Strafrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Cannabiskonsum

Aktenzeichen  AN 10 S 18.01022

Datum:
25.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 30649
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 11 Abs. 5, § 14 Abs. 1 S. 3, § 46 Abs. 1 S. 1
VwGO § 80 Abs. 5
StVG § 2 Abs. 2
Anlage 4 FeV Nr. 9.2.2

 

Leitsatz

1 Bei gelegentlichem Cannabiskonsum und nur einmaligem Verstoß gegen das Gebot der Trennung dieses Konsums und der Teilnahme am Straßenverkehr ist noch nicht von der mangelnden Fahreignung auszugehen (stRspr BayVGH  BeckRS 2017, 138467). Dies kann jedoch die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung rechtfertigen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2 In einem vom Antragsteller selbst vorgelegten Gutachten zur Fahreignung liegt eine neue Tatsache, der selbstständige Bedeutung zukommt, die keinem Verwertungsverbot unterliegt und auf die der Schluss auf die mangelnden Fahreignung auch dann gestützt werden kann, wenn die Anforderung des Gutachtens rechtswidrig gewesen wäre. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 6250,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Aufgrund einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft … wurde beim Landratsamt bekannt, dass gegen den Antragsteller ein Verfahren nach dem Straßenverkehrsgesetz eingeleitet worden war. Gemäß einem Aktenvermerk der Polizeiinspektion … vom 23. September 2016 sei im Rahmen einer Verkehrskontrolle festgestellt worden, dass der Antragsteller unter dem Einfluss von Cannabinoiden am Straßenverkehr teilgenommen hatte. Gemäß dem Gutachten der Universität … waren beim Antragsteller Werte in Höhe von 5,9 ng/ml THC, 3.3 ng/ml Hydroxy-THC und 30 ng/ml THC-Carbonsäure im Blut festgestellt worden. Gegen den Antragsteller wurde ein Bußgeld verhängt.
Mit einer Gutachtensanforderung vom 9. Dezember 2016 wurde dem Antragsteller aufgegeben, ein ärztliches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung beizubringen. Das vom Kläger daraufhin vorgelegte Gutachten des TÜV … vom 8. Mai 2017 kommt zu dem Ergebnis, dass das Konsumverhalten des Klägers als gelegentliche Einnahme von Betäubungsmitteln zu bezeichnen sei. Allerdings wird auch vermerkt, dass der Antragsteller keine geeigneten Abstinenznachweise vorlegen könne.
Das Landratsamt … leitete daraufhin ein Entzugsverfahren ein. Es forderte den Antragsteller mit Schreiben vom 18. August 2017 allerdings erneut zur Vorlage eines Gutachtens auf. Der Antragsteller sollte ein medizinisch-psychologisches Gutachten gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 FeV i.V.m. Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zu FeV vorlegen, um weiterhin bestehende Zweifel an der Fahreignung auszuräumen. Hierbei sollte geklärt werden, ob nicht zu erwarten sei, dass der Kläger zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis oder dessen Nachwirkungen führen wird (Fähigkeit zum Trennen von Konsum und Verkehrsteilnahme). Es wurde darauf hingewiesen, dass die Frage der Wiedererlangung der Fahreignung nicht Gegenstand der Untersuchung sein solle.
