Strafrecht

Erkrankung, Angeklagte, Strafzumessung, Revision, Gesamtfreiheitsstrafe, Berufung, Amtsarzt, Rechtsfolgenausspruch, Arzt, Staatsanwaltschaft, Tiere, Angeklagten, Generalstaatsanwaltschaft, Strafkammer, Revision des Angeklagten, Einholung eines Gutachtens, reformatio in peius

Aktenzeichen  204 StRR 68/22

Datum:
21.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 5881
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 21, § 49 Abs. 1
TierSchG § 17 Nr. 2

 

Leitsatz

1. Hat ein im Hinblick auf Art. 5 BayPsychKHG eingeschalteter Amtsarzt eine abnorme Persönlichkeit des (späteren) Angeklagten diagnostiziert, der in grausamer und widerwärtiger Weise Tiere gequält, sich an deren Schreien ergötzt, die Tiere verhöhnt und beleidigt hat, so ist ein forensisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten zu den medizinischen Voraussetzungen der §§ 20, 21, 63, 64 StGB auch dann einzuholen, wenn der Amtsarzt – ohne Anknüpfungstatsachen hierfür anzugeben – keine Hinweise auf eine verminderte Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit gesehen hat.
2. Von der Einholung eines solchen Gutachtens konnte auch nicht mit der Begründung, dass sich der Angeklagte erstinstanzlich mit einer Begutachtung nicht einverstanden erklärt habe und die Berufungskammer den Angeklagten nach eigener Sachkunde für voll schuldfähig halte, abgesehen werden.
3. Zur Strafzumessung bei § 17 Nr. 2 TierSchG im Falle der nicht erheblich eingeschränkten Schuldfähigkeit.

Verfahrensgang

2 Ns 217 Js 4057/21 2021-11-09 Urt LGWEIDEN LG Weiden

Tenor

I. Auf die Revision des Angeklagten P. F P wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 9. November 2021 mit den Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an eine andere Strafkammer des Landgerichts Weiden i.d. OPf. zurückverwiesen.

