Strafrecht

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Aktenzeichen  1 KLs 12 Js 8953/20

Datum:
4.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 49695
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Schweinfurt
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 182 Abs. 3 Nr. 1; § 184 Abs. 1 Nr. 1 (in der vom 27.01.2015 bis 31.12.2020 geltenden Fassung), § 53

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Angeklagte H. L. N., geboren am … 1970, ist schuldig des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen in 2 tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Verbreitung pornografischer Schriften.
2. Er wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 11 Monaten verurteilt.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und die der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

A. Feststellungen zur Person
Der am … 1970 in Sch. geborene Angeklagte wuchs zusammen mit einer älteren Schwester bei seinen Eltern in H. auf. Seine Mutter, die vor 2 Jahren verstarb, war Hausfrau und sein Vater, der verstarb, als der Angeklagte 18 Jahre alt war, war als Arbeiter in der Industrie tätig. Der Angeklagte besuchte die Hauptschule und machte sodann eine Ausbildung zum Automechaniker. In seinem Ausbildungsberuf hat der Angeklagte jedoch nie gearbeitet. Er war als Staplerfahrer tätig, zuletzt in der Firma Z.-S. in Sch., wo er 2.200,00 € netto monatlich verdiente. Er wohnte in seinem Elternhaus, Hintere Gasse 3 in … D1./H., das in seinem Eigentum steht. Er hat Schulden in Höhe von 10.000,00 € bei seinem Neffen.
Der körperlich gesunde Angeklagte konsumiert keine Drogen und auch keinen Alkohol im Übermaß. Der Angeklagte ist strafrechtlich nicht vorgeahndet.
Er befindet sich aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Schweinfurt vom 25.09.2020 (Gz. 3 Gs 1662/20) seit dem 30.09.2020 in Untersuchungshaft.
B. Feststellungen zur Sache
I. Vortatgeschehen und Verbreitung pornografischer Inhalte durch den Angeklagten am 26.07.2020 um 23:03 Uhr
Am Sonntag, den 26.07.2020 gegen 17:00 Uhr brachte der Angeklagte, der auf der Suche nach flüchtigen, unkomplizierten und unentgeltlichen Sexualkontakten war, auf der Toilette des Parkplatzes „Maibacher Höhe“ an der Bundesautobahn A 71 einen gelben Notizzettel an. Auf dem Zettel hatte der Angeklagte neben seiner Wh-A.- bzw. Mobiltelefonnummer geschrieben: „Lust meinen Schwanz zu blasen?“.
Diesen Zettel fanden der am … 1971 geborene anderweitig Verfolgte Th. Sch. und die am … 2009 geborene Nebenklägerin A.-L. K., die an diesem Abend gegen 22:20 Uhr auf der Bundesautobahn A 71 unterwegs waren.
Der anderweitig Verfolgte Th. Sch. war der Lebensgefährte der Mutter der Nebenklägerin. Die damals 11 Jahre alte Nebenklägerin lebte zu diesem Zeitpunkt im gemeinsamen Haushalt des anderweit Verfolgten Sch. und ihrer Mutter in El.. Der anderweit Verfolgte Sch. hatte bereits sexuelle Handlungen an der Nebenklägerin vorgenommen.
Der anderweitig Verfolgte und die Nebenklägerin kamen sodann überein, mit dem – ihnen völlig unbekannten – Angeklagten unter der angegebenen Mobiltelefonnummer Kontakt aufzunehmen. Die Nebenklägerin schrieb mit ihrem Mobiltelefon den Angeklagten mit „Hi Süßer, ich habe Lust deinen Schwanz zu blasen“ an, woraufhin der Angeklagte auch unvermittelt antwortete.
In dem sich sodann entwickelnden Wh-A.-Chat, den die Nebenklägerin und der anderweitig Verfolgte Sch. zusammen verfassten, teilten sie dem Angeklagten mit, dass die Nebenklägerin „R.“ heiße und „sehr jung“, nämlich erst 14 Jahre alt sei. Sie fragten den Angeklagten auch, ob dies ein Problem für ihn darstellen würde. Der Angeklagte, der sich in dem Chat als „H.“ bezeichnete und – sich beinahe 10 Jahre jünger erscheinen lassend – angab, 40 Jahre alt zu sein, ging zunächst davon aus, dass die Kontaktaufnahme durch die Chat-Partnerin nur ein Spaß sei, ohne die ernsthafte Absicht, mit ihm tatsächlich sexuelle Handlungen vorzunehmen. Deshalb forderte er einen Beweis dafür, dass die Chat-Partnerin es wirklich ernst meine. Die Nebenklägerin, die sich zu diesem Zeitpunkt immer noch zusammen mit dem anderweitig Verfolgten auf dem Autobahnparkplatz „Maibacher Höhe“ befand, begab sich daraufhin erneut in die dortige Toilette. Sie fertigte mit ihrem Mobiltelefon von sich ein Foto, das sie mit dem gelben Notizzettel, den sie zuvor in der Toilette entdeckt hatten, auf dem Bauch zeigte. Dieses Foto, auf dem auch ihre nackten Brüste und ihr nackter Unterleib zu sehen waren, versendete sie sodann an den Angeklagten. Das Bild überzeugte den Angeklagten, dass seine Chatpartnerin tatsächlich sexuelle Handlungen mit ihm vornehmen wolle.
Auch er übersendete der Nebenklägerin daher um 23:03 Uhr ein Foto, das einen mit mehreren Piercings versehenen und entblößten Penis in Nahaufnahme zeigte. Dabei hielt er es zumindest für möglich, dass die Empfängerin noch keine 18 Jahre alt sei, nahm dies jedoch billigend in Kauf.
Auf die Frage, ob der Angeklagte nun immer noch davon ausgehe, dass die Kontaktaufnahme nicht ernst gemeint sei, antwortete der Angeklagte: „Nein, verstehe jetzt nur nicht, wer das zulässt“ und fragte, wie sie dann zu ihm kommen wolle. Daraufhin teilte die Nebenklägerin dem Angeklagten mit, dass sie von ihrem „Onkel“ gefahren werde, der „voll cool“ sei. Ebenso schrieben der anderweitig Verfolgte Sch. und die Nebenklägerin an den Angeklagten, dass die Nebenklägerin in Bezug auf sexuelle Handlungen alles machen würde, was der Angeklagte wolle, er aber wissen müsse, dass „ihr Onkel“ immer mit dabei sein werde. Als der Angeklagte – der spätestens ab diesem Zeitpunkt auch erkannte, dass seine (vermeintlich) 14 Jahre alte Chatpartnerin die Nachrichten nicht alleine verfasste – daraufhin mitteilte, dass ihn die Anwesenheit des „Onkels“ störe, er keinen Zuschauer bräuchte und er Angst habe, „übers Ohr gehauen“ zu werden, erhielt er die Antwort, dass er vor dem „Onkel“ keine Angst zu haben brauche, den mache das „geil“.
Im weiteren Verlauf des Chats, tauschten sie sich darüber aus, welche sexuellen Handlungen sie miteinander vornehmen wollten und verabredeten noch für den gleichen Abend ein Treffen. Der Angeklagte, der vor Beginn des Chatkontaktes zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt eine nicht genauer bestimmbare Menge Bacardi-Cola getrunken hatte, fühlte sich angetrunken und wollte kein Auto mehr fahren. Deshalb vereinbarten sie, sich an der Raiffeisenbank in H. in der Nähe des Wohnhauses des Angeklagten zu treffen.
II. Erster sexueller Missbrauch der Nebenklägerin durch den Angeklagten in der Nacht vom 26.07.2020 auf den 27.07.2020 in seinem Wohnhaus in H.
Der anderweitig Verfolgte Sch. fuhr sodann mit der Nebenklägerin noch in derselben Nacht nach H. zum vereinbarten Treffpunkt, wo sie den Angeklagten etwa gegen 00:59 Uhr persönlich trafen.
Der Angeklagte ging zum Auto und redete über das Fahrerfenster mit dem anderweit Verfolgten Sch.. Auf dem Beifahrersitz sah der Angeklagte die Nebenklägerin und erkannte, dass es sich um ein sehr junges Mädchen handelte. Er nahm an, dass die Nebenklägerin, so wie sie es im Chat angegeben hatte, 14 Jahre alt sei.
