Steuerrecht

Qualifizierung der Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Aktenzeichen  5 K 391/17

Datum:
17.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
StEd – 2018, 283
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 4 Abs. 3, § 15, § 18 Abs. 1
FGO § 100 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Gründe

I.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010, jeweils vom 28.07.2016, der Gewerbesteuermessbescheid 2011 vom 06.06.2013, der Gewerbesteuer-messbescheid 2012 vom 02.07.2014, der Gewerbesteuermessbescheid 2013 vom 28.07.2015 und der Gewerbesteuermessbescheid 2014 vom 18.02.2016, diese sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.12.2016, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Die Tätigkeit des Klägers erfüllt alle Merkmale eines Gewerbebetriebes (§ 2 Abs. 1 GewStG, § 15 Abs. 2 EStG) und wurde vom Finanzamt zu Recht als gewerblich qualifiziert.
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer. Nach S. 2 der Vorschrift ist unter Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. Nach § 15 Abs. 2 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.
2. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören zur freiberuflichen Tätigkeit die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, sowie die selbständige Tätigkeit in einem der dort aufgezählten Berufe oder in einem diesen ähnlichen Beruf. Handelt es sich um eine Tätigkeit, die sich untrennbar voneinander sowohl aus freiberuflichen als auch aus gewerblichen Elementen zusammensetzt (sog. gemischte Tätigkeit), ist die Gesamtbetätigung einheitlich steuerrechtlich zu würdigen. Maßgebend hierfür ist dasjenige Betätigungsfeld, das der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt (vgl. BFH, Urteil vom 18.04.2007 XI R 57/05, BFH/NV 2007, 1854).
Der Kläger übte im Streitzeitraum weder einen sogenannten Katalogberuf im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG noch einen einem Katalogberuf ähnlichen Beruf aus.
3. Die Tätigkeit des Klägers ist nicht als Unterricht im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu beurteilen.
a) Darunter versteht man die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form (vgl. BFH, Urteile vom 13.01.1994 IV R 79/92, BStBl. II 1994, 362, vom 18.04.1996 IV R 35/95, BStBl II 1996, 573 und vom 11.06.1997 XI R 2/95, BStBl II 1997, 687).
Die organisierte und institutionalisierte Form des Unterrichts setzt u.a. ein auf ein bestimmtes Fachgebiet bezogenes schulmäßiges Programm zur Vermittlung von Kenntnissen an den/die Lernwilligen voraus. Dies schließt einen Individualunterricht zwar nicht aus. Werden die Kenntnisse oder Erkenntnisse aber nicht aufgrund eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lernprogramms vermittelt, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten Programms, handelt es sich nicht mehr um eine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form, sondern um eine einzelfallbezogene beratende Tätigkeit (vgl. BFH, Urteile vom 11.06.1997 XI R 2/95, a.a.O. und vom 02.02.2000 XI R 38/98, BFH/NV 2000, 839, ebenso die Literatur: Brandt in: Hermann/Heuer/Raupach, EStG/KStG-Kommen-tar, 282 EL., § 18 Rz. 121, Hutter in: Blümich, EStG, KStG, GewStG-Kommentar, 138. EL., § 18 Rz. 103, Schmidt, EStG-Kommentar, 36. Aufl. 2017, § 18 Rz. 83).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung und Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalls ist die Betätigung des Klägers nicht als eine unterrichtende Tätigkeit im Sinne von § 18 EStG zu qualifizieren.
Der Kläger übt seine Tätigkeit ausschließlich im Interesse seiner früheren Arbeitgeberin und jetzigen alleinigen Auftraggeberin, der B GmbH, letztlich mit dem Ziel der Verkaufssteigerung von B-Produkten aus.
Weder vermittelt er den Fachhändlern Kenntnisse aufgrund eines bestimmten, für den Einzelfall abgewandelten Lehrprogramms noch handelt es sich um die abstrakte Vermittlung theoretischen, praktischen und strategischen Know-hows, das auf andere Auftraggeber uneingeschränkt übertragbar wäre. Ebenso wenig liegt eine Verwendung eines „Know-how-Mixes“ seitens des Klägers vor, den er an die zu Unterrichtenden weitergeben würde (vgl. dazu BFH, Urteil vom 11.06.1997 XI R 2/95, a.a.O., FG Münster, Urteil vom 17.12.2010 4 K 3554/08 G, Juris). Ziel des klägerischen Unterrichts ist im Wesentlichen die bessere Verwirklichung der wirtschaftlichen Ziele des Auftrag gebenden Unternehmens (in Abgrenzung zu FG Nürnberg, Urteil vom 15.01.2003 V 147/2000, DStRE 2003, 586).