Das vom Antragsteller daraufhin vorgelegte Gutachten des TÜV … vom 14. November 2017 kommt zu dem Ergebnis, dass zu erwarten sei, dass der Kläger künftig ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Cannabis oder dessen Nachwirkungen führen werde. Diese Einschätzung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass beim Kläger mindestens vom Vorliegen einer Drogengefährdung auszugehen sei. Dies wiederum wurde davon abgeleitet, dass der Antragsteller, obwohl er angibt, seit August 2016, d.h. 16 Monate vor Gutachtenserstellung, vollständig drogenabstinent zu leben, ein entsprechender Nachweis dieser Abstinenz nicht geführt wurde. Des Weiteren sei die angemessene selbstkritische Haltung gegenüber der eigenen Drogenvorgeschichte insgesamt nicht erkennbar. Das Gutachten kommt zu der Bewertung, dass der Antragsteller die Risiken seines Drogenkonsums und die damit einhergehende persönliche Gefährdung noch nicht hinreichend verstanden habe. Es bestünden Fehleinschätzungen hinsichtlich des Wirkungsprofils und der mit dem Konsum verbundenen Risiken. Insgesamt sei eine verhaltenswirksame Motivation für einen dauerhaften Verzicht auf Drogen jenseits der Fahrerlaubnisproblematik kaum erkennbar. Auch mit den Fragen einer Rückfallverhinderung habe sich der Antragsteller noch nicht bzw. nicht genügend auseinandergesetzt. Es wurde ihm empfohlen, die vorliegende Drogenproblematik noch aufzuarbeiten und entsprechende Belege über einen konsequenten Verzicht auf Drogenkonsum vorzulegen.
Nach entsprechender Anhörung entzog das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrerlaubnis und forderte ihn auf, seinen Führerschein unverzüglich bei der Fahrerlaubnisbehörde abzugeben. Sofortvollzug wurde diesbezüglich angeordnet. Der Führerschein des Antragstellers wurde nach Mitteilung der Polizeiinspektion … am 11. Mai 2018 sichergestellt, nachdem ihn dieser freiwillig ausgehändigt hatte.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 9. Mai 2018 erhob der Antragsteller Klage. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der Gutachtensanforderung vom 18. August 2017 liege bereits eine falsche, zumindest aber unvollständige Fragestellung zu Grunde. Der Antragsteller sei niemals darauf hingewiesen worden, dass er Nachweise zur Drogenabstinenz einbringen müsse. Vielmehr gehe die Gutachtensanforderung allein vom Fehlen einer Fahreignung des Klägers aus, schließe aber die Möglichkeit, dass dieser seine Fahreignung wiedererlangt habe, völlig aus. Dies habe zur Folge, dass dem Antragsteller unbekannt gewesen sei, welche Nachweise möglich seien und welche dann auch verwertbar vorgelegt werden könnten. Im Übrigen setze das Gutachten die Frage eines Cannabiskonsums und die Frage einer Trennung von Konsum und Verkehrsteilnahme gleich, was weder anhand der Fahrerlaubnisverordnung noch anhand der obergerichtlichen Rechtsprechung zulässig sei. Letztendlich habe das Landratsamt aber auch den Sachverhalt nicht ordnungsgemäß aufgeklärt, weil der Antragsteller zu dessen eigenem Vorteil aufgeklärt hätte werden müssen, welche Abstinenznachweise er beizubringen habe.
Des Weiteren beantragte der Antragsteller sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass das Fahreignungsgutachten des TÜV …, das dem Landratsamt am 8. Dezember 2017 vorgelegt worden sei, inhaltlich nachvollziehbar und plausibel sei. Danach bestehe die Fähigkeit des Trennens von Konsum und Verkehrsteilnahme beim Antragsteller nicht. Zwar habe die Begutachtungsstelle die zu klärende Fragestellung aufgrund der Behauptung des Antragstellers, seit einiger Zeit drogenabstinent zu leben, erweitert, indem das Gutachten ausführt, dass auch die Voraussetzungen für die Wiedererlangung der Fahreignung nicht vorlägen, weil weder Abstinenznachweise vorgelegt worden seien noch eine Loslösung von der vorhandenen Drogenproblematik beim Antragsteller erfolgt sei. Im Übrigen halte sich das Gutachten an die vom Landratsamt vorgegebene Fragestellung. Der Gutachter komme zum Ergebnis, dass beim Antragsteller zumindest eine Drogengefährdung vorliege. Damit stelle sich die Trennungsproblematik nicht mehr, da von Hypothese D3 auszugehen sei, was zu dem negativen Ergebnis geführt habe.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, aber unbegründet.