Da dem Angeklagten die gesamte Situation „komisch“ vorkam, es ihm auch unangenehm war, dass ein Dritter bei den sexuellen Handlungen zuschauen wollte, und er befürchtete, überfallen zu werden, wollte er die Beiden zunächst wieder wegschicken. Der anderweitig Verfolgte Sch. redete jedoch über das geöffnete Fahrerfenster auf den Angeklagten ein und fordert ihn auf, die sexuellen Handlungen, die zuvor abgesprochen worden seien, auch durchzuführen. Ohne mit der Nebenklägerin selbst zu sprechen und in dem Wissen, dass der anderweitig Verfolgte Sch. selbst ein eigenes Interesse daran hatte, dass der Angeklagte und die Nebenklägerin in seiner Anwesenheit sexuelle Handlungen miteinander vornähmen, ließ sich der Angeklagte vom anderweitig Verfolgten Sch. überzeugen.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt erkannte der Angeklagte, dass die Nebenklägerin nur deshalb zu den sexuellen Handlungen bereit war, weil sie aufgrund ihrer geistigen und sittlichen Reife nicht in der Lage war, die Bedeutung und Tragweite dieser Handlungen zu beurteilen und selbstbestimmt darüber zu entscheiden, ob sie die Handlungen vornimmt.
Dennoch entschloss sich der Angeklagte, mit ihr sexuelle Handlungen durchzuführen, und ging daher mit ihr und dem anderweit Verfolgten Th. Sch. in sein in der Nähe gelegenes Haus. Dort führte der Angeklagte in seinem Schlafzimmer mit der Nebenklägerin den vaginalen Geschlechtsverkehr durch und die Nebenklägerin nahm bei ihm auch den Oralverkehr vor. Der anderweitig Verfolgte Sch., der gegenüber dem Angeklagten weiterhin als „Onkel“ der Nebenklägerin auftrat, befand sich währenddessen ebenfalls im Schlafzimmer und beobachtete das Geschehen, um sich sexuell zu erregen.
III. Als sich der anderweitig Verfolgte und die Nebenklägerin verabschiedeten, erhielt der Angeklagte die Auskunft, dass weitere Treffen möglich seien, dies allerdings zunächst noch mit der Mutter der Nebenklägerin geklärt werden müsse. Zweiter sexueller Missbrauch der Nebenklägerin durch den Angeklagten in der Nacht vom 27.07.2020 auf den 28.07.2020 in seinem Wohnhaus in H. Auf dem Heimweg, noch in derselben Nacht um 01:58 Uhr schrieben die Nebenklägerin und der anderweit Verfolgte Sch. den Angeklagten erneut mit: „War richtig GEIL“ an und fragten ihn, ob er sich noch einmal mit der Nebenklägerin zur Durchführung sexueller Handlungen treffen wolle.
Der Angeklagte stimmte zu, obwohl er wusste, dass die Nebenklägerin aufgrund ihrer geistigen und sittlichen Reife nicht in der Lage war, die Bedeutung und Tragweite der sexuellen Handlungen zu beurteilen und selbstbestimmt darüber zu entscheiden. Er teilte ihr aber mit, dass er am Montag bis 22:00 Uhr arbeiten müsse. Daraufhin vereinbarten sie für den Abend des 27.07.2020 gegen 23:45 Uhr ein weiteres Treffen in der Wohnung des Angeklagten in H..
Vereinbarungsgemäß fuhren der anderweitig Verfolgte Sch. und die Nebenklägerin am Abend des 27.07.2020 gegen 23:17 Uhr zum Wohnhaus des Angeklagten, H. G. … in H.. Dort führte der Angeklagte, dem spätestens zu diesem Zeitpunkt auch bekannt war, dass der anderweitig Verfolgte Sch. ebenfalls mit der Nebenklägerin Sexualkontakte hatte, in seinem Schlafzimmer erneut mit der Nebenklägerin den vaginalen Geschlechtsverkehr durch und die Nebenklägerin nahm bei ihm auch den Oralverkehr vor.
Der anderweitig Verfolgte Sch. befand sich auch dieses Mal während des Geschlechtsverkehrs mit im Schlafzimmer und sah den Geschehnissen zu, um sich sexuell zu erregen. Dies war dem Angeklagten bewusst. Heimlich fertigte der anderweit Verfolgte Sch. diesmal mit seinem Mobiltelefon eine Tonaufzeichnung des Geschlechtsverkehrs und der dabei und anschließend geführten Gespräche.
Vor diesem Treffen hatte der Angeklagte keine nennenswerte Menge an Alkohol getrunken.
Auch bei dieser Tat war nicht feststellbar, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt wusste, dass die Nebenklägerin noch keine 14 Jahre alt war oder dies zumindest billigend in Kauf nahm.
IV. Einsichts- und Steuerungsfähigkeit
Die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war bei keiner der Taten erheblich eingeschränkt oder gar aufgehoben.
V. Verfahrensvoraussetzung
Die Staatsanwaltschaft hat das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung wegen der Taten unter Ziffer II. und III. bejaht.
VI. Nachtatgeschehen
Am Abend des 31.07.2020 meldete der Zeuge P. G. bei der Polizei, dass sich ihm gerade ein junges Mädchen auf dem Autobahnrastplatz Steinsäcker an der Bundesautobahn A 70 gegen Geld zum Geschlechtsverkehr angeboten habe. Daraufhin wurden der anderweitig Verfolgten Sch. und die 11-jährige Nebenklägerin noch in der Nacht vom 31.07.2020 auf den 01.08.2020 auf der Bundesautobahn A 70 angetroffen und der anderweitig Verfolgte wurde durch Polizeibeamte der Verkehrspolizei Schweinfurt-Werneck festgenommen. Bei Durchsicht des Mobiltelefons der Nebenklägerin konnte der Chat mit dem Angeklagten festgestellt und aufgrund der Mobilfunknummer der Angeklagte als Anschlussinhaber ermittelt werden.
C. Beruhen der Feststellungen und Beweiswürdigung
I. Feststellungen zur Person
Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf dessen Angaben in der Hauptverhandlung. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben nicht der Wahrheit entsprechen würden, gibt es nicht.
Die Feststellung, dass der Angeklagte bisher strafrechtlich nicht vorgeahndet ist, beruht auf dem Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 12.03.2021.
II. Feststellungen zur Sache
Die Feststellungen zur Sache beruhen auf der teilgeständigen Einlassung des Angeklagten. Er hat den äußeren Geschehensablauf eingeräumt. Die Beweisaufnahme hat seine Angaben dazu bestätigt. Seine Einlassung, dass er in der Vorstellung gehandelt habe, dass die Nebenklägerin 14 Jahre alt sei, war nicht widerlegbar. Jedoch wird die Behauptung des Angeklagten, die Nebenklägerin habe die sexuellen Handlungen selbstbestimmt vorgenommen, die Initiative zu den sexuellen Handlungen sei allein von ihr ausgegangen, sie habe ihm auch klar gesagt, welche sexuellen Handlungen sie durchführen wolle, durch die Umstände, unter denen es zu den Handlungen kam, und durch die Tonaufnahme widerlegt, die der anderweit Verfolgte Sch. von der zweiten Tat am 27.06.2020 fertigte.