Die Produktschulungen und Verkaufstrainings des Klägers beziehen sich ausschließlich auf B-Produkte und sind auf die spezifischen Belange dieses Unternehmens zugeschnitten. Dies wird u.a. durch die Tatsache unterstrichen, dass die Trainings und Schulungen teils auf Messen an den dortigen Messeständen stattfinden. Die Tätigkeit des Klägers ist daher nach Anlass und Zweck unternehmensbezogen.
Dieses Ergebnis wird auch durch die äußeren Umstände seiner Tätigkeit gestützt. Aus den von dem Kläger vorgelegten E-Mails ergibt sich, dass B die zu schulenden Teilnehmer kontaktiert und diese an den Kläger weitermeldet. Auch Termine werden teils vorgegeben. Die Reisekosten werden geschätzt und vor Reiseantritt von B genehmigt (vgl. z.B. Reiseanträge und Reiserichtlinien). In den vorgelegten Schulungsunterlagen firmiert der Kläger als „Produkt Marketing Manager B“ bzw. als „Produkt Marketing Training“ B GmbH unter der Adresse der GmbH und mit der E-Mail-Adresse „.A@B.com“. Ein Hinweis auf das Einzelunternehmen „A “ findet sich nur in den vorgelegten Rechnungen des Klägers an B. Nach außen – gegenüber den Teilnehmern/Fach-händlern – tritt der Kläger jedoch nicht als externer Berater in Erscheinung.
c) Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass sich nicht sämtliche Schulungsunterlagen ausschließlich auf B-Produkte bezögen, sondern auch allgemeine technische Informationen enthielten, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Schulungs-Tätigkeit des Klägers, soweit ersichtlich, regelmäßig unter dem Oberbegriff der „B Fachhandels Initiative“ stattfindet und der Name des Auftraggebers quasi Bestandteil des Schulungsprogramms ist.
Soweit auf allgemeine technische Neuerungen, Standards oder Marktinformationen hingewiesen wird, lassen die vorgelegten Unterlagen zum anderen den Schluss zu, dass dies entweder mit einem Hinweis auf die entsprechenden B-Produkte verbunden ist oder es sich um im Internet frei verfügbare Dokumente handelt (vgl. den gfu Einkaufsberater HDTV oder die gfu-Presseinformation vom 21.02.2015), welche als Basis für die Schulung hinsichtlich der B-Produkte dienen.
Die auf die Absatzförderung von Waren eines einzelnen Unternehmens ausgerichtete Tätigkeit kann nicht als freiberuflich im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG angesehen werden.
d) Soweit die Tätigkeit des Klägers unterrichtende Elemente im Sinne von § 18 EStG enthalten mag, sind diese von untergeordneter Bedeutung und geben der Tätigkeit nicht das Gepräge.
4. Auch eine schriftstellerische Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt nicht vor.
Es ist hinsichtlich der Newsletter offen geblieben, in welchem Umfang diese vom Kläger tatsächlich selbst erstellt wurden. Unabhängig davon stellen die Newsletter aber jedenfalls Auftragsarbeiten dar, die ebenso wie die von dem Kläger durchgeführten Schulungen lediglich die Geschäftsinteressen des Auftraggebers betrafen und diesen zu dienen bestimmt waren (vgl. BFH, Urteil vom 11.06.1997 XI R 2/95, a.a.O.). Sie stellen daher keine schriftstellerische Arbeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG dar (vgl. Brandt in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG-Kommentar, § 18 EStG Rz. 113).
Sie stehen außerdem in untrennbarem Zusammenhang mit den Produktschulungen, die der Kläger durchführt und die als gewerblich anzusehen sind. Die Erstellung der Newsletter wurde nicht gesondert vergütet und in den Rechnungen des Klägers an die GmbH im Einzelnen ausgewiesen. Vielmehr wurden in den beispielhaft vorgelegten Rechnungen jeweils pauschal monatlich 30 Stunden für „Home Office, Internet und Kundenbetreuung, (Anlagen Mail gesendet), Newsletter /“ (jeweils 1.575 € pro Monat) geltend gemacht.
Schließlich weisen die beispielhaft vorgelegten Newsletter nur auf die B Fachhandels Initiative unter dem Logo von B als Urheberin der Newsletter hin. Unterzeichnet ist der Newsletter von einem selbständigen Fachhändler als Mitglied der GFI und einem B-Mitarbeiter. Auf den Kläger oder dessen Unternehmen findet sich – ebenso wie in den vorgelegten Schulungsunterlagen – kein Hinweis.
5. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist der Kläger somit gewerblich tätig im Sinne von § 15 EStG.
Die Klage ist mithin abzuweisen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.


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