Strafrecht

Anforderungen an Beweiswürdigung zum Vorliegen des Tatentschlusses bei versuchter Brandstiftung

Aktenzeichen  202 StRR 59/21

Datum:
16.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 21208
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 22, § 23, § 53, § 306 Abs. 1 Nr. 5, § 306f Abs. 1 Nr. 3
StPO § 261, § 344 Abs. 2 S. 2, § 353, § 354 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Der Tatrichter hat sich im Rahmen der Beweiswürdigung mit allen für das Tatgeschehen relevanten Tatsachen auseinanderzusetzen und diese in eine Gesamtwürdigung einzustellen. (Rn. 8)
2. Die Beweiswürdigung im Falle des Vorwurfs der versuchten Brandstiftung nach §§ 306 Abs. 1 Nr. 5, 22 StGB ist lückenhaft, wenn der Tatrichter bei der Verneinung des Tatentschlusses außer Acht lässt, dass der einschlägig vorbestrafte Angeklagte eine Affinität zu offenem Feuer hat, zur Befriedigung dieser Neigung Feuer gerade an höchst gefährlicher Stelle, nämlich im Unterholz oder unmittelbar am Waldrand, legt und überdies sogar die weitere Entwicklung des von ihm entfachten Feuers an Ort und Stelle aus der Entfernung beobachtet. (Rn. 24)

Tenor

I. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts vom 22.02.2021 aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt wurde; hiervon ausgenommen sind die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, die aufrechterhalten werden.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die durch die Revision der Staatsanwaltschaft insoweit entstandenen Kosten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
III. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird als unbegründet verworfen.
IV. Soweit die Revision der Staatsanwaltschaft verworfen wurde, fallen die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen ausscheidbaren notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last.
V. Die Revision des Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil wird als unbegründet verworfen.
VI. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

