Aktenzeichen IV R 30/09
§ 33 BewG 1991
§ 34 Abs 1 BewG 1991
§ 47 S 1 BewG 1991
§ 125 Abs 2 S 1 BewG 1991
§ 125 Abs 2 S 2 BewG 1991
§ 125 Abs 3 BewG 1991
§ 4 EStG 1997
§ 13 Abs 2 Nr 2 EStG 1997
§ 4 Abs 4 EStG 1997
§ 57 Abs 3 EStG 1997
§ 7g Abs 2 Nr 1 Buchst b EStG 1997
§ 7g Abs 2 Nr 2 Buchst a EStG 1997
§ 7g Abs 3 S 1 EStG 1997
§ 7g Abs 3 S 3 Nr 2 EStG 1997
Leitsatz
NV: Der Umfang des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ist für die Wertgrenze bei Sonder- und Ansparabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe einkommensteuerrechtlich zu bestimmen. Der im Einheitswert enthaltene Wohnwert ist daher nach § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. nicht zu berücksichtigen, wenn der Wohnteil ertragsteuerlich zum Privatvermögen gehört.
Verfahrensgang
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 28. August 2008, Az: 3 K 497/05, Urteil
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs. Den Gewinn ermittelt er durch Betriebsvermögensvergleich für den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. Juni (landwirtschaftliches Normalwirtschaftsjahr gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Der Wohnteil (§ 34 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes –BewG–) befindet sich nicht im Betriebsvermögen.
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Der Kläger nahm in den Wirtschaftsjahren 1999/2000 bis 2001/2002 Abschreibungen nach § 7g EStG vor.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) folgte dem zunächst und erließ für die Streitjahre (1999 bis 2001) entsprechende Einkommensteuerbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen.
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Der Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers war auf den 1. Januar 1999 mit 198.700 DM festgestellt worden (Wirtschaftswert 164.768 DM, Wohnungswert 33.954 DM). Am 13. Mai 2003 nahm das FA eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar 2000 vor und stellte den Einheitswert auf 244.900 DM fest; davon entfielen auf den Wirtschaftswert 168.933 DM und auf den Wohnungswert 76.013 DM.
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Eine Betriebsprüfung, die die Wirtschaftsjahre 1999/2000 bis 2001/2002 umfasste, führte zu Änderungen der Besteuerungsgrundlagen. U.a. aktivierte der Prüfer nachträgliche Herstellungskosten eines Deckhengstes in Höhe von 6.025 DM im Wirtschaftsjahr 1999/2000. In den Wirtschaftsjahren 2000/2001 und 2001/2002 erkannte er die Sonder- und Ansparabschreibungen nach § 7g EStG nicht mehr an, weil der Einheitswert auf den 1. Januar 2000 die Grenze von 240.000 DM gemäß § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG in der für die Streitjahre gültigen Fassung (EStG a.F.) überschritten habe.
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Gegen die entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2001 erhob der Kläger Einspruch. Er machte geltend, die Einheitswertgrenze für die Inanspruchnahme des § 7g EStG sei nicht überschritten, weil der Einheitswert, soweit er auf die zum Privatvermögen gehörende Wohnung entfalle (Wohnungswert), nicht zu berücksichtigen sei. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück, ging dabei aber von folgendem Einspruchsbegehren aus:
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1999/2000
2000/2001
2001/2002
Sonderabschreibung
(§ 7g Abs. 1 EStG)
6.025,00 DM
55.115,00 DM
24.637,00 €
Ansparabschreibung
(§ 7g Abs. 3 EStG)
195.200,00 DM
81.806,70 €
Summe
6.025,00 DM
250.315,00 DM
106.443,70 €
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Die Klage, in der der Kläger die in der Einspruchsentscheidung genannten Zahlen übernahm, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, der Einheitswertbescheid sei für die Frage, ob eine Sonderabschreibung geltend gemacht werden könne, Grundlagenbescheid nach § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung. Ob er auch für die Ansparabschreibung Bindungswirkung entfaltete, könne dahinstehen. Jedenfalls sei er nach der Absicht des Gesetzgebers für die Beurteilung, ob der Betrieb die Größenmerkmale des § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG erfülle, heranzuziehen. Der Einheitswert umfasse nach § 33 Abs. 2 BewG auch die Wohngebäude. Dem stehe nicht entgegen, dass Wohngebäude bei der Ermittlung des Betriebsvermögens (§ 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG) oder des Ersatzwirtschaftswerts (§ 57 Abs. 3 EStG i.V.m. § 125 BewG) außer Betracht blieben. Der Gesetzgeber habe in § 7g Abs. 2 EStG in der seit 1997 geltenden Fassung nur für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ausdrücklich am Einheitswert festgehalten (Urteil des FG Düsseldorf vom 15. Juli 2002 7 K 5423/99 E, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2005, 28). Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Einerseits sei die unterschiedliche Behandlung durch das für die Land- und Forstwirtschaft abweichende Bewertungssystem bedingt. Andererseits sei es dem Gesetzgeber freigestellt, unterschiedliche Wirtschaftszweige unterschiedlich zu behandeln (Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2005, 28; Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A Rz 1371 und Rz 1376a).
