Strafrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis nach Führen eines Fahrzeugs unter Einfluss von Cannabis und unzureichender Mitwirkung an einer Haaranlayse durch den Betroffenen

Aktenzeichen  11 ZB 19.1122

Datum:
15.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 15169
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 414
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 11 Abs. 8, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 46 Abs. 1 S. 1
Anlage 4 FeV Nr. 9.2.1, Nr. 9.2.2
BayVwVfG Art. 26 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Art. 29 Abs. 1, Art. 38 Abs. 1 S. 1
VwGO § 98, § 108 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Nach § 11 Abs. 8 S. 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn dieser sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder wenn er – wie hier – an der Erstellung eines Gutachtens nicht hinreichend mitwirkt. Der Schluss aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung ist gerechtfertigt, wenn die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war und für die Nichtbeibringung des angeforderten Gutachtens kein ausreichender Grund besteht. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es ist nicht erforderlich, schon in der Gutachtensanordnung festzulegen, ob und wie viele Urin- oder Haaranalysen durchgeführt werden sollen und auf welche Substanzen dabei untersucht werden soll. Nach § 11 Abs. 5 FeV iVm der Anlage 4a FeV obliegt es vielmehr der begutachtenden Stelle, die Untersuchung anlassbezogen und unter Berücksichtigung der vorgegebenen Fragestellung durchzuführen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Beweisaufnahme mittels eines sachverständigen Zeugen gelten nach § 98 VwGO iVm § 414 ZPO die Bestimmungen über den Zeugenbeweis entsprechend. Die Ablehnung eines Zeugen wegen Besorgnis der Befangenheit kommt aber nicht in Betracht, denn der Zeuge sagt über seine konkreten Wahrnehmungen zu einem bestimmten in der Vergangenheit liegenden Vorgang aus und kann nicht durch eine beliebige andere Person ersetzt werden. Gleiches gilt auch für einen sachverständigen Zeugen. Dieser unterscheidet sich von einem gewöhnlichen Zeugen nur dadurch, dass er sein Wissen zu bestimmten vergangenen Tatsachen oder Zuständen bekundet, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich ist. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 7 K 18.683 2019-03-25 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der im Jahr 1951 geborene Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klasse 3 (alt).
Mit Bußgeldbescheid vom 25. Juli 2017, rechtskräftig seit 4. August 2017, ahndete das Bayerische Polizeiverwaltungsamt eine vom Kläger begangene Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG. Dem lag zugrunde, dass der Kläger am 9. April 2017 um 18.55 Uhr ein Kraftfahrzeug (Krad mit Versicherungskennzeichen) unter dem Einfluss von Cannabis (THC im Blut: 10,40 ng/ml) und einer Blutalkoholkonzentration von 0,24 Promille geführt hatte.
Mit Schreiben vom 22. August 2017 forderte die Beklagte den Kläger auf, bis spätestens 24. Oktober 2017 ein ärztliches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen. Damit solle geklärt werden, ob nur dieser einmalige Konsum vorliege oder er gelegentlich, wenn nicht gar regelmäßig Cannabisprodukte konsumiere.
Mit ärztlichem Gutachten vom 21. November 2017 stellte die TÜV SÜD Life Service GmbH fest, dass mangels hinreichender Mitwirkung keine positive Einschätzung möglich sei. Der Kläger habe angegeben, es habe sich um einen einmaligen Probierkonsum gehandelt, eine Haaranalyse aber verweigert. Es könne daher nicht geklärt werden, welches Konsummuster bestanden habe. Eine durchgeführte Urinuntersuchung habe keinen Nachweis bezüglich eines aktuellen Drogenkonsums erbracht.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 30. November 2017 mit, die Zweifel an seiner Fahreignung seien durch das Gutachten nicht ausgeräumt. Es bestünde daher Anlass, ihn erneut zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens aufzufordern. Davon könne ausnahmsweise abgesehen werden, wenn er bis spätestens 18. Dezember 2017 eine Haaranalyse für ein sechs Zentimeter langes Haarstück vorlegen würde.
