Strafrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen nicht beigebrachten Fahreignungsgutachtens, Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge, gelegentlicher Cannabiskonsum

Aktenzeichen  11 CS 21.1965

Datum:
14.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 28449
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
FeV § 11 Abs. 8
FeV § 14 Abs. 1 S. 3
FeV § 46 Abs. 1
Anlage 4 zur FeV Nr. 9.2.2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

AN 10 S 21.730 2021-06-24 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen, soweit sie unzulässig ist, und im Übrigen zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klasse B samt eingeschlossener Klassen und der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge.
Im November 2020 wurde dem Landratsamt Fürth bekannt, dass die Polizei bei einer Verkehrskontrolle am 27. September 2020 um 23:50 Uhr beim Antragsteller, der am B1.platz in F. mit einem Elektro-Scooter unterwegs war, drogentypische Ausfallerscheinungen festgestellt hatte. Auf Frage nach dem letzten Betäubungsmittelkonsum räumte er ein, vor zuletzt einem halben Jahr Marihuana konsumiert zu haben. Die um 0:58 Uhr entnommene Blutprobe enthielt nach dem toxikologischen Gutachten des Landeskriminalamts vom 30. Oktober 2020 4,6 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) und 16,0 ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH).
Mit Schreiben vom 17. November 2020 ordnete das Landratsamt gestützt auf § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bis 5. Februar 2021 zu den Fragen an, ob zu erwarten sei, dass der Antragsteller zukünftig fahrerlaubnispflichtige bzw. fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge unter Einfluss von Cannabis oder dessen Nachwirkungen führen werde.
Nachdem der Antragsteller kein Gutachten vorgelegt hatte, entzog ihm das Landratsamt mit Bescheid vom 12. März 2021 gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis der Klasse B einschließlich Einschlussklassen und forderte ihn unter Androhung unmittelbaren Zwangs auf, seinen Führerschein innerhalb von zehn Tagen nach Zustellung des Bescheids abzugeben. Des Weiteren wurde die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen angeordnet. Ferner untersagte das Landratsamt dem Antragsteller das Führen von fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen. Nach einem handschriftlichen Vermerk in den Akten ist der Bescheid am 18. März 2021 zur Post gegeben worden.
Am 16. April 2021 rief ein Mitarbeiter des Prozessbevollmächtigten beim Landratsamt an und bat um erneute Zusendung des Bescheids einschließlich Empfangsnachweis, da die Schriftstücke beim Umzug der Kanzlei teilweise verloren gegangen seien. Daraufhin übermittelte das Landratsamt den Entwurf des Bescheids einschließlich Empfangsnachweis noch am selben Tag an den Bevollmächtigten.
Am 19. April 2021 gab der Antragsteller seinen Führerschein bei der Behörde ab.
Am 21. April 2021 ließ er durch seinen Bevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach erheben und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragen.
Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 24. Juni 2021 ab. Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO sei zwar zulässig, da die Klage entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht verfristet sei. Der Vortrag, der angefochtene Bescheid sei am 18. März 2021 zur Post gegeben worden, reiche nicht aus, um den Zugang zu einem früheren Zeitpunkt als dem 16. April 2021 nachzuweisen. Der Antrag sei jedoch unbegründet, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO gemäß ausreichend begründet worden sei und die getroffenen Verfügungen rechtmäßig seien. Der Antragsgegner habe zu Recht die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gefordert und – weil der Antragsteller dieses nicht fristgemäß vorgelegt habe – gemäß § 46 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 11 Abs. 8 Abs. 1 FeV auf seine fehlende Fahreignung geschlossen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV könne die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliege und weitere Tatsachen Zweifel an der Fahreignung begründeten. Ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot sei eine Tatsache, die Bedenken gegen die Fahreignung begründe und nach § 46 Abs. 3 FeV zur Anwendung der §§ 11 bis 14 FeV führe. Die durch den Verstoß gegen das Trennungsgebot aufgeworfenen Zweifel an der Fahreignung habe die Fahrerlaubnisbehörde zu klären. Damit sie über eine hinreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage für die Prognose verfüge, bedürfe es in solchen Fällen in der Regel einer medizinisch-psychologischen Begutachtung. Der Antragsgegner habe den Antragsteller zu Recht als gelegentlichen Cannabiskonsumenten eingestuft. Ausweislich des Ergebnisses der chemisch-toxikologischen Untersuchung habe festgestanden, dass der Antragsteller kurz vor der polizeilichen Kontrolle Cannabis