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Dagegen richtet sich die Revision des Klägers. Die Wertgrenze des § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. sei nicht überschritten worden, weil nur der Wirtschaftswert, nicht der Wohnungswert zu berücksichtigen sei. Zwar sei in den Streitjahren der “Einheitswert des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft” maßgebend gewesen, während es nach der Neufassung der Vorschrift nur noch auf den Wirtschaftswert ankomme. Der einkommensteuerrechtliche Betriebsbegriff weiche jedoch sowohl hinsichtlich des Betriebs als solchen als auch für den Umfang des Betriebs und für die Frage, ob einzelne Wirtschaftsgüter Betriebs- oder Privatvermögen seien, von der Einheitsbewertung und den Grundsätzen für die Bildung des Ersatzwirtschaftswerts ab. Die Ungleichbehandlung in den Streitjahren sei jedenfalls dann nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, wenn der Wohnteil, unabhängig davon, ob es sich ertragsteuerrechtlich um Betriebsvermögen handele oder nicht, in die Ermittlung der Wertgrenze einbezogen werde. Deshalb und im Hinblick auf den Förderungszweck des § 7g EStG mit seinen betriebsbezogenen Größenmerkmalen sei es sachgerechter, den Umfang des Betriebs nach Einkommensteuerrecht zu bestimmen, während es für die Bewertung auf das Bewertungsrecht (Wirtschaftswert oder Ersatzwirtschaftswert) ankomme.
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Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil sowie den Einspruchsbescheid vom 28. Oktober 2005 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2001 vom 19. Juli 2004 in der Weise zu ändern, dass für das Wirtschaftsjahr 1999/ 2000 eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG in Höhe von 6.025 DM, für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG in Höhe von 55.115 DM und eine Ansparabschreibung in Höhe von 195.200 DM sowie für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG in Höhe von 24.637 € und eine Ansparabschreibung in Höhe von 81.806,70 € in Abzug gebracht werden und die Einkommensteuer dementsprechend herabgesetzt wird.
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Das FA beantragt,
die Revision abzuweisen.
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Es weist darauf hin, dass die Versagung der Sonder- und Ansparabschreibungen nach § 7g EStG wegen Überschreitung der Einheitswertgrenze, gegen die sich der Kläger wende, lediglich die folgenden Auswirkungen auf den Gewinn habe:
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2000/2001
2001/2002
Sonderabschreibung (§ 7g Abs. 1)
44.400,00 DM
4.692,00 €
Ansparabschreibung (§ 7g Abs. 3)
195.200,00 DM
Folgeänderung der degressiven Absetzung für Abnutzung
– 767,46 €
Summe
239.600,00 DM
3.924,54 €
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Der Kläger stimmt der Berechnung zu, macht jedoch geltend, dass das FA die Kosten, soweit sie durch den überhöhten Antrag verursacht seien, jedenfalls nach § 137 der Finanzgerichtsordnung (FGO) tragen müsse, weil es diese Zahlen selbst in das Verfahren eingeführt habe.