Die formellen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 VwGO wurden vorliegend eingehalten. Es ist insoweit nämlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner im streitgegenständlichen Bescheid ausführt, dass angesichts der Gefährdungssituation das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das Interesse des Antragstellers an einer vorläufigen weiteren Teilnahme am Straßenverkehr überwiegt. Denn es liegt auf der Hand, dass das weitere Führen eines Kraftfahrzeugs durch einen Fahrer, bei dem eine entsprechende Fahreignung möglicherweise nicht besteht, unverzüglich verhindert werden muss. Insoweit ist es für die Anordnung ausreichend, die – hier auch gegebene – typische Interessenlage aufzuzeigen und auszuführen, dass möglicherweise ungeeignete Kraftfahrzeugführer wegen der von ihnen möglicherweise ausgehenden akuten Gefahren schnellstmöglich an einer weiteren Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen sind. So hat der Antragsgegner ausgeführt, dass das Interesse am Sofortvollzug deshalb überwiegt, weil vom Antragsteller selbst mögliche Gefährdungen von Rechtsgütern wie Leben und Gesundheit ausgehen können. Dies ist nicht zu beanstanden. Entsprechendes gilt ebenfalls für die Abgabeverpflichtung des Führerscheins selbst, da dieses Dokument einen Schein dafür setzt, dass der Antragsteller fahrgeeignet ist.
Der Antragsgegner hat daher im streitgegenständlichen Bescheid vom 24. April 2018 den Sofortvollzug im Sinne von § 80 Abs. 3 VwGO ausreichend begründet. Der Antragsteller hat hierzu auch nichts ausführen lassen.
Der streitgegenständliche Bescheid ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
Im vorliegenden Fall eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO stellt das Gericht in den Fällen, in denen, wie vorliegend, die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts angeordnet worden ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs dagegen ganz oder teilweise dann wieder her, wenn das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung haben die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache erhebliche Bedeutung. Bleibt dieser Rechtsbehelf mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere Interesse am Sofortvollzug regelmäßig überwiegt.
Nach der in diesem Verfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage liegen die Voraussetzungen der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV vor, so dass der Bescheid des Antragsgegners vom 24. April 2018 zu Recht ergangen ist.
Der Antragsteller ist nicht (mehr) geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne von § 2 Abs. 2 StVG. Ungeeignet ist der Antragsteller insbesondere deshalb, weil bei ihm Erkrankungen bzw. Mängel nach Anlage 4 zur FeV festgestellt wurden, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV).
Diese Ungeeignetheit ergibt sich im Falle des Antragstellers aus dem medizinisch-psychologischen Gutachten des TÜV … vom 14. November 2017, das im Ergebnis feststellt, dass beim Kläger zu erwarten sein wird, dass er zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis und dessen Nachwirkungen führen wird. Dies schließt gemäß Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung grundsätzlich aus.
Dieses Gutachten begegnet – zumindest nach summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage – keinen inhaltlichen Bedenken. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass es in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 11 Abs. 5 FeV i.V.m. der Anlage 4 a zur FeV nicht entsprechen würde. Insbesondere ist das Gutachten nachvollziehbar, nachprüfbar und in allgemein verständlicher Sprache abgefasst. Die wesentlichen Befunde sind so wiedergegeben, dass die festgestellten Befunde schlüssig erscheinen.
Als Rechtsgrundlage wurde § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV i.V.m. Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV angegeben. Hiernach müsste ein gelegentlicher Konsum von Cannabis vorliegen und weitere Tatsachen in Zweifel an der Eignung begründen, insbesondere das Trennungsgebot zwischen Konsum und Verkehrsteilnahme nicht beachtet worden sein.