Im Einzelnen hat die Beweisaufnahme das Folgende ergeben:
1. Einlassung des Angeklagten
a) In der Hauptverhandlung
Über seine Verteidigerin, deren Ausführungen der Angeklagte als richtig bezeichnet und die er sich zu eigen gemacht hat, hat der Angeklagte im Einzelnen folgendes angegeben:
Vor seiner Verhaftung habe er bei ZF Sachs als Staplerfahrer gearbeitet. Er sei ledig und habe keine Kinder. Seine Mutter sei kurz vor dem Vorfall verstorben. Er habe in keiner Beziehung gelebt und sei einsam gewesen. Daher habe er sich entschlossen bei der „Maibacher Höhe“ einen Zettel aufzuhängen. Er habe aber wirklich nicht gedacht, dass sich jemand auf diesen Zettel melden würde. Auf dem Zettel habe er seine Handynummer hinterlassen. Am Sonntagabend so gegen 22:30 Uhr habe er eine Wh-A.-Nachricht bekommen. Zunächst habe er gedacht, dass man ihn „verarsche“. Daher habe er um Bilder gebeten. Auch die Wh-A.-Partnerin habe Bilder von ihm gewollt, weshalb sie dann gegenseitig Bilder ausgetauscht hätten. An dem Abend habe er mehrere Bacardi-Cola getrunken. Er habe daher nicht mehr fahren können und sie seien übereingekommen, dass sie sich bei ihm in H. vor der Raiffeisenbank treffen würden. In dem Chat habe die Person angegeben, dass sie „R.“ heiße und 14 Jahre alt sei. Sie hätten sich dann in H. vor der Raiffeisenbank gesehen. Das Mädchen und ihr „Onkel“ seien dorthin gekommen. Das Mädchen habe voll entwickelt ausgesehen und sei geschminkt gewesen. Er habe nicht nochmal nach dem Alter des Mädchens gefragt. Er selbst habe keine Kinder und auch keine Bekannten mit Kindern. Lediglich seine Nichte und seinen Neffen habe er aufwachsen sehen. Diese seien nun aber schon seit geraumer Zeit erwachsen. Er selbst habe jedoch nur aufgrund der Fotos das Alter des Mädchens schätzen können. Da auf den Fotos sowohl ausgeprägte Brüste als auch Schambehaarung zu sehen gewesen seien, sei ihm nie in den Sinn gekommen, dass das Mädchen nicht 14 Jahre alt sein könnte. Bereits bei seiner polizeilichen Festnahme habe er auch sofort gesagt, dass es nicht stimme, dass das Mädchen 11 Jahre alt sei. Erstmals durch die Polizei habe er erfahren, dass ihr wahres Alter 11 Jahre sei. Nachdem sie sich getroffen hätten, seien sie zusammen zu ihm in die Wohnung und in sein Schlafzimmer gegangen. Dort hätten sie sich Beide – jeder für sich – ausgezogen. Sie habe dann sein Glied in ihren Mund genommen, ihm ein Kondom übergezogen und sich auf seinen Schoß gesetzt. Sie hätten dann den Beischlaf miteinander vollzogen. Die Initiative sei von ihr ausgegangen, da er mit der Situation etwas überfordert gewesen sei. Danach hätten sie sich beide wieder angezogen. Das Mädchen habe dann zu ihrem Onkel gesagt, wie gut es ihr gefallen habe. Der Onkel habe ihm dies dann bestätigt und gemeint, er kenne sie ja gut genug. Sie hätten sich dann noch etwas unterhalten und die Beiden seien dann gegangen.
Sonntagnacht habe er – während die Beiden auf dem Heimweg gewesen seien – noch mehrere Nachrichten per Wh-A. von ihr bekommen. Es sei dann irgendwann eine Nachricht gekommen, ob man sich nicht am nächsten Abend nochmals treffen könnte. Da er bis ca. 22:00 Uhr habe arbeiten müssen, habe er mitgeteilt, dass man sich so gegen 23:00 Uhr treffen könne. Nach der Arbeit habe er erst einmal 2 bis 3 BacardiCola getrunken und geduscht. Dann seien sie – das Mädchen und ihr Onkel – schon wieder da gewesen. Sie seien in sein Schlafzimmer gegangen. Sie habe sich ausgezogen und auch er habe sich ausgezogen. Sie habe dann gewollt, dass sie es „Doggi“ machten. Er sei ihrem Wunsch nachgekommen. Aber es habe diesmal nicht lange gedauert. Sie sei sehr enttäuscht gewesen, weil alles so schnell gegangen sei. Dass ihr Onkel eine Sprachaufnahme gefertigt habe, habe er nicht gewusst. Das habe er erst im Nachhinein erfahren. Er wäre hiermit nicht einverstanden gewesen.
Zu seinem Alkoholkonsum hat der Angeklagte das Folgende angegeben: Eigentlich trinke er nichts. Seine Mutter sei vor 2 Jahren verstorben. Nach ihrem Tod sei alles noch normal gewesen. Vor der Tat habe es jedoch bei ihm eine Phase gegeben, bei der er an Wochenenden mehr getrunken habe, als eigentlich gut sei. Aber er habe nur an Wochenenden getrunken. Diese Phase, in der er am Wochenende getrunken habe, habe ca. 2 bis 3 Monate vor dem Vorfall begonnen. Da habe er manchmal am Wochenende zu viel getrunken, aber nicht immer. Wenn er getrunken habe, dann schon einmal eine Flasche Bacardi mit Cola.
Auf Vorhalt seiner Verteidigerin, dass das zweite Tatgeschehen unter der Woche montags stattgefunden haben solle, hat der Angeklagte dann erklärt: Unter der Woche habe er sich vielleicht mal ein Bier gegönnt. Am Abend des zweiten Treffens habe er Spätschicht gehabt und bis 22:00 Uhr gearbeitet, da habe er sich dann ausnahmsweise 2 bis 3 Bacardi mit Cola gegönnt.
b) Bei seiner Beschuldigtenvernehmung
Aufgrund der Angaben des Zeugen KK Br., an deren Richtigkeit keine Zweifel veranlasst sind, steht darüber hinaus fest, dass der Angeklagte bereits im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung am 07.08.2020 gegenüber der Kriminalpolizei Angaben zu den Tatvorwürfen gemacht hat.
Der Zeuge KK Br. hat nämlich in vollem Umfang glaubhaft berichtet, dass er den Angeklagten am 07.08.2020 vernommen habe. An diesem Tag sei er zusammen mit weiteren Beamten zum Vollzug des Durchsuchungsbeschlusses in der Wohnung des Angeklagten gewesen. Er habe an der Wohnungstür geklingelt, sich als Polizeibeamter vorgestellt und dem Angeklagten den Durchsuchungsbeschluss übergeben. Nachdem er den Angeklagten belehrt habe, habe dieser Angaben zur Sache machen wollen. Sie seien dann zusammen in das Wohnzimmer gegangen, hätten sich dort hingesetzt und der Angeklagte habe Angaben gemacht. Das Erste was der Angeklagte gesagt habe, sei gewesen, dass das mit dem Alter – 11 Jahre – nicht stimmen würde und dass das Mädchen 14 Jahre alt gewesen sei. Er habe ihn dann gefragt, wie es zu den Treffen gekommen sei und wie diese abgelaufen seien. Der Angeklagte habe zusammengefasst das Folgende angegeben: Er habe schon öfter solche Zettel aufgehängt. Er sei deswegen aber auch schon sehr oft „verarscht“ worden. Es habe dann einen Chat gegeben. Zuerst habe er gedacht, dass auch dies ein „Fake“ sei. Man habe vereinbart, dass sie zu ihm nach H. kommen würden. Sie seien dann beide mit dem Auto gekommen. Er sei runtergegangen und habe gesehen, dass da im Auto ein junges Mädchen auf dem Beifahrersitz sei. Der Fahrer, der Onkel des Mädchens, habe mit ihm gesprochen. Der Onkel habe zu ihm dann gesagt, dass sie es seien. Er habe es schon komisch gefunden und habe ein komisches Bauchgefühl gehabt. Der Onkel sei dabei gewesen und er habe die Befürchtung gehabt, dass da etwas nicht stimmen könnte. Er (der Angeklagte) habe auch Angst gehabt, ausgeraubt zu werden. Er habe dann auch weggehen wollen. Der Onkel habe ihn aber „bequatscht“, dass es jetzt so durchgeführt werde, wie es (im Chat) besprochen worden sei. Ebenso habe der Onkel zu ihm gesagt, dass ihm (dem Onkel) viel mehr passieren würde. Mit dem Mädchen selbst habe er nicht gesprochen. Es sei auch insgesamt nicht viel gesprochen worden, weil aufgrund des vorangegangenen Chats schon alles klar gewesen sei. Sie seien dann zusammen in sein Haus und in sein Schlafzimmer gegangen. Es sei dann zum Oralverkehr und zum Geschlechtsverkehr mit Kondom zwischen ihm und dem Mädchen gekommen. Der Onkel des Mädchens sei dabeigesessen und habe geraucht. Danach seien die Beiden wieder gegangen.
An diesem Abend habe er bereits etwas getrunken gehabt und sei „betüdelt“ gewesen. Das mit den 14 Jahren habe er erst später „gecheckt“. Das mit dem Onkel sei komisch gewesen. Es sei ein „Traum gewesen, der jetzt ein Alptraum“ werde. Wenn er nüchtern gewesen wäre, hätte er sie weitergeschickt, weil das Mädchen schon recht jung gewesen sei.
Es habe dann ein zweites Treffen gegeben. Auch bei diesem Treffen sei es zwischen ihm und der Nebenklägerin zum Oralverkehr und Geschlechtsverkehr mit Kondom gekommen. Beim zweiten Mal sei auch Geschlechtsverkehr im „Doggy-Style“ durchgeführt worden. Der Geschlechtsverkehr beim zweiten Mal habe aber nicht lange gedauert. Auch hier sei der Onkel dabeigesessen und habe geraucht.
