Strafrecht

BayAGH II, 3, 9/21

Aktenzeichen  BayAGH II – 3 – 9/21

Datum:
1.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6772
Gerichtsart:
Anwaltsgerichtshof
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Auf die Berufung der Betroffenen wird das Urteil der 3. Kammer des Anwaltsgerichts für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer München vom 08.06.2021 im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
II. Gegen die Betroffene wird die anwaltsgerichtliche Maßnahme des Verbots, auf dem Rechtsgebiet des Familienrechts als Vertreterin und Beistand für die Dauer von drei Jahren tätig zu werden, verhängt.
III. Die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen trägt die Betroffene.
Angewandte Vorschriften: §§ 43, 43 a Abs. 2, 3, 4, 5, 113 Abs. 1, 114 Abs. 1 Nr.4 BRAO, §§ 2, 10 Abs. 2 S.3, 11 Abs. 1 u. 2, 23 BORA, §§ 356 Abs. 1, 186, 194, 53, 266 Abs. 1 StGB, § 146 StPO, § 197 Abs. 2 BRAO.

Gründe

I.
Mit Urteil vom 08.06.2021 schloss die 3. Kammer des Anwaltsgerichts für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer München die Betroffene von der Rechtsanwaltschaft aus wegen einer schuldhaften Verletzung der ihr obliegenden Pflicht, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und sich der Achtung und des Vertrauens würdig zu erweisen, welche die Stellung des Rechtsanwalts erfordert, indem sie eine Untreue beging, Fremdgeld nicht unverzüglich weiterleitete, nach Beendigung des Mandats keine Abrechnung erstellte, Anfragen der Mandantin nicht unverzüglich beantwortete, die Mandantin nicht unverzüglich über alle für den Fortgang der Sache wesentlichen Vorgänge und Maßnahmen unterrichtete und insbesondere der Mandantin nicht von allen wesentlichen erhaltenen und versandten Schriftstücken Kenntnis gab, die Briefbögen mit einer falschen Kanzleibezeichnung versah, einen Parteiverrat in Tatmehrheit mit übler Nachrede beging, sich unsachlich verhielt, ihre anwaltliche Verschwiegenheitspflicht verletzte und sich ein weiteres Mal unsachlich verhielt.
Die Verteidigerin der Betroffenen hat gegen dieses Urteil noch im Termin vom 08.06.2021 zu Protokoll sowie mit Schriftsatz vom 09.06.2021, eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tag, Berufung eingelegt. Die Berufung wurde mit Schriftsatz vom 30.07.2021 begründet mit dem Ziel, die Betroffene vom Vorwurf freizusprechen, sie habe ihr obliegende berufsrechtliche Pflichten schuldhaft verletzt.
Die zulässige Berufung hatte in der Sache insoweit Erfolg, als die erstinstanzliche Entscheidung im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und ein auf drei Jahre befristetes Vertretungsverbot auf dem Gebiet des Familienrechts verhängt wurde.
II.
Zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Senat aufgrund der Angaben der Betroffenen folgende Feststellungen getroffen:
Die Betroffene ist seit 17.04.1982 bei der Rechtsanwaltskammer München als Rechtsanwältin zugelassen. Ihren Kanzleisitz hat sie unverändert in der … in … Die Betroffene wuchs, wie im erstinstanzlichen Urteil zutreffend ausgeführt, in … auf und begann nach dem Abitur ein Jurastudium, das sie nach neun Semestern mit dem ersten Staatsexamen abschloss. Nach dem zweiten Staatsexamen im Jahr 1982 arbeitete sie zunächst als freie Mitarbeiterin in der Kanzlei von Rechtsanwalt Dr. M. in … Dorthin war sie nach ihrer Heirat im Jahr 1979 gezogen.
Im August 1986 machte sie sich mit einer eigenen Kanzlei in . selbständig. Seit 1997 ist sie Fachanwältin für Familienrecht. Es besteht aktuell eine Sozietät mit Rechtsanwältin G. Z. Weitere Anwältinnen und Anwälte sind in der Kanzlei schon seit längerem und nach wie vor nicht tätig.
Die Kanzlei beschäftigt eine Angestellte.
Den Hauptumsatz mit ca. 60 – 80% erzielt die Betroffene mit familienrechtlichen Mandaten. Der Rest entfiel zuletzt auf Arbeits-, Verkehrs- und Mietrecht sowie allgemeine Straf- und Zivilsachen. Gegebenenfalls bearbeitet die Betroffene auch Mandate aus den Bereichen Erb-, Bau-, Architekten-, Internet-, Insolvenz-, Banken- und Pferderecht.
Die Betroffene, die inzwischen geschieden ist, ist seit März 2021 rentenberechtigt. Ihr stehen neben den Einkünften aus ihrer anwaltlichen Tätigkeit monatlich 770,00 € Rente aufgrund des Versorgungsausgleichs bei der Scheidung zu. Einzahlungen in das Versorgungswerk für Rechtsanwälte wurden von ihr nicht geleistet. Zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts entnimmt sie monatlich ca. 1.000,00 € aus der Kanzlei. Außerdem ist sie Eigentümerin einer noch nicht abbezahlten und vermieteten Dreizimmerwohnung. Die Miete i.H.v. 500,00 € bis 600,00 € wird von ihr zur Rückzahlung des Darlehens verwendet.
Weiter ist die Betroffene Eigentümerin einer Doppelhaushälfte in … Diese ist nach wie vor nicht fertiggestellt, d.h. es handelt sich derzeit um einen Rohbau mit Dach. Der Erwerb des Grundstücks erfolgte aus Eigenkapital. Zudem ist von der Betroffenen ein Darlehen i.H.v. 250,00 € monatlich zu bedienen.
Die Betroffene hat einen erwachsenen Sohn. Sie ist uneingeschränkt gesund.
Berufsrechtlich ist die Betroffene wie folgt vorgeahndet:
Mit Urteil des Bayerischen Anwaltsgerichtshofes vom 10.11.2008, Gz.: BayAGH II … (…), rechtskräftig seit 14.10.2009, wurde die Betroffene wegen nicht unverzüglicher Rücksendung eines Empfangsbekenntnisses zu den anwaltsgerichtlichen Maßnahmen des Verweises und einer Geldbuße i.H.v. 300,00 € verurteilt.
Mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer München vom 22.10.2011, Gz.: B., wurde gegen die Betroffene wegen eines Verstoßes gegen § 43 BRAO i.V.m. § 12 BORA eine Rüge ausgesprochen. Das sich daran anschließende anwaltsgerichtliche Ermittlungsverfahren unter dem Gz. 9 EV . wurde mit Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft München vom 22.03.2012 gemäß §§ 116 BRAO. 153 Abs. 1 StPO eingestellt.
In strafrechtlicher Hinsicht ist die Betroffene laut Bundeszentralregister bisher wie folgt in Erscheinung getreten:
Durch Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 23.07.2015, Az. … Js …wurde sie nach Maßgabe des Berufungsurteils des Landgerichts Landshut vom 21.12.2015, rechtskräftig seit 29.04.2016, wegen Untreue zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20,00 € verurteilt.
Durch Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 14.12.2017, Az.6 Ds. Js ., wurde sie nach Maßgabe des Urteils des Landgerichts Landshut vom 23.04.2018, rechtskräftig seit 26.09.2018, wegen Parteiverrats in Tatmehrheit mit übler Nachrede gemäß §§ 356 Abs. 1, 186, 194, 53 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für die Dauer von 3 Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde
III.
Die vom Senat durchgeführte Hauptverhandlung hat folgenden Sachverhalt ergeben:
1. Ab 2005 vertrat die Betroffene Frau S. in diversen familienge-richtlichen Verfahren, insbesondere im Scheidungsverfahren nebst Folgesachen. Am 05.03.2009 schloss Frau S. mit ihrem geschiedenen Ehemann im Berufungsverfahren vor dem Familiensenat des Oberlandesgerichts München einen Vergleich, in dem u.a. die Durchführung des Versorgungsausgleichs, die Ansprüche aus Zugewinnausgleich sowie der nacheheliche Ehegattenunterhalt geregelt wurden. Außerdem enthielt der Vergleich eine Regelung über den Unterhalt, den der geschiedene Ehemann für die drei gemeinsamen, damals noch minderjährigen Kinder zu zahlen hatte, nämlich für die am . geborene Tochter L. einen Betrag i.H.v. monatlich 295,00 €, für den am . geborenen Sohn L. einen Betrag i.H.v. monatlich 240,00 € und für den am . geborenen Sohn P. einen Betrag i.H.v. monatlich 237,00 €. Als anwaltliche Vertreterin von Frau S. in dem Verfahren war die Betroffene am Abschluss des Vergleichs beteiligt.
Am 21.06.2011 stellte sie Frau S. ihre oben geschilderte Tätigkeit im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht München mit 2.043,47 € in Rechnung. Auf diese Rechnung zahlte die Mandantin am 05.07.2011 einen Betrag i.H.v. 1.000,00 €. Der Restbetrag von 1.043,47 € blieb offen.
