Steuerrecht

Umsatzsteuerrechtliches Entgelt bei “0 %-Finanzierung”

Aktenzeichen  XI R 15/19

Datum:
24.2.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2021:U.240221.XIR15.19.0
Normen:
§ 10 Abs 1 S 1 UStG 2005
§ 10 Abs 1 S 2 UStG 2005
§ 10 Abs 1 S 3 UStG 2005
Art 73 EGRL 112/2006
§ 1 Abs 1 Nr 1 UStG 2005
UStG VZ 2015
Art 267 Abs 3 AEUV
Spruchkörper:
11. Senat

Leitsatz

Trägt im Rahmen einer Warenlieferung mit “0 %-Finanzierung” der liefernde Unternehmer die Kosten der Finanzierung des Kaufpreises durch einen Dritten (Kreditinstitut) in der Weise, dass das Kreditinstitut im Rahmen der Auszahlung an den Unternehmer vom Darlehensbetrag die Zinsen einbehält und der Kunde in Raten den Kaufpreis an das Kreditinstitut zahlt, mindern die einbehaltenen Zinsen das Entgelt der Warenlieferung des Unternehmers an den Kunden auch dann nicht, wenn der Unternehmer in der Rechnung gegenüber dem Kunden angibt, er gewähre ihm einen Nachlass in Höhe der Zinsen.

Verfahrensgang

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 12. Februar 2019, Az: 1 K 384/17, Urteil

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 12.02.2019 – 1 K 384/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.
1
Streitig ist, ob die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage aus Warenverkäufen im Zusammenhang mit sog. 0 %-Finanzierungen um die an ein finanzierendes Kreditinstitut entrichteten Finanzierungsentgelte zu mindern ist.
2
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, gehört einer Unternehmensgruppe an und betreibt einen Einzelhandel. Sie bietet im Rahmen von Warenverkäufen eine sog. 0 %-Finanzierung an, bei der die Kunden trotz Ratenzahlung insgesamt nur den Kaufpreis der Waren, den sie auch bei einer sofortigen Barzahlung entrichtet hätten, zahlen. Grundlage dieses Angebots ist ein “Rahmenvertrag Kreditvermittlung” zwischen der … GmbH & Co. KG (X), die zu 100 % an der Klägerin beteiligt ist, und der … Bank (Bank). Die Bank ist zur Übernahme aller vermittelten Neufinanzierungen an Endverbraucher aus Warenverkäufen von X verpflichtet, wobei X die Kreditvermittlung durch Einschaltung der jeweiligen Verkaufshäuser, u.a. der Klägerin, übernimmt. Die Darlehensverträge werden unmittelbar zwischen den Darlehensnehmern (Kunden) und der Bank geschlossen. Bei der Vermittlung eines Standardkredits mit einem Basiszinssatz von eff. 3,50 % p.a. erhält X eine Provision von der Bank. Vermittelt X ein “Sonderzinsdarlehen” (“0 %-Finanzierung”, d.h. bei einem Kundenzins von 0,0 %), bei dem der Basiszinssatz ebenfalls eff. 3,50 % p.a. beträgt, ist X zur Zahlung einer “Subvention” an die Bank verpflichtet. Die Auszahlung der jeweiligen Darlehensvaluta erfolgt abzüglich der sog. Subvention an X, hier an die Klägerin.
3
Kaufverträge der Klägerin mit ihren Kunden mit einer “0 %-Finanzierung” wurden zum Barzahlungsbetrag (Kaufpreis) abgeschlossen. Über diesen Betrag erteilte die Klägerin gegenüber dem Kunden eine Rechnung, in der jeweils der Nettobetrag und die darauf entfallende Umsatzsteuer ausgewiesen war. Zusätzlich enthielt die Rechnung den Hinweis auf die Zahlungsart “Finanzkauf – 0 %”, wobei der Finanzierungsbetrag dem Gesamtbetrag entsprach, sowie folgenden Passus: “Als Nachlass gewähren wir die seitens der finanzierenden Bank erhobenen Zinsen. Diese belaufen sich auf einen Betrag von EUR… . Vereinbarungsgemäß zahlen wir den als Nachlass gewährten Betrag direkt an die finanzierende Bank. Ein Anspruch auf Barauszahlung des Nachlasses besteht nicht.”
4
In den Abrechnungen zu den Darlehensverträgen zwischen den Kunden und der Bank wurden der Gesamtkaufpreis als Darlehensbetrag und der Jahreszins mit “eff. 0,00 %” angegeben. Die Bank zahlte die jeweilige Darlehensvaluta gekürzt um die Subvention an die Klägerin aus.
5
Am 18.05.2016 gab die Klägerin für das Jahr 2015 (Streitjahr) eine Umsatzsteuererklärung ab, die gemäß § 168 Satz 1 der Abgabenordnung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorhalt der Nachprüfung gleichstand; darin folgte sie der Rechtsauffassung einer Außenprüfung für die Vorjahre, dass die Bemessungsgrundlage der mittels der Sonderzinsdarlehen finanzierten Lieferungen nicht um die jeweilige Subvention zu kürzen sei.
6
Der am 06.09.2016 eingereichten berichtigten Umsatzsteuerjahreserklärung, in der die Klägerin die Bemessungsgrundlage um die jeweilige Subvention gekürzt hatte, stimmte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) zunächst zu. Mit Änderungsbescheid vom 15.11.2016 setzte das FA die Umsatzsteuer für das Streitjahr jedoch wieder unter Berücksichtigung der ungekürzten Bemessungsgrundlage fest. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 07.02.2017).
7
Das Finanzgericht (FG) wies mit Urteil vom 12.02.2019 – 1 K 384/17 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1560) die Klage ab. Die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage der Warenverkäufe im Zusammenhang mit “0 %-Finanzierungen” sei nicht um die Finanzierungsentgelte zu mindern.
8
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine unzutreffende Auslegung des § 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (UStG a.F.). Gegenleistung für den Erhalt der Ware sei nicht der ursprüngliche Verkaufspreis, sondern der um das von der Klägerin übernommene Finanzierungsentgelt geminderte Betrag.
9
Im Gegensatz zu dem Sachverhalt, der dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Primback vom 15.05.2001 – C-34/99 (EU:C:2001:271) zugrunde liege, sei den Kunden die Höhe der Finanzierungskosten, die die Klägerin gegenüber der Bank für den Kunden übernommen habe, und damit die Höhe des seitens der Klägerin gewährten Nachlasses jeweils ausdrücklich mitgeteilt worden.
10
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung vom 07.02.2017 und den Umsatzsteuerbescheid für 2015 vom 15.11.2016 aufzuheben.
11
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.


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