Sie hätten dann gesagt, dass man es wieder machen könnte, allerdings müssten sie dies zuvor mit der Mutter abklären. Es seien Ferien und der Onkel würde auf sie (die Nebenklägerin) aufpassen, weil die Mutter nicht da sei.
Es seien bei den Taten keine Aufnahmen gemacht worden. Über Geldzahlungen sei nicht gesprochen worden. Er habe aber befürchtet, dass sie im Nachgang etwas fordern könnten.
2. Feststellungen zur Person der Nebenklägerin und zu ihrem Verhältnis zum anderweitig Verfolgten Th. Sch.
Die Feststellungen zur Person der Nebenklägerin, insbesondere zu ihrem Alter zur Tatzeit und zu ihrem Verhältnis zum anderweitig Verfolgten Sch., die der Angeklagte auch nicht bestritten hat, beruhen auf den glaubhaften Angaben des Zeugen S2. K., dem leiblichen Vater der Nebenklägerin, sowie den Angaben des anderweitig Verfolgten Th. Sch..
a) Der Zeuge S2. K. hat in vollem Umfang glaubhaft berichtet, dass die Nebenklägerin, seine Tochter, am … 2009 geboren sei. Die Mutter der Nebenklägerin habe sich im Mai 2016 von ihm getrennt, weil sie eine Beziehung mit dem anderweitig Verfolgten Sch. eingegangen sei. Die Mutter habe zunächst zusammen mit dem anderweitig Verfolgten in der Oberpfalz gewohnt. Dann seien beide zusammen nach El. gezogen. Im Jahr 2019 sei die Ehe mit der Kindsmutter geschieden worden. Die Nebenklägerin habe bis zum 15.08.2018 bei ihm in der Oberpfalz gelebt. Am 15.08.2018 in den Sommerferien habe die Mutter die Nebenklägerin abgeholt, wobei vereinbart gewesen sei, dass die Nebenklägerin für 2 Wochen zu Besuch bei ihrer Mutter in El. bleibe. Es sei ihm dann aber mitgeteilt worden, dass seine Tochter bei der Mutter und dem anderweitig Verfolgten Sch. bleiben werde. Der Kontakt zur Nebenklägerin sei abgerissen. Das letzte Mal habe er seine Tochter im Juli 2019 gesehen und dann erst wieder im Gerichtssaal bei der Verhandlung gegen den anderweitig Verfolgten Sch..
b) Dass der anderweitig Verfolgte Sch. mit der damals 11 Jahren alten Nebenklägerin zum Zeitpunkt der Taten selbst Sexualkontakte hatte, hat der anderweitig Verfolgte Sch. eingeräumt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben bestehen nicht, zumal sie auch durch das Tatgeschehen gestützt werden.
3. Feststellungen zum äußeren Tatablauf der unter Ziffer B. I. bis B. III. dargestellten Taten
Der Angeklagte hat das unmittelbare Vortatgeschehen vor dem ersten Treffen mit dem anderweitig Verfolgten Sch. und der Nebenklägerin, bei dem es auch zur Übersendung eines pornografischen Bildes an die Nebenklägerin kam, das erste Treffen selbst, die Anbahnung des zweiten Treffens sowie den Umstand, dass er mit der Nebenklägerin zweimalig oralen und vaginalen Geschlechtsverkehr in seiner Wohnung in H. jeweils in Anwesenheit des anderweitig Verfolgten Sch. hatte, vollumfänglich eingeräumt.
Sein Geständnis wird durch die glaubhaften Angaben des Zeugen KK Br., die auf dem Mobiltelefon der Nebenklägerin gespeicherten Chatnachrichten und Bilder vom 26.07./27.07.2020 sowie durch eine Audioaufzeichnung, die bei der zweiten Missbrauchstat von dem Geschehen aufgenommen wurde, bestätigt, sowie inhaltlich und zeitlich konkretisiert.
a) Dass die Nebenklägerin und der anderweitig Verfolgte Sch. den auf dem Parkplatz „M. H.“ angebrachten Zettel des Angeklagten gefunden und den Angeklagten über das Mobiltelefon der Nebenklägerin kontaktiert haben, ist durch die glaubhaften Angaben des Zeugen KK Br. belegt.
So hat der Zeuge KK Br. berichtet, dass nach dem Aufgriff des anderweitig Verfolgten Sch. und der Nebenklägerin am 31.07.2020 das Mobiltelefon der Nebenklägerin sichergestellt worden sei. Auf dem Mobiltelefon sei ein Chat mit einer unbekannten Person feststellbar gewesen, in dessen Rahmen es auch zum Austausch von pornografischen Bildern gekommen sei. Anhand der dort niedergelegten Telefonnummer habe eine Anschlussinhaberabfrage gemacht und der Angeklagte als Anschlussinhaber identifiziert werden können. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten habe ebenfalls ein Mobiltelefon aufgefunden werden können, auf dem sich derselbe Wh-A.-Chat befunden habe. Der Angeklagte sei hierbei als „Harry“ angezeigt worden und die Nebenklägerin sei mit ihrer Telefonnummer unter dem Namen „Anna-Lena Blowi“ in der Kontaktliste abgespeichert gewesen. Darüber hinaus habe er die Habe des anderweitig Verfolgten Sch. durchsucht und dort in seinem Geldbeutel einen gelben Notizzettel mit einer Telefonnummer und der Aufschrift „Lust meinen Schwanz zu blasen“ gefunden. Die dort aufgeschriebene Telefonnummer sei die des Angeklagten gewesen.
b) Die Feststellungen zum Inhalt der zwischen der Nebenklägerin und dem Angeklagten ausgetauschten Nachrichten und Bilder ergeben sich aus den Chataufzeichnungen. Anhand der Zeitstempel der Nachrichten konnten die Taten auch in zeitlicher Hinsicht konkretisiert werden.
So ergab sich, dass die erste Nachricht vom Mobiltelefon der Nebenklägerin mit dem Inhalt „Hi Süßer, ich habe Lust deinen Schwanz zu blasen“ am 26.07.2020 um 22:27 Uhr versendet wurde. Die Nachricht, in der die Nebenklägerin schrieb, dass sie 14 Jahre alt sei und „R.“ heiße, trägt den Zeitstempel 22:46 Uhr. Das Bild, das einen entblößten und mit mehreren Piercings versehenen Penis zeigt, hat der Angeklagte danach um 23:03 Uhr versendet. Dass der Angeklagte den gelben Notizzettel am gleichen Abend gegen 17:00 Uhr in der Toilette auf dem Parkplatz „Maibacher Höhe“ angebracht hatte, ergibt sich aus einer Nachricht des Angeklagten, in der er um 23:15 Uhr schrieb: „Ich war da heute um 17:00 Uhr da. Kann ja nix dafür das du erst jetz da hingekommen bist“.
Der Zeitpunkt des ersten persönlichen Treffens ergibt sich aus drei Nachrichten, die am 27.07.2020 im Zeitraum vom 00:46 Uhr bis 00:56 Uhr ausgetauscht wurden. Hier schrieb die Nebenklägerin nämlich, dass sie unterwegs seien und um 00:54 Uhr: „Sind da“. Der Angeklagte antwortete um 00:56 Uhr „Ich auch“.
Der Zeitpunkt des zweiten Treffens ergibt sich ebenfalls aus den Zeitstempeln der am 27.07.2020 um 23:17 Uhr und 23:35 Uhr übersendeten Nachrichten, in denen die Nebenklägerin mitteilt: „Fahren jetzt los“ und „Sind jetzt vor deinem Haus“.
c) Dass es bei beiden Treffen zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin jeweils zum Geschlechtsverkehr in Anwesenheit des anderweitig Verfolgten Sch. kam, wird über das Geständnis des Angeklagten hinaus durch die Chatnachrichten sowie eine Audioaufzeichnung, die der anderweitig Verfolgten Sch. bei der zweiten Missbrauchstat mit seinem Mobiltelefon aufgenommen hat, belegt.
aa) Aus den ausgetauschten Chatnachrichten ergibt sich zweifelsfrei, dass es bereits bei dem ersten Treffen in der Nacht vom 26.07.2020 auf den 27.07.2020 zu sexuellen Handlungen in Form des oralen und vaginalen Geschlechtsverkehrs zwischen dem Angeklagten und der damals 11 Jahre alten Nebenklägerin kam. Denn im Rahmen des Chats tauschten sich die Beteiligten nicht nur bereits vor dem ersten Treffen darüber aus, welche sexuelle Handlungen sie miteinander vornehmen wollen, sondern sie sprachen auch im Nachgang darüber („War richtig GEIL“, „Das(s) wir so geil gefickt haben“).
bb) Soweit es das zweite Treffen am Abend des 27.07.2020 betrifft, war aus einer Tonaufzeichnung, die bei dem zweiten Treffen gefertigt wurde, zu entnehmen, dass es zum Oralverkehr und vaginalen Geschlechtsverkehr zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin kam. Auf dieser Audioaufzeichnung war neben Stöhnen, Keuchen und Bettknarzen auch zu hören, wie der Angeklagte äußerte: „Hm, Kleines…Ich gleb, du könnst lang leck und blas, ha?“ und „Aber wir wolln ja auch a bissl was anderes mach, na?“ oder „Oh Gott, war dein Be schö gespreizt“ oder „D., D.? Ok, sach was du willst“.