Bereits am 05.10.2010 hatte Frau S. der Betroffenen ein neues Mandat übertragen und ihr Vollmacht zur Neuberechnung und Nachforderung offenen Kindesunterhalts einschließlich etwaigen Mehrbedarfs und Sonderbedarfs erteilt. Zugleich hatte sie die Betroffene mit der Durchsetzung offener Unterhaltsansprüche der minderjährigen Kinder gegen den geschiedenen Ehemann beauftragt. In dieser Angelegenheit beantragte die Betroffene daraufhin beim Amtsgericht Landau a. d. Isar auf der Grundlage des vor dem Oberlandesgericht München geschlossenen Vergleichs vom 5. März den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen den Kindsvater, den das Gericht jedoch ablehnte. Da der Vergleich vor dem Oberlandesgericht München auf Frau S. lautete, nun jedoch Ansprüche der drei minder-jährigen Kinder geltend gemacht wurden, verlangte das Amtsgericht Landau a.d. Isar eine Umschreibung des Titels aus dem Vergleich. Nachdem die Betroffene dies hatte vornehmen lassen, erließ das Amtsgericht Landau a. d. Isar am 07.07.2011 einen entsprechenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen den Kindesvater. Die Betroffene leitete daraufhin die Zwangsvollstreckung ein und versuchte, Steuererstattungsansprüche des geschiedenen Ehemanns von Frau S. für die Jahre 2008 und 2009 zu pfänden. Dagegen erhob dieser jedoch Erinnerung, da die Betroffene den Titel ohne Vollstreckungsklausel zugestellt hatte. Es kam schließlich zur erfolgreichen Pfändung eines Anspruchs des Kindsvaters gegen den Fiskus auf Einkommensteuerrückerstattung i.H.v. 2.134,65 €. Der gepfändete Betrag von 2.134,65 € ging am 22.12.2011 auf dem Konto der Betroffenen mit der Nummer …bei der VR Bank … e.G. ein. Dieses Konto wird von der Betroffenen als Anderkonto ihrer Kanzlei verwendet. Der Betroffenen war bekannt, dass der erhaltene Geldbetrag auf Unterhaltsforderungen der drei minderjährigen Kinder ihrer Mandantin S. gezahlt worden war und dass sie als Rechtsanwältin verpflichtet war, die auf einem Anderkonto für einen bestimmten Empfänger eingehenden Gelder unverzüglich an diesen zu übermitteln. Entgegen dieser ihr bekannten Verpflichtung unterließ sie es jedoch, die Gelder an die minderjährigen Kinder von Frau S. weiterzuleiten. Das für die Kinder bestimmte Geld verblieb auf dem Anderkonto der Betroffenen und wurde umgehend mit dort stattfindenden anderen Kontobewegungen verrechnet. Am 29.12.2011 wies das Konto ein Guthaben von 2.156,12 € und am 21.01.2012 ein Guthaben von 1.193,64 € auf.
Die Betroffene unterließ es auch, Frau S., die erst Mitte Januar 2012 über ihren geschiedenen Ehemann von der Zahlung im Dezember 2011 erfuhr, sofort über den Eingang der Zahlung für die drei Kinder zu informieren. Als es Frau S. am 23.01.2012 gelang, die Betroffene telefonisch zu erreichen, bestätigte diese ihr den Geldeingang, weigerte sich jedoch, wegen der teilweise noch offenen Honorarforderung aus der Rechnung vom 21.06.2011 den Betrag auszubezahlen. Frau S., die aufgrund ihrer engen finanziellen Verhältnisse auf die Unterhaltszahlungen angewiesen war, war damit nicht einver-standen. Die Betroffene selbst wusste, dass aus ihrer Kostenrechnung vom 21.06.2011 an Honorar lediglich ein Betrag von 1.043,47 € offen war und somit bezüglich des darüber hinaus gehenden Restbetrages nicht einmal eine fällige Forderung bestand. In den Folgemonaten versuchte Frau S. mehrfach vergeblich, an das Geld für ihre minderjährigen Kinder zu gelangen. Die Betroffene war entweder für sie nicht erreichbar oder rief nicht zurück. Auch eine Abrechnung aller Honorarforderungen erstellte die Betroffene trotz mehrfacher Aufforderung durch Frau S. nicht. Die Mandantin S. wandte sich schließlich am 17.12.2012 mit der Bitte um Hilfe an die Rechtsanwaltskammer München, da die Betroffene die Unterhaltszahlung für die drei minderjährigen Kinder nach wie vor nicht an sie weitergeleitet hatte. Auch nachdem die Betroffene Mitte Januar 2013 von der eingereichten Beschwerde erfahren hatte, leitete sie die Gelder für die Kinder nicht weiter und erstellte auch keine Abrechnung ihrer Honorare. Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen der Einreichung Ihrer Beschwerde bei der Rechtsanwaltskammer München am 17.12.2012 und ihrer polizeilichen Zeugenvernehmung im Ermittlungsverfahren gegen die Betroffene am 12.01.2015 erklärte Frau S. sich damit einverstanden, dass die Betroffene den noch offenen Restbetrag aus der Kostenrechnung vom 21.06.2011 von der auf dem Fremdgeldkonto eingegangenen Unterhaltszahlung abziehen und den Rest dann an sie weiterleiten solle. Dies geschah allerdings nur auf massiven Druck seitens der Betroffenen, da Frau S. zumindest einen Teil des Geldes von dieser zu erhalten hoffte. In der Folgezeit zahlte die Betroffene allerdings weiterhin nichts aus. Erst am 03.02.2015 übersandte sie Frau S. eine Abrechnung, in der sie neben dem noch offenen Restbetrag aus der Kostenrechnung vom 21.06.2011 weitere Anwaltsgebühren für den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss i.H.v. 256,21 € sowie für das Erinnerungsverfahren im Rahmen der Zwangsvollstreckung i.H.v. 102,10 € berechnete. In Höhe dieser Honorarforderungen rechnete sie gegen die Unterhaltszahlung i.H.v. 2.137,65 € auf, so dass sich ein Guthaben zu Gunsten von Frau S. i.H.v. 735,87 € ergab. Diesen Betrag zahlte die Betroffene sodann auf das Konto von Frau S. Den Restbetrag aus der im Wege der Zwangsvollstreckung erhaltenen Unterhaltszahlung des geschiedenen Ehemannes von Frau S. leitete die Betroffene bis heute nicht weiter.
Durch das oben bezeichnete Urteil des Landgerichts Landshut vom 21.12.2015, Az. 5 Ns … Js …(AG Landshut; 2 Cs… Js …) wurde die Betroffene deshalb wegen Untreue zum Nachteil von Frau S. zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen a 20,00 € verurteilt. Das Urteil ist seit 29.04.2016 rechtskräftig.
2. Die Betroffene firmierte sowohl auf ihrem Briefbogen als auch auf ihrer Homepage www…de mit der Kurzbezeichnung „Anwaltskanzlei . & Kollegen“. Die Kurzbezeichnung „& Kollegen“ suggeriert dem rechtsuchenden Publikum, dass in der Kanzlei mindestens drei zuge-lassene Rechtsanwälte bzw. Rechtsanwältinnen tätig sind. Tatsächlich ist außer der Betroffenen selbst nur noch Rechtsanwältin Z. in der Kanzlei tätig, mithin lediglich zwei Anwältinnen.
Mit Schreiben der Rechtsanwaltskammer München vom 08.01.2014 war die Betroffene zur Einreichung eines der tatsächlichen Anzahl der in der Kanzlei tätigen Anwälte bzw. Anwältinnen entsprechenden korrigierten Briefbogens aufgefordert worden.
Die Betroffene hat nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils nunmehr ihren Briefbogen berichtigt. Eine Korrektur der Homepage ist nach wie vor nicht erfolgt.
3. a.
Aufgrund einer Strafanzeige von Herrn K. S. führte die Staatsanwaltschaft Landshut unter dem Az. 303 Js… ein Ermittlungsverfahren gegen C. S., geb. …, und M. S., geb. …, wegen Verdachts des Diebstahls eines Schuhs am 31.03.2016 in der . in Landshut. Am 31.03.2016 führten Beamte der Polizeiinspektion Landshut bei den beiden angezeigten Personen eine Wohnungsnachschau durch.
Am 11.04.2016 suchten C. S. und M. S. die Betroffene gemeinsam in deren Kanzlei auf, um sich von ihr in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin insbesondere über die strafrechtliche Situation beraten zu lassen. Im Rahmen des Erstgesprächs unterschrieben beide eine Vollmacht, auf der die Betroffene handschriftlich u.a. „Strafverteidigung“ eingetragen hatte.