I.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten am 27.10.2020 wegen Brandstiftung in 2 Fällen und versuchter Brandstiftung in 3 Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 8 Monaten verurteilt. Auf seine Berufung hat das Landgericht den Angeklagten am 22.02.2021 wegen Herbeiführens einer Brandgefahr in zwei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die weitergehende Berufung des Angeklagten und die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung der Staatsanwaltschaft wurden verworfen. Mit seiner gegen die Verurteilung durch die Berufungskammer gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit dem Rechtsmittel der Revision, die sie mit der Sachrüge begründet, sowohl gegen die Teilfreisprüche als auch gegen die Verurteilung. Soweit es um die Schuldsprüche wegen Herbeiführens einer Brandgefahr in 2 Fällen geht, erstrebt die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung jeweils wegen versuchter Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 5 StGB.
II.
1. Zur Verurteilung wegen Herbeiführens einer Brandgefahr in 2 Fällen gemäß den §§ 306f Abs. 1 Nr. 3, 53 StGB hat die Berufungskammer folgende Feststellungen getroffen:
a) Am 21.03.2020 entzündete der Angeklagte, der aufgrund eines Urteils vom 30.01.2020, rechtskräftig seit 07.02.2020, wegen Brandstiftung in 3 Fällen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war, gegen 15:00 Uhr neben einem für den öffentlichen Verkehr gesperrten Forstweg im Staatsforst von C., Landkreis C., ein Feuer im Unterholz, das er anschließend auf dem Fahrersitz seines wenige Meter entfernt geparkten Pkws beobachtete. Bei Annäherung eines Spaziergängers entfernte sich der Angeklagte zügig mit seinem Fahrzeug. Das Feuer erlosch nach wenigen Minuten von selbst, sodass es bei einer Brandstelle von ca. 4 m² verblieb und kein materieller Schaden entstand.
b) Am 22.03.2020 entzündete der Angeklagte gegen 18:05 Uhr neben einem für den öffentlichen Verkehr gesperrten geschotterten Weg im Staatsforst auf dem Gemeindegebiet von O., Landkreis L., ein Feuer in einem auf einer Freifläche am Waldrand liegenden Reisighaufen mit einer Ausdehnung von 10 × 10 m. Da die abgelagerten Äste und die Umgebung aufgrund von Regenschauern an den vorangegangenen Tagen durchnässt waren, breitete sich das Feuer über dem Bereich des Reisighaufens nicht aus und konnte schnell von der Feuerwehr gelöscht werden. Davon, dass der Angeklagte beabsichtigte, den Wald als solchen im Brand zu setzen oder dies zumindest billigend in Kauf genommen hatte, ging das Landgericht in beiden Fällen nicht aus. Es stellte jedoch nach sachverständiger Beratung jeweils eine konkrete Brandgefahr fest, die der Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm.
2. Soweit der Angeklagte freigesprochen wurde, lagen ihm vollendete Brandstiftung in 2 Fällen und versuchte Brandstiftung, begangen zwischen dem 18.03.2020 und 23.03.2020, zur Last, wobei wiederum jeweils in Waldgebieten in den Landkreisen C. und L. Feuer gelegt worden war.
III.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. Die Schuldsprüche wegen Brandgefährdung in 2 Fällen gemäß den §§ 306f Abs. 1 Nr. 3, 53 StGB weisen keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf.
1. Die Verurteilung wird von den tatsächlichen Feststellungen getragen und beruht auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht nur der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder überhöhte Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung gestellt wurden (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 20.04.2021 – 1 StR 286/20; 11.03.2021 – 3 StR 316/20; 26.01.2021 – 1 StR 376/20; Beschluss vom 14.04.2021 – 4 StR 91/21, jeweils bei juris; 13.10.2020 – 1 StR 299/20 = NStZ-RR 2021, 24 – jeweils m.w.N.). Derartige Fehler sind dem Landgericht bei der Überzeugungsbildung in Bezug auf die Verurteilung wegen Brandgefährdung zum Nachteil des Angeklagten nicht unterlaufen. Die Tatsachenfeststellungen beruhen auf einer sorgfältigen und rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung, bei der sich die Berufungskammer die Überzeugung von Tathergang und Täterschaft des Angeklagten anhand einer Gesamtwürdigung der Beweismittel und Indizien gebildet hat. Dass sie davon ausgegangen ist, dass der Angeklagte lediglich mit Gefährdungsvorsatz im Sinne des § 306f Abs. 1 StGB und ohne Tatentschluss in Bezug auf die Verwirklichung einer Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 Nr. 5 StGB gehandelt hat, beschwert den Angeklagten nicht.
b) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, das Urteil sei lückenhaft, weil es sich nicht dazu verhält, was die Verteidigerin dem Angeklagten vor der Vorverurteilung empfohlen habe, stellt dies keinen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils dar, weil bereits nicht feststeht, dass der Inhalt solcher Gespräche überhaupt Gegenstand der Hauptverhandlung war, und sich überdies aus der Urteilsurkunde, auf die es mit Blick auf die allein erhobene Sachrüge nur ankommt, eine Lückenhaftigkeit der Urteilsfeststellungen hierzu nicht ergibt.
c) Auch die weiteren Angriffe des Beschwerdeführers gegen die Beweiswürdigung zeigen keine Rechtsfehler auf, sondern erschöpfen sich darin, ein von den Urteilsfeststellungen abweichendes Ergebnis zugrunde zu legen und eine eigene Würdigung der Beweise anstelle des hierzu berufenen Tatgerichts vorzunehmen.