Dass dieser Audiomitschnitt, der in der Hauptverhandlung angehört wurde, bei der zweiten Missbrauchstat vom anderweitig Verfolgten Th. Sch. gefertigt wurde, ergibt sich aus den – in diesem Punkt – glaubhaften Angaben des anderweitig Verfolgten Th. Sch., der hierzu als Zeuge vernommen wurde. Seine Angaben werden auch durch die Ermittlungen der Kriminalpolizei bestätigt, von denen der Zeuge KK Br. berichtet hat.
So hat der anderweitig Verfolgte Th. Sch. angegeben, dass er bei dem zweiten Treffen mit dem Angeklagten eine Sprachaufnahme mit seinem Handy gemacht und diese während des Geschehens habe mitlaufen lassen. Er habe diese Aufnahme – ohne das Wissen des Angeklagten – zum Schutz gemacht, falls irgendwas aus den Fugen geraten wäre.
In Übereinstimmung hierzu, hat auch der Zeuge KK Br. berichtet, dass sich die Sprachaufnahme auf dem Mobiltelefon, das bei der Festnahme des anderweitig Verfolgten Th. Sch. sichergestellt worden sei, befunden habe. Diese sei am 27.07.2020 gegen 23:35 Uhr aufgenommen worden.
4. Feststellungen zur Unfähigkeit der Nebenklägerin zur sexuellen Selbstbestimmung bei den Taten
Dass der Nebenklägerin zu den Tatzeitpunkten die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung fehlte und dies ursächlich dafür war, dass es zweimalig zu sexuellen Handlungen zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin kam, ergibt sich eindeutig aus dem Folgenden:
a) Bereits die Umstände, unter denen das erste Treffen zustanden gekommen ist, belegen, dass die Nebenklägerin nicht in der Lage war, die Tragweite ihrer Handlungen zu überblicken und in reifer Weise zu bewerten, und dass die Nebenklägerin nur deshalb zu den sexuellen Handlungen mit dem Angeklagten bereit war, weil sie nicht über die notwendige Urteilsfähigkeit verfügte.
Denn ihr Entschluss zu diesem Treffen war in einem außergewöhnlichen Umfang durch Unreife und Leichtsinn geprägt. Sie hat sich nämlich spontan dazu entschlossen, sich mit einer ihr völlig unbekannten Person zu treffen, deren Absichten sie nicht einschätzen konnte, die wesentlich älter als sie selbst war und ihr damit an Erfahrung weit überlegen. Sie war bereit, sich zu diesem Treffen mit der ihr nicht bekannten Person an einen ihr unbekannten Ort zu begeben, an dem sie dem Geschehen möglicherweise hilflos ausgeliefert sein würde und von dem aus sie ohne die Hilfe Dritter nicht ohne weiteres in ihre eigene Wohnung würde zurückkehren können. Das Treffen sollte zu einer Tageszeit stattfinden, zu der nicht mit der Hilfe zufällig anwesender, hilfsbereiter Dritter zu rechnen war. Sie erklärte sich darüber hinaus bereit, mit dieser unbekannten Person beliebige sexuelle Handlungen vorzunehmen, ohne zu wissen und einschätzen zu können, welche Maßnahmen zum Schutz ihrer eigenen Gesundheit und zum Schutz vor einer Schwangerschaft diese Person bereit sein würde zu ergreifen.
b) Ihre Fähigkeit zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung war zudem durch die Mitwirkung des anderweitig Verfolgten Sch. eingeschränkt, der den sexuellen Kontakt zwischen der Nebenklägerin und dem Angeklagten nicht nur ermöglichte, sondern aus eigenem sexuellen Interesse heraus erstrebte.
aa) Die Mitwirkung des anderweitig Verfolgten Sch. an den Taten ergibt sich bereits aus dem objektiven Tatgeschehen.
aaa) Denn die Nebenklägerin war allein nicht in der Lage – weder am Abend des 26.07.2020 noch am Abend des 27.07.2020 – zum Angeklagten nach H. zu kommen. Zudem hätte die Nebenklägerin die Treffen mit den Angeklagten nicht ohne Abstimmung mit dem anderweit Verfolgten Sch. via Wh-A. vereinbaren können, weil der anderweit Verfolgte sie jeweils zu den Treffen hinfahren musste.
Der anderweit Verfolgte Sch. bestimmte darüber hinaus gemeinsam mit der Nebenklägerin über die Inhalte der Chatnachrichten, mit denen der Kontakt zum Angeklagten hergestellt wurde. Diese weisen nämlich nicht nur Begriffe auf, die im Sprachgebrauch eines Kindes oder Jugendlichen eher nicht vorkommen („Ich will einfach nur anonymen Sex“), sondern teilweise sind die Nachrichten auch in der „WirForm“ verfasst. So erhielt der Angeklagte, nachdem er mitgeteilt hatte, dass ihn der „Onkel“ störe und er Angst habe, „übers Ohr gehauen“ zu werden, die Antwort: „In UNSEREM Kopfkino haben wir genau so jemanden wie dich gesucht. Die SELBE Angst haben wir auch“.
bbb) Schließlich war es auch der anderweitig Verfolgte Sch. und nicht die Nebenklägerin, der bei dem ersten persönlichen Treffen die Durchführung der sexuellen Handlungen – wie zuvor im Chat besprochen – einforderte. In Absprache mit dem anderweit Verfolgten Sch. und ohne mit der Nebenklägerin darüber gesprochen zu haben, vereinbarte der Angeklagte die Vornahme der Handlungen.
Der Angeklagte hat nämlich – wie von dem Zeugen KK Br. glaubhaft berichtet – bereits bei seiner kriminalpolizeilichen Vernehmung angegeben, dass er, nachdem er die Nebenklägerin und den anderweitig Verfolgten im Fahrzeug gesehen habe, eigentlich wieder habe weggehen wollen. Der Onkel habe ihn aber „bequatscht“, dass es jetzt so durchgeführt werde, wie es (im Chat) besprochen worden sei. Ebenso habe der Onkel zu ihm gesagt, dass ihm (dem Onkel) viel mehr passieren würde. Mit dem Mädchen selbst habe er nicht gesprochen.
Dies hat auch der anderweitig Verfolgte bestätigt und angegeben, dass der Angeklagte kurzzeitig Bedenken gehabt und diese auch geäußert habe. Er habe deshalb mit dem Angeklagten gesprochen und zu ihm auch gesagt, dass er (der anderweitig Verfolgte) sich doch genauso mitschuldigt mache.
bb) Dass der anderweit Verfolgte ein eigenes sexuelles Interesse an den Taten hatte, ergibt sich zweifelsfrei aus den Inhalt der Chatnachrichten, die an den Angeklagten geschrieben wurden, sowie aus dem Verhalten des anderweit Verfolgten bei den Taten selbst.
aaa) Soweit es die Chatnachrichten betrifft, erhielt der Angeklagte bereits vor dem ersten Treffen die Nachricht, dass der „Onkel“ immer mit dabei sein werde und auch: „Du brauchst vor meinem Onkel keine Angst zu haben, den macht das geil“. Nach dem ersten Treffen erhielt der Angeklagte dann u.a. Nachrichten, in denen versucht wurde, ihn zu einem „Dreier“, also gemeinsamen Geschlechtsverkehr mit Beteiligung des „Onkels“ zu überreden. In diesem Zusammenhang tauschten die Beteiligten u.a. die folgenden Nachrichten aus:
Nebenklägerin: „Ich möchte irgendwann einen Dreier. Hat mich geil gemacht, dass er dabei war“.