Mit Schriftsatz vom 08.07.2016 zeigte die Betroffene gegenüber der Staatsanwaltschaft Landshut an, dass sie beide Beschuldigte S. vertrete, und beantragte u.a. Akteneinsicht, um „die beiden Damen gegen diesen Vorwurf zu verteidigen“. In dem Schreiben stellte sie auch Strafantrag gegen den Anzeigeerstatter K. S. und gab an, sie benötige die Akteneinsicht auch, um dessen ladungsfähige Anschrift in Erfahrung zu bringen.
Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Landshut vom 23.06.2016 wurde das Ermittlungsverfahren gegen C. und M. S. gemäß § 170 StPO eingestellt.
Mit einem weiteren Schriftsatz vom 20.09.2016 beantragte die Betroffene im Verfahren 303 Js ., den „Beschluss“ – gemeint war die Einstellungsverfügung – der Staatsanwaltschaft vom 23.08.2016 zu berichtigen und Beschlüsse für beide Beschuldigte separat zu erstellen.
Der Betroffenen war bei Übernahme des Mandats für die Strafverteidigung beider Beschuldigten S., bei Anzeige der Strafverteidigung gegenüber der Staatsanwaltschaft Landshut am 08.07.2016 und bei Abfassung des Schriftsatzes vom 20.09.2016 bewusst, dass sie durch ihr Handeln gegen das Verbot der Mehrfachverteidigung gemäß § 146 StPO verstieß und dabei auch pflichtwidrig widerstreitende Interessen der Mandantinnen bediente.
b. In Ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin war die Betroffene Prozessbevollmächtigte von Frau K. W. in einem unter dem Az. 7 F … geführten familienrechtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht Landshut. Vor dem Familiengericht unter Vorsitz der Richterin am Amtsgericht M. E. fand am 08.10.2015 ein Termin statt.
Mit Beschluss vom 25.11.2015 setzte die Richterin am Amtsgericht E. in dem Verfahren den Streitwert fest. Gegen diesen Beschluss legte die Betroffene im eigenen Namen beim Oberlandesgericht München Verfahrenswertbeschwerde ein mit dem Ziel, dass der Verfahrensstreitwert erheblich höher angesetzt werden solle. Mit Beschluss vom 14.07.2016 wies das Oberlandesgericht München (Az.: 16 WF .) die Beschwerde zurück.
Mit Schriftsatz vom 05.08.2016 erhob die Betroffene eine Gehörsrüge, die vom Oberlandesgericht München mit Beschluss vom 05.09.2016 zurückgewiesen wurde. In dem Schriftsatz vom 05.08.2016 führte die Betroffene u.a. aus, die erstinstanzliche Richterin am Amtsgericht E. habe wissentlich falsche Angaben gemacht. Die Richterin habe zu Gunsten des in der Sache von ihr unterstützten Antragstellers dessen wissentlich falsche Angaben Im Termin angenommen und protokolliert und im Zusammenhang mit der Protokollerstellung wissentlich falsche Angaben gemacht. So habe sie wissentlich falsch protokolliert, es habe übereinstimmende Angaben der Parteien gegeben. Die erstinstanzliche Richterin habe, um ihre Dienstvergehen zu verschleiern, zielgerichtet einen falschen Gegenstandswert so festgesetzt, als habe ein Unterhaltsanspruch der Mandantin der Betroffenen nicht bestanden.
Diese Behauptungen, die – wie die Betroffene wusste – nicht der Wahrheit entsprachen, waren – wie die Betroffene ebenfalls wusste – geeignet, Richterin am Amtsgericht E. verächtlich zu machen. Dies wollte die Betroffene auch.
Wegen der vorstehenden Sachverhalte führte die Staatsanwaltschaft Landshut ab September 2016 ein Verfahren wegen Parteiverrats und Beleidigung bzw. übler Nachrede gegen die Betroffene. Mit Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 14.12.2017, Az. 6 Ds …, wurde die Betroffene wegen Pateiverrats in Tatmehrheit mit übler Nachrede bei gestelltem Strafantrag zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für die Dauer von 3 Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen das Urteil legten sowohl die Betroffene selbst als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Während das Rechtsmittel der Betroffenen als unbegründet verworfen wurde, wurde das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung der Staatsanwaltschaft durch die Berufungskammer beim Landgericht Landshut (Az. 2 Ns . Js .) im Rechtsfolgenausspruch dahingehend geändert, dass die Betroffene zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt wurde. Die dagegen gerichtete Revision der Betroffenen blieb erfolglos und wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 26.09.2018 verworfen.
4. Die Betroffene vertrat Herrn M. K. Mitte 2019 in einer familien-rechtlichen Angelegenheit. Weil er mit der Arbeit der Betroffenen unzufrieden war, da diese ihn in einem Sorgerechtsstreit seiner Auffassung nach nicht zügig und erfolgreich vertreten hatte, kündigte er das Mandat und gab im Herbst 2019 in dem Bewertungsprotal des Internetdienstleisters Google eine Bewertung mit folgendem Inhalt ab, die nach wie vor bei den Rezensionen der Kanzlei unter https://www.google.de/maps/place/…+und+Kollegen+Rechtsanwälte eingestellt ist:
„ K.
1 Rezension
+ + + + + + vor einem Jahr Keinesfalls zu empfehlen, außer man sucht eine inkompetente Anwältin die weder Zeit noch Lust hat sich mit dem Fall zu beschäftigen!! Das was die Frau in zwei Monaten nicht auf die Reihe gebracht hat, hab ich nach der Kündigung meines Mandats, in drei Tagen selber geschafft! Traurig aber wahr. Das einzige wobei sie schnell ist, ist im Rechnung schreiben. Wenn sie also kompetente Beratung & Vertretung suchen, kann man von dieser Kanzlei nur abraten! Unwahrheiten in die Welt setzen kann diese Anwältin aber, das kann man ihr nicht absprechen!“
Hierauf veröffentlichte die Betroffene kurz darauf auf derselben Plattform eine bis April 2021 ebenfalls allgemein einsehbare Antwort auf die Bewertung, in der sie den vollen Namen des ehemaligen Mandanten nannte, Angaben zu dessen familiären Verhältnissen machte und auch Einzelheiten aus dem Verfahren, insbesondere zu dessen angeblicher Gewaltbereitschaft und unterbliebener fristgerechter Zahlung des Honorars, veröffentlichte. Sie trat dabei als „Inhaber“ auf:
„Antwort vom Inhaber Sehr geehrter Herr K., Sie haben hier schlicht gelogen. Sie vergessen an den geschätzten Leser die Mitteilung von Fakten und Daten, damit sich die Leser eine eigene Meinung bilden können. Die Fakten sind wie folgt: 15.01.16: Eheschließung,
01.04.17: erstes Mal Auszug der Ehefrau,
03.12.18: Geburt eheliches Kind
01,07.19: erneut Auszug der Mutter, jetzt mit Kind
11.07.19: Ihr eigener Antrag an das Amtsgericht auf alleinige Berechtigung, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen
19.07.19: Freitag 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr Besprechung, dann Mandatsübertragung 22.07.19: Montag: Erneut Besprechung ab 16.00 Uhr
22.07.19: 6-seitiger Schriftsatz mit Antragstellung zum Amtsgericht, mit Beweisanträgen
23.07.19: Eingang Info vom Jugendamt über Gefahr der Gewalttätigkeit ausgehend von Ihnen und dringende Empfehlung an das Familiengericht. Justizwachtmeister beizuziehen zum Schutz der Beteiligten an der mündlichen Verhandlung wegen Aggressivität des Herrn K.
23.07.19: Weiterer 4-seitiger Schriftsatz, an das Amtsgericht, mit Abschriften an Jugendamt/Verfahrensbeistandschafterin/gegnerische Anwaltskanzlei
24.07.19: Ab 8.00 Uhr früh Teilnahme an mündlicher Verhandlung
24.07.19: In mündlicher Verhandlung Antragstellung auf Regelung des Umgangsrechtes des Vaters mit dem Kind im Schnellverfahren Entscheidung des Gerichtes: Ein Beschluss werde ergehen
08.08.19: Zum Umgangsrecht Stellungnahme der Kindesmutter
08.08.19: Information von uns an Sie über Auskunftspflicht und Belegvorlagepflicht für Unterhalt Kind Zugleich Vorlage diverser eidesstattlicher Versicherungen, teils merkwürdig gleiches Schriftbild
20.08.19: Das Gericht gibt antragsgemäß statt dem Antrag des Jugendamtes auf Fristverlängerung zur Stellungnahme betreffend Umgang Zeit bis 30.08.19
16.08.19: Eingang Ihres Schreibens vom 13.08.19, kommentarlos, unter Vorlage des Schreibens der Vertreter der Mutter mit Kind vom 18.07.19 unter Einforderung von Unterhalt
22.08.19: Familiengericht bestimmt, wie immer in Sorgerechtsverfahren, einen Verfahrensbeistand
29.08.19:15.55 Uhr: Sie rufen an. Regen sich furchtbar über diesen Beschluss auf. Kündigen an Strafanzeige gegen die Mutter. Der Bub kenne sie schon gar überhaupt nicht mehr. Und Sie kündigen das Mandat. Mit der verleumderischen Behauptung, mit der wissentlich falschen Behauptung, man hätte sich für Ihr Anliegen keine Zeit genommen.
