Strafrecht

Disziplinarmaß: Rückstufung in der Besoldung

Aktenzeichen  M 13L DK 16.3727

Datum:
5.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 162866
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 3, Art. 6 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 S. 1, Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, Art. 25 Abs. 1, Abs. 2, Art. 47 Abs. 2 S. 1
StGB § 334 Abs. 1

 

Leitsatz

Für die vorsätzliche Straftat der Bestechung als außerdienstliche Dienstpflichtverletzung ist die  Zurückstufung um eine Stufe in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt angemessen.  (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Gründe

Die zulässig erhobene Disziplinarklage führt in Anwendung von Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) i.d.F. d. Bek. vom 24. Dezember 2005 (GVBl S. 665; BayRS 2031-1-1-F) zur Zurückstufung der Beklagten um eine Stufe in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt.
I.
Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Von der Beklagten wurden keine Verfahrensmängel geltend gemacht, sie sind auch sonst nicht erkennbar. Die Beklagte wurde zu allen Verfahrensschritten und nach dem Abschluss der Ermittlungen abschließend angehört.
II.
Gegenstand der disziplinarrechtlichen Beurteilung im vorliegenden Verfahren ist der Sachverhalt, der vom Kläger im Einzelnen in der Disziplinarklage vom 12. August 2016 (dort zu Ziffer III. der Begründung, S. 5 f) dargestellt worden ist, und der mit den tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts Neuburg an der Donau vom 9. November 2015 identisch ist. Darauf wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß Art. 3 BayDG i.V.m. § 117 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) verwiesen.
Auch wenn die tatsächlichen Feststellungen in einem Strafbefehlsverfahren mangels Anwendbarkeit des Art. 25 Abs. 1 BayDG für das vorliegende Disziplinarverfahren nicht bindend sind, bestehen nach den vorliegenden Strafakten für das Disziplinargericht keine Zweifel, die ein Abweichen von diesen tatsächlichen Feststellungen begründen könnten. Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls können damit der disziplinarrechtlichen Bewertung zugrundgelegt werden (vgl. Art. 25 Abs. 2 BayDG).
Das Disziplinargericht geht damit von folgendem Sachverhalt aus:
Der im November 2009 geborene Sohn der Beklagte nahm am 21 April 2015 an der örtlich zuständigen Sprengelgrundschule am Verfahren zu Einschulung teil. Im Rahmen ihrer Aufgabe teilte die Schulleiterin der Grundschule der Beklagten nach dem Abschluss des Einschulungsverfahrens mündlich mit, dass im Rahmen des Schulspiels durch die Schule festgestellt worden ist, dass der Sohn der Beklagten nicht die nötige Schulfähigkeit aufweist. Bevor die Schulleiterin den schriftlichen Ablehnungsbescheid versenden konnte, hat die Beklagte unter dem 22. April 2015 bereits ein Widerspruchsschreiben an die Schulleiterin verfasst, dem sie ein verschlossenes Kuvert samt eines 50-Euro-Scheines, angetackert an das Schreiben, beigefügt hat. Dies hat die Beklagte in der Absicht getan, die Schulleiterin hierdurch in ihrer kraft Amtes zu fällenden Entscheidung über die Schulfähigkeit des Sohns der Beklagten zu beeinflussen. Der Brief erreichte die Schulleiterin, welche den angebotenen Vorteil in dem Zusammenhang mit dem Begehr zu einer Entscheidung zugunsten der Feststellung der Schulfähigkeit des Kindes auch wahrnahm. Die Schulleiterin meldete diesen Vorfall umgehend. Ohne dieses Vorgehen hätte die Schulleiterin, was die Beklagte jedenfalls zumindest billigend in Kauf nahm, entgegen den amtlichen Feststellungen zur Schulfähigkeit gehandelt und damit ihre Dienstpflicht verletzt. Durch dieses Verhalten hat sich die Beklagte der vorsätzlichen Straftat der Bestechung gemäß § 334 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.
III.
Durch diesen zur Überzeugung des Gerichts vorstehend unter Ziffer II. festgestellten Sachverhalt des außerdienstlichen strafrechtlich relevanten Verhaltens hat die Beklagte gegen die ihr aus § 34 Satz 3 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten der Länder (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) i.d.F. d. Bek. vom 17. Juni 2008 (BGBl I S. 1010) obliegende Pflicht, sich (innerhalb und) außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten, verstoßen. Weiterhin liegt in diesem Verhalten ein Verstoß gegen die Pflicht zur Beachtung der Gesetze (§§ 33 Abs. 1, 36 Abs. 1 BeamtStG).
Zur Vermeidung von Wiederholungen zur Einordnung des Verhaltens der Beklagten als Dienstpflichtverletzung wird auf die Ausführungen des Klägers in der Disziplinarklage vom 12. August 2016 (dort zu Ziffer IV., S. 8 f.) verwiesen (Art. 3 BayDG i.V.m. § 117 Abs. 5 VwGO).
IV.
Das festgestellte außerdienstliche Dienstvergehen der Beklagten ist im besonderen Maße geeignet, das Vertrauen in einer für das Amt der Beklagten bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Das dadurch ausgelöste disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis führt vorliegend gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayDG zur Zurückstufung der Beklagten um eine Besoldungsstufe in das Amt einer Technischen Obersekretärin.
1. Für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist nach Art. 14 Abs. 1 BayDG durch das Gericht „über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. (…) Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten“ (BVerwG, U.v. 29.5.2008 – 2 C 59/07 – juris Rn. 16).