Entscheidungsgründe
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II. A. Die Revision des Klägers ist unzulässig, soweit sie gegen die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 1999 gerichtet ist, weil sie den Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 FGO nicht genügt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 24. November 1994 IV R 25/94, BFHE 176, 379, BStBl II 1995, 318, unter 1. der Gründe). Denn der Kläger hat insoweit eine Rechtsverletzung nicht geltend gemacht. Seine Einwendungen gegen die Versagung der Sonder- und Ansparabschreibungen nach § 7g EStG wirken sich auf die Einkommensteuer 1999 nicht aus. In einem Fall teilweiser Unzulässigkeit der Revision kann der BFH über die Revision einheitlich durch Urteil entscheiden (vgl. BFH-Urteile vom 8. März 2007 IV R 41/05, BFH/NV 2007, 1813, unter II.B.1. der Gründe, sowie vom 17. Februar 1971 I R 148/68, BFHE 101, 509, BStBl II 1971, 411, unter II. der Gründe; vom 15. Dezember 1966 IV 126/64, BFHE 88, 13, BStBl III 1967, 252).
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B. Die Revision des Klägers gegen die Festsetzungen der Einkommensteuer für die Streitjahre 2000 und 2001 ist begründet, soweit diese auf der Versagung der Sonder- und Ansparabschreibungen nach § 7g EStG wegen der Überschreitung der Einheitswertgrenze beruhen. Das angefochtene Urteil war insoweit aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Der Wert des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers hat die nach § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. maßgebliche Grenze für die Inanspruchnahme der Sonder- und Ansparabschreibungen nicht überschritten.
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1. Der im Einheitswert des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft erfasste Wohnteil ist für die Wertgrenze nach § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. nicht zu berücksichtigen, wenn er ertragsteuerlich nicht zum Betriebsvermögen, sondern zum Privatvermögen gehört. Der Umfang des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft, auf dessen Einheitswert die Vorschrift Bezug nimmt, ist insoweit einkommensteuerrechtlich zu bestimmen.
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a) Nach § 7g Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. können die Sonderabschreibungen nur in Anspruch genommen werden, “wenn … (b) der Einheitswert des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft, zu dessen Anlagevermögen das Wirtschaftsgut gehört, im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts nicht mehr als 240.000 DM beträgt”. Gleiches gilt nach § 7g Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 EStG a.F. auch für die Bildung der Rücklage nach § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG a.F. (Ansparabschreibung).
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b) Nach § 34 Abs. 1 BewG umfasst ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bewertungsrechtlich den Wirtschaftsteil und den Wohnteil. Der Wirtschaftswert und der Wert für den Wohnteil (Wohnungswert gemäß § 47 Satz 1 BewG) bilden zusammen den Einheitswert des Betriebs (§ 48 BewG). Unter Geltung der Nutzungswertbesteuerung (bis zum 31. Dezember 1986 mit Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 1998; vgl. § 52 Abs. 15 EStG i.d.F. des Wohneigentumsförderungsgesetzes vom 15. Mai 1986, BGBl I 1986, 730, BStBl I 1986, 278) –und damit bei Einführung des § 7g EStG– stimmte die einkommensteuerrechtliche Zuordnung der Wohnung des Land- und Forstwirts grundsätzlich mit der bewertungsrechtlichen überein (vgl. Leingärtner/Kanzler, Besteuerung der Landwirte, Kap. 17 Rz 7). Der Nutzungswert der Wohnung des Land- und Forstwirts war nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG damaliger Fassung den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen; die Wohnung gehörte daher grundsätzlich zum notwendigen Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (vgl. BFH-Urteil vom 17. Januar 1980 IV R 33/76, BFHE 129, 543, BStBl II 1980, 323, unter 3. der Gründe). Seit der Abschaffung der Nutzungswertbesteuerung und dem Auslaufen der Übergangsregelung kommt eine Besteuerung des Nutzungswerts mit der Folge, dass die Wohnung weiterhin Betriebsvermögen ist, nur noch ausnahmsweise bei Baudenkmalen in Betracht (vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 EStG n.F.). Die Wohnung des Land- und Forstwirts und/oder Altenteilers gehört daher grundsätzlich zum Privatvermögen; die einkommensteuerrechtliche Abgrenzung des Betriebs weicht seither von der bewertungsrechtlichen ab.