30.08.19: Vortrag dieser Daten an Sie.
30.08.19/03.09.19 und 05.09.19: Abwicklung der Kostenberechnung. Keine Zahlung erfolgt innerhalb der gesetzten Zahlungsfrist.“
Wie die Betroffene wusste, hatte weder der ehemalige Mandant K. in die Veröffentlichung dieser dem Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant auch nach Beendigung des Mandats unterliegenden höchstpersönlichen Informationen eingewilligt, noch war die Betroffene aufgrund der Bewertung durch Herrn K. zur Verteidigung in eigener Sache zur Offenlegung der Informationen befugt, insbesondere nicht in der von ihr gewählten Ausführlichkeit.
Zivilrechtliche Schritte gegen Herrn K. hatte die Betroffene zuvor zwar erwogen, wegen der möglichen Kosten aber letztlich ebenso verworfen wie den nach ihrer Einschätzung nutzlosen Weg, sich an den Betreiber des Portals Google zu wenden, um den Beitrag von Herrn K. entfernen zu lassen. Die Kosten für eine mögliche Beratung durch einen IT-Dienstleister wollte sie nicht aufwenden. Die verfasste Antwort diente nach ihrer Auffassung ihrem eigenen Schutz.
Herr K. fühlte sich durch diese Veröffentlichung entblößt und verraten. Er wurde teilweise auch von Dritten darauf angesprochen. Trotz entsprechen-der Aufforderung durch Herrn K. änderte die Betroffene den Eintrag nicht, sondern ließ ihn für die Dauer von fast 1 1/2 Jahren mit dem oben zitierten Wortlaut im Internet stehen. Erst während der laufenden Hauptverhandlung vor dem Anwaltsgericht (vor dem 5. Hauptverhandlungstag) nahm sie auf Anregung der Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft Änderungen an dem veröffent-lichten Text vor. Dieser lautete danach:
Antwort von Inhaber
Sehr geehrter Herr K. Sie Iügen. Die Fakten 11.07.19: Ihr eigener Antrag an das Amtsgericht 19.07.19: Freitag 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr Besprechung, dann Mandatsübertragung 22.07.19: Montag: erneut Besprechung ab 16.00 Uhr 22.07.19: 6-seitiger Schriftsatz mit Antragstellung zum Amtsgericht mit Beweisanträgen 23.07.19: Eingang Info von amtlicher Stelle, laut gesetzlicher Regelung 23.07.19: weiterer 4-seitiger Schriftsatz, an das Amtsgericht, mit Abschriften an alle Verfahrensbeteiligten 24.07.19: Ab 8.00 Uhr früh Teilnahme an mündlicher Gerichtsverhandlung 24.07.19: In mündlicher Verhandlung Antragstellung auf weiteres Verfahren wie gesetzlich vorgesehen zur Umsetzung Ihres Auftrages. Entscheidung des Gerichtes: Ein Beschluss werde ergehen. 08.08.19: Stellungnahme hierzu von der Gegenseite 08.08.19: Information von uns an Sie über ihre weiteren gesetzlichen Pflichten 20.08.19: das Gericht gibt antragsgemäß dem Antrag der zuständigen Behörde auf Fristverlängerung zur Stellungnahme statt bis 30.8. 22.08.19: Das Gericht bestimmt wie gesetzlich vorgesehen die Beteiligung der zuständigen Behörde 29.08.19: 15:55 Uhr: Sie rufen an und kündigen deshalb das Mandat. Es folgt Stellung der Kostenrechnung. Sie sind damit in diesen Eilverfahren fachgerecht und absolut schnell vertreten worden.
5. Über mehrere Jahre vertrat die Betroffene Frau G. in familien-rechtlichen Angelegenheiten. Nach langem Zuwarten übersandte sie der Mandantin Ende 2018 eine Rechnung für ihre anwaltliche Tätigkeit. Da zu diesem Zeitpunkt bereits Verjährung der Ansprüche drohte, beantragte sie zugleich den Erlass eines Mahnbescheides gegen Frau G.
Über diese Vorgehensweise verärgert und aufgrund subjektiver Unzufriedenheit mit der Arbeit der Betroffenen machte Frau G. von der Möglichkeit Gebrauch, die Betroffene im Internet unter dem Bewertungsportal von Google zu bewerten, und veröffentlichte folgende Rezension:
„G.
1 Rezension
+ + + + + + vor einem Jahr Äußerst chaotische Kanzleiführung. Wenn man die Absicht hat, einen Prozess zu verlieren, wendet man sich an die Kanzlei … Sachverhalte werden falsch weitergegeben, Fristen verpennt. Eine Rücksprache mit dem Mandanten hält man für überflüssig. Frau B. hält es nicht für notwendig, den Inhalt ihrer Briefe mit dem Mandanten abzusprechen. So hat in meinem Fall hat es Frau B. komplett versäumt Kindesunterhalt zu beantragen, obwohl ich sie mehrmals daran erinnert habe. Ihre Antwort lautete stets: „ich habe zu viel zu tun!’ Wer die gegnerische Seite beim Gewinnen des Prozesses unterstützen mochte, wendet sich an Frau B. Inkompetenz lässt grüßen!“
Auch auf diese Bewertung reagierte die Betroffene mit der Veröffentlichung einer für jedermann allgemein zugänglichen und einsehbaren Antwort an gleicher Stelle bei Google. Darin gab sie Einzelheiten aus dem Privatleben von Frau G. einschließlich Informationen über deren Tochter, Ehemann und Vermögensverhältnisse sowie über Verfahrensabläufe preis, verbunden mit Kritik an der Entscheidung der Mandantin über das weitere prozessuale Vorgehen:
„Antwort vom Inhaber
Traurig ist es, wenn Frau G. nach Trennung von dem Mann Mitte 2012 und unserer/meiner anwaltlichen Vertretung ab 31.10.2014 bis Juli 2017 jetzt noch so voller Zorn ist. Den sie jedoch gegen den Verursacher richten könnte. Jetzt so pauschal und unscharf die Anwältin zu beschimpfen, denn derzeit werden hier die Endabrechnungen gestellt, ist dann unverständlich.
Die Fakten:
Kompetenz hier: fast nach Mindeststudienzeit 1. BAYERISCHES Staatsexamen, 12 fünfstündige Klausuren u.1/2Tag mündliche Prüfung, bestanden, 2. BAYERISCHES Staatsexamen 9 fünfstündige Klausuren und 1/2Tag mündliche Prüfung, bestanden; damit Befähigung zum Richteramt: dann 1/2Jahr Ausbildung zum Fachanwalt, 3 fünfstündige Klausuren, alle bestanden; dann seit 1997 jedes Jahr spezifische Fachanwaltsfortbildung (mindestens 10, dann 15 Stunden pro Jahr) mit Nachweis an die Anwaltskammer. Und 30 Jahre Erfahrung. Frau G. benennt konkret keinen einzigen fachlichen Fehler. Insbesondere ist natürlich keine Frist versäumt worden. Kindesunterhalt: Die Tochter war volljährig. Der Vater war zur Zahlung in Verzug gesetzt. Aber: Die Entscheidung, den eigenen Vater zu verklagen hätte die studierende Tochter selbst treffen müssen. Die Tochter war NIE in unsere Kanzlei gekommen, um das zu beauftragen. Fachlich ist es nicht notwendig, jeden „Brief“ zu besprechen. Wenn wie geschehen das Ziel und der Weg dahin besprochen waren. Frau G. ist eine intelligente Frau mit verantwortungsvoller Arbeit; wenn sie etwas nicht verstanden hatte – jederzeit war und ist Vereinbarung eines Besprechungtermins möglich. Zur Auseinandersetzung des mehrfachen gemeinsamen Eigentums der Streitparteien allerdings hat sich Frau G. gegen den ihr erteilten Rat entschieden und die zu treffenden Massnahmen wohl dann der Gegenseite überlassen, da hat sie uns nicht mehr informiert. Wir hörten nichts mehr von ihr seit Sommer 2017; seit unserer letzten Antwort im Juni 2017, zu dem Zeitpunkt waren die gerichtlich laufenden Verfahren alle sachgerecht beendet. Die Kanzlei ist im Juli 2017 umgezogen. Wenn nur der Gegner alle Unterlagen über Immobilien und Schulden in Besitz hat, wenn er als Selbständiger angeblich massiv „schwindeln“ soll auch in offiziellen Zusammenhängen, dann ist es ein harter Weg, der Wahrheit nahezukommen, vor allem wenn der Andere mit solchem Vorgehen lange Jahre Erfolg gehabt hat. Diesen Weg muss der Mandant mit seinem Anwalt mitgehen, soll man das Ziel erreichen. Dass diese Kanzlei auch solche Wege geht mit ihren Mandanten, ist den Bewertungen auf allen Portalen zu entnehmen. Diesen Weg zu gehen hat Frau G. nicht entschieden. Niemand bedauert das mehr als die zuständige Sachbearbeiterin. Dass Frau G. noch 2 Beifallsgeber gefunden hat, ändert hieran nichts. Feigheit ist es, anonym zu bleiben.“
Auch hier war der Betroffenen bewusst, dass eine Einwilligung der ehemaligen Mandantin G. zur Preisgabe der im Rahmen des Mandatsverhältnisses bekannt gewordenen persönlichen Umstände in der Öffentlichkeit nicht vorlag und sie auch zur Veröffentlichung dieser umfangreichen höchst-persönlichen Informationen zur Verteidigung in eigener Sache nicht befugt war.
