Strafrecht

Fahrerlaubnisentziehung wegen gelegentlichen Cannabiskonsums

Aktenzeichen  B 1 S 18.124

Datum:
21.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 30404
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 11 Abs. 8, § 14 Abs. 1 S. 3
StVG § 3
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

1 Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, so darf diese bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 Abs. 8 S. 1 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn die Untersuchungsanordnung rechtmäßig war und die Weigerung ohne ausreichenden Grund erfolgt (Anschluss BVerwG BeckRS 2005, 28693). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Einlassung eines Konsumenten, anlässlich einer Polizeikontrolle mit der Situation überfordert gewesen zu sein, weswegen er einen Konsum vor Fahrtantritt nicht habe einräumen wollen, weil er gedacht habe, durch einen längere Zeit zurückliegenden Konsum werde die Polizei von ihm ablassen, ist als reine Schutzbehauptung zu bewerten. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der am 19. Dezember 1996 geborene Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L sowie begleitende Anordnungen.
Nach einem Bericht der Polizeiinspektion … vom 10.03.2017 wurde der Antragsteller am 15. Februar 2017 gegen 3.40 Uhr einer Verkehrskontrolle unterzogen. Dabei habe er drogentypische Auffälligkeiten sowie Konzentrationsmängel und Gleichgewichtsstörungen gezeigt. Er habe während der Kontrolle sehr stark am Körper gezittert, seine Pupillen seien deutlich vergrößert gewesen. Der Antragsteller habe angegeben, zuletzt am 1. Januar 2017 Cannabis-Produkte konsumiert zu haben. Eine um 4.30 Uhr entnommene Blutprobe habe nach dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Bonn folgende Werte ergeben:
THC 3,1 ng/ml
11-OH-THC 1,8 ng/ml
THC-COOH 24,6 ng/ml.
Das Landratsamt … leitete daraufhin ein Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis ein. Im Rahmen der Anhörung ließ der Antragsteller durch seine Bevollmächtigten vortragen, dass er nur ein einziges Mal Cannabis-Produkte konsumiert habe, nämlich vor der Fahrt am 15. Februar 2017. Anlässlich der polizeilichen Kontrolle sei er mit der gesamten Situation offensichtlich überfordert gewesen und habe einen Cannabis-Konsum vor der Fahrt nicht einräumen wollen. Tatsächlich habe er aber erstmals am 15. Februar 2017 und auch das einzige Mal Cannabis konsumiert. Die gegenüber den Polizeibeamten ohne vorangegangene Belehrung gemachte spontane Äußerung sei eine Schutzbehauptung gewesen und habe inhaltlich nicht den Tatsachen entsprochen.
Mit Bescheid vom 24. April 2017 entzog das Landratsamt … dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L, verpflichtete ihn, seinen Führerschein umgehend abzuliefern und drohte für den Fall, dass der Führerschein nicht innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung dieses Bescheids abgeliefert werde, ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR an. Beim Antragsteller sei von gelegentlichem Cannabis-Konsum auszugehen. Nach anerkannten gerichtsmedizinischen Erkenntnissen sei nach einem Einzelkonsum der Wirkstoff THC im Blutserum nur vier bis sechs Stunden nachweisbar, lediglich in Fällen des wiederholten oder gar regelmäßigen Konsums könne sich diese Zeitspanne auf gelegentlich über 24 Stunden verlängern. Der eingeräumte Konsum von Cannabis-Produkten am 1. Januar 2017 könne damit für den in der Blutprobe am 15. Februar 2017 gemessenen THC-Wert nicht ursächlich sein. Damit stehe fest, dass der Antragsteller wenige Stunden vor der Blutentnahme vom 15. Februar 2017 ein weiteres Mal Cannabis in einem selbständigen Konsumakt konsumiert habe. Die Ausführungen im Verwaltungsverfahren seien als reine Schutzbehauptungen zu werten. Gem. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV sei bei einem gelegentlichen Cannabis-Konsum sowie fehlender Trennung keine Fahreignung mehr gegeben.
Gegen den Bescheid vom 24. April 2017 ließ der Antragsteller Klage erheben (B 1 K 17.401) und um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen (B 1 S 17.402).
Aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hob das Landratsamt … den Bescheid vom 24. April 2017 auf. Nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen wurden die Verfahren B 1 S 17.401 und B 1 K 17.402 eingestellt.
Mit Schreiben vom 26. September 2017 forderte das Landratsamt … vom Kläger die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle bis zum 6. Dezember 2017. Die gutachterlich zu klärende Fragestellung lautete wie folgt:
„Ist insbesondere nicht zu erwarten, dass Her M. künftig ein Fahrzeug unter Einfluss von Cannabis oder dessen Nachwirkungen führen wird (Fähigkeit zum Trennen von Konsum und Verkehrsteilnahme)?