Nachdem der Kläger keine Haaranalyse vorlegte, hörte ihn die Beklagte mit Schreiben vom 11. Januar 2018 zur Entziehung seiner Fahrerlaubnis an. Der Kläger führte aus, er habe sich begutachten lassen und die Frage, dass ein einmaliger Konsum vorgelegen habe, sei damit eindeutig beantwortet.
Die Beklagte fragte daraufhin bei der TÜV SÜD Life Service GmbH mit Schreiben vom 5. März 2018 unter anderem nach der Notwendigkeit einer solchen Analyse. Mit Schreiben vom 13. März 2018 teilte die Gutachterin mit, um auch die Frage zu beantworten, welches Konsummuster in der Zeit vor der Begutachtung vorgelegen habe, sei eine Haaranalyse erforderlich
Die Beklagte entzog dem Kläger mit Bescheid vom 22. März 2018 die Fahrerlaubnis und ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die Ablieferung des Führerscheins binnen drei Tagen ab Bestandskraft der Verfügung an. Nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV könne auf die Ungeeignetheit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden, da er bei der Aufklärung der Fahreignungszweifel nicht hinreichend mitgewirkt habe. Die notwendige Haaranalyse habe er nicht erstellen lassen.
Die gegen den Bescheid vom 22. März 2018 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 25. März 2019 abgewiesen. Der Bescheid sei rechtmäßig, da zur Klärung des Konsummusters ein ärztliches Gutachten angefordert werden durfte. Der Kläger habe keinerlei Angaben zu seinem Konsumverhalten gemacht. Ein einmaliger Probierkonsum lasse die Fahreignung nicht entfallen. Möglicherweise hätte die Beklagte auch von einem gelegentlichen Cannabiskonsum ausgehen und wegen des Vorliegens von Mischkonsum mit Alkohol die Fahrerlaubnis direkt entziehen können. Es sei aber nicht rechtswidrig, zu Gunsten des Betroffenen einen einmaligen Konsum nicht auszuschließen und entsprechende Aufklärungsmaßnahmen zu ergreifen. Die Beklagte habe auch nicht selbst die Durchführung einer Haaranalyse anordnen müssen, denn es sei nicht Aufgabe der Behörde, dem Gutachter die Methode der Gutachtenserstellung vorzugeben. Die Gutachterin habe auch die Untersuchung einer Haarprobe verlangen dürfen und habe dies nicht aus rassistischen oder sonst unsachgemäßen Motiven heraus getan. Trotz der Ankündigung, ein weiteres Gutachten anzufordern, sei die Beklagte dazu nicht verpflichtet gewesen. Es sei nicht ersichtlich, welchen Sinn eine weitere ärztliche Begutachtung hätte haben können, da der Kläger die notwendige Haaranalyse verweigerte.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt. Der Kläger macht geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die Rechtssache weise besondere rechtliche Schwierigkeiten auf und habe grundsätzliche Bedeutung. Der Kläger sei in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da die Gutachtensanordnung nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Die Beklagte habe am „23. Dezember 2018“ eine schriftliche Anfrage an den TÜV gerichtet, davon habe der Kläger keine Kenntnis gehabt und dazu nicht Stellung nehmen können. Hätte er dies gewusst, so hätte er dargelegt, dass eine Haaranalyse am 9. Oktober 2017 keine Erkenntnisse über einen Cannabiskonsum vor dem Vorfall vom 9. April 2017 hätte erbringen können. Die Haarprobe sei daher aus sachfremden Erwägungen heraus verlangt worden. Darüber hinaus sei die Gutachtensanordnung auch deshalb zu unbestimmt, weil nicht lediglich eine Untersuchung auf Cannabis angeordnet worden sei, sondern die Begutachtungsstelle eine polytoxikologische Untersuchung durchgeführt habe. Auch sei die Frage zu den Begleituntersuchungen offen gelassen worden. Dies führe dazu, dass es den monetären Interessen oder den politischen Ansichten der Begutachtungsstelle überlassen bleibe, wie umfangreich die Begleituntersuchungen ausfallen. Die Gutachterin sei als Zeugin vernommen worden, obwohl der Kläger sie wegen Befangenheit