Zivilrechtliche Schritte gegen Frau G. hatte die Betroffene zuvor zwar erwogen, wegen der möglichen Kosten aber letztlich ebenso verworfen wie den nach ihrer Einschätzung nutzlosen Weg, sich an den Betreiber des Portals Google zu wenden, um den Beitrag der Frau G. entfernen zu lassen. Die Kosten für eine mögliche Beratung durch einen IT-Dienstleister wollte sie nicht aufwenden. Die verfasste Antwort diente nach ihrer Auffassung ihrem eigenen Schutz.
Frau G. fühlte sich durch diese Veröffentlichung entblößt und verraten. Erst während der laufenden Hauptverhandlung vor dem Anwaltsgericht (vor dem 5. Hauptverhandlungstag) nahm die Betroffene auf Anregung der Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft Änderungen an dem veröffentlichten Text vor. Dieser lautete danach:
Antwort vom Inhaber vor 2 Tagen
Frau G. wurde hier 2,5 Jahre vertreten, bis Sommer 2017; das wäre nicht der Fall gewesen, würde stimmen, was sie hier von sich gibt! Weit später, Jan. 2020. Soll man deshalb Schadenersatzklage erheben?! Das ist nicht entschieden. Es erscheint nicht zielführend. Hass gegen den Gegner sodann gegen die eigene Anwaltskanzlei zu richten. Möge Frau G. zu persönlichem Frieden finden.
III.
Der Sachverhalt zu II.1. (Komplex S.1) und zu II.3.a. und 3.b. (Komplex S.2 und Komplex E.) entspricht den tatsächlichen Feststellungen, die in den Urteilen des Landgerichts Landshut vom 21.12.2015, Az. 5 Ns … Js …, und vom 23.04.2018, Az. 2 Ns … Js …, die dem Senat vorlagen, getroffen worden sind.
Diese Feststellungen des Landgerichts Landshut als der jeweils letzten strafrechtlichen Tatsacheninstanz, auf denen die rechtskräftigen Verurteilungen der Betroffenen wegen Untreue sowie Parteiverrat in Tatmehrheit mit übler Nachrede beruhen, sind gemäß § 118 Abs. 3 BRAO für die Entscheidung im anwaltsgerichtlichen Verfahren bindend. Die Bindungswirkung umfasst dabei die objektive und subjektive Tatseite (BGHSt 33, 59 = NJW 1985, 1089) wie auch die vom Strafgericht verwerteten Tatumstände und Tatmotive. Die Richtigkeit der getroffenen Feststellungen bezweifelt der Senat nicht. Aufgrund der bestehenden Bindungswirkung war damit eine Beweisaufnahme hierrüber nicht mehr möglich.
Im Übrigen stehen die festgestellten Sachverhalte fest aufgrund der eigenen Angaben der Betroffenen, soweit diesen gefolgt werden kann und diese nicht im Widerspruch zu den für den Senat bindenden Feststellungen der Strafgerichte stehen.
Die Betroffene hat sich umfassend vor dem Senat zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen geäußert. Sie hat dabei folgende Angaben gemacht:
Frau S., die ihr aus einer Abrechnung vom 21.06.2011 noch einen Teilbetrag von 1.043,47 € schuldete, weil sie Geld für diverse Maßnahmen benötigt habe, habe – anders als im Strafverfahren festgestellt – mit ihr verabredet, sie könne den auf ihrem Anderkonto eingehenden beizutreibenden Kindesunterhalt für die von der Mandantin beauftragten anwaltlichen Tätigkeiten als Honorar behalten. Vom Eingang insoweit gepfändeter 2.137,65 € auf ihrem Anderkonto am 22.12.2011 habe sie erst durch den Anruf von Frau S. im Januar 2012 erfahren. Sie selbst habe damals eine schwierige Zeit aufgrund von Problemen mit ihrem Mann durchlebt.
Das Geld habe sie nicht herausgegeben, weil sie die Vereinbarung mit Frau S. für wirksam gehalten habe. Sie habe dann für Frau S. weitergearbeitet, die ja kündigen hätte können. Nach Verjährung ihres eigenen Honoraranspruchs habe ihr die Rechtsanwaltskammer geschrieben, sie habe das Geld eingesteckt.
Eine Untreue habe sie nicht begangen. Auf Vorhalt hat sie dann zugestanden, dass sie den Kindesunterhalt nicht einbehalten hätte dürfen und ihre anwaltliche Tätigkeit gesondert abzurechnen gewesen wäre. Sie habe die Kinder aus den Augen verloren und sich auf die Sache eingelassen, weil sich die Mutter, d.h. Frau S. dies eingebildet habe. Es sei zutreffend, dass sie nicht ordnungsgemäß abgerechnet und über 735,87 € hinaus nichts weiter an Frau S. ausbezahlt habe. Heute stelle sie ihre Rechnungen sofort.
Das Ganze sei ein kolossaler Blödsinn gewesen. Die Ausreichung der ca. 2.000,00 € Kindesunterhalt sei aber nicht gefährdet gewesen. Sie habe damals 146.000,00 € auf ihrem eigenen Festgeldkonto gehabt.
Die Firmierung betreffend hat die Betroffene den festgestellten Sachverhalt eingeräumt und glaubhaft angegeben, ihre Briefbögen – wie auch aus jüngst bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen ersichtlich – nun geändert zu haben. Weiter hat sie auf Vorhalt bestätigt, ihre Homepage bislang nicht korrigiert zu haben. Sie kenne sich damit nicht aus und es sei ihr bislang nicht gelungen, diese ändern zu lassen. Es sei richtig, dass sie diese auch komplett vom Netz hätte nehmen können.
Sie sei da schon einsichtig.
Auch betreffend die Vertretung von Mutter und Tochter S. hat die Betroffene den festgestellten Sachverhalt letztlich zugegeben.
Sie sei davon ausgegangen, die Unschuld der Damen sei schon nachgewiesen und die Staatsanwaltschaft stelle die Sache sowieso ein. Sie habe Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft genommen, um an die Adresse des Nachbarsohns zu gelangen, der immer Ärger gemacht habe und gegen den diese hätten vorgehen wollen, bzw. weil bezüglich der Mandantinnen zweimal derselbe Vorname genannt worden sei. Eine Rechnung für die Strafvertretung habe sie nicht gestellt. Einen Interessenkonflikt habe sie nicht gesehen.
Wiederum auf Vorhalt, hat die Betroffene dann erklärt, sie wisse durchaus, dass für den Fall, dass zwei einer Tat bezichtigt würden, jeder einen Anwalt brauche. § 146 StPO und dessen Bedeutung seien ihr schon bewusst gewesen. Sie könne auch nicht sagen, warum sie das dann so gemacht habe. Sie habe nicht das Recht gehabt, das Vorliegen eines Interessengegensatzes zu prüfen. Das habe sie auch gar nicht gekonnt.
Das Ganze täte ihr leid.
Betreffend die Anwürfe gegen die Richterin E. hat die Betroffene angegeben, Einwendungen betreffend die Streitwertfestsetzung seien von dieser nicht protokolliert worden. Sie habe – anders als im Strafverfahren festgestellt – nur Vermutungen zur Ursache der Nichtprotokollierung geäußert. Dies hätte sie sich auch sparen können. Sie rechne der Richterin hoch an, dass diese eingeräumt habe, etwas nicht protokolliert zu haben.
Es täte ihr leid. Sie hätte nicht spekulieren dürfen.
Was ihre Mandanten K. und G. anbelangt, hat die Betroffene die insoweit festgestellten Sachverhalte gleichfalls nicht in Abrede gestellt.
Zur Motivation ihres Tuns hat sie angegeben, Herr K. habe sie unglaublich verleumdet. Er habe behauptet, sie habe Wochen über Wochen nichts getan, obwohl es um ein kleines Kind gegangen sei. Da sie den Eintrag nicht löschen habe können, habe sie die Tatsachen dann richtiggestellt. In den nachfolgend gegen ihre Mandanten K. und G. erhobenen Zivilklagen, die sie zwischenzeitlich wieder zurück-genommen habe, habe sie zwar auch Mandatsinterna offengelegt. Man müsse aber ausführen, was wer gesagt hat, wenn man Löschung, Unterlassung und Schadensersatz wolle. Nach eingehendem Vorhalt unter Aufzeigen der Problematik am Beispiel eines an die ärztliche Verschwiegenheitspflicht gebundenen Arztes, meinte sie dann, sie sehe schon das Problem, das sich aus ihrer Pflicht zur Verschwiegenheit ergebe. Aber Herr K. sei selbst mit vollständigem Namen ins Internet gegangen und habe ihr bewusst schaden wollen.