konsumiert habe. Denn THC sei im Blutserum nach einem Einzelkonsum nur für sechs bis zwölf Stunden nachweisbar. Der Antragsteller habe erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren einen experimentellen Cannabiskonsum eingewendet, den er in keiner Weise substantiiert dargelegt habe. Vielmehr habe er nur eine pauschale Behauptung ohne konkrete Angaben zu dem inmitten stehenden Konsumakt aufgestellt. Darüber hinaus könne auch nach seiner Angabe gegenüber der Polizei, zuletzt Marihuana vor einem halben Jahr konsumiert zu haben, ein gelegentlicher Cannabiskonsum angenommen werden, da hiermit zwei selbstständige Konsumakte vorgelegen hätten. Durch die Fahrt mit dem Elektro-Scooter unter Cannabiseinfluss habe der Antragsteller auch gegen das in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV geregelte Trennungsgebot verstoßen. Dem stehe nicht entgegen, dass kein Fahrfehler habe festgestellt werden können. Darüber hinaus habe die Gutachtensanforderung den formellen Anforderungen gemäß § 11 Abs. 6 FeV entsprochen. Die Fragestellung sei anlassbezogen und verhältnismäßig. Auch die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge sei rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV seien erfüllt. Auch hier gelte der Eignungsbegriff des § 2 Abs. 4 StVG. Das Gefährdungspotenzial rechtfertige es, den gleichen Maßstab wie bei fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen anzulegen. Der Fahrerlaubnisbehörde stehe zwar grundsätzlich ein Auswahlermessen bezüglich der Art und des Umfangs der Maßnahme zu. Werde kein Gutachten beigebracht, bleibe ihr jedoch keine andere Möglichkeit, als auch das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge zum Ausschluss der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs zu untersagen.
Mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, wendet sich der Antragsteller zunächst gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung, deren Begründung floskelhaft, offensichtlich vorformuliert und ungenügend sei. Der Antragsgegner verkenne, dass die Einlegung von Rechtsmitteln und damit die Verzögerung des Eintritts der Bestandskraft eine unzulässige Begründung darstelle, die die gesetzlich vorgesehene aufschiebende Wirkung ad absurdum führe. Der Suspensiveffekt eines Widerspruchs bzw. einer Klage sei ein verfassungsmäßig garantiertes Recht. Insbesondere im Hinblick darauf, dass sich der Antragsteller seit September 2020 im Straßenverkehr bewährt und niemanden gefährdet habe, spreche nichts gegen seine Teilnahme am Straßenverkehr. Ferner sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung materiell rechtswidrig, da die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht offensichtlich rechtmäßig sei. Die Entziehung beziehe sich auf ein sechs Monate zurückliegendes Ereignis vom 27. September 2020. Bis zur Abgabe des Führerscheins im April 2021 habe der Antragsteller unter Beweis gestellt, dass er ohne Beeinträchtigung des Straßenverkehrs ein Fahrzeug führe. Die forensisch-toxikologische Untersuchung vom April 2021 zeige deutlich, dass er nicht regelmäßig Cannabis konsumiere. Diese habe keine Hinweise auf die Einnahme von Cannabis seit mindestens Dezember 2020 gegeben. Auch der Test vom 23. Juli 2021 werde negativ sein. Bereits 2005 habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis unter der Auflage wiederhergestellt werden könne, dass der Betroffene während des Laufs der aufschiebenden Wirkung Abstinenznachweise erbringe. Dieses Erfordernis sei erfüllt. Weiter erfahre der Antragsteller eine erhebliche Einschränkung mit Blick auf seine Ausbildung zum Rettungssanitäter. Hierfür benötige er noch die weitere Führerscheinklasse C1. Er habe sich dazu entschlossen, gleich die Klassen C und CE mit zu erwerben. Diese Ausbildung sei ihm jedoch aktuell aufgrund der Entziehung der Fahrerlaubnis nicht möglich. Zudem gestalte sich der Weg ins Klinikum Erlangen sehr schwer, wo er kurz vor dem Beginn eines Praktikums stehe. Insbesondere die zu erwartenden nächtlichen Arbeitszeiten erschwerten die Anfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Antragsteller sei auf sein Auto angewiesen. Er arbeite auch für den Malteser Hilfsdienst und habe in diesem Rahmen viele Ortstermine in auswärtigen Coronatestzentren, die teilweise aufgrund der Anfahrt nur schwer wahrzunehmen seien. Infolge von Änderungen an seinem Arbeitsplatz werde er künftig noch mehr auf den Führerschein angewiesen sein. Es werde nötig sein, zu Einsatzstellen zu fahren. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung diene hier nur dazu, den Antragsteller zu bestrafen, was nicht ihr Sinn und Zweck sei. Der Antragsteller stelle aufgrund regelmäßiger Abstinenznachweise unter Beweis, dass er kein Cannabis konsumiere. Damit stelle er für andere Verkehrsteilnehmer keine Gefahr dar. Eine einmalige Verfehlung lasse nicht auf eine allgemeine Gefahr schließen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre.