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Antragsteller am 15. Februar 2017 um 3.50 Uhr mit einem PKW unter Einfluss von Cannabis gefahren sei. Es liege auch ein gelegentlicher Cannabis-Konsum vor. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV könne die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verlangen, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliege und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen begründe. Dies sei aufgrund des gelegentlichen Konsums von Cannabis und des festgestellten THC-Wertes von 3,1 ng/ml der Fall. Bei der Ermessensentscheidung sei zu berücksichtigen gewesen, dass von Betäubungsmittelkonsumenten erhebliche Gefahren für den Straßenverkehr ausgingen. Die Gutachtensbeibringung sei erforderlich zur Abklärung des künftigen Trennvermögens. Auf die folgende Weigerung oder der nicht fristgerechten Vorlage des Gutachtens wurde hingewiesen (§ 11 Abs. 8 FeV). Die Gutachtensaufforderung wurde dem Antragsteller ausweislich der Postzustellungsurkunde am 28. September 2017 bekannt gegeben.“
Einem Schlussvermerk der Kriminalpolizeiinspektion …vom 13. November 2017 ist zu entnehmen, dass gegen den Antragsteller wegen unerlaubten Erwerbs und Besitzes von Marihuana ermittelt worden sei aufgrund einer Handyauswertung, wonach der Antragsteller als Handynutzer am 28. Dezember 2016 gegenüber einem anderweitig Verfolgten Drogen geordert habe. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft … mit Verfügung vom 6. Dezember 2017 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
Nach Anhörung entzog das Landratsamt … mit Bescheid vom 2. Januar 2018 dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L und forderte ihn auf, den Führerschein umgehend abzuliefern (Ziffer I). Die sofortige Vollziehung der Ziffer I wurde angeordnet (Ziffer II). Für den Fall, dass der Antragsteller seinen Führerschein nicht innerhalb von fünf Tage nach Zustellung des Bescheides abliefere, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht (Ziffer III).
Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu fordern, wenn eine gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliege und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen begründeten. Dies sei beim Antragsteller aufgrund des gelegentlichen Konsums von Cannabis und der Verkehrsteilnahme mit dem festgestellten THC-Wert von 3,1 ng/ml der Fall. Durch das Gutachten sei das zukünftige Trennvermögen abzuklären.
Eine fristgerechte Vorlage des angeordneten medizinisch-psychologischen Gutachtens bis zum geforderten Termin sei nicht erfolgt. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller derzeit die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht besitze (§ 11 Abs. 8 FeV). Die Entziehung der Fahrerlaubnis erfolge daher gem. § 3 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV. Der Entzug der Fahrerlaubnis treffe den Antragsteller nicht unvorbereitet, da er mit Schreiben vom 11. Dezember 2017 zur beabsichtigten Entziehung angehört worden sei. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei geeignet, die drohende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu unterbinden. Die Entziehung sei auch notwendig, da ein milderes Mittel nicht zur Verfügung gestanden habe. Schließlich sei auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn gewahrt, da der erstrebte Schutz von Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer die möglichen Nachteile des Betroffenen überwiege. Sodann wurde noch die Ablieferungspflicht nach § 47 Abs. 1 FeV sowie die Zwangsgeldandrohung und die Anordnung des Sofortvollzugs begründet.
Der Antragsteller hat den Führerschein am 9. Januar 2018 beim Landratsamt … abgegeben.
Mit einem am 2. Februar 2018 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seiner Bevollmächtigten ließ der Antragsteller Klage erheben gegen den Bescheid vom 2. Januar 2018 und mit weiterem Schriftsatz vom 7. Februar 2018 um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen.
Er beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 2. Februar 2018 gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherzustellen,
hilfsweise die angeordnete sofortige Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheids aufzuheben.