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c) Der Wortlaut des § 7g Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F., in der die Begriffe “Einheitswert” und “des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft” unmittelbar aufeinander folgen, legt die –von FA und FG zu Grunde gelegte– Auslegung nahe, dass die Abgrenzung des Betriebs wie die Ermittlung des Einheitswerts nach bewertungsrechtlichen Vorschriften erfolgen muss. Denn lässt man den Wohnungswert in Fällen, in denen ein Wohnteil vorhanden ist, außer Ansatz, ergibt sich daraus zwangsläufig eine Abweichung von dem festgestellten Einheitswert. Für die uneingeschränkte Anknüpfung an den Einheitswert lässt sich außerdem ein gewisser Vereinfachungseffekt durch die unbesehene Übernahme des Einheitswerts anführen (vgl. Felsmann, a.a.O., A Rz 1376a).
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d) Der Wortlaut der Vorschrift lässt jedoch auch die Auslegung zu, dass das Vorliegen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft sowohl dem Grunde als auch dem Umfang nach einkommensteuerrechtlich (nach §§ 7g, 13 ff. EStG) zu beurteilen ist. Das zeigt der im Gesetzestext auf die Worte “Betriebs der Land- und Forstwirtschaft” folgende Relativsatz, wonach das begünstigte Wirtschaftsgut “zu dessen Anlagevermögen” gehören muss. Denn § 7g EStG gilt nur für land- und forstwirtschaftliche Betriebe i.S. der §§ 7g, 13 ff. EStG, wie sich aus dem Regelungszusammenhang ergibt. Daraus können sich anerkanntermaßen Abweichungen von der Einheitswert-Feststellung für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gemäß §§ 33 ff. BewG ergeben. Anhaltspunkte dafür, dass die Fragen, ob ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegt und welchen Umfang dieser hat, im Zusammenhang mit der Einheitswertgrenze anders zu beurteilen sein könnten als im Zusammenhang mit den übrigen Fördervoraussetzungen, ergeben sich aus der Vorschrift nicht; eine solche Auslegung wäre auch nicht folgerichtig.
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aa) Dem Grunde nach gilt § 7g EStG nicht für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft i.S. der §§ 33 ff. BewG, bei denen es sich einkommensteuerrechtlich um Privatvermögen handelt, wie z.B. verpachtete Betriebe, die nicht oder nicht mehr in Betriebsvermögen gehalten werden. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Verbleibensvoraussetzung (§ 7g Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG a.F.) den Begriff “Betrieb” unter Berufung auf den Sinn und Zweck der Vorschrift dahin ausgelegt, dass es sich um einen “aktiven” Betrieb handeln muss (BFH-Urteil vom 27. September 2001 X R 4/99, BFHE 196, 563, BStBl II 2002, 136, unter II.2.b der Gründe). Der Einheitswert des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ist daher dem Grunde nach auch in solchen Fällen nicht maßgeblich, in denen ein Betrieb i.S. der §§ 13 ff. EStG verpachtet ist oder aus sonstigen Gründen ruht. Entsprechendes gilt für Betriebe, die in dem Wirtschaftsjahr, für das die Begünstigung in Anspruch genommen wird, neu errichtet wurden, so dass es an der Feststellung eines Einheitswerts fehlt (vgl. Blümich/ Brandis, § 7g EStG Rz 87; Lambrecht, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 7g Rz C 12).