Dies ist vorliegend unstreitig der Fall. Zum einen hat der Antragsteller am 30. August 2016 unter dem Einfluss von Cannabis sein Kraftfahrzeug geführt und im Verlaufe des Verfahrens durchgehend angegeben, dass er zur Bekämpfung seiner Rückenschmerzen und seines Rheumas Cannabis geraucht habe. Dementsprechend ist in der Wohnung des Antragstellers auch eine Cannabis-Tabakmischung sichergestellt worden. Hinzu kommt, dass aus der Wohnung des Antragstellers deutlicher Cannabisgeruch drang und die Polizei eine sog. „Eimer-Bong“ mit Anhaftungen aufgefunden hatte. Dementsprechend hatte das ursprüngliche medizinische Gutachten des TÜV … vom 8. Mai 2017 festgestellt, dass beim Antragsteller im Zeitraum von November 2015 bis Ende August 2016 ein gelegentlicher Cannabiskonsum vorgelegen habe. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt im Ermessenswege nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV zur weiteren Aufklärung der Sachlage ein medizinisch-psychologisches Gutachten anordnete, da bei gelegentlichem Cannabiskonsum und nur einmaligem Verstoß gegen das Trennungsgebot nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichthofs (vgl. zuletzt: BayVGH, U.v. 13.12.2017, Az. 11 BV 17.1876, juris) bei einer solchen Sachlage nicht mehr von der Ungeeignetheit im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV ausgegangen werden darf.
Allerdings ist es nachvollziehbar, wenn der Antragsteller im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens bemängelt, dass die Fragestellung in der Gutachtensanforderung vom 18. August 2017 sehr eng ausgefallen ist, indem trotz der Tatsache, dass beim Antragsteller seit einem knappen Jahr vor Auslauf der Anordnung ein Cannabiskonsum nicht mehr hat festgestellt werden können, nicht nach der Wiedererlangung der Fahreignung gefragt wurde. Da absehbar war, dass eine Begutachtung innerhalb der Jahresfrist nach dem letzten Konsum nicht mehr durchzuführen war, wäre es zu Gunsten des Antragstellers möglich gewesen, die gewählte Fragestellung dahingehend zu erweitern, ob der Antragsteller möglicherweise seine Fahreignung wiedererlangt haben könnte. Allerdings spielt die Angemessenheit der Fragestellungen im Rahmen der Gutachtensanforderung vorliegend keine Rolle mehr, da der Antragsteller das Gutachten der Fahrerlaubnisbehörde selbst vorgelegt hat (vgl. hierzu: Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 11 FeV RdNr. 26 mit weiteren Nachweisen). Das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten des TÜV … vom 14. November 2017 ist eine neue Tatsache, die selbstständige Bedeutung hat und keinem Verwertungsverbot unterliegt. Danach wäre es auch unerheblich, falls die Gutachtensanforderung rechtswidrig gewesen wäre, was der Antragsteller allerdings selbst nicht behauptet.
Aber auch der Vorwurf, die Gutachtensanforderung hätte auch berücksichtigen müssen, dass auf Grund des Zeitablaufs zweckmäßigerweise auch nach der Vorlage von Abstinenznachweisen gefragt hätte werden müssen, was zur Folge gehabt hätte, dass entsprechende Unterlagen vorzulegen gewesen wären, führt dies nicht zum Erfolg des Antrags. Zielsetzung der Gutachtensanforderung vom 18. August 2017 wie auch des medizinisch-psychologischen Gutachtens vom 14. November 2017 war es, eine prognostische Einschätzung hinsichtlich des Trennungsvermögens des Antragstellers zwischen Cannabiskonsum und Verkehrsteilnahme zu erhalten. Hierzu war es für den Gutachter notwendig, den Antragsteller sowohl zu seinem früherem Cannabiskonsum zu befragen, als auch Angaben zu seiner Motivation, mit dem Drogenkonsum aufzuhören, zu erhalten. Wesentlicher Inhalt eines solchen Gutachtens ist es daher, neben den Motiven für den früheren Konsum die Anzeichen für eine Verhaltensänderung im Explorationsgespräch abzuklären. Da es sich bei der Frage nach dem Trennungsvermögen zwischen Konsum und Verkehrsteilnahme zwangsläufig (… ist zu erwarten …) um eine Prognose handelt, war die Frage einer nachvollziehbaren Verhaltensänderung des Antragstellers für den Gutachter essentiell. Im Übrigen kommt es, wie dargelegt, auf die Fragestellung der Gutachtensanforderung nicht mehr an, da der Inhalt eines entsprechenden Gutachtens, selbst wenn er sich zu Gesichtspunkten äußert, die über den ursprünglich verfolgten Zweck hinausgehen, dennoch entscheidungserheblich sind, weil das Gutachten eine neue Tatsache darstellt, der selbständige Bedeutung zukommt (a.a.O.).
