Strafrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis, Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG (Ecstasy), Haarprobe positiv, Ergebnisverfälschung durch Einnahme des Medikaments, Elvanse (verneint)

Aktenzeichen  M 19 S 21.3727

Datum:
12.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 31831
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 46 Abs. 1
FeV § 46 Abs. 3
FeV Nr. 9.1 Anlage 4
FeV § 11 Abs. 7

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A und B einschließlich Unterklassen.
Der Entziehung vorangegangen war eine Mitteilung der Kriminalpolizei Ingolstadt, wonach im Rahmen von Ermittlungen gegen ihn wegen illegalen Handels mit Betäubungsmitteln beim Antragsteller am … November 2020 eine Haarprobe genommen worden sei. Eine Begutachtung sei am … Januar 2021 zum Ergebnis gekommen, dass in der Probe neben Tilidin, Tramadol, Alprazolam und Zopiclin auch MDMA und MDA („Ecstasy“, bzw. dessen Stoffwechselprodukt) nachweisbar seien. Gerade die MDMA-Konzentration sei in der Probe des Antragstellers überdurchschnittlich hoch, was mit einer häufigen Aufnahme vereinbar sei.
Nach Kenntniserlangung von diesen Vorfällen hörte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom … April 2021 zu einer beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund des Konsums von MDMA an.
Am … Mai 2021 ließ der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten mitteilen, dass er kein Ecstasy konsumiert habe. Warum die Probe auf MDMA positiv getestet worden sei, könne er sich nicht erklären. Möglicherweise sei diese durch Schnupftabak oder ähnliches verfälscht worden oder er sei ungewollt mit Ecstasy in Kontakt gekommen. Er lebe insoweit abstinent und sei bereit, dies durch entsprechendes Gutachten nachzuweisen.
Mit Bescheid vom … Mai 2021, dem Bevollmächtigten des Antragstellers am … Mai 2021 per Postzustellungsurkunde zugestellt, entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen A, A2, A1, AM, B und L (Nr. 1), gab diesem auf, seinen Führerschein, bzw. eine eidesstattliche Versicherung über dessen Verbleib, unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche ab Zustellung dieses Bescheids, beim Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen abzugeben (Nr. 2), ordnete die sofortige Vollziehung der vorstehenden Ziffern an (Nr. 3) und drohte für den Fall der Nichterfüllung der Ziffer 2 ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- EUR an (Nr. 4).
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes – mit Ausnahme von Cannabis – die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließe und damit gemäß § 3 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) den Entzug der Fahrerlaubnis zur Folge habe. Das Ergebnis seines Haarprobegutachtens belege die Einnahme von MDMA und MDA und damit die fehlende Fahreignung. Das Vorbringen des Antragstellers führe auch nicht ausnahmsweise zu einem anderen Ergebnis. Seine pauschale Behauptung, er habe kein Ecstasy konsumiert, sondern sei allenfalls zufällig damit in Kontakt gekommen, bzw. die Probe sei durch Schnupftabak verfälscht worden, sei angesichts des klaren Ergebnisses des Gutachtens als reine Schutzbehauptung zu werten. Damit stehe der Betäubungsmittelkonsum für die Fahrerlaubnisbehörde fest. Der Antragsteller habe seine Fahreignung auch noch nicht wiedergewonnen. Insbesondere sei die hierfür erforderliche einjährige durchgängige Abstinenz im Zeitpunkt des Bescheidserlasses noch nicht eingehalten gewesen. An der sofortigen Vollziehbarkeit der Entziehung bestehe aufgrund des Schutzes des Straßenverkehrs vor Gefährdungen durch fahrungeeignete Personen ein besonderes öffentliches Interesse.
Mit Schriftsatz vom … Juni 2021 legte der Bevollmächtigte des Antragstellers „Einspruch“ gegen diesen Bescheid ein und stellte mit Schreiben vom … Juni 2021 klar, dass er gegen den Bescheid Widerspruch einlegen wolle.