Gründe

I.
Das Amtsgericht Weiden i.d. OPf. hat den Angeklagten am 02.09.2021 wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und ihm das Halten und Betreuen von sowie den Handel oder den sonstigen berufsmäßigen Umgang mit Tieren jeder Art für immer verboten.
Dem lag unter anderem zugrunde, dass der Angeklagte vier lebende Ratten in eine Mikrowelle steckte und diese so lang in Betrieb nahm, bis die Tiere qualvoll verendeten, wobei sie panisch ca. 20 Sekunden durch die Mikrowelle sprangen, bis sie schließlich starben. In einem weiteren Fall sperrte der Angeklagte zwei Ratten in eine Tasche ein und stach mit einer Grillgabel auf sie ein. Anschließend schüttelte er die beiden Ratten aus der Tasche heraus ins Waschbecken. Eines der beiden Tiere verstarb kurz darauf durch die Stiche mit der Grillgabel, die andere Ratte überlebte zunächst. Beide Tiere warf er anschließend in eine heiße Grillpfanne, welche auf dem Küchenherd stand. Der noch lebenden Ratte gelang es zweimal, aus der Pfanne zu springen und wegzulaufen. Der Angeklagte fing sie jedoch wieder ein und drückte sie schließlich mit der Grillzange solange auf den Pfannenboden, bis sie ebenfalls verstarb. Hierbei rief der Angeklagte, als er die lebende Ratte im kochenden Fett der Pfanne briet, „Knuspi Steak frischer gehts´s nicht, boa Alter wie geil ist das denn.“ Einer anderen Ratte zwickte der Angeklagte bei lebendigem Leib an zwei Pfötchen die Zehen mit einem Seitenschneider ab. Eine weitere Ratte übergoss er mit Feuerzeugbenzin und steckte diese bei lebendigem Leib in Brand. Sie lief bis zur Verendung ca. eine halbe Minute brennend durchs Treppenhaus des Anwesens. Hierbei rief der Angeklagte begeistert, „welch toller Feuerball das sei.“ Zwei Ratten legte der Angeklagte Pflastersteine auf deren Schwänze, um sie am Weglaufen zu hindern. Anschließend nahm er ein unter Strom stehendes Kabel und misshandelte die Tiere so lange mit 220 Volt-Stromschlägen, bis sie qualvoll verendeten. Hierbei grölte er „Überraschend stabiler Schwanz.“ Selbst als diese verendet waren, setzte er sie weiter unter Strom und beobachtete, wie die Körper anfingen zu grillen.
Gegen dieses Urteil haben die Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten und dieser selbst zunächst jeweils unbeschränkt Berufung eingelegt, die seitens der Staatsanwaltschaft vor und seitens des Angeklagten in der Hauptverhandlung – mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft – jeweils auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden ist.
Mit Urteil vom 09.11.2021 hat das Landgericht Weiden i.d. OPf. die Berufung des Angeklagten als unbegründet verworfen und auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts Weiden vom 02.09.2021 im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wird.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragt, die Revision des Angeklagten durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet kostenpflichtig zu verwerfen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision des Angeklagten ist zulässig (§§ 333, 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO). Sie hat mit der erhobenen Sachrüge zumindest vorläufigen Erfolg, als das angefochtene Urteil mit den Feststellungen – die wegen der beiderseitigen Berufungsbeschränkung (s. hierzu unten II.3.b) nur die Rechtsfolgenentscheidung betreffen – aufzuheben (§ 349 Abs. 4, § 353 StPO) und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Weiden i.d. OPf. zurückzuverweisen ist (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
1. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Strafzumessung ist rechtsfehlerhaft, da es über die Frage der – von ihm abgelehnten – Reduzierung des Strafrahmens nach § 21 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage entschieden hat.
a) Das Berufungsgericht hat bei seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass der Angeklagte am 10.05.2021 aufgrund der tatgegenständlichen Vorwürfe vom Amtsarzt begutachtet wurde, wobei es um das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 5 BayPsychKHG ging. Im Rahmen dieser Begutachtung sei durch den Amtsarzt festgestellt worden, dass es sich bei dem Angeklagten um eine einfach-strukturierte Persönlichkeit ohne Hinweis auf das Bestehen einer seelischen Erkrankung handelt. Auch Drogen- oder Alkoholmissbrauch schien nicht vorzuliegen. Dies sei vom Angeklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden. Die von dem Angeklagten begangenen Verstöße gegen das Tierschutzrecht hätten ihre Ursache im Vorliegen einer abnormen Persönlichkeit. Hinweise auf eine verminderte Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit hätten sich im Rahmen der Begutachtung nicht ergeben. Aus diesem Grunde habe von einer eingehenden Begutachtung in Bezug auf das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB verzichtet werden können, zumal sich der Angeklagte erstinstanzlich mit einer solchen Begutachtung nicht einverstanden erklärt habe. Auch im Rahmen der Berufungshauptverhandlung hätten sich keine Anhaltspunkte für eine verminderte oder gar aufgehobene Schuldfähigkeit des Angeklagten ergeben. Auch die Berufungskammer halte den Angeklagten nach eigener Einschätzung und Sachkunde für voll schuldfähig.