abgelehnt habe. Sie habe wahrheitswidrig ausgeführt, dass die Durchführung einer Haaranalyse bei der Aufklärung des Konsummusters üblich sei. Die Richtlinien der Begutachtungsstelle würden aber ausschließlich Urinuntersuchungen vorsehen. Die Sekretärin der Begutachtungsstelle habe auch gesagt, der Kläger solle sich für eine zweite Urinanalyse bereithalten. Der Kläger habe sich auch auf die Aussage der Beklagten verlassen dürfen, dass bei Nichtvorlage einer Haaranalyse ein weiteres ärztliches Gutachten angefordert werde. Dieses hätte er erstellen lassen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), sind nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bzw. liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), da er weder einen tragenden Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfG, B.v. 21.12.2009 – 1 BvR 812/09 – NJW 2010, 1062/1063; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106/118).
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. August 2017 (BGBl I S. 3202), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Januar 2018 (BGBl I S. 2), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde. Nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV ist ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer regelmäßig Cannabis einnimmt. Gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt Fahreignung bei gelegentlichem Cannabiskonsum nur dann vor, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegen. Der Kläger hat mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,24 Promille und einer Konzentration von 10,4 ng/ml THC im Blut mit einem nicht zulassungspflichtigen Kraftfahrzeug (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung) am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen. Nachdem er im Ordnungswidrigkeitenverfahren keinerlei Angaben zu seinem Konsumverhalten gemacht hatte, bestand Anlass für die Fahrerlaubnisbehörde, das Konsummuster mittels Anordnung eines ärztlichen Gutachtens entsprechend § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV aufzuklären. Denn im Falle eines einmaligen Cannabis-Probierkonsums bestünden beim Kläger trotz des fahreignungsrelevanten Mischkonsums von Alkohol und Cannabis (vgl. BVerwG, U.v. 14.11.2013 – 3 C 32.12 – BVerwGE 148, 230 Rn. 26) keine aufklärungsbedürftigen Bedenken hinsichtlich seiner Fahreignung, da Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV nur gelegentlichen Cannabiskonsum erfasst. Ein ärztliches Gutachten war daher die am wenigsten belastende Maßnahme, die ergriffen werden konnte. Ob die Beklagte auch einen gelegentlichen Cannabiskonsum hätte zugrunde legen und, da es sich um die erste Auffälligkeit mit Cannabis gehandelt hat, entweder eine medizinisch-psychologische Untersuchung nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV (vgl. BayVGH, U.v. 25.4.2017 – 11 BV 17.33 – Blutalkohol 54, 268 bestätigt durch BVerwG U.v. 11.4.2019 – 3 C 3.17 – Presseerklärung auf www.bverwg.de) anordnen können oder die Fahrerlaubnis nach § 11 Abs. 7 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV wegen eines fahreignungsrelevanten Mischkonsums von Alkohol und Cannabis unmittelbar hätte entziehen müssen, muss dabei nicht geklärt werden.
Nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn er sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder wenn er – wie hier – an der Erstellung des Gutachtens nicht hinreichend mitwirkt. Der Schluss aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung ist gerechtfertigt, wenn die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – NJW 2017, 1765 Rn. 19 m.w.N.) und für die Nichtbeibringung des angeforderten Gutachtens kein ausreichender Grund besteht (vgl. BVerwG, U.v. 12.3.1985 – 7 C 26.83 – BVerwGE 71, 93 = juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 10.9.2008 – 11 CS 08.2010 – juris Rn. 20 m.w.N.).
