Strafrecht

Anordnung der Entnahme und molekulargenetischen Untersuchung von Körperzellen zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren

Aktenzeichen  I Gs 1777/20

Datum:
12.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 50900
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Rosenheim
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StPO § 81g

 

Leitsatz

Es besteht Grund zu der Annahme, dass gegen einen Betroffenen künftig Strafverfahren wegen einer der in § 81g Abs. 1 StPO genannten Straftaten zu führen sind, wenn der Betroffene bereits vor der Anlassverurteilung wegen Hehlerei zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden ist und in den polizeilichen Datenbanken der Betroffene bereits wegen fünf Fällen von Diebstahlsdelikten erfasst ist. (Rn. 5 – 6) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

In dem DNA-Identitätsfeststellungsverfahren … wird gemäß §§ 81 g, 162 StPO die molekulargenetische Untersuchung der durch eine körperliche Untersuchung erlangten Körperzellen durch das Landeskriminalamt Sachgebiet 203 zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren angeordnet.
Die Entnahme eines Mundhöhlenabstrichs und für den Fall der Weigerung die Entnahme einer Blutprobe durch einen Arzt wird angeordnet, § 81 a Abs. 1 S. 2 StPO.
Die Durchsuchung der o.g. Wohnung mit Nebenräumen nach §§ 102, 105 Abs. 1 StPO zur Auffindung des Betroffenen zum Zweck der Entnahme von Körperzellen wird angeordnet.

Gründe

Der Betroffene wurde durch rechtskräftige Entscheidung des Amtsgerichts Rosenheim vom 14.05.2019 (Az. 7 Ds 470 Js 39384/18) zur Freiheitsstrafe von 10 Monaten zur Bewährung wegen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung gemäß § 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 303 Abs. 1, 303 c, 44, 52 StGB verurteilt.
Es handelt sich um eine Straftat von erheblicher Bedeutung gem. § 81 g Abs. 1 Satz 1 StPO, weil es sich um eine geplante Tat mit erhöhter krimineller Energie handelt.
Die entsprechende(n) Eintragung(en) im Bundeszentralregister oder Erziehungsregister ist/sind nicht getilgt, § 81 g Abs. 4 StPO.
Die molekulargenetische Untersuchung der Körperzellen zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts ist zum Zweck der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren erforderlich.
Es besteht Grund zu der Annahme, dass gegen d. Betroffene(n) künftig Strafverfahren wegen einer der in § 81 g Abs. 1 StPO genannten Straftaten zu führen sind.
Dies ergibt sich aus folgenden Erkenntnissen:
– Der Betroffene ist vor der Anlassverurteilung bereits wegen Hehlerei zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden.
– In den polizeilichen Datenbanken ist der Betroffene bereits wegen fünf Fällen von Diebstahlsdelikten erfasst.
Die angeordneten Maßnahmen stehen in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Tat.
Durch die körperliche Untersuchung ist ein Nachteil für die Gesundheit nicht zu befürchten.
Es ist zu vermuten, dass die Durchsuchung zum Auffinden d. Betroffenen führen wird.
D. Sachverständigen ist das Untersuchungsmaterial ohne Mitteilung des Namens, der Anschrift, des Geburtstages und -monats d. Betroffenen in anonymisierter Form zu übergeben.
Die entnommenen Körperzellen dürfen nur für die in § 81 g StPO genannte molekulargenetische Untersuchung verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind. Bei der Untersuchung dürfen andere Feststellungen als diejenigen, die zur Ermittlung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts erforderlich sind, nicht getroffen werden; hierauf gerichtete Untersuchungen sind unzulässig.


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