b) Diese Begründung für das Absehen von der Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zum Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Anwendung der §§ 20, 21 StGB halten, was bereits auf die Sachrüge hin zu prüfen ist, revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
aa) Das Berufungsgericht hat sich auf eine ärztliche Stellungnahme gestützt, die zu den Voraussetzungen einer Unterbringung gemäß Art. 5 Abs. 1 BayPsychKHG gefertigt wurde. Zu diesen gehört die Frage, ob die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Betroffenen aufgrund einer psychischen Störung erheblich beeinträchtigt war, was auch (tatbezogen) für die Anwendung des § 21 StGB von entscheidender Bedeutung ist.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts reichen die Ausführungen des Amtsarztes, es hätten sich keine Hinweise auf eine verminderte Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ergeben, jedoch nicht aus, um auf eine eingehende Begutachtung des Angeklagten im Bezug auf das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB verzichten zu können.
(1) Im Urteil wird bereits nicht dargestellt, ob der namentlich benannte Amtsarzt über die für die Erstellung eines Gutachtens zu den medizinischen Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB (und im Anschluss daran zu §§ 63, 64 StGB) erforderliche forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügt, um den Einfluss und die Auswirkungen psychiatrischer Erkrankungen und Störungen auf die Genese individueller Delinquenz und deren prognostische Auswirkungen zu analysieren (vgl. OLG Rostock, NStZ-RR 2017, 95, juris Rn. 12; BeckOK StGB/Eschelbach, 51. Ed. 1.11.2021, § 20 Rn. 102). Es wird insbesondere nicht angegeben, welcher Fachrichtung der attestierende Arzt angehört.
(2) Sodann genügen das Attest des Amtsarztes und die vom Berufungsgericht daraus gezogenen Schlussfolgerungen nicht den Anforderungen, die an die Prüfung des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB zu stellen sind.
Die Entscheidung, ob die Schuldfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe ausgeschlossen oder im Sinne von § 21 StGB erheblich vermindert war, erfolgt mehrstufig. Zunächst ist die Feststellung erforderlich, dass bei dem Angeklagten eine psychische Störung vorliegt, die ein solches Ausmaß erreicht hat, dass sie unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Täters zu untersuchen. Durch die festgestellten psychopathologischen Verhaltensmuster muss seine psychische Funktionsfähigkeit bei der Tatbegehung beeinträchtigt worden sein; es muss also festgestellt werden, in welcher Weise sich die psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (st. Rspr., vgl. BGH, StV 2019, 226, juris Rn. 17).
Das Berufungsurteil, das im Rahmen der Strafzumessung selbst davon ausgeht, dass eine psychische Störung des Angeklagten nahe liegt, lässt bereits nicht erkennen, ob die vom Amtsarzt diagnostizierte abnorme Persönlichkeit des Angeklagten unter eines der genannten Eingangsmerkmale zu subsumieren ist. Zudem fehlt es an der Mitteilung der für die genannte Einschätzung zur Einsichts- und Steuerungsfähigkeit wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise (vgl. Fischer, StGB, 69. Aufl., § 20 Rn. 65).
bb) Der vom Berufungsgericht angeführte Umstand, dass sich der Angeklagte erstinstanzlich mit einer Begutachtung nicht einverstanden erklärt habe, stellt keinen Grund dar, von einer solchen abzusehen. Zum einen hat der Angeklagte offenbar bereits gegenüber dem Amtsarzt Angaben gemacht, so dass nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, er würde sich von einem gerichtlich beauftragten Sachverständigen nicht explorieren lassen. Zum anderen sind im Fall der Verweigerung einer persönlichen Exploration zahlreiche Anknüpfungstatsachen vorhanden, auf deren Grundlage ein psychiatrisches Gutachten erstellt werden könnte. Hierbei kommt – auch im Hinblick auf das Tatmotiv und eine vom Angeklagten möglicherweise ausgehende Bedrohungslage – vor allem eine Befragung von Zeugen aus dem Täterumfeld in Betracht.
cc) Von der Einholung eines forensisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens konnte auch nicht mit der Begründung, die Berufungskammer halte den Angeklagten nach eigener Sachkunde für voll schuldfähig, abgesehen werden.
Psychopathologische Befunde im Sinne der Eingangsmerkmale des § 20 StGB liegen, soweit vorhanden, meist außerhalb des Bereichs der eigenen Sachkunde der Strafrichter. Um sie zu erfassen und zu bewerten, muss sich der Richter daher regelmäßig und erst Recht beim Auftreten von Besonderheiten der Hilfe eines Sachverständigen bedienen (BGH, StV 2019, 226, juris Rn. 13; BGH, Beschluss vom 11.11.2020 – 1 StR 329/20, juris Rn. 11). Grundsätzlich darf der Tatrichter hiervon nur absehen, wenn Anzeichen dafür fehlen, dass der Angeklagte in seiner Schuldfähigkeit beeinträchtigt gewesen sein könnte. Bei einer – wie hier – ungewöhnlichen Tatausführung oder bei Anzeichen für Triebanomalien ist es in der Regel geboten, einen Sachverständigen zur Würdigung des Täterverhaltens aus psychiatrischer Sicht zu veranlassen; denn die Frage, ob eine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit zur Tatzeit vorgelegen hat, kann – unabhängig von der Selbsteinschätzung des Angeklagten – vom Gericht regelmäßig nicht aus eigener Sachkunde beantwortet werden (BGH, Urteil vom 15.12.1988 – 4 StR 535/88, juris Rn. 4; BGH, NStZ 2001, 475, juris Rn. 11). Dass die Strafkammer gleichwohl die für die Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten erforderliche Sachkunde besaß, belegt das Urteil nicht (vgl. zu diesem Erfordernis BGH, NStZ 2001, 475, juris Rn. 11). Insbesondere erscheint ausgeschlossen, dass sie durch das verlesene Attest genügend sachkundig geworden ist, um diese Frage beurteilen zu können (vgl. BGH, StV 2019, 226, juris Rn. 19).