Die aufschiebende Wirkung der Klage sei wiederherzustellen, da beim Antragsteller kein zweimaliger oder mehrfacher und auch kein gelegentlicher Cannabis-Konsum vorliege. Das vom Landratsamt … angeforderte Fahreignungsgutachten sei daher unberechtigterweise angeordnet worden. Der Antragsteller habe ein einziges Mal, nämlich am 15. Februar 2017, Cannabis konsumiert. An diesem Abend sei er einer Polizeikontrolle unterzogen worden, weshalb er die insoweit ermittelten Werte als zutreffend und richtig anerkenne. Er habe im Rahmen der Polizeikontrolle wahrheitswidrig behauptet und geäußert, dass er erstmals am 1. Januar 2017 Cannabis konsumiert habe. Dies ändere nichts daran, dass er ausschließlich und erstmals am 15. Februar 2017 Cannabis zu sich genommen habe. Die unrichtige Erklärung, am 1. Januar 2017 konsumiert zu haben, stelle sich als eine reine Schutzbehauptung dar, da der Antragsteller im Zuge der Polizeikontrolle gedacht habe, dass man von ihm ablassen würde, sofern er einen länger zurückliegenden Konsum behaupte. Dass er ausgesprochen nervös und mit der Situation überfordert gewesen sei, ergebe sich aus der Akte. Ein mehrfacher, zweimaliger oder wiederholter Konsum sei definitiv nicht nachgewiesen und nicht zu belegen. Darüber hinaus existierten auch keine weiteren Tatsachen, die Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen könnten. Die Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens sei nicht rechtmäßig, so dass der zugrundeliegende Bescheid aufzuheben sei und die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden müsse. Der Antragsteller sei in seinen Rechten unverhältnismäßig beeinträchtigt, da er aufgrund seines Wohnortes zwingend auf die Fahrerlaubnis angewiesen sei. Ggf. könne unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet bzw. wiederhergestellt werden, sofern sich der Antragsteller verpflichte, an regelmäßigen Abstinenz-Kontrollen teilzunehmen, so dass auch dem Sicherheitsaspekt der Antragsgegnerin Rechnung getragen wäre.
Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2018 beantragte das Landratsamt … für die Antragsgegnerin,
den Antrag zurückzuweisen.
Zur Begründung werde auf den Bescheid vom 2. Januar 2018 verwiesen. Die Darlegung, der Antragsteller habe nur ein einziges Mal, eben vor der Fahrt am 15. Februar, Cannabis konsumiert, stelle eine eindeutige Schutzbehauptung dar. Wenn er hätte erreichen wollen, dass er einer weiteren Nachforschung und Kontrolle entgehe und damit auch den unmittelbaren Konsum vor der Fahrt verschleiern hätte können, hätte er den Konsum von Cannabis grundsätzlich abgestritten. Er hätte davon ausgehen müssen, dass die kontrollierenden Polizisten erst Recht hellhörig werden, wenn er zugebe, schon einmal Cannabis konsumiert zu haben. Es sei schlicht nicht nachvollziehbar, dass sich der Antragsteller unter den Umständen eines erstmaligen Cannabis-Konsums ohne Kenntnis, wie er auf die Droge reagiere, auch noch ans Steuer gesetzt habe. Zudem fehlten nähere Darlegungen, die einen Erstkonsum glaubhaft belegen würden. Erst wenn hier substantiierte Ausführungen erfolgten, sei die Glaubwürdigkeit unter Würdigung sämtlicher Fallumstände zu prüfen. Denn die Kombination von einmaligem Cannabis-Konsum, anschließender Verkehrsteilnahme unter Drogeneinwirkung und schließlich die Feststellung dieses Umstandes bei einer Verkehrskontrolle spreche unter Berücksichtigung der relativ geringen polizeilichen Kontrolldichte deutlich für einen sehr selten anzunehmenden Fall. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Antragsteller bei der Polizeikontrolle tatsächlich die Wahrheit gesagt habe, zumal er spontan ein markantes Datum, den vorigen Jahreswechsel, genannt habe. Allerdings habe er den Konsum unmittelbar vor der Fahrt verschwiegen. Die Erfahrung zeige, dass Betroffene bei Polizeikontrollen allenfalls einzelne Umstände verschweigen würden, da sie noch keine Zeit gehabt hätten, sich eine passende Geschichte auszudenken. Dafür spreche, dass der Antragsteller bei der Kontrolle außerordentlich nervös gewesen sei und während der ganzen Zeit sehr stark am ganzen Körper gezittert habe. Gerade diese enorme Nervosität habe verhindert, dass sich der Antragsteller eine logische, nachvollziehbare und passende Erklärung hätte zu Recht legen können. Eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit könne nicht gesehen werden. Mit dem Entzug der Fahrerlaubnis treffe ihn nur die Konsequenz seines Drogenkonsums und seines fehlenden Trennvermögens, mithin seines Eignungsmangels. Regelmäßige Abstinenzkontrollen werde der Antragsteller im Rahmen eines Antrags auf Neuerteilung noch beibringen müssen. Der Antragsteller habe sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen, seine weitere Teilnahme am Straßenverkehr könne daher nicht zugelassen werden, auch nicht vorübergehend bis zur Entscheidung in der Hauptsache.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die beigezogenen Behördenakten und die Gerichtsakte verwiesen.