d) Soweit wiederholt auf vermeintliche Widersprüche von in der Berufungshauptverhandlung vernommenen Zeugen zu früheren Vernehmungen hingewiesen wird, kann der Beschwerdeführer mit dem urteilsfremden Vortrag ebenfalls nicht gehört werden, nachdem eine den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechende Verfahrensrüge nicht erhoben ist. Das gleiche gilt, soweit die unterlassene Vernehmung von Zeugen gerügt wird.
2. Auch der Rechtsfolgenausspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
IV.
Die Revision der Staatsanwaltschaft bleibt erfolglos, soweit sie sich gegen die Freisprüche richtet.
1. Auch wenn die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel ausdrücklich nur mit der materiellen Rüge begründet, erhebt sie der Sache nach eine Verfahrensrüge in Form der Nichtausschöpfungsrüge, soweit unter Hinweis auf § 261 StPO beanstandet wird, dass ein in der Hauptverhandlung verlesener Vermerk eines Polizeibeamten nicht verwertet wurde. Die Rüge ist indes unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil der Inhalt des Aktenvermerks nicht vorgetragen wird.
2. Mit der Sachrüge dringt die Revision der Staatsanwaltschaft, soweit sie die Freisprüche durch die Berufungskammer angreift, ebenfalls nicht durch.
a) Der Umstand, dass das landgerichtliche Urteil zu den Freisprüchen nicht explizit darlegt, welche tatsächlichen Feststellungen getroffen wurden, stellt keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar. Zwar entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass auch im Falle des Freispruchs zunächst aufgrund einer geschlossenen Darstellung diejenigen Tatsachen mitzuteilen sind, die der Tatrichter für erwiesen erachtet. Erst dann ist auf dieser Grundlage in der Beweiswürdigung darzulegen, weshalb die zur Verurteilung notwendigen Feststellungen nicht getroffen werden konnten (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 17.03.2021 – 5 StR 273/20; 04.02.2021 – 4 StR 457/20, bei juris; BGH, 27.02.2020 – 4 StR 568/19 = NStZ 2021, 121; 26.07.2017 – 2 StR 132/17 = StraFo 2017, 372; BayObLG, Beschluss vom 24.06.2021 – 202 ObOWi 660/21, bei juris). Jedoch kann dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch hinreichend entnommen werden, dass die Berufungskammer von den Brandlegungen, die Gegenstand der Anklage sind, als solchen ausgegangen ist und sich lediglich nicht davon überzeugen konnte, dass der Angeklagte der Täter war.
b) Auch halten die Erwägungen des Berufungsgerichts, aufgrund derer es sich nicht von der Tatbegehung durch den Angeklagten überzeugen konnte, rechtlicher Überprüfung stand.
aa) Bei einem Freispruch gilt für die Überzeugungsbildung und deren rechtliche Überprüfbarkeit durch das Revisionsgericht nichts anderes als im Falle einer Verurteilung. Damit ist die Nachprüfung aufgrund der Sachrüge darauf beschränkt, ob die Beweiswürdigung zum freisprechenden Erkenntnis widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder überhöhte Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung gestellt werden. Derartige Mängel enthält das Berufungsurteil indes nicht.
bb) Das Landgericht hat sich trotz vorhandener und von ihm in die Überlegungen eingestellter Indizien letztlich nicht von der Täterschaft des Angeklagten zu überzeugen vermocht und dabei die wesentlichen Umstände, die hierfür von Bedeutung sind, berücksichtigt. Es hat insbesondere dem gleichen „modus operandi“ Rechnung getragen und sich aufgrund des Umstands, dass sonst keine weiteren Beweismittel, die wenigstens eine Anwesenheit des Angeklagten in der Nähe des Tatorts zum jeweiligen Tatzeitpunkt belegen könnten, vorhanden sind, keine Überzeugung von der Tatbegehung durch den Angeklagten verschaffen können. Es hat dabei im Rahmen der gebotenen Gesamtschau auch die beiden Taten, wegen der es zur Verurteilung kam, mit in die Überlegungen eingestellt. Dass der Berufungskammer aus dem Blick geraten wäre, dass zwischen den jeweiligen dem Angeklagten zur Last gelegten Tatgeschehen und den abgeurteilten Taten ein enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang bestand, kann schon wegen der genauen Schilderung der verwirklichten Taten einerseits und der weiteren Vorwürfe andererseits ausgeschlossen werden. Gerade aus der zusammenfassenden Bemerkung der Berufungskammer zum Teilfreispruch, wonach sie es durchaus für möglich ansieht, dass der Angeklagte „auch die weiteren Brände gelegt hat“, ergibt sich hinreichend, dass der Zusammenhang mit den abgeurteilten Taten mit in die Gesamtwürdigung einbezogen wurde. Schließlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Strafkammer die einschlägige Vorverurteilung bei ihrer Überzeugungsbildung außer Acht gelassen hat. Hiergegen spricht eindeutig, dass sie bei der Verurteilung der beiden Taten diesen Umstand als zusätzliches Indiz gewertet hat. Die Berufungskammer hat mithin die gegen den Angeklagten sprechenden Indizien erkannt und gerade deswegen die Tatbegehung in den 3 Fällen, in denen der Freispruch erfolgte, auch explizit als möglich bezeichnet, sie konnte sich jedoch mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit von der Täterschaft des Angeklagten nicht überzeugen, was vom Revisionsgericht hinzunehmen ist. Davon, dass die Berufungskammer zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hätte, kann nach alledem nicht die Rede sein.
V.