Die gutachterliche Stellungnahme des Gesundheitsamts, aus der sich nur das Ergebnis der Untersuchung ergibt, stellt somit lediglich ein Indiz dafür dar, dass eine Anwendung der §§ 20, 21 StGB nicht in Betracht kommt, genügt aber angesichts der dargestellten Umstände nicht, um die Anwendung dieser Vorschriften und die sich daran anschließende Frage, ob möglicherweise eine Unterbringung gemäß § 63 StGB in Betracht kommt, auszuschließen.
2. Wegen der aufgezeigten Rechtsfehler bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung unter Hinzuziehung eines forensisch-psychiatrischen Sachverständigen zum Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen der §§ 20, 21, 63 und gegebenenfalls auch § 64 StGB. Um dem Berufungsgericht widerspruchsfreie Feststellungen zum Rechtsfolgenausspruch zu ermöglichen, hebt der Senat die bisherigen insgesamt auf (§ 349 Abs. 4, § 353 Abs. 1 StPO).
3. Ergänzend weist der Senat auf folgendes hin:
a) Sollte das Berufungsgericht wiederum zum Ergebnis kommen, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht nach § 21 StGB erheblich vermindert war, wäre – unter Zugrundelegung gleichbleibender Umstände – die bisherige Strafzumessung des Berufungsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht konnte, ohne gegen das Doppelverwertungsverbot zu verstoßen, zu Lasten des Angeklagten berücksichtigen, dass dieser in grausamer und widerwärtiger Weise die Tiere gequält und sich am Schreien der Tiere ergötzt, die Tiere verhöhnt und beleidigt hat.
§ 17 Nr. 2 TierSchG setzt die Zufügung von erheblichen Schmerzen oder Leiden aus Rohheit (§ 17 Nr. 2 lit. a TierSchG) oder von länger anhaltenden oder sich wiederholenden erheblichen Schmerzen oder Leiden (§ 17 Nr. 2 lit. b TierSchG) voraus. Rohheit liegt vor, wenn das Zufügen der Schmerzen oder Leiden einer gefühllosen (fremde Leiden missachtenden) Gesinnung entspringt (BayObLG, NJW 1974, 1340, 1341; MüKoStGB/Pfohl, 4. Aufl., TierSchG § 17 Rn. 77). Rohheit stellt ein im subjektiven Bereich liegendes Merkmal dar, das zwar Elemente der Absichtlichkeit, Grausamkeit, Boshaftigkeit oder Gemeinheit enthalten kann, mit diesen Begriffen aber nicht völlig deckungsgleich ist (MüKoStGB/Pfohl, a.a.O., TierSchG § 17 Rn. 78; Erbs/Kohlhaas/ Metzger, 238. EL September 2021, TierSchG § 17 Rn. 26).
Demgemäß ist der Tatrichter nicht daran gehindert, im Rahmen der Strafzumessung bei der Beurteilung der Tatumstände das Maß der zugefügten Qualen – hier die Grausamkeit – und das in der konkreten Tatausführung zum Ausdruck kommende Maß der Gesinnung – hier das in widerwärtiger Weise Sich-Ergötzen am Schreien der Tiere sowie das Verhöhnen und Beleidigen der gequälten Tiere – strafschärfend zu berücksichtigen.
Auch ein Verstoß gegen das Übermaßverbot liegt nicht vor.
b) Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Beweisaufnahme zum Ergebnis kommen, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt schuldunfähig war (§ 20 StGB), wäre die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam, mit der Folge, dass sowohl die Berufung des Angeklagten als auch diejenige der Staatsanwaltschaft als unbeschränkt eingelegt gelten würden (KK-StPO/Paul, 8. Aufl., § 318 Rn. 10). Dies hätte das Berufungsgericht von Amts wegen zu berücksichtigen, da es sich um die Frage der Rechtskraft der mit der Berufung angefochtenen Entscheidung, also eines von Amts wegen zu prüfenden Prozesshindernisses handelt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 318 Rn. 33).
c) In diesem Fall und auch im Fall der Begehung der dem Angeklagten vorgeworfenen Taten im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) ist gleichzeitig zu prüfen, ob vom Angeklagten infolge seines Zustands eine Gefahr der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten im Sinne des § 63 StGB auch für die Allgemeinheit ausgeht. Hier könnte sprechen, dass er ohne erkennbaren sachlichen Grund Lebewesen unter Anwendung brutaler Foltermethoden misshandelte und hierbei nicht nur jegliche Empathie für den Schmerz und das Leiden dieser Lebewesen vermissen ließ, sondern sich sogar daran in geradezu sadistischer Weise ergötzte.
Das Verbot der reformatio in peius stünde auch bei einer Anfechtung des Urteils allein durch den Angeklagten der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB durch die hierfür nach einer vorzunehmenden Verweisung gemäß § 328 Abs. 2 StPO (vgl. MüKoStPO/Schuster, 1. Aufl., GVG § 24 Rn. 26; KK-StPO/Barthe, a.a.O., GVG § 24 Rn. 15; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 328 Rn. 9) – gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 GVG zuständige Strafkammer des ersten Rechtszugs nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).


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