Angeklagter: „Irgendwann wirst du deinen 3 schon bekommen“ und „Nur wann weiß ich nicht.“
Nebenklägerin: „Wieso“
Angeklagter: „Weil ich es einfach nicht weiß oder weißt du schon wann und mit wem“
Nebenklägerin: „Wann nicht aber mit dir und meinem Onkel“
Angeklagter: „Ach du hast schon deine 2 Männer und ich werd nicht gefragt“.
bbb) Schließlich ist durch das Auftreten des anderweit Verfolgten Sch. gegenüber dem Angeklagten und bei den Taten belegt, dass dieser aus eigenem sexuellen Interesse heraus die Taten förderte. Denn der anderweitig Verfolgte forderte nicht nur die Durchführung der sexuellen Handlungen gegenüber dem Angeklagten ein, sondern er sah den Geschehnissen jeweils zu und fertigte sogar bei der zweiten Missbrauchstat eine Audioaufzeichnung von den Geräuschen, die der Angeklagte und die Nebenklägerin bei der Durchführung des Geschlechtsverkehrs machten.
5. Feststellungen zur inneren Tatseite
Die Feststellungen zur inneren Tatseite ergeben sich aus der Einlassung des Angeklagten sowie den objektiven Umständen.
a) Die Einlassung des Angeklagten, dass er in der positiven Vorstellung gehandelt habe, die Nebenklägerin sei 14 Jahre alt, war nicht widerlegbar.
aa) Objektive Anzeichen, die dem Angeklagten eindeutig aufgezeigt hätten, dass die Nebenklägerin noch keine 14 Jahre alt ist, waren nicht feststellbar.
Denn die Nebenklägerin und der anderweitig Verfolgte Sch. waren dem Angeklagten völlig unbekannt. Das äußere Erscheinungsbild der Nebenklägerin ließ keinen sicheren Schluss auf ihr Alter zu. Ausweislich der Lichtbilder, die den Körper der Nebenklägerin zeigen, war sie körperlich bereits so weit entwickelt, dass nicht zu erkennen war, dass sie das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Darüber hinaus haben die unbeteiligten Zeugen T. R1., Ru. Schm. und Pr. Gw., die die Nebenklägerin erstmals am Abend des 31.07.2020 auf einen Autobahnrastplatz gesehen haben, unabhängig voneinander angegeben, dass sie das Alter der Nebenklägerin auf 14 Jahre bzw. 14 bis 16 Jahre schätzen würden.
bb) Die Nebenklägerin hatte ihr Alter in dem Chat mit dem Angeklagten vor dem ersten Treffen selbst mit 14 Jahren angegeben.
cc) Zum Nachweis dafür, dass der Angeklagte das Alter der Nebenklägerin kannte oder zumindest billigend in Kauf genommen hätte, dass die Nebenklägerin noch keine 14 Jahre alt war, standen allein die Angaben des anderweitig Verfolgten Th. Sch. zur Verfügung, die jedoch zu diesem Gesichtspunkt nicht glaubhaft waren. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass er den Angeklagten zu Unrecht belastete.
aaa) Der anderweit Verfolgte Sch. hat allerdings angegeben, dass dem Angeklagten das wahre Alter der Nebenklägerin bereits beim ersten Treffen mitgeteilt worden sei und der Angeklagte das wahre Alter der Nebenklägerin daher gekannt habe.
Er hat im Einzelnen dazu zunächst berichtet, dass sie sich an der Raiffeisenbank getroffen hätten. Der Angeklagte sei zum Auto gekommen und zuerst habe er sich mit dem Angeklagten unterhalten. Der Angeklagte habe dann gesagt, dass die Nebenklägerin „noch ein sehr junges Ding sei“. „Da“ sei dann auch das wahre Alter der Nebenklägerin „zur Sprache gekommen“. Die Unterhaltung am Auto habe durch das offene Fahrerfenster stattgefunden. Das Gespräch habe aber nur ein paar Minuten gedauert. Das Gespräch habe zwischen den Erwachsenen stattgefunden, aber „die Nebenklägerin sei auch mit einbezogen“ und u.a. gefragt worden, was sie darüber denke.
Auf die Frage, wer in dieser Situation was mit wem gesprochen habe, hat der anderweitig Verfolgte angegeben: Er und die Nebenklägerin seien noch im Auto gewesen und der Angeklagte sei bei ihm auf der Fahrerseite gestanden. Am Anfang sei es zwischen ihm und dem Angeklagten darum gegangen, wer sie seien. Danach habe es ein Gespräch zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin gegeben. Der Angeklagte habe nämlich irgendwo hinfahren wollen, was die Nebenklägerin nicht gewollt habe.
Auf die Frage, was der Angeklagte in dieser Situation konkret mit der Nebenklägerin gesprochen habe, hat der anderweitig Verfolgte sodann angegeben, dass die konkreten Fragen und Antworten erst später gekommen seien, als sie schon in der Wohnung des Angeklagten gewesen seien. „Da“ habe der Angeklagte dann gefragt, wie alt die Nebenklägerin sei und gesagt, dass sie jung aussehe. Die Nebenklägerin habe ihm dann geantwortet, dass sie 11 Jahre alt sei. Darüber sei der Angeklagte erfreut gewesen. Ebenso habe der Angeklagte ihn gefragt, ob die Nebenklägerin die Pille nehmen würde. Woraufhin er gesagt habe, weil der Angeklagte das wahre Alter der Nebenklägerin ja bereits gekannt habe, dass das mit der Pille nicht gehen würde, weil die Nebenklägerin doch erst 11 Jahre alt sei.
bbb) Diese Angaben des anderweitig Verfolgten Sch. sind nicht glaubhaft. Seine erste Aussage dazu, wie der Angeklagte das wahre Alter der Nebenklägerin erfahren haben soll, war zunächst wenig konkret. Er hat lediglich angegeben, dass „da“, also bei dem Gespräch vor der Raiffeisenbank, das „wahre Alter der Nebenklägerin zur Sprache gekommen“ sei. Als er aufgefordert wurde, diese Aussage zu konkretisieren, hat er im Widerspruch zu seiner ersten Behauptung angegeben, die Nebenklägerin habe dem Angeklagten erst in der Wohnung ihr wahres Alter berichtet.
ccc) Der Inhalt der Tonaufzeichnung des zweiten Treffens zwischen der Nebenklägerin und dem Angeklagten sowie dem anderweit Verfolgten Th. Sch. widerlegt darüber hinaus die Behauptung des Zeugen T. S3..
Die Tonaufzeichnung gibt zunächst wieder, wie der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte Th. Sch. sich während der ersten sexuellen Handlungen zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin darüber unterhalten, dass der Angeklagte ein Kondom benutzen müsse, weil die Nebenklägerin die Pille nicht nehme (dazu im Einzelnen unten unter Ziffer C. II. 5. b)). In diesem Rahmen ist nicht die Rede davon, dass der Nebenklägerin dieses Verhütungsmittel nicht zur Verfügung stünde, weil sie erst 11 Jahre alt sei. Das spricht gegen die Aussage des Zeugen T. S3., dass er dem Angeklagten bereits bei dem ersten Treffen erklärt hätte, sie könne wegen ihres Alters die Pille nicht nehmen.
Nach den sexuellen Handlungen kommt es dann zu folgendem Gespräch:
Angeklagter: „Ja und was sagt ihr dann deiner Mutter oder was, wenn ihr da unterwegs seid?“
Anderweitig Verfolgter Sch.: „Die Mutter ist grad net da.“
Angeklagter: „Ah, ist quasi im Urlaub. Du durftest nicht mit, oder was?“
Nebenklägerin: „Ich wollt nicht mit“
Angeklagter: „Ah, du wolltest nicht mit. Ja, mit 14 wollt ma a nix mehr unbedingt mit den Eltern in den Urlaub fahren.“
Damit ist belegt, dass der Angeklagte positiv annahm, dass die Nebenklägerin tatsächlich 14 Jahre alt sei, so wie sie es in dem Chat mit ihm vor dem Treffen angegeben hatte. Aus der gesamten Aufzeichnung der Unterhaltung zwischen den Beteiligten ergibt sich keinerlei Hinweis darauf, dass der Angeklagte sich bei dieser Äußerung verstellt hätte und er ironisch die Nebenklägerin als 14-jährige angeredet hätte. Vielmehr vermittelt die Aufnahme den Eindruck einer völlig entspannten Situation. Die Äußerungen des Angeklagten zeichnen sich insgesamt durch Direktheit, Unverblümtheit und Spontanität aus.
b) Der Angeklagte erkannte jedoch, dass der Nebenklägerin zu den Tatzeitpunkten die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung fehlte und dass sie nur deshalb zu sexuellen Handlungen mit ihm bereit war.
aa) Dem Angeklagten waren nämlich sämtliche objektiven Tatumstände bekannt, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, dass die Nebenklägerin die Tragweite ihrer Handlungen nicht zu überblicken und in reifer Weise zu bewerten in der Lage war.