Wie der Antragsgegner zutreffend angeführt hat, genügen die gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung gerichteten Einwände schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO, die eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses voraussetzen (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2018 – 11 CS 18.435 – DAR 2019, 343 = juris Rn. 11; B.v. 9.7.2018 – 9 CE 18.1033 – juris Rn. 13; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 76 ff.; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 22a f.). Die Beschwerdeschrift setzt sich hingegen nicht ansatzweise mit den auf Seite 7 f. niedergelegten Gründen des angefochtenen Beschlusses auseinander.
Im Übrigen treffen die Einwände gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch in der Sache nicht zu. Denn das Verwaltungsgericht ist der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung gefolgt, wonach an den Inhalt der schriftlichen Begründung der Vollzugsanordnung keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind und bei Kraftfahrern, denen die erforderliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt, das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.6.2021 – 11 CS 20.2342 – juris Rn. 17; B.v. 16.10.2019 – 11 CS 19.1434 – juris Rn. 20 jeweils m.w.N.; Hoppe in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 46, 55). Bei dieser häufig wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltung, der eine typische Interessenlage zugrunde liegt, reicht es aus, diese Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass sie nach Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde auch im konkreten Fall vorliegt (stRspr, vgl. BayVGH, jeweils a.a.O.). Dem hat das Landratsamt genügt, indem es – ausgehend von der Weigerung des Antragstellers, ein Fahreignungsgutachten vorzulegen, und der daraus folgenden Annahme der fehlenden Fahreignung – seinen sofortigen Ausschluss vom Straßenverkehr im Interesse der Verkehrssicherheit und des Schutzes anderer Verkehrsteilnehmer für erforderlich erklärt hat. Auf die inhaltliche Richtigkeit oder Tragfähigkeit der Begründung kommt es dabei nicht an, da § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO eine formelle und keine materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung normiert (vgl. Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Februar 2021, § 80, Rn. 246; Hoppe, a.a.O. Rn. 54 f.; Bostedt in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 80 Rn. 80). Ggf. können die für die Begründung des Verwaltungsakts maßgebenden Erwägungen wiederholt oder hierauf Bezug genommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2019 – 11 CS 19.1101 – juris Rn. 21; B.v. 27.2.2019 – 10 CS 19.180 – juris Rn. 10 f. m.w.N.; Hoppe a.a.O. Rn. 55). Angesichts der irreparablen Folgen, zu denen ein von einem ungeeigneten Kraftfahrer verursachter Verkehrsunfall führen kann, ist auch unbedenklich, dass als Folge hieraus bei der Entziehung von Fahrerlaubnissen die sofortige Vollziehung nicht nur ausnahmsweise, sondern in der großen Mehrzahl der Fälle angeordnet wird (vgl. Hoppe a.a.O. Rn. 46 a.E.; BayVGH, B.v. 31.7.2019 – 11 CS 19.1101 a.a.O.; OVG Hamburg, B.v. 20.6.2005 – 3 Bs 214/05 – NJW 2006, 1367 = juris Rn. 2; VGH BW, B.v. 24.6.2002 – 10 S 985/02 – NZV 2002, 580 = juris Rn. 8). Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, wenn in einem derartigen Fall, soweit er keine Besonderheiten aufweist, der ihn aus vielen gleich gelagerten Fällen heraushebt, Textbausteine oder Standardbegründungen verwendet werden (vgl. Bostedt, a.a.O. § 80 Rn. 79; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 39 Rn. 18; BayVGH, B.v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453 – juris Rn. 16 f.). Dies macht sie noch nicht zu inhaltsleeren Formeln oder Floskeln.
Weiter ist der Beschwerde auch nicht zu entnehmen, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis materiell rechtswidrig ist. Auf die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge geht der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung nicht näher ein.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), im für die Entziehung der Fahrerlaubnis maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Dezember 2020 (BGBl I S. 2667), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 11. März 2019 (BGBl I S. 218), zum Teil in Kraft getreten zum 11. Januar 2021, hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Im Falle einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis ist nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV die Kraftfahreignung gegeben, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt. Begründen weitere Tatsachen, wie ein Verstoß gegen das Trennungsgebot, Zweifel an der Eignung, kann die Fahrerlaubnisbehörde nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen. Nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn dieser sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder wenn er das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Schluss aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung ist gerechtfertigt, wenn die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – NJW 2017, 1765 = juris Rn. 19 m.w.N.).