Soweit der Kläger geltend macht, die Gutachtensanordnung sei nicht hinreichend bestimmt, kann dies seinem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen. Nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Da die Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens nicht isoliert anfechtbar ist (vgl. nur BVerwG, B.v. 17.5.1994 – 11 B 157.93 – BayVBl 1995, 59, B.v. 28.6.1996 – 11 B 36.96 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 6.8.2007 – 11 ZB 06.1818 – juris Rn. 3 m.w.N.), stellt die Rechtsprechung strenge Anforderungen an deren Rechtmäßigkeit, die im Falle einer Folgemaßnahme (hier die Entziehung der Fahrerlaubnis) inzident zu prüfen sind. Die Beklagte hat unter Schilderung des Vorfalls vom 9. April 2017, der einen ausreichenden Anlass für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens darstellt, mit angemessener Fristsetzung und einer rechtmäßigen Fragestellung die Vorlage eines Gutachtens gefordert. Dabei war es nicht erforderlich, schon in der Gutachtensanordnung festzulegen, ob und wie viele Urin- oder Haaranalysen durchgeführt werden sollen und auf welche Substanzen dabei untersucht werden soll. Nach § 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Anlage 4a zur FeV obliegt es der begutachtenden Stelle, die Untersuchung anlassbezogen und unter Berücksichtigung der vorgegebenen Fragestellung durchzuführen. Der Kläger als Auftraggeber der Untersuchung (§ 11 Abs. 6 Satz 5 FeV) kann dabei selbst darauf hinwirken, dass nur nach den jeweils einschlägigen Substanzen getestet wird, wenn er die übliche Standarduntersuchung ablehnt. Die Behörde konnte angesichts der fehlenden Angaben des Klägers zu seinem Konsumverhalten darüber hinaus auch nicht wissen, welche Untersuchungsmethoden zielführend sein werden. Dass die erst bei der Gutachterin gemachte Angabe, es handele sich um einen einmaligen Vorfall, nur mittels einer Haaranalyse verifiziert werden kann, liegt dabei auf der Hand.
Der Kläger kann auch nicht damit durchdringen, das Verlangen einer Haaranalyse sei nicht sachgerecht gewesen, da damit nur ein Konsum in den letzten sechs Monaten nachgewiesen werden könne und damit im Oktober 2017 nicht mehr aufgeklärt werden konnte, ob er vor dem Vorfall im April 2017 öfter Cannabis konsumiert hatte. Dabei übersieht der Kläger, dass die Beklagte erstmals mit Schreiben vom 12. Juni 2017 wegen der Überprüfung seiner Kraftfahreignung an ihn herangetreten ist und daher die Begutachtungsstelle davon ausgehen konnte, dass er sein Konsumverhalten bis dahin so fortgesetzt hatte, wie vor dem Vorfall im April. Mit einer Haaranalyse im Oktober 2017 hätte aber ein gelegentlicher oder regelmäßiger Konsum bis zum Juni 2017 ohne weiteres aufgedeckt werden können.
Dass die Beklagte im März 2018 bei der TÜV SÜD Life Service GmbH nach der Notwendigkeit einer Haaranalyse gefragt hat, ohne dem Kläger eine Kopie des Schreibens und der Antwort zukommen zu lassen, macht die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht rechtswidrig. § 108 Abs. 2 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG regeln den Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht. Im Verwaltungsverfahren kann die Behörde zur Ermittlung des Sachverhalts nach Art. 26 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG Auskünfte jeder Art einholen. Dass diese Auskünfte dem Betroffenen übermittelt werden müssen, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen, sondern nach Art. 29 BayVwVfG kann jederzeit Akteneinsicht genommen werden. Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 11. Januar 2018 zur Entziehung seiner Fahrerlaubnis angehört. Daraufhin hat er sich mit Schreiben vom 26. Januar 2018 geäußert und vorgetragen, eine Haarprobe sei sachlich nicht begründet gewesen. Dass die Beklagte daraufhin nochmals bei der Begutachtungsstelle bezüglich der Notwendigkeit einer Haarprobe nachgefragt hat, ist nicht zu beanstanden.