Dass der Angeklagte die Situation in diesem Sinn deutete, ergibt sich bereits aus seiner ersten Reaktion im Chat, in dem er – nachdem er davon überzeugt war, dass ihm tatsächlich ein 14-jähriges Mädchen anbot, sexuelle Handlungen mit ihm vorzunehmen – bereits fragte, wer denn so etwas zulasse („Nein, verstehe jetzt nur nicht, wer das zulässt“).
bb) Auch das Verhalten des Angeklagten bei den Taten selbst zeigt deutlich, dass er die Nebenklägerin nicht für diejenige hielt, die die Entscheidung treffen kann, und er davon ausging, dass sie die Bedeutung und Folgen ihrer sexuellen Handlung nicht beurteilen könne.
Denn bereits beim ersten Zusammentreffen noch vor den sexuellen Handlungen sprach sich der Angeklagte – wie er selbst angibt – allein mit dem anderweitig Verfolgten Sch. ab. Mit der Nebenklägerin – die es eigentlich betroffen hat – hat er nicht gesprochen.
Auch beim zweiten Treffen, das durch die Audioaufzeichnung dokumentiert ist, bespricht und kommentiert der Angeklagte die sexuellen Handlungen mit der Nebenklägerin mit und gegenüber dem anderweit Verfolgten Sch.. Die Nebenklägerin, die es eigentlich betrifft, beziehen beide in das Gespräch nicht ein, sie nimmt an dem Gespräch auch nicht von sich aus teil. Der Angeklagte und der anderweit Verfolgte Sch. erörtern so – über den Kopf der Nebenklägerin hinweg – während der sexuellen Handlungen etwa, dass die Nebenklägerin unpraktisch lange Haare habe, und was zur Verhütung erforderlich sei. Damit ist belegt, dass die Entscheidung über die sexuellen Handlungen beim Angeklagten und dem anderweit Verfolgten Sch. lagen, ohne dass die Nebenklägerin einbezogen wurde.
Im Einzelnen besprechen sie dabei folgendes:
Angeklagter: „Aja, raus aus den Klamotten. Na, komm her, komm her, komm her. Ja, hm, des ist gut. Kannst echt super. Die Haar – fast a`weng lang ha. Ja, muss man sich einen Zopf machen.“.
Daraufhin antwortet der anderweit Verfolgte: „Guck, die hat n Haargummi. Hm“.
Angeklagter: „Oh Gott is des geil. Jetzt wärs halt echt scho klasse, wenn se die Pille nehm würd, na.“
Daraufhin antwortet der anderweitig Verfolgte: „Hm“
Angeklagter: „Dann wär des ohne Gummi alles ke Problem, weil wie gesagt, ich kann net garantieren, wie lang ich äh Ding und du wesst selber wie des ist, scho der klene Tropfen kann genüg. Aber sobald, sobald Pille da ist, da kann ma`gern Gummi weglass. Solange muss ma halt weitermachen mit Gummi. Aber ich sag mal so, lieber mit Gummi als gar net, oder?“
Daraufhin antwortete der anderweitig Verfolgte Sch. mit „Hm“.
cc) Der Angeklagte erkannte auch die Mitwirkung und das eigene sexuelle Interesse des anderweitig Verfolgten Sch. an den Taten, wodurch die Fähigkeit der Nebenklägerin zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung zusätzlich beschränkt war.
Der Angeklagte wusste nämlich nicht nur, dass der anderweitig Verfolgte die sexuellen Handlungen aus eigenem sexuellen Interesse heraus förderte, sondern auch, dass der anderweitig Verfolgte selbst Sexualkontakte mit der Nebenklägerin hatte.
Ersteres stand ihm noch vor der ersten Tat klar vor Augen, indem ihm deutlich gemacht wurde, dass die sexuellen Handlungen in Anwesenheit des „Onkels“ stattfinden müssen (Chatnachrichten unter Ziffer C. II. 4.) b) bb) aaa)) und der anderweitig Verfolgte, als der Angeklagte zögerte, die Durchführung der sexuellen Handlungen auch einforderte.
Zwar wusste der Angeklagte nicht, dass der anderweitig Verfolgte von der zweiten Tat eine Sprachaufnahme fertigte. Allerdings war dem Angeklagten spätestens beim zweiten Treffen zudem bewusst, dass der anderweit Verfolgte selbst Sexualkontakte mit der Nebenklägerin hatte. Dies ist sowohl durch den Inhalt der Chatnachrichten als auch durch die Audioaufzeichnung belegt.
Der Angeklagte erhielt nämlich noch in der Nacht nach dem ersten Treffen, als sich die Beteiligten für den kommenden Abend verabredeten, u.a. die Nachricht: „Jetzt nicht – Ficke gerade“ woraufhin der Angeklagte antwortete: „Oh wow noch besser“.
Auf der Audioaufzeichnung ist in der nach der Vornahme der sexuellen Handlungen geführten Unterhaltung zudem zu hören, wie der anderweitig Verfolgte zweimal an die Nebenklägerin gerichtet sagt: „Jetzt biste enttäuscht – Jetzt biste enttäuscht“, woraufhin die Nebenklägerin ihn fragt: „Weil`s so schnell ging?“ und dann fortfährt: „Ich will nochmal“. Daraufhin erwidert der Angeklagte, dass er nicht noch einmal könne und stellt offen in den Raum: „Aber du wirst ja dann eh noch weng dein Spaß mit deim Onkel ham, ja oder?“.
6. Feststellungen zur Einsichts- und Steuerungsfähigkeit
Die Kammer ist überzeugt davon, dass die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne der §§ 20, 21 StGB zu den Tatzeitpunkten nicht in relevanter Weise eingeschränkt war.
a) Zunächst liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten zum Zeitpunkt der Begehung der Taten beeinträchtigt gewesen sein könnte.
Insbesondere sind auch unter Berücksichtigung der Lebensgeschichte des Angeklagten keine Anzeichen für psychiatrische Krankheitsbilder vorhanden, die Zweifel am Bestehen der Einsicht des Angeklagten in das Unrecht seiner Tat begründen könnten.
Es waren auch keinerlei Umstände feststellbar, aus denen der Schluss gezogen werden könnte, der Angeklagte präferiere Sexualkontakte mit Jugendlichen. Denn nach Auskunft des ermittelten Kriminalbeamten KK Br. hat die Auswertung der beim Angeklagten sichergestellten Speichermedien keinerlei strafbaren Inhalte ergeben. Diese hätten lediglich Erwachsenenpornografie enthalten.
b) Die Kammer ist weiter überzeugt davon, dass der Angeklagte in der Lage war, nach der Einsicht in das Unrecht seiner Taten zu handeln.
Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Steuerungsfähigkeit in relevanter Weise eingeschränkt gewesen sein könnte, gibt es nicht. Insbesondere ist eine alkoholbedingte Verminderung der Steuerungsfähigkeit bei beiden Taten fernliegend.
aa) Zwar ist im Hinblick auf die Angaben des Angeklagten und den Inhalt der Chatnachrichten, in denen der Angeklagte angab, nicht mehr Autofahren zu können, weil er schon etwas getrunken habe, anzunehmen, dass er vor der ersten Missbrauchstat und auch vor dem Übersenden des pornografischen Bildes am 26.07.2020 Alkohol konsumiert hatte.
Feststellungen zur konkreten Blutalkoholkonzentration des Angeklagten bei der Tat am Abend des 26.07.2020 (unter Ziffer B. I.) und in der Nacht vom 26.07.2020 auf den 27.07.2020 (Ziffer B. II.) konnten diesbezüglich aber nicht getroffen werden. Denn die Angaben des Angeklagten („mehrere Barcadi-Cola“) blieben derart wage und ließen weder Schätzungen noch konkrete Feststellungen zur Alkoholmenge oder zum Beginn und Ende des Konsums zu. Die Berechnung einer Tatzeitblutalkoholkonzentration war daher nicht möglich.