Die Sache mit Frau G. täte ihr leid. Jeder Streit mit Frau G. täte ihr leid. Herrn K. hätte sie anders greifen müssen. Rache empfinde sie nicht. Er habe ihr aber schaden wollen.
IV.
Entgegen dem Ziel der Betroffenen war diese nicht freizusprechen. Darüber hinaus war aber auch sonst eine Abänderung des Schuldspruchs nicht veranlasst und ist die Berufung insoweit unbegründet.
Die Betroffene hat nach den getroffenen Feststellungen schuldhaft ihre Pflichten aus §§ 43, 43a BRAO verletzt und folgende Verstöße begangen:
Zu II.1. (Mandat S.1)
Die Betroffene hat sich insoweit bei ihrer Berufsausübung einer Untreue schuldig gemacht.
Ein Rechtsanwalt, der sich im Rahmen eines bestehenden Anwaltsvertrags zur Weiterleitung bestimmte Fremdgelder auf sein Geschäftskonto einzahlen lässt und weder uneingeschränkt bereit noch jederzeit fähig ist, einen entsprechenden Betrag aus eigenen flüssigen Mitteln vollständig auszukehren, macht sich der Untreue in der Variante des Treuebruchtatbestands (§ 266 Abs. 1 Var. 2 StGB) strafbar. Für den Mandanten oder einen von diesem bestimmten Empfänger eingehende Gelder hat er unverzüglich zu übermitteln oder, falls dies ausnahmsweise nicht sofort durchführbar ist, den Mandanten hiervon sofort in Kenntnis zu setzen und dafür zu sorgen, dass ein dem Geldeingang entsprechender Betrag bei ihm jederzeit für den Berechtigten zur Verfügung steht (vgl. BGH, Beschluss v. 29.1.2015 – 1 StR 587/14, NJW 2015, 1190). Dass die Betroffene grundsätzlich finanziell dazu in der Lage gewesen sein mag, einen Betrag entsprechend den auf ihrem Konto eingegangenen 2.137,65 € auszureichen, steht danach einer Untreue nicht entgegen. Auch ein solventer Schuldner macht sich wegen Untreue strafbar, wenn er zwar zahlen könnte, seinem Gläubiger die diesem zustehenden Gelder aber auf Dauer vorenthalten will. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen, die für den Senat bindend sind, hat hier die Betroffene ihre fehlende Bereitschaft zur Auskehrung des Geldes klar zum Ausdruck gebracht. So wurden die 2.137,65 € auf ihrem Konto umgehend mit anderen Kontobewegungen verrechnet. Der Eingang der 2.137,65 € wurde Frau S. nicht mitgeteilt, ihr vielmehr erst einen Monat später von der Betroffenen auf Nachfrage bestätigt. Trotz des Verlangens der Mandantin, ihr das Geld auszubezahlen, hat die Beklagte dies explizit verweigert. Dabei hatte sie gegen die Mandantin bekanntermaßen nur eine fällige Forderung i.H.v. 1.043,47 €. Auch nachfolgend gab die Betroffene ihre Haltung nicht auf. Obwohl sich Frau S. nach dem 17.12.2012 auf massiven Druck hin in der Hoffnung, an den überschießenden Betrag zu gelangen, mit einer Verrechnung der 1.043,47 € einverstanden erklärt hatte, behielt sie weiterhin die gesamte Summe ein. Sie rechnete ihre weiteren Tätigkeiten auch nicht ab, sondern stellte Frau S. erst Jahre später am 03.02.2015 weitere Anwaltsgebühren i.H.v. 256,21 € und 102,10 € in Rechnung. Erst dann entschloss sie sich, einen Teilbetrag von 735,87 € auszubezahlen.
Im Übrigen kam eine Verrechnung mit der noch offenen Honorarforderung von 1.043,47 € ohnehin nicht in Betracht. Hat nämlich ein Elternteil aus einem von ihm erwirkten Titel auf Kindesunterhalt vollstreckt und ist der Erlös an seinen Verfahrensbevollmächtigten geleistet worden, so kann dieser gegen den Auszahlungsanspruch nicht mit solchen Gegenforderungen gegen den Elternteil aufrechnen, die nicht im Zusammenhang mit der Durchsetzung des Kindesunterhalts stehen (vgl. BGH, Urteil vom 29.11.1990 – IX ZR 94/90, NJW 1991, 839, zu einem gemäß § 1629 Abs. 3 BGB erwirktem Titel).
Letztlich war der Betroffenen nach den bindenden strafgerichtlichen Feststellungen und ihrer Einlassung vor dem Senat auch bekannt, dass sie zur unverzüglichen Weiterleitung des eingegangenen Kindesunterhalts verpflichtet gewesen wäre.
Aufgrund der die Verurteilung wegen Untreue tragenden strafgerichtlichen Feststellungen hat die Betroffene damit auch gegen ihre anwaltliche Verpflichtung verstoßen, erhaltenes Fremdgeld unverzüglich weiterzuleiten (§ 43a Abs. 5 BRAO), nach Beendigung des Mandats eine Abrechnung zu erstellen, Anfragen der Mandantschaft unverzüglich zu beantworten und diese unverzüglich über alle für den Fortgang der Sache wesentlichen Vorgänge und Maßnahmen zu unterrichten (§ 43a Abs. 5 BRAO, §§ 11 Abs. 1 und 2, 23 BORA).
Zu II.2. (Firmierung)
Die Betroffene hat diesbezüglich gegen ihre Verpflichtung verstoßen, mindestens eine der Kurzbezeichnung entsprechende Zahl von Gesellschaftern, Angestellten oder freien Mitarbeitern auf den Briefbögen aufzuführen (§ 10 Abs. 2 S.3 BORA).
Zu II.3.a (Mandat S. 2).
Die Betroffene hat sich im Hinblick auf dieses Mandat eines Parteiverrats strafbar gemacht (§ 356 Abs. 1 StGB, § 146 StPO). Zudem hat sie aufgrund der bindenden strafrechtlichen Feststellungen und letztlich auch ihrer eigenen Einlassung gegen ihre anwaltliche Verpflichtung verstoßen, keine widerstreitenden Interessen zu vertreten (§ 43a Abs. 4 BRAO)
Danach ist es nämlich einem Rechtsanwalt untersagt, widerstreitende Interessen zu vertreten, wenn sie aus derselben Rechtssache bzw. demselben Sachverhalt gegenläufig abzuleiten sind. Die Beteiligung verschiedener Täter an derselben Tat stellt dieselbe Rechtssache dar, so dass bei Interessenwiderstreit ein Rechtsanwalt diese nicht (gleichzeitig) verteidigen darf. Bei gleichzeitiger Verteidigung wird gemäß § 146 StPO der Interessenwiderstreit unwiderlegbar vermutet (OLG Düsseldorf JMBl. NW 1984, 234; OLG Karlsruhe MDR 1977, 777; Weyland/Träger, 10. Aufl. 2020, BRAO § 43a). Mutter und Tochter S. wurden hier ein und derselben Straftat verdächtigt und gegen sie ein einheitliches staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren geführt.
Zu II.3.b (Richterin E.).
Die Betroffene hat sich insoweit einer üblen Nachrede strafbar gemacht (§§ 186, 194 StGB). Zudem hat sie sich unsachlich verhalten (§ 43 a Abs. 3 BRAO).
Insbesondere hat die Betroffene nach den, den Senat bindenden strafrechtlichen Feststellungen nicht nur Vermutungen geäußert, sondern Tatsachen behauptet.
Zu II.4. und 5. (Mandate K. und G.)
Diesbezüglich hat die Betroffene durch ihre bei Google Maps veröffentlichten Antworten auf die dort abgegebenen Bewertungen, in denen sie jeweils Details aus dem Mandat, über die von ihr vertretene, namentlich benannte Person und deren Angehörige sowie über das familiengerichtliche Verfahren preisgegeben hat, jeweils ihre anwaltliche Verschwiegenheitspflicht verletzt und sich unsachlich verhalten (§ 43a Abs. 2 u. 3 BRAO).
