Steuerrecht

Zur Zulässigkeit einer Klage bei mangelnder Klagebefugnis und Unbestimmtheit des Klagebegehrens

Aktenzeichen  M 1 K 16.641

Datum:
22.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 42, § 82, § 91

 

Leitsatz

Einem Kläger, der weder Adressat des streitgegenständlichen Bescheides noch sonst von ihm betroffen ist, fehlt die Klagebefugnis. (redaktioneller Leitsatz)
Eine Klage ist unzulässig, wenn der Gegenstand des Klagebegehrens nicht benannt wird und er sich auch nicht durch Auslegung ermitteln lässt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2016 entschieden werden, obwohl die Klägerin nicht erschienen ist.
1. Ausweislich der Zustellungsurkunde wurde sie am 30. Mai 2016 form- und fristgerecht zur mündlichen Verhandlung geladen. Die Ladung enthielt den Hinweis, dass auch im Falle des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
2. Eine Verlegung des Termins war weder aufgrund des Antrags der Klägerin noch von Amts wegen angezeigt. Eine Terminsverlegung setzt gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 227 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) voraus, dass hierfür erhebliche Gründe vorliegen. Hierunter sind solche Umstände zu verstehen, die auch und gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des im Falle der Aufhebung bzw. Verlegung des Termins berührten Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots erfordern. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist (§ 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO), die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt (§ 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO) und das Einvernehmen der Parteien allein (§ 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZPO).
Hiernach kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte mit der Terminsverlegung einverstanden war. Die Klägerin war nicht ohne ihr Verschulden am Erscheinen zur mündlichen Verhandlung verhindert. Die Berufung darauf, dass es sich um „Heutage“ handele und die Zeit zum Heumachen benötigt werde, stellt unter Berücksichtigung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots keinen erheblichen Grund i. S. d. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 227 Abs. 1 ZPO dar. Eine Ladung zu einem gerichtlichen Termin wird des Öfteren mit einer Umorganisation des üblichen Tagesablaufs verbunden sein, ohne dass hieraus ein erheblicher Grund zur Terminsverlegung folgt. Es handelte sich um einen Termin, der um 9.00 Uhr morgens angesetzt war und für den voraussichtlich nicht länger als eine Stunde veranschlagt werden musste. Es ist nicht ersichtlich, dass die Vertreterin der Klägerin, Frau …, für diese Zeit, auch bei einer An- und Abreise zum und vom Gericht von jeweils eineinhalb bis zwei Stunden, auf dem Bauernhof unter keinen Umständen entbehrlich sein soll. Insbesondere erschließt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht fundiert, warum das Heumachen nicht um einen halben Tag nach hinten hätte verschoben werden können.
II.
Die Klage hat keinen Erfolg, da sie bereits unzulässig ist.
1. Die Klage ist in ihrem Antrag zu 1) unzulässig.
a) Soweit sich die Klägerin gegen den gegenüber Herrn … erlassenen Bescheid vom 4. Februar 2016 wendet, fehlt es ihr am Rechtsschutzbedürfnis i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO. Denn die Klägerin ist weder Adressatin des Bescheids noch sonst von dem angegriffenen Bescheid betroffen. Sie kann damit schon nicht die Verletzung eines subjektiven Rechts geltend machen.
Des Weiteren mangelt es am Rechtsschutzbedürfnis, da der Bescheid vom 4. Februar 2016 durch Bescheid vom 15. Februar 2016 aufgehoben wurde.
b) Soweit die Klägerin mit Schreiben vom … Juni 2016 ihren Klageantrag geändert hat, ist die Klageänderung unzulässig, § 91 Abs. 1 VwGO. Denn der Beklagte hat der Klageänderung nicht zugestimmt und die Klageänderung ist auch nicht sachdienlich. Die Sachdienlichkeit ist objektiv im Hinblick auf die Prozesswirtschaftlichkeit zu beurteilen. Sie ist anzunehmen, wenn der bisherige Streitstoff eine verwertbare Entscheidungsgrundlage bleibt und/oder die Zulassung die endgültige Beilegung des Streites fördert und einen neuen Prozess vermeidet (Wolff in Posser/Wolff, Beck-OK VwGO, § 91 Rn. 26). Dies ist hier nicht der Fall. Der von der Klägerin neu eingebrachte Streitstoff betreffend die Bebaubarkeit der Grundstücke FlNr. 1099/1 und 1099/2 hat nichts mit dem gegen … ergangenen Bescheid auf Grundlage des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes zu tun. Der bisherige Streitstoff bleibt also keine verwertbare Entscheidungsgrundlage, vielmehr ändert sich die eigentliche Beurteilungslage wesentlich. Die Klageänderung ist daher unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit nicht sachdienlich und damit unzulässig.
2. Die Klage ist in ihrem Antrag zu 2) ebenfalls unzulässig.
Es scheitert schon an der Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Klagebegehrens. Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO muss die Klage neben dem Kläger und dem Beklagten den Gegenstand des Verfahrens bezeichnen. Hinsichtlich des Klagegegenstands bedarf es zwar keiner exakten Bezeichnung des Streitgegenstands im prozessrechtlichen Sinn, aus den Schreiben oder diesen beigefügten Unterlagen muss sich jedoch erkennen lassen, um was es der Klägerin geht. Wird der Gegenstand des Klagebegehrens nicht benannt, oder lässt er sich auch nicht durch Auslegung ermitteln, ist die Klage unzulässig (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 82 Rn. 6). Vorliegend begehrt die Klägerin, dass der land- und forstwirtschaftliche Betrieb „…“, … von Anfang an und künftig vom Landratsamt weder als Gewerbe noch als Hobby erfasst wird. Begründet wird dies mit dem Halten zweier Kühe sowie mit den Eigentumsverhältnissen an der „…“ und damit, dass es sich beim Umbau dieses Gebäudes um einen Schwarzbau handele. Zwar bedarf es für die Zulässigkeit der Klage nicht zwingend eines bestimmten Antrags (vgl. § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Allerdings lässt sich vorliegend dem Vorbringen der Klägerin nicht konkret entnehmen, was sie vom Beklagten begehrt. Es ist nicht ersichtlich, in welchem Zusammenhang – etwa in Bezug auf das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz oder auf Bauordnungsrecht – das Landratsamt den Betrieb „…“ nicht als Gewerbe oder Hobby erfassen soll. Es könnte sich aber auch um ein finanzrechtliches Begehren handeln. Außerdem ist nicht klar, ob es der Klägerin tatsächlich um die Nichterfassung des Betriebs als Hobby oder Gewerbe oder nicht vielmehr um die Klärung der Eigentumsverhältnisse an der „…“ geht. Ebenso unklar bleibt, ob sich die Klägerin gegen einen von ihr angenommenen Schwarzbau wenden wollte. Auch die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2016 erbrachte keinen Aufschluss darüber, welches Klageziel von der Klägerin mit ihrem Antrag zu 2) verfolgt wird, so dass die Klage insoweit unzulässig ist.
Darüber hinaus fehlt es an der Klagebefugnis der Klägerin. § 42 Abs. 2 VwGO ist auch im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage anzuwenden (Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 42 Rn. 62, 371). Die Klägerin trägt selbst vor, dass der land- und fortwirtschaftliche Betrieb seit jeher von … und … betrieben wird. Es ist daher nicht ersichtlich, inwieweit die Klägerin diesbezüglich selbst einen Klageanspruch geltend machen könnte. Denn es erschließt sich nicht, weshalb die Klägerin durch die Ablehnung einer Handlung betreffend … und … in eigenen Rechten verletzt sein soll.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 178 ff. ZPO.


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