Die Kammer schließt jedoch aus, dass dies zu einer merklichen Einschränkung der Fähigkeit des Angeklagten, nach der Einsicht in das Unrecht seiner Tat zu handeln, geführt hat. Dies aus den folgenden Gründen:
Der Angeklagte selbst berichtete nicht von einer erheblichen Alkoholisierung. Er gab vielmehr im Rahmen seiner kriminalpolizeilichen Beschuldigtenvernehmung an, dass er angetrunken („betüdelt“) gewesen sei. Gegen eine erhebliche Alkoholisierung sprechen aber auch die Tatumstände und die Taten selbst. Denn der Angeklagte war in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu den Taten in der Lage Chatnachrichten zu schreiben und zu verschicken. Die Nachrichten, die der Angeklagte schrieb, waren auch klar verfasst, inhaltlich verständlich und auf die stattgehabte Konversation bezogen. Er war nicht nur feinmotorisch dazu fähig ein Handy zu bedienen und auch Bilder zu verschicken, sondern sogar zur kritischen Bewertung der Situation in der Lage („Angst übers Ohr gehauen zu werden“). Seine organischen Funktionen waren, wie der Vollzug des Geschlechtsverkehrs zeigt, ebenso vollständig intakt. Auch eine gesteigerte Impulsivität, die auf eine relevante Einschränkung der Steuerungsfähigkeit hindeuten könnte, kommt in der Tat nicht zum Tragen.
bb) Soweit der Angeklagte im Rahmen der Hauptverhandlung behauptet hat, dass er auch vor der zweiten Missbrauchstat Alkohol konsumiert habe, kann dem nicht gefolgt werden. Seine Behauptung ist bereits nicht schlüssig und durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt.
Der Angeklagte machte insoweit widersprüchliche Angaben. Er gab zunächst über seine Verteidigerin an, dass er vor dem zweiten Treffen 3 bis 4 Barcadi-Cola getrunken habe. Als sich der Angeklagte dann selbst zu seinen persönlichen Verhältnissen und seinem Alkoholkonsum äußerte, gab er jedoch an, dass er – wenn überhaupt – nur an Wochenenden Alkohol getrunken habe. Erst als ihm seitens seiner Verteidigerin vorgehalten und vor Augen geführt worden war, dass das zweite Treffen an einem Montag stattgefunden habe, hat der Angeklagte erklärt, dass er sich unter der Woche vielleicht mal ein Bier gegönnt habe. Am Abend des zweiten Treffens habe er bis 22:00 Uhr gearbeitet und sich dann aber ausnahmsweise 2 bis 3 Bacardi mit Cola gegönnt.
Die Angaben des Angeklagten waren auch nicht plausibel und sind letztlich durch den Audiomittschnitt widerlegt.
Denn der Angeklagte hat an diesem Abend bis 22:00 Uhr gearbeitet. Zwischen seinem Arbeitsende und dem Beginn der Tat lagen gerade einmal eineinhalb Stunden, wobei der Angeklagte in dieser Zeit auch noch von seiner Arbeitsstelle nach Hause fahren musste. Bereits um 22:44 Uhr schrieb der Angeklagte aber an die Nebenklägerin, dass sie bereits jetzt losfahren könnten.
Es erscheint daher fernliegend, dass der Angeklagte zum einen in dieser kurzen Zeit aber auch im Hinblick auf die unmittelbar bevorstehende Verabredung eine relevante Alkoholmenge zu sich genommen hat.
Darüber hinaus war auch auf der Audioaufzeichnung in dem nach der Vornahme der sexuellen Handlungen geführten Unterhaltung zu hören, wie der Angeklagte u.a. auf die Aufforderung nochmal den Geschlechtsverkehr mit der Nebenklägerin durchzuführen, äußerte, dass er aufgrund des Stresses auf der Arbeit heute ausgepowert sei. Auch teilte der Angeklagte mit, dass er eigentlich bereits beim ersten Treffen befürchtet habe, aufgrund seines gestrigen Alkoholkonsum zu sexuellen Handlungen nicht in der Lage zu sein. Davon, dass er vor dem zweiten Treffen Alkohol getrunken habe, spricht er nicht.
7. Feststellungen zum Nachtatgeschehen
Die Feststellungen zum Nachtatgeschehen beruhen auf den glaubhaften Angaben des Zeugen KK Br. sowie den Angaben des Zeugen P. G., die dieser bei seiner polizeilichen Zeugenvernehmung am 01.08.2020 um 0:15 Uhr gemacht hatte.
III. Keine Verständigung
Eine Verständigung im Sinne des § 257c StPO fand zwischen den Verfahrensbeteiligten nicht statt.
D. Rechtliche Würdigung
I. Verbreitung pornografischer Inhalte
– Tat unter Ziffer B. I. –
Das Übersenden eines Bildes mit pornografischem Inhalt (entblößter Penis in Nahaufnahme) an eine unter 18-jährige Person erfüllt den Tatbestand der Verbreitung pornografischer Inhalte gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 1, Alt. 3 StGB (in der vom 27.01.2015 bis 31.12.2020 geltenden Fassung).
II. Zweifacher sexueller Missbrauch der Nebenklägerin durch den Angeklagten
– Taten unter Ziffer B. II. und Ziffer B. III.-
Die Taten erfüllen jeweils den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen gemäß §§ 182 Abs. 3 Nr. 1, Alt. 1, 53 StGB.
Da der Angeklagte in beiden Fällen irrigerweise davon ausging, dass die erst 11 Jahre alte Nebenklägerin bereits 14 Jahre alt wäre, ist eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern nicht möglich.
Allerdings ist der Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen erfüllt, da der zum Tatzeitpunkt 49-jährige und damit deutlich über 21 Jahre alte Angeklagte mit der unter 16-jährigen Nebenklägerin den Beischlaf vollzogen und dabei die fehlende Fähigkeit der Jugendlichen zur sexuellen Selbstbestimmung ausgenutzt hat.
E. Strafzumessung
I. Einzelstrafen
1. Verbreitung pornografischer Inhalte
– Tat unter Ziffer B. I. –
Der Strafzumessung liegt der Strafrahmen des § 184 Abs. 1 StGB zugrunde, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vorsieht.
Dabei war zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er nicht vorbestraft ist, er sich umfassend geständig gezeigt hat und sich auch mit der form- und entschädigungslosen Einziehung seines Mobiltelefons (Tatmittel) einverstanden erklärt hat.
Als Ergebnis der Abwägung dieser Umstände erachtet die Kammer die Verhängung einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen als tat- und schuldangemessen.
Die Höhe des einzelnen Tagessatzes hat die Kammer im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Angeklagten gemäß § 40 Abs. 2 S. 3 StGB auf 60,00 € festgesetzt.
2. Zweifacher sexueller Missbrauch der Nebenklägerin
– Taten unter Ziffer B. II. und Ziffer B. III –
Der Strafzumessung liegt in beiden Fällen der Strafrahmen des § 182 Abs. 3 StGB zugrunde, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren vorsieht.
Dabei war zugunsten des Angeklagten jeweils zu berücksichtigen, dass er nicht vorbestraft ist und dass er das objektive Tatgeschehen teilweise eingeräumt hat.
Zu Lasten des Angeklagten fiel jedoch jeweils ins Gewicht, dass es zu mehreren Taten gekommen ist. Beide Taten hatten jeweils mehrere und jeweils gravierende sexuelle Handlungen (vaginaler und oraler Geschlechtsverkehr) zu Gegenstand. Durch das Zusammenwirken des Angeklagten mit dem anderweit Verfolgten Sch. war – wie der Angeklagte erkannte – die Fähigkeit der Nebenklägerin zu einer selbstbestimmten Entscheidung über die Vornahme sexueller Handlungen in besonderem Maße eingeschränkt.
Als Ergebnis der Abwägung dieser Umstände erachtet die Kammer jeweils die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren als tat- und schuldangemessen.
II. Gesamtstrafenbildung
Aus den benannten Einzelstrafen war unter erneuter und zusammenfassender Würdigung der Person des Angeklagten und der einzelnen Taten (§ 54 Abs. 1 S. 3 StGB) durch Erhöhung der höchsten Einzelstrafe von 2 Jahren eine Gesamtstrafe zu bilden, welche die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen durfte (§ 54 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 StGB).
Unter nochmaliger Abwägung aller oben aufgeführten Strafzumessungsgesichtspunkte – insbesondere vor dem Hintergrund des engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs der Taten – hält die Kammer daher die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahre und 11 Monaten für erforderlich, aber auch für ausreichend.
G. Kosten
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464, 465 Abs. 1, 467 Abs. 1, 472 StPO.

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