Gemäß § 2 Abs. 3 BORA liegt zwar ein Verstoß gegen die Pflicht zur Verschwiegenheit nicht vor, soweit Gesetz und Recht eine Ausnahme fordern oder zulassen. So kann etwa zur Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen aus dem Mandatsverhältnis oder zur Verteidigung des Rechtsanwalts in eigener Sache die Offenbarung erforderlich und damit aus dem Gesichtspunkt des rechtfertigenden Notstands (§ 34 StGB; § 128 BGB) und nach dem Grundsatz der Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB) gerechtfertigt sein, wobei aber stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist. Sieht sich etwa ein Rechtsanwalt berufsrechtlichen Vorwürfen des Mandanten ausgesetzt, kann eine Befugnis bestehen, Mandatsgeheimnisse zu offenbaren, allerdings nur soweit dies zur Wahrung seiner Rechte erforderlich ist. Dies gilt auch bei wahrheitswidrigen Vorwürfen des Mandanten in der Öffentlichkeit (Weyland/ Träger, 10. Aufl. 2020, BRAO § 43a Rn. 28, 29).
Die Betroffene war danach in Bezug auf die Bewertung ihres Mandanten K. zu einer Offenlegung irgendwelcher Details aus dem Mandatsverhältnis keineswegs berechtigt. Wie die Betroffene ausweislich ihrer Antwort selbst erkannt hat, entbehrte die Bewertung desselben jeglicher Fakten und war damit für einen Leser schon nicht geeignet, nachzuvollziehen, ob die gemachten Vorwürfe tatsächlich gerechtfertigt erscheinen. Weder ergab sich daraus, worauf sich die Mandatierung bezogen hat, noch was die Betroffene in zwei Monaten nicht auf die Reihe gebracht haben soll, aber offenkundig leicht zu schaffen war, und welche Unwahrheiten sie in die Welt gesetzt haben soll. Die Betroffene war daher zwar berechtigt, dessen geschäftsschädigender Darstellung auf derselben Internet-Plattform und für alle einsehbar entgegenzutreten. So hätte sie etwa auf die völlige Substanzlosigkeit der in keiner Weise nachvollziehbaren und damit offensichtlich unbegründeten Anwürfe, die möglicher Weise einer Rechnungsstellung zur Unzeit geschuldet waren, hinweisen können. Weiter hätte sie ihre Antwort, wie zuletzt geschehen, fassen können. Keinesfalls bedurfte es jedoch zur Wahrung ihrer berechtigten Interessen einer Offenlegung der schwierigen familiären Verhältnisse des Mandanten bei Aufzeigen von dessen möglicher Gewalttätigkeit oder des Hinweises auf diverse, von ihm vorgelegte eidesstattliche Versicherungen mit teils merkwürdig gleichem Schriftbild. Den Mandanten K. mithilfe des im Rahmen des Mandats erlangten Wissens bloßzustellen und ihn – wie in den Raum gestellt – als möglichen Straftäter herabzusetzen, war zur Abwehr seiner, von der Betroffenen für unzutreffend erachteten geschäftsschädigenden Vorwürfe vollkommen unnötig.
Nicht anders liegt es im Fall der Mandantin G. Auch wenn diese etwas konkreter geworden ist, war es auch hier völlig überflüssig zur Abwendung einer Geschäftsschädigung Einzelheiten aus deren Privatleben offenzulegen und etwa deren Ehemann bei Verweis darauf, dass er als Selbständiger angeblich massiv „schwindeln“ soll, öffentlich bloßzustellen.
Die Betroffene hat sich insoweit auch unsachlich verhalten, da ihr zu einer solchen herabsetzenden Äußerung keine Veranlassung gegeben wurde (§ 43a Abs. 3 S.2 BRAO).
V.
Die Berufung der Betroffenen ist lediglich insoweit erfolgreich, als ein Vertretungsverbot, mithin eine mildere Maßnahme als der vom Anwaltsgericht ausgesprochene Ausschluss aus der Rechtanwaltschaft, zur Ahndung ausreichend erschienen ist.
1. Der Senat hat der ausgesprochenen Ahndung folgende Überlegungen zugrunde gelegt:
a. Zu Lasten der Betroffenen ist zu berücksichtigen, dass sie eine Vielzahl von Pflichtverletzungen begangen und dabei in mehrfacher Hinsicht gegen Kardinalpflichten verstoßen hat, die das Leitbild des Anwaltsberufs prägen, nämlich die in § 43a BRAO aufgeführte Verschwiegenheitspflicht, das dort genannte Sachlichkeitsgebot, das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen sowie die Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung erhaltenen Fremdgeldes.
Zu sehen ist auch, dass die Betroffene, wenn auch länger zurückliegend, anwaltsgerichtlich vorgeahndet ist. Gegen sie wurde ein Verweis und eine Geldbuße ausgesprochen. Zudem sind strafrechtliche Verurteilungen im Hinblick auf die anwaltliche Tätigkeit der Betroffenen erfolgt, die nach § 115b S.1 BRAO einer Maßnahme gemäß § 114 Abs. 1 Nr.4 oder 5 BRAO nicht entgegenstehen. Wie aufgezeigt wurde gegen die Betroffene wegen der auch hier verfahrensgegenständlichen Straftaten der Untreue sowie des Parteiverrats in Tatmehrheit mit übler Nachrede eine Geldstrafe bzw. eine Freiheitsstrafe verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
Betreffend die Mandantin S.1 erstreckte sich das zu beanstandende Verhalten über einen erheblichen Zeitraum. Zudem hat es sich bei dem einbehaltenen Geld um Kindesunterhalt gehandelt, d.h. dieses zur Bestreitung des Lebensbedarfs dienende Geld wurde erkennbar dringend benötigt, gleichwohl aber hartnäckig vorenthalten.
Die üble Nachrede bezüglich der Richterin Eichner hatte erhebliches Gewicht, d.h. diese wurde schwerer Dienstvergehen bezichtigt.
Die Verletzungen der anwaltlichen Verschwiegenheitspflichten waren zudem äußerst gravierend, d.h. eine öffentliche Bloßstellung über geraume Zeit – wie erfolgt – war nicht ansatzweise nötig, um den Vorwürfen der Mandanten wirksam entgegenzutreten. Die Betroffene hat diese absehbar, d.h. ersichtlich gewollt einer jedenfalls erheblichen psychischen Belastung ausgesetzt und auch das Ansehen der Anwaltschaft und das Vertrauen in diese dadurch in hohem Maße beeinträchtigt, dass sie sich offenkundig aus Verärgerung, Enttäuschung oder Rache massiv über ihre anwaltschaftlichen Verschwiegenheitspflichten hinweggesetzt hat.
b. Zu Gunsten der Betroffenen spricht, dass sie die äußeren Sachverhalte von Anfang an zumindest im Wesentlichen eingeräumt und sich dann in der Berufungsverhandlung insgesamt weitgehend geständig gezeigt hat.
Dass sie zunächst auch vor dem Senat bezogen auf verschiedene Vorwürfe wiederholt erläuterte, weshalb sie ihr Tun für gerechtfertigt angesehen hat, steht dem nicht entgegen. Letztlich hat die Betroffene nämlich zugestanden, dass sie sich falsch verhalten hat.
Die Betroffene hat weiter zwischenzeitlich ihre Briefbögen korrekt geändert. Die Einträge bei Google Maps wurden deutlich versachlicht und abgemildert. Kurzzeitig gegen die Mandanten K. und G. erhobene Klagen, die aus der Diskussion vor dem Anwaltsgericht, wie sich die Betroffene ohne Verletzung ihrer beruflichen Pflichten unwahrer Behauptungen erwehren könne, entstanden waren, wurden alsbald wieder zurückgenommen. Die Betroffene hat sich also, wie ebenfalls zu ihren Gunsten zu werten, mittler-weile um Schadensbegrenzung bemüht, auch wenn es hierzu erst des Gerichtsverfahrens bedurfte, in welchem ihr die möglichen Folgen ihrer Verfehlungen zunehmend deutlicher vor Augen geführt wurden.
Dass Frau S. bei der Betroffenen tatsächlich Schulden hatte, ändert zwar an den diesbezüglich begangenen ganz erheblichen Pflichtwidrigkeiten nichts, macht aber den Einbehalt eines Betrages in zumindest entsprechender Höhe ansatzweise nachvollziehbar, und lässt diesen inso-weit in geringfügig milderen Licht erscheinen.
Dies gilt auch für die schwerwiegenden Verletzungen der Verschwiegenheitspflichten, d.h. diese waren dadurch veranlasst, dass die Betroffene sich durch die tatsächlich äußerst negativen Bewertungen ihrer Mandanten, die sie glaubhaft für völlig unberechtigt gehalten hat, angegriffen fühlte und ihr hieraus erwachsenden Schaden befürchtete.
Letztlich hat sich die Betroffene auch reuig gezeigt und ihr nunmehriges Unverständnis über ihr damaliges Vorgehen zum Ausdruck gebracht.
2. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls hält es der Senat daher für erforderlich, aber auch genügend, die Pflichtverletzungen mit einem Vertretungsverbot auf dem Gebiet des Familienrechts für die Dauer von drei Jahren zu ahnden.
a. Von einem Ausschluss aus der Anwaltschaft hat der Senat abgesehen. Ein vorläufiges Berufs- oder Vertretungsverbot gemäß § 150 BRAO kam demgemäß nicht in Betracht.