Bei dem Schreiben der Beklagten vom 30. November 2017 handelt es sich auch nicht um eine Zusicherung nach Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG mit dem Inhalt, dem Kläger die Fahrerlaubnis nicht zu entziehen. Eine Zusicherung ist eine von der zuständigen Behörde erteilte schriftliche Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Eine Zusicherung liegt nur vor, wenn eine entsprechende Erklärung als hoheitliche Selbstverpflichtung mit Bindungswillen zu dem entsprechenden Verhalten in der Zukunft abgegeben wird. Davon zu unterscheiden sind Auskünfte, denen als Wissenserklärungen der auf eine bestimmte Rechtsfolge gerichtete Bindungswille fehlt (BVerwG, U.v. 20.6.2000 – 10 C 3.99 – BVerwGE 111, 255 Rn. 25). Maßgeblich ist nach der entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB der erklärte Wille der Behörde, wie er sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nach Treu und Glauben darstellt. Der Wille der Behörde, sich für die Zukunft zu binden und einen entsprechenden Anspruch des Begünstigten auf die zugesagte Maßnahme zu begründen, muss dabei unzweifelhaft erkennbar sein (BVerwG, U.v. 25.1.1995 – 11 C 29.93 – BVerwGE 97, 323 Rn. 19; OVG NW, B.v. 7.8.2009 – 13 A 2363/08 – juris Rn. 7). Dies ist hier nicht der Fall. Die Beklagte hat mit dem Schreiben vom 30. November 2017 nur mitgeteilt, dass die Zweifel an der Fahreignung des Klägers aus ihrer Sicht nicht ausgeräumt sind und weitere Aufklärungsmaßnahmen notwendig erscheinen. Sie gab ihm deshalb die Gelegenheit, eine Haaranalyse vorzulegen und ging dabei davon aus, die Zweifel könnten entweder dadurch oder durch die Anordnung eines weiteren ärztlichen Gutachtens aufgeklärt werden. Die Frage, ob dem Kläger die Fahrerlaubnis nach § 11 Abs. 8 FeV mangels hinreichender Mitwirkung zu entziehen war, war nicht Gegenstand dieses Schreibens. Der Text des Schreibens gibt keinen Anhalt dafür, dass die Behörde davon absehen wollte, dem Kläger die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn die Zweifel aufgrund seiner mangelhaften Mitwirkung nicht aufgeklärt werden konnten, und hinderte sie deshalb nicht daran, die Fahrerlaubnis nunmehr wegen mangelnder Mitwirkung zu entziehen.