Dies ist hier der Fall, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung des Gutachtens (vgl. BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – NJW 2021, 1970 = juris Rn. 14 m.w.N.) am 17. November 2020 vorlagen. Der Einwand, der Antragsteller habe sich seit der Fahrt vom 27. September 2020 und damit im Wesentlichen nach diesem Zeitpunkt schon etliche Monate im Straßenverkehr bewährt und kein Cannabis mehr eingenommen, kann deshalb nicht greifen. Im Übrigen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht gegen die – nach Aktenlage zutreffende – Annahme des Landratsamts und des Verwaltungsgerichts, dass er bis zu der Fahrt am 27. September 2020 gelegentlich Cannabis konsumiert hat. Ferner steht aufgrund des toxikologischen Gutachtens vom 30. Oktober 2020 fest, dass er mit THC von mindestens 4,6 ng/ml im Blutserum ein fahrerlaubnisfreies Kraftfahrzeug (Elektro-Scooter) geführt hat. Darin liegt ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV, der Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers begründet (BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17 – BVerwGE 165, 215 = juris Rn. 15; U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – DAR 2014, 711 = juris Rn. 33) und die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV dazu ermächtigt, im Ermessenswege ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzuordnen. Fehler bei der Ermessensausübung sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Nachdem der Antragsteller der zu Recht an ihn gerichteten Aufforderung nicht nachgekommen ist, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, und sich damit seiner Obliegenheit entzogen hat, zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen, durfte das Landratsamt nach dem Beweiswürdigungsgrundsatz des § 11 Abs. 8 FeV von seiner fehlenden Fahreignung ausgehen (vgl. BVerwG, U.v. 4.12.2020 a.a.O. Rn. 26). Mangels entsprechender Nachweise und Angaben des Antragstellers musste das Landratsamt bei Erlass des Entziehungsbescheids auch nicht davon ausgehen, dass er eine etwa verlorene Fahreignung zwischenzeitlich auf jeden Fall wiedererlangt hatte. Erlangt der Betroffene seine Fahreignung erst nach Erlass des Entziehungsbescheides wieder, sieht das Gesetz eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis vor (vgl. BayVGH, B.v. 13.2.2019 – 11 ZB 18.2577 – juris Rn. 21 m.w.N.; B.v. 6.4.2020 – 11 CS 20.432 – juris Rn. 10).
Da die Entziehung der Fahrerlaubnis somit offensichtlich rechtmäßig ist und der Schutz von Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer vor fahrungeeigneten Fahrerlaubnisinhabern stets dringlich ist, kann die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage auch nicht unter bestimmten Maßgaben wiederhergestellt werden. Die zitierte Entscheidung, mit der der Senat (BayVGH, B.v. 13.12.2005 – 11 CS 05.1350 – juris Rn. 18 ff.) die aufschiebende Wirkung einer Klage wiederhergestellt hat, betraf den anders gelagerten Fall, dass die Erfolgsaussichten einer Klage gegen einen Entziehungsbescheid offen waren, weil die unwissentliche Einnahme einer harten Droge ernstlich in Betracht kam. Aus den Gründen, die auch die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen, kann der Antragsteller kein überwiegendes privates Interesse daran haben, wegen seiner Angewiesenheit auf die Fahrerlaubnis oder aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von der Vollziehung des offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts vorläufig verschont zu bleiben (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 91; Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Februar 2021, § 80 Rn. 386 f.).
Auf die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge ist der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung nicht näher eingegangen. Die Fragen, ob die Ermächtigungsgrundlage (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. y StVG in der bis 27.7.2021 geltenden Fassung, geändert durch Art. 1 Nr. 6 des Vierten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 12.7.2021 [BGBl S. 3091]) für die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge hinreichend bestimmt und ob § 3 FeV insoweit verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – NJW 2021, 1970 = juris Rn. 34 ff.; BayVGH, B.v. 8.6.2021 – 11 CS 21.968 – juris Rn. 16; OVG Saarl, B.v. 3.5.2021 – 1 B 30.21 – juris Rn. 32 ff.; OVG NW, B.v. 23.4.2015 – 16 E 208/15 – juris Rn. 4 – 6; NdsOVG, B.v. 1.4.2008 – 12 ME 35/08 – NJW 2008, 2059 = juris Rn. 6; Rebler/Müller, DAR 2014, 690/695; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Auflage 2021, § 6 StVG Rn. 5a, § 3 FeV Rn. 10a; Kreusch in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Auflage 2017, § 6 StVG Rn. 6; Begemann in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 28.7.2021, § 3 FeV, Rn. 8 f.), werden im Hauptsacheverfahren zu erörtern sein. Da auch nicht offensichtlich ist, dass diese Fragen zu verneinen sind (BayVGH, B.v. 8.6.2021 a.a.O.), hat der Senat ohne entsprechende Darlegung in der Beschwerdeschrift auf diese Gesichtspunkte bei seiner Entscheidung nicht einzugehen (vgl. Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, § 146 Rn. 110 ff.; BayVGH, B.v. 8.6.2021 – 11 CS 21.968 – juris Rn. 14 ff.).
Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1, 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.3 und 46.14 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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