Mit am … Juli 2021 eingegangenem Schriftsatz beantragte er beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom … Juni 2021 gegen den Bescheid vom … Mai 2021 wiederherzustellen und die Aufhebung der Vollziehung dieses Bescheids anzuordnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass schon die Anordnung des Sofortvollzugs rechtswidrig sei, da diese im Wesentlichen nur den Gesetzestext wiedergebe. Im Übrigen sei der Bescheid auch materiell rechtswidrig. Der Antragsteller nehme das Medikament „Elvanse“, dessen Wirkstoff Lisdexamphetamin das Ergebnis der Haarprobe verfälscht habe. Angesichts der Tatsache, dass er zudem verkehrsrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten sei und beruflich auf seine Fahrerlaubnis angewiesen sei, überwiege sein Interesse damit das Vollzugsinteresse deutlich.
Zur Bekräftigung übersandte der Antragsteller ein Attest eines Internisten vom … Juni 2021, wonach bei ihm eine Dauermedikation mit Elvanse bestehe. Weitere Ausführungen enthielt dieses Attest nicht.
Der Antragsgegner beantragte mit Schreiben vom … Juli 2021,
den Antrag abzulehnen.
Bei harten Drogen sei seiner Auffassung nach die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Nachweis der Einnahme gerechtfertigt. Dass der Antragsteller MDMA konsumiert habe, stehe nach dem Gutachten fest. Auch seine neuerliche Einlassung hinsichtlich einer Dauermedikation mit Elvanse, die trotz Anhörung mitsamt Fristverlängerung erst nach Bescheidserlass vorgebracht worden sei, führe zu keinem anderen Ergebnis. Dass der Antragsteller erst durch Nachfrage bei seinen Ärzten überhaupt wisse, welche Medikamente er nehme, sei irritierend. Selbst unter Zugrundelegung des Attestes stehe aber weder fest, seit wann diese Medikation bestehe, noch aufgrund welcher Diagnose. Ob Elvanse überhaupt zu einem positiven Haarbefund hinsichtlich MDMA führen könne, sei zudem fraglich.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers trug daraufhin vor, dass die Einnahme von Elvanse nach seinen Recherchen Drogentests verfälschen könne. Dies könne durch entsprechendes Sachverständigengutachten erwiesen werden. Das Medikament nehme er seit langer Zeit. Die Diagnose gehe die Antragsgegnerin nichts an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig, aber unbegründet und daher ohne Erfolg.
Der nach dem Wortlaut nicht zwischen den einzelnen Ziffern des Bescheids differenzierende Antrag ist dabei gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass er auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom … Mai 2021 gerichtet ist. Der Begründung des Antrags lässt sich entnehmen, dass sich der Antragsteller im Eilverfahren auf die von der Behörde für sofort vollziehbar erklärten Entscheidungen beschränkt.
Der so verstandene Antrag ist zulässig. Insbesondere hat sich selbst bei einer zwischenzeitigen Abgabe des Führerscheins die diesbezügliche Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids nicht erledigt. Diese stellt nach wie vor den Rechtsgrund für das vorläufige Behaltendürfen dieses Dokuments für die Fahrerlaubnisbehörde dar (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2014 – 11 CS 13.2281 – juris). Für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO besteht somit auch im Hinblick auf die Nr. 2 des Bescheids weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
1. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
Nach dieser Vorschrift ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dabei hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 43).
Dem genügt die auf den vorliegenden Einzelfall abstellende Begründung des streitgegenständlichen Bescheids. Der Antragsgegner hat dargelegt, warum er konkret im Fall des Antragstellers aufgrund der möglichen Gefahren, die von aufgrund Betäubungsmittelkonsums fahrungeeigneten Personen ausgehen, dessen privates Interesse dem Leben, Gesundheit und Eigentum der anderen Verkehrsteilnehmer untergeordnet und damit im Interesse der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Im Übrigen ergibt sich das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im Bereich des Sicherheitsrechts regelmäßig – so auch hier – gerade aus den Gesichtspunkten, die für den Erlass des Verwaltungsakts selbst maßgebend waren (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2012 – 11 CS 11.2272 – juris Rn. 13).
2. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens vorliegend die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Nach summarischer Prüfung erweisen sich die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Entscheidungen der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Ablieferungsverpflichtung des Führerscheins zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt als rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
2.1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Bei der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG (ausgenommen Cannabis) fehlt eine Fahreignung grundsätzlich (vgl. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV). Dabei genügt im Regelfall bereits der Nachweis des einmaligen Konsums eines im BtMG aufgeführten Rauschmittels. Ob es in der Folge zu weiterem Drogenkonsum gekommen ist oder ob der Fahrerlaubnisinhaber tatsächlich im berauschten Zustand am Straßenverkehr teilgenommen hat, ist unerheblich (vgl. m.w.N. BayVGH, B.v. 5.2.2018 – 11 CS 15.1447 – juris Rn. 16).
2.1.1. Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Antragsteller fahrungeeignet nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ist, weil eine Haarprobe, die im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens am 6. November 2011 genommen und anschließend begutachtet wurde, den Konsum von MDMA und MDA eindeutig belegt. Das toxikologische Gutachten kommt dabei zum Ergebnis, dass aufgrund der Tatsache, dass das verwendete Verfahren auch bei niedrigen Konzentrationen sehr spezifisch ist, ein MDMA-Konsum in einem Zeitraum von drei bis vier Monaten vor der Haarprobenahme vorliegen muss. Aufgrund der überdurchschnittlich hohen Konzentration geht das Gutachten darüber hinaus nicht nur von einem einmaligen, sondern von einem regelmäßigen Konsum während dieses Zeitraums aus. Bedenken gegen die methodische Zuverlässigkeit und die fehlerfreie konkrete Durchführung dieser Haarprobenauswertung sind nicht ersichtlich. Es konnte eine verwertbare, nämlich 3,5 cm lange Haarprobe genommen werden, die mittels der LC-MS/MS-Methode (Liquid-Chromatographie-Massenspektometrie/Massenspektometrie), einem zeitgemäßen Analyse-/Detektionsverfahren, analysiert wurde. Bei der Beurteilung wurde ein mittleres Haarwachstum von 1 cm pro Monat zugrunde gelegt; von einem deutlich langsameren Haarwachstum beim Antragsteller ist mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht auszugehen. Daher konnte aufgrund der Haaranalyse die Drogeneinnahme über einen etwa vier Monate zurückliegenden Zeitraum nachgewiesen werden.
2.1.2. Das Ergebnis dieser Haaranalyse und die vom Antragsgegner auf dieser Grundlage getroffene Bewertung werden auch durch die weitere Einlassung des Antragstellers im Laufe des Verfahrens nicht hinreichend widerlegt.
Soweit er im Laufe des behördlichen Verfahrens vorträgt, er sei unbewusst mit Ecstasy in Kontakt gekommen oder die Probe sei verfälscht worden, begründet dies keinen ernsthaften Zweifel an einem (willentlichen) Konsum. Eine Verunreinigung der Haare durch den Kontakt mit Drogenkonsumenten oder andere exogene Antragungen erscheint zwar grundsätzlich möglich, stellt jedoch nach allgemeiner Lebenserfahrung eine seltene Ausnahme dar (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2016 – 11 CS 15.2403 – juris Rn. 12). Dazu müsste der Antragsteller einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen unwissentlichen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt (BayVGH, B.v. 16.4.2018 – 11 ZB 18.344 – juris Rn. 19). Gleiches gilt für eine unbewusste Zuführung durch dritte Personen. Sein pauschaler Vortrag genügt diesen Voraussetzungen nicht.
Auch die erstmals im gerichtlichen Verfahren behauptete Dauermedikation mit Elvanse führt nach derzeitigem Sachstand zu keinem anderen Ergebnis. Zwar ist es rechtlich geboten, die bestimmungsgemäße Einnahme eines verschreibungsfähigen und von einer befugten Person verschriebenen Arzneimittels aus dem Anwendungsbereich der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV auszuklammern und die Frage, inwieweit diese Medikation auf die Fahreignung Einfluss hat, allein anhand der Nrn. 9.4 und 9.6 dieser Anlage zu bewerten (vgl. m.w.N. VG Neustadt, B.v. 17.5.2018 – 1 L 367/18.NW – juris Rn. 37 ff.). Aufgrund der Tatsache, dass der in Elvanse enthaltene Wirkstoff Lisdexamphetamin im Körper zu Dexamphetamin metabolisiert wird, kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass eine solche Einnahme das Ergebnis einer Haarprobenanalyse verfälschen könnte (VG Neustadt, B.v. 17.5.2018 – a.a.O. Rn. 29).