Dass der Kläger die Gutachterin als sachverständige Zeugin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat, führt nicht zu Zweifeln an der Richtigkeit des Urteils. Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2019 hat der Kläger der Einvernahme der Gutachterin als Zeugin nicht widersprochen, nur bezüglich der Einvernahme als sachverständige Zeugin die Besorgnis der Befangenheit geäußert. In der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2019 hat er Zweifel an der Sachkunde der Zeugin angemeldet und sich deswegen und wegen der Besorgnis der Befangenheit einer Einvernahme widersetzt. Für die Beweisaufnahme mittels eines sachverständigen Zeugen gelten nach § 98 VwGO i.V.m. § 414 ZPO die Bestimmungen über den Zeugenbeweis entsprechend (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 98 Rn. 42). Die Ablehnung eines Zeugen wegen Besorgnis der Befangenheit kommt aber nicht in Betracht, denn der Zeuge sagt über seine konkreten Wahrnehmungen zu einem bestimmten in der Vergangenheit liegenden Vorgang aus und kann nicht durch eine beliebige andere Person ersetzt werden. Gleiches gilt auch für einen sachverständigen Zeugen. Dieser unterscheidet sich von einem gewöhnlichen Zeugen nur dadurch, dass er sein Wissen zu bestimmten vergangenen Tatsachen oder Zuständen bekundet, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich ist (§ 414 ZPO, vgl. Schübel-Pfister, a.a.O.). Die Aussagen der sachverständigen Zeugin, z.B. dass die Anordnung einer Haaranalyse zur Verifizierung von Angaben zu einem früheren Drogenkonsum üblich sei, unterliegen dabei der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Diese Angaben decken sich im Übrigen auch mit den Empfehlungen in Nr. 8.1.3 der mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 27. Januar 2014 (VkBl S. 132) als aktueller Stand der Wissenschaft eingeführten Beurteilungskriterien (3. Aufl. 2013, S. 252 ff.), wo Haare als ein geeignetes Untersuchungsmaterial zur Überprüfung eines Drogenkonsums genannt werden (vgl. auch Graw/Brenner-Hartmann/Haffner/Musshoff in Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Kommentar zu den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, 3. Auflage 2018, zu Nr. 3.14.1 S. 304). Dafür, dass die Anordnung einer Haaranalyse auf sachfremden Erwägungen beruhte, ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen keine Anhaltspunkte. Dass die Sekretärin bei der Begutachtungsstelle wohl davon ausgegangen ist, beim Kläger werde ein zweites Urinscreening durchgeführt, ändert nichts daran, dass die Gutachterin eine Haaranalyse für erforderlich ansehen konnte. Auch aus dem beim Verwaltungsgericht vorgelegten Merkblatt der TÜV SÜD Life Service GmbH ergibt sich nichts anderes. Es ist nicht ersichtlich, dass die Begutachtungsstelle bei Bedarf nicht von dem im Merkblatt beschriebenen Vorgehen abweichen könnte, wenn es darauf ankommt, einen früheren und nicht den gegenwärtigen Drogenkonsum zu erforschen. Das Merkblatt beschreibt ersichtlich nur das Verfahren zur Kontrolle einer aktuellen Drogenabstinenz.
2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Besondere Schwierigkeiten liegen vor, wenn voraussichtlich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, d.h. das normale Maß erheblich übersteigende, signifikant vom Spektrum verwaltungsgerichtlicher Verfahren abweichende Schwierigkeiten gegeben sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 124 Rn. 9). In tatsächlicher Hinsicht ist dies nur dann der Fall, wenn sie durch einen besonders unübersichtlichen und/oder schwierig zu ermittelnden Sachverhalt gekennzeichnet ist (Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 33). Solche Umstände sind mit der Berufungszulassungsbegründung nicht dargelegt.
3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Happ, a.a.O. § 124 Rn. 36). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, ist; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ a.a.O. § 124a Rn. 72; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Februar 2019, § 124a Rn. 102 ff.). Die Begründung des Berufungszulassungsantrags formuliert schon keine Frage, die grundsätzlich klärungsbedürftig und entscheidungserheblich ist.
4. Weiter ist auch ein Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht hinreichend dargelegt. Zum einen beanstandet der Kläger, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden. Dabei nimmt er auf Vorgänge im Verwaltungsverfahren Bezug, auf die eine Gehörsrüge nicht gestützt werden kann, da von § 108 Abs. 2 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG nur der Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht geschützt wird. Zum anderen rügt der Kläger, das Gericht habe sich auf die Aussage der wegen Befangenheit abgelehnten sachverständigen Zeugin gestützt. Da eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit bei einer sachverständigen Zeugin nicht in Betracht kommt (vgl. Nr. 1), liegt auch darin kein Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhen könnte.
5. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 GKG und den Empfehlungen in Nr. 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, Anh. § 164 Rn. 14).
6. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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