II.
1. Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Anordnungen in Ziffern I und II des streitgegenständlichen Bescheids und auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohung hat keinen Erfolg.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Dabei hat das Gericht bei seiner Entscheidung entsprechend § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage abzuwägen, wobei auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen sind. Aufgrund der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass die Klage des Antragstellers mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird, weil der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt. Das Gericht folgt den Gründen des angefochtenen Bescheides und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Ergänzend ist zur Sache sowie zum Antragsvorbringen noch Folgendes auszuführen:
a. Die Begründung der sofortigen Vollziehung im angefochtenen Bescheid genügt den formellen Anforderungen nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs reicht es bei einer Fahrerlaubnisentziehung aus, die für den Fall typische Interessenlage aufzuzeigen; die Darlegung besonderer zusätzlicher Gründe für die Erforderlichkeit der sofortigen Vollziehung ist nicht geboten (so z.B. BayVGH, B.v. 10.10.2011 – 11 CS 11.1963; B.v. 24.08.2010 – 11 CS 10.1139; B.v. 25.05.2010 – 11 CS 10.227; VGH BW, B.v. 24.01.2012 – 10 S 3175/11 – juris). Dem werden die Ausführungen in der Begründung des Bescheides gerecht.
b. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen, finden gemäß § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung.
Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, so darf sie bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Voraussetzung ist allerdings insoweit, dass die Untersuchungsanordnung rechtmäßig war und die Weigerung ohne ausreichenden Grund erfolgt (BVerwG, U.v. 9.6.2005 – 3 C 25.04 – DAR 2005, 581; BayVGH, B.v. 25.6.2008 – 11 ZB 08.1123 – juris). Zudem muss der Betroffene auf die Folgen der Nichtvorlage des Gutachtens hingewiesen worden sein.
Im Fall von gelegentlicher Einnahme von Cannabis liegt nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nur dann vor, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden können, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt.
Eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn tatsächlich mindestens zweimal Cannabis in voneinander unabhängigen Konsumakten eingenommen wurde (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 04.03.2013 – 11 CS 13.43 m.w.N.). Dies ist im Falle des Antragstellers zu bejahen. Die Fahrerlaubnisbehörde war nicht gehalten, zunächst ein ärztliches Gutachten zum Konsumverhalten des Antragstellers einzuholen. Der Antragsteller hat am 15. Februar 2017 unter dem Einfluss von Cannabis am Straßenverkehr teilgenommen. Die um 4.30 Uhr entnommene Blutprobe wies eine Konzentration von 3,1 ng/ml THC auf. Der Antragsteller zeigte ausweislich des Polizeiprotokolls auch drogentypische Auffälligkeiten. Er hat bei der Polizeikontrolle einen Konsumakt am 1. Januar 2017 angegeben. Nach seinen Angaben zum Konsumverhalten im Rahmen der Polizeikontrolle und dem vorliegenden Ergebnis der Blutuntersuchung zum Vorfall am 15. Februar 2017 ist damit von zwei eigenständigen Konsumakten und einem gelegentlichen Cannabiskonsum auszugehen.
Die nunmehrige Einlassung des Antragstellers, es habe sich bei dem Konsumakt vom 15. Februar 2017 um einen erstmaligen Probierkonsum gehandelt, ist weder nachvollziehbar noch überzeugend begründet. Der Antragsteller gibt hierzu an, er sei anlässlich der Polizeikontrolle mit der Situation überfordert gewesen und habe deshalb einen Konsum vor Fahrtantritt nicht einräumen wollen. Auch habe er gedacht, durch einen längere Zeit zurückliegenden Konsum werde die Polizei von ihm ablassen. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Antragsteller den tatsächlich erfolgten Konsum von Cannabis zeitlich deutlich hätte vorverlegen sollen, ohne dass diese Angaben der Wahrheit entsprechen. Nachdem beim Antragsteller drogentypische Auffälligkeiten festgestellt wurden, konnte dieser nicht davon ausgehen, dass ein Drogentest auf jeden Fall negativ ausgehen und er durch die Einräumung eines weit zurückliegenden Konsums von weiteren polizeilichen Ermittlungen unbehelligt bleiben werde. Die Benennung des Neujahrstags als Tag des einzigen Konsums von Cannabis ergibt vor diesem Hintergrund keinen Sinn. Auch wenn er davon ausgegangen sein sollte, dass – möglicherweise aufgrund