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bb) Auch die Frage, welche Wirtschaftsgüter dem Betrieb i.S. des § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. zugeordnet sind, entscheidet sich letztlich nicht nach §§ 19, 33 ff. BewG, sondern nach §§ 4 ff., 13 ff. EStG. So ist eine Aufteilung des Einheitswerts erforderlich, wenn darin Flächen enthalten sind, die Ehegatten gemeinsam gehören (§ 26 BewG), obwohl nur ein Ehegatte landwirtschaftlicher Unternehmer ist (vgl. Felsmann, a.a.O., A Rz 1373b; ebenso zum Wirtschaftswert nach § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG n.F. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen –BMF– vom 8. Mai 2009 IV C 6 – S 2139 – b/07/10002, BStBl I 2009, 633 Tz. 10). Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im ertragsteuerlichen Sinn mehrere Einheitswerte festgestellt wurden, wenn gewillkürtes Betriebsvermögen vorhanden ist, das bewertungsrechtlich nicht im (selben) Betrieb der Land- und Forstwirtschaft erfasst wurde, z.B. weil es als Grundvermögen oder als Stückländerei bewertet wurde (zu Unterschieden vgl. R 4.2 Abs. 13 der Einkommensteuer-Richtlinien). Einschränkungen gelten auch für Betriebe in den neuen Bundesländern, wie der Kläger ebenfalls zu Recht geltend gemacht hat. Anstelle des Einheitswerts des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft gilt in solchen Fällen der Ersatzwirtschaftswert (§ 57 Abs. 3 EStG), bei dessen Ermittlung auch solche selbstgenutzte Wirtschaftsgüter einbezogen werden, die nicht im Eigentum des Nutzers stehen (§ 125 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG). Solche Wirtschaftsgüter werden jedoch bei der Ermittlung der Wertgrenze des § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. durch Umrechnung des Ersatzwirtschaftswerts auf die Eigentumsflächen ausgeschieden (BMF-Schreiben vom 13. Februar 1998 IV B 3 – S 2183 b – 1/98, Finanz-Rundschau 1998, 398).
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e) Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift rechtfertigt es nicht, den Wert der Wohnung auch dann in die Wertgrenze des § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. einzubeziehen, wenn diese einkommensteuerrechtlich im Privatvermögen gehalten wird.
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aa) Die Anknüpfung an den Einheitswert (und das Gewerbekapital) diente bei Einführung der Regelung durch das Steuerentlastungsgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1983, 1583) dazu, die Förderung auf kleine und mittlere Betriebe zu konzentrieren (vgl. BTDrucks 10/336, S. 26). Zu dieser Zeit stimmte die einkommensteuerrechtliche Beurteilung der Wohnung des Landwirts noch mit der bewertungsrechtlichen überein (siehe oben unter II.B.1.b).
26
bb) Das Festhalten an der Einheitswertgrenze und die Anknüpfung an den Ersatzwirtschaftswert in den neuen Ländern im Jahressteuergesetz 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I 1996, 2049 – nach Abschaffung der Nutzungswertbesteuerung, aber vor Auslaufen der Übergangsregelung) wurde damit begründet, dass nur diese Werte flächendeckend vorlagen (vgl. BTDrucks 13/4839, S. 77). Eine Entscheidung über die zu dieser Zeit bereits mögliche Frage, ob der Wohnungswert auch dann berücksichtigt werden sollte, wenn die Wohnung einkommensteuerrechtlich nicht zum Betriebsvermögen gehörte, sondern Privatvermögen darstellte, sollte damit ersichtlich nicht getroffen werden.
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cc) Erst mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) wurde einem Vorschlag des Bundesrates entsprechend die Anknüpfung an den Einheitswert in § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG n.F. durch die nunmehr maßgebliche Bezugnahme auf den Wirtschaftswert ersetzt. Der Bundesrat hat seinen Vorschlag folgendermaßen begründet: “Da die Förderung durch Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen eine betriebsbedingte Steuervergünstigung darstellt, sollte sich die Obergrenze auf ausschließlich betriebliche Kennzahlen beziehen. Der Einheitswert aber beinhaltet auch den (privaten) Wohnungswert, so dass der Wirtschaftswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs die zielführende Bezugsgröße ist. Je nach Größe und Ausstattung des Wohnhauses kann sich bei Bezug auf den Einheitswert die Obergrenze von 125.000 € um bis zu 50 Prozent verringern und schließt dann selbst schon eher kleine Betriebe mit 30 bis 50 ha von der Inanspruchnahme der Förderung kleiner und mittlerer Betriebe … aus. Im Übrigen wird auch eine Gleichstellung mit gewerblichen Betrieben hergestellt, bei denen ebenfalls nur das Betriebsvermögen die Bezugsgröße darstellt” (BTDrucks 16/5377, S. 11). Daraus lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber den Wohnungswert in der Vergangenheit auch dann einbeziehen wollte, wenn er im Privatvermögen gehalten wurde. Es liegt vielmehr näher, dass zuvor das seit Auslaufen der Nutzungswertbesteuerung mögliche Auseinanderfallen von einkommensteuerrechtlicher und bewertungsrechtlicher Zuordnung nicht beachtet wurde.
