gesellschaftsvertrags zum Ausdruck gekommen ist.
Nach der Rechtsprechung des BFH sind bei der Vertragsauslegung die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB), sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze zu beachten. Das Gericht hat insbesondere die für die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände zu erforschen und rechtlich zutreffend zu würdigen. Der wirkliche Wille der Erklärenden ist zu ermitteln, ohne an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände (Empfängerhorizont) verstehen musste (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 15. Februar 2017 VI R 96/13, juris; vom 3. Dezember 2015 IV R 43/13, BFH/NV 2016, 742; jeweils m.w.N.).
bb) Die Vollentgeltlichkeit des Anschaffungsvorgangs bzgl. des Anteils des P am Anwesen ergibt sich zwar nicht allein aus dem Umstand, dass im Gegenzug zu der Anwachsung überhaupt eine Abfindung zu zahlen war; die Teilentgeltlichkeit des Anschaffungsvorgangs folgt entgegen der Ansicht der Klägerin aber auch nicht bereits aus dem Umstand, dass die Finanzverwaltung bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern bzgl. der Frage der Entstehung eines Veräußerungsgewinns bzw. eines Überschusses die sog. „strenge Trennungstheorie“ vertritt. Die Frage, ob bei Übertragungsvorgängen der Gewinn bzw. Überschuss nach der „strengen Trennungstheorie“, der sog. „modifizierten Trennungstheorie“ oder gar – bei der Übertragung strukturierter betrieblicher Einheiten (Betriebe, Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile) – der „Einheitstheorie“ zu ermitteln ist, stellt sich immer erst dann, wenn feststeht, dass der Anschaffungsvorgang ein teilentgeltlicher Vorgang war; auf die Frage der Teilentgeltlichkeit selbst lassen die Theorien hingegen keinen Rückschluss zu (vgl. hierzu ausführlich BFH-Beschlüsse vom 19. März 2014 X R 28/12, BStBl II 2014, 629, und vom 27. Oktober 2015 X R 28/12, BStBl II 2016, 81).
cc) Es ist weiter für die Frage der Teilentgeltlichkeit nicht allein von Bedeutung, ob der Abfindungsanspruch zum Zeitpunkt des Ausscheidens des P unter dem Verkehrswert des Anteils des P am Anwesen gelegen hat. Denn § 23 EStG knüpft weder nach seinem Wortlaut noch nach seinem Regelungszweck an eine Preis- oder Wertsteigerung innerhalb der Spekulationsfrist an. Zweck des § 23 EStG ist es, innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Werterhöhungen oder Wertminderungen aus verhältnismäßig kurzfristigen Wertdurchgängen der Einkommensteuer zu unterwerfen. Eine innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Werterhöhung ist auch in den Fällen gegeben, in denen etwa durch geschickte Kaufverhandlungen oder persönliche Beziehungen niedrige Anschaffungskosten entstanden sind, durch Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist aber ein höherer Veräußerungsgewinn erzielt wird (vgl. BFH in BStBl II 1996, 215). Auch in seiner Entscheidung in BStBl II 1998, 180, geht der BFH von einem vollentgeltlichen Ausscheiden aus einer Personengesellschaft in einem Fall aus, in dem Gesellschafter gegen eine Abfindung zum Buchwert, der in aller Regel unter dem Verkehrswert liegt, aus der Gesellschaft ausgeschieden sind.
dd) Da der Berechnungsmodus für die Abfindungshöhe beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Klägerin zwischen den Gesellschaftern bereits bindend bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags im Jahr 1995 vereinbart und die Abfindung im Jahr 2006 auch nach § 14 des Gesellschaftsvertrags ermittelt wurde, kommt es für die Frage, ob die Beteiligten hinsichtlich des Mehrwerts des Anteils des P am Anwesen im Vergleich zu der zu zahlenden Abfindung tatsächlich eine Schenkung gewollt haben, auf den in der vertraglichen Vereinbarung zum Ausdruck gekommenen Willen der Beteiligten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags im Jahr 1995 an. Unerheblich ist demnach, ob die Gesellschafter im Jahr 2006 davon ausgegangen sind, dass die Abfindung nicht dem Verkehrswert des Gesellschaftsanteils des P entsprach.
Die Klägerin hat zwar behauptet, dass sich die Vertragsbeteiligten bereits bei Vertragsschluss darüber im Klaren gewesen seien, dass die Abfindung für den „verschuldet“ ausscheidenden Gesellschafter nicht dem Verkehrswert des Anteils am Gesellschaftsvermögen habe entsprechen sollen. Sie hat aber weder dies substantiiert dargelegt und durch Benennung von Beweismitteln belegt, noch, dass den verbleibenden Gesellschaftern ein Mehrwert des Gesellschaftsanteils, der sich aus der Differenz zwischen Abfindungszahlung und Verkehrswert des Gesellschaftsanteils ergibt, schenkweise zugewendet werden sollte.