Das Gutachten vom 14. November 2017 ist auch schlüssig und nachvollziehbar. Es kommt zu dem Ergebnis, dass beim Antragsteller „mindestens vom Vorliegen einer Drogengefährdung auszugehen ist“. Wie das Gutachten weiter schlüssig ausführt, mangelt es dem Antragsteller diesbezüglich an einem nachvollziehbaren Läuterungsprozess, in dem er, wie ausgeführt wird, weder eine verhaltenswirksame Motivation für einen dauerhaften Verzicht erkennen lässt, noch eine als tragfähig eingeschätzte Strategie zur Rückfallvermeidung darstellen konnte. Vielmehr geht der Fachgutachter davon aus, dass derzeit von einer nicht hinreichend gefestigten Vorsatzbildung dahingehend auszugehen sei, auch zukünftig dauerhaft und konsequent auf den Konsum von Drogen zu verzichten. Auf Grund dieser Aussagen ist es daher nachvollziehbar, wenn das Gutachten im Ergebnis von einer Drogengefährdung („mindestens“) ausgeht. Wie sich aus dem Gutachten des TÜV … zweifelsfrei entnehmen lässt, sind beim Kläger die Voraussetzungen einer sog. Drogengefährdung gegeben. So liegt nämlich das Kriterium D3.2K bezüglich der Hypothese D3 der unverbindlichen Beurteilungskriterien eindeutig vor, indem dem Antragsteller attestiert wurde, noch nicht über die Kompetenz, auf negative Konsequenzen seines Drogenkonsums angemessen zu reagieren, zu verfügen. Aber auch das Kriterium D3.1K, das bei Annahme der Hypothese D3 der Beurteilungskriterien notwendigerweise kumulativ vorliegen muss, nämlich ob der Antragsteller häufiger oder gewohnheitsmäßig ausschließlich Cannabis konsumiert hatte, wurde vom Gutachter nicht zuletzt aufgrund der eigenen Angaben des Antragstellers im Rahmen der Exploration bejaht. Zwar gehen alle Beteiligten davon aus, dass ein regelmäßiger Cannabiskonsum im Sinne von Ziffern 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV beim Antragsteller nicht gegeben war, doch gibt der Antragsteller einerseits an, er habe Joints geraucht, allerdings nur zwei- bis dreimal im Monat über ein paar Monate hinweg. Im gleichen Gespräch gibt der Antragsteller andererseits an, er habe insgesamt sechs- bis siebenmal einen Joint geraucht und erst im Sommer 2016 damit begonnen. Damit ist aber bereits das Kriterium eines häufigeren Konsums von Cannabis nach D3.1K der Beurteilungskriterien bereits gegeben, so dass im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, wenn das Gutachten von der Hypothese D3, also von einer Drogengefährdung des Antragstellers ausgeht. Zwar sind die Angaben des Klägers in ein und demselben Gutachten eigentlich nicht in Deckung zu bringen, zumal der Antragsteller im Rahmen der Begutachtung für das medizinische Gutachten vom 8. Mai 2017 selbst angibt, über einen längeren Zeitraum, nämlich ab November 2015 bis zum 30. August 2016 gelegentlich Cannabis eingenommen zu haben, doch ist aus einer Gesamtschau dieser Angaben ersichtlich, dass ein häufigerer Konsum von Cannabis gegeben ist. Häufiger Cannabiskonsum ist auch gegeben, wenn noch nicht von einem regelmäßigen Konsum ausgegangen werden kann, wenn der Konsum über einen gewissen Zeitraum aber immer wieder erfolgte. Auf die Frage, warum beim Antragsteller im Rahmen einer Nachschau im Badezimmer eine (gebrauchte) Eimer-Bong mit Anhaftungen sichergestellt werden konnte, kommt es im Rahmen dieser summarischen Überprüfung schon nicht mehr an.