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f) Sinn und Zweck des § 7g EStG rechtfertigen es nicht, die Begünstigung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs deshalb zu versagen, weil die dem Privatvermögen zugehörige Wohnung bewertungsrechtlich im Einheitswert des Betriebs mit erfasst wurde. Denn die Größe der Wohnung steht in diesen Fällen in keinem relevanten Zusammenhang mit der Größe und/oder der Leistungsfähigkeit des Betriebs. Es ist deshalb nicht folgerichtig, den Wohnungswert (mit) zur Abgrenzung der förderungswürdigen Klein- und Mittelbetriebe heranzuziehen. Außerdem führt –wie der Kläger zu Recht geltend macht– ihre Einbeziehung in die Einheitswertgrenze des § 7g EStG zu einer sachlich nicht begründbaren Ungleichbehandlung sowohl gegenüber solchen Betrieben, in denen mangels entsprechender Betriebsleiterwohnung ein Wohnungswert nicht angesetzt wird, als auch gegenüber solchen Fällen, in denen kraft Gesetzes ein Wohnungswert nicht berücksichtigt wird (§ 57 Abs. 3 EStG i.V.m. § 125 Abs. 3 BewG bei der Ermittlung des Ersatzwirtschaftswerts in den neuen Bundesländern).
29
g) Demgegenüber können weder Vereinfachungsgründe noch notwendige Unschärfen, wie sie mit jeder allgemeinen Regelung verbunden sind, eine Einbeziehung des Wohnungswerts in die für § 7g Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. maßgebliche Wertgrenze rechtfertigen.
30
aa) Zum einen können die damit verbundenen Verzerrungen ein solches Ausmaß annehmen, dass sie nicht mehr als unvermeidliche Unschärfen hingenommen werden können. Dies zeigt der Streitfall. Der Gesetzgeber ist bei der Neuregelung sogar von einer Verringerung der maßgeblichen Obergrenze um bis zu 50 % ausgegangen (siehe oben unter II.B.1.e cc).
31
bb) Zum anderen lassen sich der Wirtschaftswert und ein ggf. bei der Feststellung des Einheitswerts berücksichtigter Wohnungswert ohne Weiteres dem jeweiligen Einheitswertbescheid entnehmen. Dementsprechend knüpft die Neuregelung in § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG n.F. auch nicht mehr an den Einheitswert, sondern an den Wirtschaftswert an.
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cc) Aus dem Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2005, 28 ergibt sich nichts anderes. Denn diese Entscheidung betrifft die Frage der unterschiedlichen Behandlung von Gewerbebetrieben einerseits und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben andererseits, nicht jedoch die vorliegend entscheidungserhebliche Frage der Einbeziehung von Privatvermögen in die für die Förderung kleiner und mittlerer Betriebe maßgebliche Wertgrenze.
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2. Das FG ist von einer anderen Beurteilung ausgegangen. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Der Höhe nach stehen die Änderungen wegen der vom FA bisher nicht anerkannten Sonder- und Ansparabschreibungen nach § 7g EStG nicht im Streit. Der Senat entscheidet daher in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die angefochtenen Bescheide sind entsprechend zu ändern. Die Neuberechnung der Einkommensteuer nach Maßgabe der Entscheidungsgründe wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Soweit der Kläger geltend macht, dem FA seien die Kosten auch insoweit aufzuerlegen, als die Revision wegen des zu weit gefassten Antrags keinen Erfolg hat, folgt ihm der Senat nicht. Für die Revisionsanträge und deren Begründung (§ 120 Abs. 3 FGO) ist derjenige verantwortlich, der die Revision eingelegt hat. Im Streitfall können daran weder die –ohne Berücksichtigung der beigefügten Anlagen– missverständliche Abfassung der Textziffern 16 und 18 des Betriebsprüfungsberichts noch die unzutreffende Wiedergabe des Einspruchsbegehrens in der Einspruchsentscheidung etwas ändern, die der –durch einen fachkundigen Berater vertretene– Kläger offenbar ungeprüft übernommen und fortgeführt hat. Für eine abweichende Kostenentscheidung nach § 137 FGO ist bei dieser Sachlage kein Raum.