Allerdings ist die Revision der Staatsanwaltschaft begründet, soweit sie sich dagegen richtet, dass der Angeklagte in den beiden abgeurteilten Fällen lediglich wegen Brandgefährdung nach § 306f Abs. 1 Nr. 3 StGB schuldig gesprochen wurde, nicht aber wegen versuchter Brandstiftung nach §§ 306 Abs. 1 Nr. 5, 22 StGB. Die Beweiswürdigung, mit der sich die Berufungskammer von einem Tatentschluss des Angeklagten zu einer in Brandsetzung des Waldes zumindest in Form des dolus eventualis nicht zu überzeugen vermochte, ist in beiden Fällen lückenhaft und hält daher der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Eine vollendete Brandstiftung wurde allerdings in keinem der beiden Fälle verwirklicht. Zwar fing im Fall III. 1. des Berufungsurteils das Unterholz Feuer. Jedoch erlosch dies nach den Urteilsfeststellungen schon nach wenigen Minuten von selbst. Vollendet ist die Brandstiftung bei Waldungen aber erst dann, wenn Unterholz oder ein Waldbaum so in Brand gesetzt sind, dass sie ohne weiteres Zutun weiterbrennen können und der Brand auf andere Baumstämme übergreifen kann (BayObLG, Beschluss vom 13.07.1993 – 4St RR 105/93 = BayObLGSt 1993, 106 = RdL 1993, 247 = NuR 1994, 102 = AgrarR 1994, 339).
2. Das Landgericht hat aber mit nicht rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung den Tatentschluss zur Verwirklichung des Brandstiftungstatbestands verneint.
a) Die Berufungskammer hat sich nicht von einem Brandstiftungsvorsatz zu überzeugen vermocht, weil keine Beweise, wie etwa Tagebuchzeichnungen, vorhanden seien, die diesen belegen könnten. Ein solcher könne auch nicht ohne Weiteres aus dem Verhalten des Angeklagten abgeleitet werden. Obwohl er durchaus Erfahrungen mit Brandlegungen habe, wie die Vorverurteilungen belegten, habe er nichts unternommen, um ein eigenständiges Weiterbrennen des jeweils entfachten Feuers zu unterstützen. Die Ermittlungen hätten keine Hinweise auf die Verwendung von Brandbeschleunigern ergeben. Das am 21.03.2020 entzündete Feuer (Fall III. 1. des Berufungsurteils) sei zudem bereits nach kurzer Zeit von selbst erloschen, ohne dass der anwesende Zeuge B. habe eingreifen müssen. Im Übrigen sei es – ebenso wie bei dem Geschehen am Folgetag (Fall III. 2. des Berufungsurteils) – feucht gewesen und der in Brand gesetzte Reisighaufen sei lediglich am Waldrand gelagert gewesen.
b) Diese tatrichterlichen Erwägungen sind lückenhaft. Denn die besondere Gefährlichkeit des Tatverhaltens, der im Rahmen der gebotenen Gesamtschau Bedeutung für den Tatentschluss zukommen kann, wird nicht etwa durch die im Berufungsurteil erwähnte Feuchtigkeit beseitigt. Vielmehr hat der Sachverständige, dem das Landgericht gefolgt ist, gerade dargelegt, dass von März bis Oktober, also auch zur Tatzeit, die Brandgefahr durch das häufig wintertrockene Material im Wald erhöht sei und deshalb eine konkrete Gefahr für einen Waldbrand bestanden habe. Vorkehrungen dagegen, dass sich das Feuer ausbreiten konnte, hat der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen nicht getroffen. Überdies hat das Landgericht in diesem Zusammenhang dem Umstand nicht Rechnung getragen, dass der Angeklagte ganz offensichtlich eine besondere Neigung zum Legen von Feuer hat, was die Vorverurteilung und die beiden Taten, die Gegenstand der Verurteilung sind, nachdrücklich belegen, nachdem es für ein sonstiges Motiv, wie etwa Versicherungsbetrug, Rache oder dergleichen, nach den Feststellungen keine Anhaltspunkte gibt. Dass der Angeklagte in beiden Fällen zur Befriedigung dieser Affinität zum offenen Feuer das Unterholz im Wald einerseits und einen immerhin 10 × 10 m großen Reisighaufen am Waldrand andererseits in Brand setzte und nicht etwa ein Feuer in einer ungefährlichen Umgebung, wie einer unbebauten Freifläche oder einem unbestellten Acker, entzündete, hätte bei der Überzeugungsbildung Berücksichtigung finden müssen. Dabei darf auch nicht unbeachtet bleiben, dass er sich jeweils die Mühe gemacht hat, in beiden Fällen mit seinem Fahrzeug abgelegene Waldgebiete zur Realisierung seiner Vorhaben aufzusuchen. Auch der Umstand, dass der Angeklagte beim Brand am 21.03.2020 nach der vom Landgericht als glaubhaft erachteten Aussage des Zeugen D. vom Auto aus in Richtung des Feuers geblickt hat und erst nach Annäherung durch den Zeugen seinen Pkw gestartet und zügig wegfuhr, könnte ein Indiz dafür sein, dass dem Angeklagten daran gelegen war, die weitere Entwicklung des Feuers zu beobachten, und er deshalb möglicherweise nicht nur damit rechnete, dass dieses sich von selbst auf den Waldbestand ausdehnte, sondern es ihm geradezu darauf ankam.
c) Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass das Tatgericht bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte im Rahmen der gebotenen Gesamtschau möglicherweise doch zur Annahme eines Tatentschlusses zur Verwirklichung von Brandstiftungen nach § 306 Abs. 1 Nr. 5 StGB gelangt wäre.
VI.
Aufgrund des aufgezeigten Rechtsfehlers ist das Urteil des Landgerichts auf die Revision der Staatsanwaltschaft in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang aufzuheben (§ 353 StPO) und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, insoweit auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO).
Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen, die auch diejenigen zur Täterschaft des Angeklagten umfassen, sind hingegen – wie bereits dargelegt – rechtsfehlerfrei getroffen und können deshalb aufrechterhalten bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).


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