Dass der festgestellte MDMA-Konsum aber tatsächlich aus einer bestimmungsgemäßen Einnahme eines verschriebenen Arzneimittels resultiert, wird seitens des Antragstellers nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Angesichts des Umstands, dass er sich insoweit ebenfalls auf einen seltenen Ausnahmefall beruft, obliegt es ihm, einen detaillierten, in sich schlüssigen und glaubhaften Sachverhalt vorzutragen. Dies gilt im gegenständlichen Fall in besonderer Weise aufgrund der Tatsache, dass er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert. Trotz verlängerter behördlicher Frist machte er im Verwaltungsverfahren keine Angaben zu eingenommen Medikamenten, erst recht nicht zu Dauermedikationen. Angesichts der Tatsache, dass er zum Gutachtensergebnis unter Hinweis auf verschiedene dort festgestellte Substanzen angehört wurde, die Einnahme diverser Arzneimittel also im Raum steht, ist das nicht nachvollziehbar, zumal bei Elvanse bereits der Beipackzettel darauf hinweist, dass Drogentests möglicherweise verfälscht werden könnten (vgl. https://beipackzetteln.de/elvanse-hartkapseln#collection-4, abgerufen am 5.10.2021).
Das erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Attest vom *. Juni 2021 genügt diesen Anforderungen nicht. Das einzeilige Attest trifft weder eine Aussage zum Krankheitsbild des Antragstellers, noch teilt es mit, in welcher Dosierung das Medikament genommen werden soll. Vor allem trifft es keine Aussage dazu, ob schon im Zeitpunkt der Probeentnahme (ein halbes Jahr vor Attesterstellung) eine entsprechende Medikation vorlag. Die entscheidende Frage, ob im Zeitpunkt der Probeentnahme ein bestimmungsgemäßer Gebrauch eines verschriebenen Arzneimittels vorlag, kann damit nicht geklärt werden (vgl. VG Gelsenkirchen, U.v. 12.5.2020 – 9 K 4276/19 – juris Rn. 26 f.).
2.1.3. Vorliegend ist zudem weder eine atypische Konstellation ersichtlich, aufgrund derer man vom Regelfall abweichen müsste, noch hat der Antragsteller zwischenzeitlich seine Fahreignung wiedererlangt.
Die Frage, ob er selbst unter Zugrundelegung eines nicht durch ärztliche Verordnung gedeckten Ecstasy-Konsums zwischenzeitlich die Fahreignung wiedererlangt haben könnte, ist zwar auch im Entziehungsverfahren von Bedeutung (dazu BayVGH, B.v. 9.1.2017 – 11 CS 16.2561 – juris Rn. 11; VGH BW, B.v. 25.11.2010 – 10 S 2162/10 – juris Rn. 13). Der Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung erfordert aber neben einer medizinisch-psychologischen Begutachtung den lückenlosen Beleg der Betäubungsmittelabstinenz für die Dauer eines Jahres (Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV). Dieser kann zumindest derzeit aufgrund des nachgewiesenen Konsums bis November 2020 noch nicht erbracht werden.
2.2. Bei mangelnden Erfolgsaussichten in der Hauptsache ist für eine Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers im Regelfall kein Raum. Außerdem gebieten das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen. Ein Fahrerlaubnisinhaber muss den Entzug dieser Berechtigung und damit verbundene Nachteile in Bezug auf seine berufliche Tätigkeit und seine private Lebensführung hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass von seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine erhöhte Gefahr ausgeht. Dies ist beim Antragsteller aus den genannten Gründen der Fall.
2.3. Da somit die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis der summarischen gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltenen Verpflichtung, den Führerschein abzuliefern. Diese Verpflichtung findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 1 FeV.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nrn. 1.5 und 46.1, 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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