Dies hat zur Folge, dass für die Annahme einer Fahreignung zum einen nicht nur eine angemessene Problembewältigung notwendig wäre, sondern darüber hinaus auch eine dauerhafter Drogenverzicht (vgl. Hypothese D3 der Beurteilungskriterien „Drogengefährdung“). Eine fortgeschrittene Drogenproblematik ist hierfür gerade nicht erforderlich. Dafür, dass beim Antragsteller lediglich die Hypothese D4 und die hierfür notwendigen Beurteilungskriterien D4.1 bis D4.3 zuträfen, ist nichts ersichtlich. Dies hat zur Folge, dass der Gutachter die Frage der Trennungsproblematik hinsichtlich des Antragstellers nicht weiter aufzuklären brauchte.
Nachdem beim Antragsteller, wie dargelegt, von einer sog. Drogengefährdung auszugehen ist, ist mit dieser Diagnose nämlich auch bereits die Frage nach dem Trennungsvermögen zwischen Cannabiskonsum und Verkehrsteilnahme beantwortet. Es ist somit schlüssig und nachvollziehbar, wenn der Antragsgegner davon ausgeht, dass der Antragsteller künftig gegen das Trennungsgebot verstoßen wird. Geht nämlich die Hypothese D4 der Beurteilungskriterien bereits davon aus, dass dort im Regelfall bereits mangelndes Trennungsvermögen gegeben ist, sind bei der Hypothese D3, wie für den Antragsteller zutreffend, Abstinenzzeiträume von drei bis sechs Monaten bzw. in Ausnahmefällen sogar länger, nachzuweisen (vgl. Kalus, „Die MPU im Fahrerlaubnisrecht“, Verkehrsdienst 2010 S. 15 ff). Das streitgegenständliche TÜV-Gutachten vom 14. November 2017 ist somit auch in diesem Punkt schlüssig und nachvollziehbar, insbesondere weil dem Antragsteller, wie bereits ausführlich dargelegt, eine mangelnde Einstellungsänderung zu seinem Konsumverhalten attestiert wurde.
Letztendlich kann der Antragsteller auch nicht damit durchdringen, dass ihm keinerlei Hinweise darauf gegeben wurden, dass er überhaupt Abstinenznachweise einzuholen gehabt hätte bzw. in welcher Art und in welchem Umfang er dies zu tätigen gehabt hätte. Wie dargelegt, kommt es auf diese Fragestellung nicht mehr an. Allerdings ist doch festzustellen, dass bereits im medizinischen Gutachten vom 8. Mai 2017 darauf hingewiesen wurde, dass der Antragsteller keinerlei geeignete Abstinenzbelege vorlegen konnte. Dies hätte den Antragsteller veranlassen können, sich um solche zu kümmern.
Für eine Wiedererlangung der Fahreignung des Antragstellers ist bislang auch nichts vorgetragen oder erkennbar. Der Antragsteller trägt lediglich vor, er habe seine Fahreignung nie verloren.
Damit ist die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers durch den streitgegenständlichen Bescheid des Antragsgegners vom 24. April 2018 nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Dies hat zur Folge, dass die dem Antragsteller aufgelegte Verpflichtung, seinen Führerschein abzugeben, gemäß § 3 Abs. 2 StVG ebenfalls rechtmäßig ist.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist damit abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Streitwertbeschluss ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 1.5, 46.3, 46.5 und 46.9 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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