Bei einem Ausschluss handelt es sich um die schärfste aller in Betracht kommenden berufsrechtlichen Maßnahmen. Der Ausschluss muss erforderlich sein, um einer Gefährdung der Rechtspflege und einer Minderung des Ansehens der Anwaltschaft entgegenzuwirken. Zur Vermeidung unverhältnismäßiger Eingriffe in die Berufsfreiheit ist eine Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit und Gesamtverhalten vorzunehmen. Nur wenn nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Entscheidung die Prognose gerechtfertigt erscheint, das der Betroffene als Rechtsanwalt untragbar ist, weil von ihm eine Gefährdung der Rechtspflege ausgeht, darf auf die Ausschließung erkannt werden (BGH StV 1992, 28; BGHSt 39, 281 (285) = NJW 1994, 206).
Zwar hat die Betroffene eine Vielzahl teils schwerwiegender anwaltlicher Pflichtverstöße begangen, die jedenfalls in ihrer Gesamtheit eine Maßnahme gemäß § 114 Abs. 1 Nr.5 BRAO denkbar erscheinen lassen.
Bei der hier gebotenen Gesamtwürdigung liegen jedoch nach jetzigem Erkenntnisstand keine Umstände vor, die es erfordern würden, einer Gefährdung der Rechtspflege und einer Minderung des Ansehens der Anwaltschaft durch den Ausschluss der Betroffenen entgegenzuwirken.
Diese ist seit ca. 40 Jahren Rechtsanwältin. Sie kennzeichnet, dass sie ihre Rechtspositionen mit Nachdruck und Vehemenz vertritt. Dabei fühlt sich seit längerem zu Unrecht von staatlicher Seite verfolgt und ungerecht behandelt. Zwischenzeitlich hatte die nunmehr geschiedene Betroffene selbst mit Eheproblemen zu kämpfen. Ihren Beruf, dem sie insbesondere auf dem Gebiet des Familienrechts glaubhaft äußerst engagiert nachgeht, will sie trotz fortgeschrittenen Alters unbedingt weiterhin ausüben.
Soweit es zwischenzeitlich zu neuen Beschwerden und Ermittlungs- bzw. Strafverfahren gegen die Betroffene gekommen ist, wurden daraus resultierende berufsrechtliche Ahndungen oder strafrechtliche Verurteilungen – mit Ausnahme einer nicht rechtkräftigen Geldstrafe wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort – nicht festgestellt. In einem zuletzt vor dem Landgericht Traunstein geführten Strafverfahren wurde die Betroffene vom Vorwurf der Verleumdung zum Nachteil einer Richterin rechtskräftig freigesprochen.
Die Betroffene hat sich bei sehr langer Verfahrensdauer der mehrtägigen Hauptverhandlung vor dem Anwaltsgericht wie auch der Berufungsverhandlung gestellt.
Der bereits in der Verhandlung über das vorläufige Berufsverbot gewonnene Eindruck, dass die Betroffene zwischenzeitlich den Ernst der Lage sehr wohl erkannt hat, hat sich dabei weiter verfestigt. Sie zeigte sich nach wie vor beeindruckt. Ihr Auftreten war ruhig und nachdenklich. Ein hartnäckiges Beharren auf den eigenen Standpunkten war nicht mehr erkennbar. Sie zeigte sich vielmehr Gegenargumenten gegenüber aufgeschlossen und ist von ihren eigenen Ansichten letztlich abgerückt. Pflichtverletzungen wurden eingestanden und offen als Fehler bezeichnet. Insbesondere was die Verstöße gegen die anwaltliche Verschwiegenheitsplicht anbelangt, hat die Betroffene aus Sicht des Senats nach Erörterung der Problematik glaubhaft Einsicht und Reue insbesondere bezogen auf ihre Mandantin G. gezeigt. Bei Berücksichtigung der Persönlichkeit der Betroffenen kam damit eine deutliche Abkehr von ihrem zurückliegenden Verhalten zum Ausdruck.
Da die Verfehlungen auch allergrößtenteils schon länger zurückliegen und die äußeren Folgen der Tat in Bezug auf die Mandanten K. und G. zwischenzeitlich dadurch abgemildert wurden, dass die Betroffene ihre Kommentare abgeschwächt hat und sie ersichtlich nicht mehr gegen diese gerichtlich vorgehen will, ist diese aus Sicht des Senats als Rechtsanwältin weiterhin tragbar. Sie erscheint nunmehr ausreichend geläutert, um nicht mehr einer Gefährdung der Rechtspflege und einer Minderung des Ansehens der Anwaltschaft durch ihren Ausschluss entgegenwirken zu müssen. Auch wenn der von der Verteidigung beantragte Freispruch den Eindruck von Einsicht etwas verwässern könnte, hat die Betroffene in ihrem letzten Wort doch sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie weiß, dass sie durch ihr Verhalten ihre langjährige berufliche Existenz riskiert hat. Die für einen Ausschluss erforderliche, von der Betroffenen weiter ausgehende Gefahr sieht der Senat daher nicht.
b. War der Betroffenen damit zu ermöglichen, ihren Beruf weiter auszuüben, erachtet der Senat eine mildere Maßnahme als ein Vertretungsverbot nach § 114 Abs. 1 Nr.4 BRAO für unzureichend.
Die Häufung der teils schweren Pflichtverletzungen über die letzten Jahre hinweg macht es unerlässlich, die Betroffene, die erst unter dem Eindruck dieses Verfahrens begonnen hat, Einsicht zu zeigen und ihr Verhalten bei der gebotenen Berücksichtigung der Interessen anderer zu reflektieren, äußerst nachdrücklich an die Einhaltung ihrer Berufspflichten zu mahnen, um so dem Interesse an der Erhaltung einer integren Anwaltschaft zu genügen. Dies gilt auch, weil ein, wenn auch vor längerer Zeit ausgesprochener Verweis mit Geldbuße keine nachhaltige Wirkung hervorzurufen vermochte, wie insbesondere das nachfolgende Vorgehen in Bezug auf die Mandantin Sandner gezeigt hat.
c. Der Senat sieht dabei eine Begrenzung des Vertretungsverbots auf das Rechtsgebiet Familienrecht für eine Dauer von drei Jahren als angemessen an.
Bei der Frage, welche Rechtsgebiete im Einzelfall für das Vertretungs- und Beistandsverbot in Betracht kommen, ist unter Berücksichtigung der Schuld des Rechtsanwalts und des mit der Maßnahme verfolgten Zwecks zu entscheiden. Regelmäßig handelt es sich hierbei um das Rechtsgebiet, auf dem sich der Rechtsanwalt Berufspflichtverletzungen zu Schulden kommen hat lassen. Dabei gebietet es das Interesse der Öffentlichkeit, Anwälte von der Vertretung auf Rechtsgebieten auszuschließen, auf denen sie schwere Berufspflichtverletzungen begangen haben.
Vorliegend beziehen sich die besonders schwerwiegenden Verstöße fast ausschließlich auf das Familienrecht, weshalb ein Vertretungsverbot bezogen hierauf auszusprechen war.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Betroffenen, deren Tätigkeit sich derzeit auf weit über die Hälfte auf das Familienrecht erstreckt, dadurch jedenfalls vorrübergehend die hauptsächliche Einnahmequelle verloren geht. Das Vertretungsverbot stellt damit eine äußerst spürbare, angesichts der Verfehlungen der Betroffenen aber angemessene und zur Einwirkung auf diese gebotene Sanktion dar.
Zudem behält die Betroffene so anders als beim Ausschluss zumindest die Chance, ihren Beruf weiter auszuüben. Da die Betroffene nach eigenem Bekunden, wie nochmals in der Berufungsverhandlung bestätigt, neben dem Familienrecht diverse Rechtsgebiete bearbeitet, ist nach Überzeugung des Senats davon auszugehen, dass es ihr bei entsprechender Anstrengung möglich sein wird, diesen Verlust, zumal bei einer entsprechenden, gegebenenfalls sukzessiven Umorganisation der Geschäfte in der Kanzlei, durch das Generieren von Mandaten auf anderen Gebieten abzumildern bzw. fortschreitend auszugleichen. Ein Vertretungsverbot, das einem Berufsverbot auf Zeit gleichkommt, bzw. ein Verlust der beruflichen Existenz liegt damit nicht vor.
Die Dauer dieses, wie dargelegt, spürbaren Vertretungsverbots siedelt der Senat im oberen mittleren Bereich an. Dies wird dem Gewicht der Verfehlungen gerecht als auch der Tatsache, dass die Vorahndungen und Vorstrafen schon länger zurückliegen und die Betroffene sich letztlich weitgehend geständig gezeigt hat und um Schadenswiedergutmachung bemüht war.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 BRAO. Es erscheint angemessen, dass die Betroffene die Kosten des Verfahrens trägt. Ihr Rechtsmittel war nur insoweit erfolgreich, als eine mildere Maßnahme verhängt wurde


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