§ 14 Abs. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags bestimmt, dass die im Falle des Ausscheidens zu zahlende Abfindung wertmäßig dem Bruchteil des Vermögens der Gesellschaft entspricht, der quotenmäßig seiner Beteiligung am Vermögen und am Ergebnis gemäß § 9 des Gesellschaftsvertrags (d.h. zu 25 v.H.) entspricht. Dieser Regelung ist zu entnehmen, dass die Abfindung nach dem Willen der Beteiligten dem Wert der Beteiligung also gerade entsprechen sollte, für eine Interpretation, dass bestimmte Wertanteile schenkweise an verbleibende Gesellschafter übertragen werden sollten, lässt die Regelung keinen Raum. Etwas Anderes folgt auch nicht daraus, dass nach § 14 Abs. 1 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags – vorbehaltlich des Abs. 3, also des Falles des Schenkungswiderrufs durch E wegen groben Undanks – als Vermögen der Gesellschaft unwiderleglich das Zwölffache der tatsächlichen Netto-Jahresmiet- und -pachterträge aus den Immobilien der Gesellschaft gilt. Wie die Klägerin im Ergebnis selbst vorträgt, sollte diese Regelung spätere Diskussionen über die Höhe der Abfindung vermeiden. Sie diente ersichtlich dem Zweck, für die Berechnung der Abfindung einen einfachen Modus zu finden. Dadurch, dass an die Entwicklung der Netto-Jahresmiet- und -pachterträge angeknüpft wurde, wurde die wirtschaftliche Entwicklung auf dem Mietmarkt am Belegenheitsort der jeweiligen Immobilie abgebildet und damit ein wesentlicher wertbildender Faktor einbezogen, andererseits entsprach der Ansatz des Zwölffachen des Nettojahresmietertrags im Jahr 1995, wenn auch sehr vereinfacht, einer gängigen Faustformel zur Bewertung von Immobilienvermögen (vgl. z.B. Tatbestand des Urteils des Thüringer Finanzgerichts vom 16. Oktober 2003 II 620/00, EFG 2004, 594; Ausführungen im Tatbestand des Urteils des Oberlandesgerichts Hamm vom 2. Februar 2012 I-5 U 110/11, 5 U 110/11, juris). Anhaltspunkte für den Willen der Beteiligten zu einer teilweise schenkweisen Zuwendung an die verbleibenden Gesellschafter folgen aus der Anknüpfung an das Zwölffache der tatsächlichen Netto-Jahresmiet- und -pachterträge zur Berechnung des Abfindungsanspruchs daher nicht.
In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass sich im Zeitpunkt der Vereinbarung des Berechnungsmodus für den Abfindungsanspruch nicht nur das Anwesen, sondern zwei weitere Immobilien im Gesamthandseigentum der Gesellschafter befanden, und sich die Abfindungsregelung auch auf weiteres, bis zum Ausscheiden eines Gesellschafters zusätzlich im Gesamthandeigentum befindliches Immobilienvermögen der Klägerin beziehen konnte; andernfalls hätte es der getroffenen Regel-Ausnahme-Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags nicht bedurft, vielmehr hätte für den Fall des Schenkungswiderrufs der Ausschluss einer Abfindung näher gelegen. Schon bzgl. der anderen unentgeltlich von E übertragenen Immobilien hat die Klägerin noch nicht einmal substantiiert behauptet, dass den Gesellschaftern bereits bei Vertragsschluss klar gewesen sei, dass das Zwölffache der tatsächlichen Netto-Jahresmiet- und -pachterträge nicht dem Verkehrswert der Immobilien entsprochen hätte. Gleiches gilt bzgl. ggf. nicht unentgeltlich durch die Gesamthand erworbenen Immobilienvermögens.
Auch wenn im konkreten Einzelfall die nach § 14 des Gesellschaftsvertrags ermittelte Abfindung den Verkehrswert des Anteils des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen nicht erreicht hätte und im Streitfall wohl auch nicht erreicht hat, wohnt der Abfindungsregelung nicht allein aus diesem Grund zwingend der Wille zu einer teilweise schenkweisen Wertübertragung inne. Dies gilt auch dann nicht, wenn man den Sachvortrag der Klägerin berücksichtigt, dass die Abfindungsregelung den Sinn und Zweck gehabt haben soll, dem Wunsch der E nachzukommen, dass die Gesellschafter bis zur Beendigung der Gesellschaft zusammenbleiben sollten, und dass zur Verwirklichung dieses Zwecks eine Abfindungsregelung für den „bad leaver“ in einer Form geschaffen worden sei, die das Verlassen der Gesellschaft nach Möglichkeit unattraktiv gestalten sollte. Da selbst im Fall der Vereinbarung einer Buchwertabfindung nicht zwingend von einer teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts auszugehen ist (vgl. BFH in BStBl II 1998, 180), kann für die Vereinbarung einer unattraktiven Abfindungsregelung nicht anderes gelten.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

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