Damit ist maßgebliches Kriterium der Zumessung zunächst die Schwere des Dienstvergehens. Diese ist zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, nach Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale) zu bewerten. Zum anderen sind für die Bewertung die Form und das Gewicht des Verschuldens und die Beweggründe des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) heranzuziehen. Weiter sind die unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich oder für Dritte in den Blick zu nehmen (BVerwG, U.v. 29.5.2008 a.a.O. Rn. 13).
Ist durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren, ist der Beamte gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dazu bedarf es der Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten. Wenn aufgrund dieser der Schluss zu ziehen ist, dass der Beamte auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird, ist das Beamtenverhältnis zu beenden (BVerwG, U.v. 29.5.2008 a.a.O. Rn. 18).
Die festgestellten Dienstvergehen sind nach ihrem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen. Dabei sind die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung gebildeten Fallgruppen für bestimmte Regeleinstufungen zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage kommt es dann für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zur Vertrauensbeeinträchtigung, zum Persönlichkeitsbild und zum bisherigen dienstlichen Verhalten im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere Disziplinarmaßnahme als diejenige, die durch die Schwere des Dienstvergehens indiziert ist, notwendig ist (BVerwG, U.v. 29.5.2008 a.a.O. Rn. 20).
2. In Anwendung dieser Grundsätze, die nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ohne Weiteres auch auf die Rechtslage nach bayerischem Landesrecht übertragbar sind (BayVGH, U.v. 23.9.2009 – 16a D 2355/07 – juris Rn. 48; vgl. zuletzt etwa BayVGH, U.v. 21.1.2015 – 16a D 1904/13 – juris Rn. 80 ff.), ergibt sich vorliegend das Folgende:
a) Das zunächst für die Maßnahmenbemessung auf einer sog. ersten Stufe heranzuziehende Kriterium der Schwere des Dienstvergehens hat vorliegend die von der Beklagten begangene vorsätzliche Straftat der Bestechung nach § 334 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) als außerdienstliche Dienstpflichtverletzung in den Blick zu nehmen. Dabei ist dem Grunde nach davon auszugehen, dass „schwerwiegende Vorsatzstraftaten (…) generell einen Vertrauensverlust“ bewirken, „der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt“ (BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6/14 – BVerwGE 154, 10 Rn. 14; ebenso BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 50/13 – NVwZ-RR 2016, 421 Rn. 12).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss dabei für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Diese Zuordnung ist sowohl bei außerdienstlichen als auch bei innerdienstlichen Dienstvergehen am gesetzlich bestimmten Strafrahmen auszurichten. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet nämlich eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Begeht ein Beamter außerdienstlich eine Straftat, die im Strafrahmen von bis zu mehr als zwei Jahren bedroht ist, so handelt es sich um eine schwerwiegende Straftat, die für die zu verhängende Disziplinarmaßnahme im Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reicht (BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 50/13 – NVwZ-RR 2016, 421 Rn. 15 f. und BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9/14 – BVerwGE 152, 228 Rn. 32 bei Strafandrohungen für bis zu zwei Jahren; BVerwG, B.v. 23.1.2014 – 2 B 52/13 – juris Rn. 8 für Strafandrohungen bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe).
Vorliegend wurde die Beklagte durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Neuburg an der Donau vom 9. November 2015 wegen einer vorsätzlichen Bestechung strafrechtlich belangt. Nach § 334 Abs. 1 StGB reicht der Strafrahmen für diese Straftat bis zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren, so dass für die zu verhängende Disziplinarmaßnahme von einem Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auszugehen ist.
b) Die volle Ausschöpfung dieses aus der abstrakten Strafandrohung der verwirklichten Straftat gebildeten Orientierungsrahmens kommt nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht. Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls. Dabei muss das Disziplinargericht eine solche Betrachtung und die sowohl nach unten als auch noch oben mögliche Ausschöpfung des Orientierungsrahmens unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände vornehmen (BVerwG, U.v. 18.6.2014 – 2 C 9/14 – BVerwGE 152, 228 Rn. 36 m.w.N.). Dabei ist bei der Verhängung einer Geldstrafe durch die Strafgerichte die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme, d.h. der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, regelmäßig ausgeschlossen, soweit nicht besondere Umstände eine über das normale Maß hinausgehende Schwere der Dienstpflichtverletzung begründen (BVerwG, U.v. 18.6.2014, a.a.O. Rn. 38)
Dieser Rechtsprechung folgend ist vorliegend unter Betrachtung der Umstände des Einzelfalls für das Disziplinargericht die Bewertung des Klägers zur konkreten Maßnahmenbemessung nachvollziehbar. Das Gericht schließt sich den Ausführungen in der Disziplinarklage vom 12. August 2016 (dort zu V.1.5, S. 13 f.) ausdrücklich an und macht sich diese zu Eigen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf im Einzelnen verwiesen (Art. 3 BayDG i.V.m. § 117 Abs. 5 VwGO).
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kommt das Disziplinargericht damit ebenfalls zum Ergebnis, dass eine Zurückstufung der Beklagten um eine Besoldungsstufe geboten und ausreichend ist.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.


Ähnliche Artikel


Nach oben