Steuerrecht

Sozialgerichtliches Verfahren – Nichtzulassungsbeschwerde – Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache

Aktenzeichen  B 12 KR 23/18 B

Datum:
27.11.2018
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BSG
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BSG:2018:271118BB12KR2318B0
Normen:
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG
§ 160a Abs 2 S 3 SGG
Spruchkörper:
12. Senat

Verfahrensgang

vorgehend SG Gotha, 22. Januar 2015, Az: S 41 KR 6027/13, Gerichtsbescheidvorgehend Thüringer Landessozialgericht, 18. Januar 2018, Az: L 6 KR 180/15, Urteil

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 18. Januar 2018 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1
I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob ein von dem freiwillig krankenversicherten Kläger erzielter Sanierungsgewinn der Beitragserhebung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV) grundsätzlich und speziell auch dann zugrunde zu legen ist, wenn die darauf zu entrichtenden Steuern ihm von den Finanzbehörden erlassen wurden.
2
Nach Vorlage der Einkommensteuerbescheide für 2008 und 2009 setzte die beklagte Krankenkasse die vom Kläger zu tragenden Beiträge zur GKV und sPV ab 1.4.2011 zum Teil rückwirkend neu fest. Dem widersprach der Kläger mit der Begründung, in den Einkommensteuerbescheiden sei ein “nicht liquiditätsmäßig zugeflossener Sanierungsgewinn” von knapp 57 000 Euro enthalten. Dieser beruhe auf dem teilweisen Schuldenerlass einer Bank. Die hierauf zu entrichtende Einkommensteuer sowie der Solidaritätszuschlag seien ihm von den Finanzbehörden erlassen worden. Nach einer geringfügigen Teilabhilfe wies die beklagte Krankenkasse den Widerspruch des Klägers zurück. Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (SG-Gerichtsbescheid vom 22.1.2015; LSG-Urteil vom 18.1.2018). Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
3
II. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer LSG vom 18.1.2018 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
4
Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 – B 12 KR 62/04 B – SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18 = Juris RdNr 9).
5
1. Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 28.5.2018 ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 – B 13 R 347/11 B – SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 – 8/3 BK 28/77 – SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
6
Der Kläger wirft auf Seite 7 f der Beschwerdebegründung folgende Fragen auf:
        
“Führt der in § 15 Abs. 1 S. 2 SGB IV zum Ausdruck kommende Grundsatz der Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht dazu, dass bei einem Erlass der auf einen Sanierungsgewinn anfallenden Einkommensteuer gemäß § 227 Abgabenordnung zugleich auch der Sozialversicherungsträger gehindert ist, diesen Sanierungsgewinn mit Sozialversicherungsbeiträgen zu belegen.”bzw:
        
“Ist ein sogenannter Sanierungsgewinn, der als Einkünfte aus Gewerbetrieb im maßgeblichen Steuerbescheid erfasst wird, nicht als anzurechnendes Einkommen i.S. von § 15 Abs. 1 S. 1 SGB IV anzusehen, wenn die hierauf zu entrichtenden Steuern nach §§ 163, 227 AO aus Billigkeitsgesichtspunkten im Einzelfall von der Finanzverwaltung erlassen worden sind. (entsprechend der Formulierung der Vorlagefrage des LSG Rheinland-Pfalz, AZ.: L 4 R 407/10, nachgängig BSG, AZ.: B 5 R 5/13 R)”
7
Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung eine hinreichend konkrete abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 – B 12 KR 51/15 B – Juris RdNr 11 mwN) formuliert hat. Jedenfalls erfüllt die Beschwerdebegründung die Zulässigkeitsanforderungen nicht, weil der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihm in den Raum gestellten Fragen nicht hinreichend darlegt. Er stützt seine Begründung zum einen auf den Aspekt, dass ihm der Sanierungsgewinn nicht “liquide” zugeflossen sei, er also darauf nicht habe zugreifen können, und zum anderen auf seine Rechtsauffassung, wonach der Gesetzgeber “eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreichen wollte” (vgl Seite 4 der Beschwerdebegründung) und insbesondere deshalb bei einem Erlass durch die Finanzbehörden eine Beitragserhebung ausgeschlossen sei. Mit der zu beiden Punkten bereits ergangenen Rechtsprechung des für das Beitragsrecht der Sozialversicherung zuständigen 12. Senats des BSG (vgl insbesondere BSG Urteil vom 17.3.2010 – B 12 KR 4/09 R – SozR 4-2500 § 240 Nr 14 RdNr 20 f; BSG Urteil vom 26.9.1996 – 12 RK 46/95 – BSGE 79, 133 = SozR 3-2500 § 240 Nr 27; BSG Urteil vom 28.5.2015 – B 12 KR 12/13 R – SozR 4-2500 § 240 Nr 26 RdNr 25 ff; hierzu aktuell auch BSG Urteil vom 18.1.2018 – B 12 KR 22/16 R – SozR 4-2500 § 240 Nr 34, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) setzt er sich hingegen nicht auseinander. Den Anforderungen an die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit genügt die Beschwerdebegründung auch nicht dadurch, dass der Kläger auf die Rechtsprechung eines LSG zur Frage der Anrechnung von Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit auf eine große Witwerrente unter Berücksichtigung eines Sanierungsgewinns verweist (vgl LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 20.2.2013 – L 4 R 407/10 – Juris; hierzu: BSG Urteil vom 27.5.2014 – B 5 R 6/13 R – BSGE 116, 64 = SozR 4-2600 § 97 Nr 2). Schließlich befasst sich der Kläger auch nicht mit dem vom LSG angesprochenen Aspekt, wonach der so genannte Sanierungserlass des BMF rechtswidrig war (vgl BFH Beschluss vom 28.11.2016 – GrS 1/15 – BFHE 255, 482 = BStBl II 2017, 393). Demzufolge unterlässt er auch die Darlegung, inwieweit gerade bei der von ihm angenommenen vollen Parallelität von Steuer- und Sozialversicherungsrecht eine Beitragspflicht auf den Sanierungsgewinn bestanden haben könnte bzw sogar müsste.
8
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
9
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.


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