eines in den früheren Abendstunden des 14. Februar 2017 erfolgten Konsums und der (fehlerhaften) Einschätzung des Abbaus der Substanz – eine Testung auf Cannabis negativ verlaufen werde, erscheint der Verweis auf einen sechs Wochen zurückliegenden Konsum nicht nachvollziehbar. Es kann dem Antragsteller auch nicht geglaubt werden, dass er darauf spekuliert habe, die Polizei werde von ihm abblassen, wenn er einen geraume Zeit zurückliegenden Konsum einräume. Zwar kann der Fahrlässigkeitsvorwurf bei einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a Abs. 2, Abs. 3 StVG (Fahrt nach Cannabiskonsum) ausnahmsweise entfallen, wenn der Betreffende die Fahrt erst nach längerem Zuwarten angetreten hat und er zu diesem Zeitpunkt auch unter Berücksichtigung atypischer Rauschverläufe und der Unberechenbarkeit des THC-Abbaus davon ausgehen konnte, dass der Wirkstoff bei Antritt der Fahrt vollständig abgebaut war. Es erscheint allerdings äußerst zweifelhaft, dass dem Antragsteller als angeblich einmaligem Cannabiskonsumenten diese Rechtsprechung überhaupt bekannt und bei der Verkehrskontrolle so präsent war, dass er sich spontan zu einer solchen taktischen Einlassung in der Lage sah (vgl. hierzu BayVGH B.v. 03.08.2016 – 11 CS 16.1036 – juris). Außerdem erscheint dies aufgrund der doch beträchtlichen Zeitspanne zwischen dem eingeräumten Konsum und dem Tag der Kontrolle völlig unplausibel. Zu Recht weist die Fahrerlaubnisbehörde auch darauf hin, dass der Antragsteller spontan ein sehr prägnantes Datum benannt habe, was auch für einen tatsächlich stattgehabten Konsum spreche.
Dementsprechend hat die Fahrerlaubnisbehörde diese nachträgliche Einlassung zutreffend als Schutzbehauptung gewertet. Der Antragsteller muss sich an seiner spontanen Äußerung anlässlich der Verkehrskontrolle festhalten lassen. Die Fahrerlaubnisbehörde hat den Antragsteller zu Recht als gelegentlichen Cannabis-Konsumenten angesehen.
Der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs folgend hat die Fahrerlaubnisbehörde weitere Aufklärungsmaßnahmen zum zukünftigen Trennvermögen von Cannabiskonsum und Verkehrsteilnahme ergriffen durch die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis kann danach grundsätzlich nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden. Vielmehr sieht § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV hierfür die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor (vgl. BayVGH, U.v. 28.02.2018 – 11 BV 17.1036 – juris – m.w.N.).
Das Landratsamt hat daher zuerst von den Aufklärungsmaßnahmen des nach § 46 Abs. 3 FeV im Entziehungsverfahren entsprechend anzuwendenden § 14 FeV Gebrauch gemacht und nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV eine medizinisch-psychologische Untersuchung zum zukünftigen Trennvermögen anordnet. Es hat das ihm zustehende Ermessen zur Forderung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung erkannt und in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Die vom Gutachter zu beantwortende Fragestellung ist zutreffend formuliert. Dem Antragsteller wurde eine ausreichende Frist zur Vorlage des Gutachtens eingeräumt. Er wurde auch auf die Folgen der Nichtvorlage (§ 11 Abs. 8 FeV) hingewiesen.
Die auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 FeV erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis begegnet daher keinen Bedenken.
c. Soweit der Antrag darauf gerichtet ist, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abgabeverpflichtung des Führerscheins (Ziff. II des Bescheids) wiederherzustellen, bleibt dieser ebenfalls ohne Erfolg. Zwar hat sich diese Anordnung nicht durch die zwischenzeitlich erfolgte Ablieferung des Führerscheins erledigt, sondern stellt einen Rechtsgrund für das Einbehalten des Dokuments dar (BayVGH, B.v. 06.10.2017 – 11 CS 17.953 – juris Rn. 9; B.v. 12.02.2014 – 11 CS 13.2281 – juris Rn. 22). Jedoch ist sie als begleitende Anordnung, die ebenfalls für sofort vollziehbar erklärt wurde, geboten, um die Ablieferungspflicht nach § 47 Abs. 1 FeV durchzusetzen, nachdem dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu Recht und sofort vollziehbar entzogen worden ist.
d. Für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung ist vorliegend kein Raum mehr. Denn durch die mittlerweile erfolgte Abgabe des Führerscheins hat sich die hierauf bezogene Zwangsgeldandrohung erledigt. Da die Behörde auch nicht zu erkennen gegeben hat, dass sie beabsichtigt, das Zwangsgeld gleichwohl beizutreiben, besteht insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis (st.Rspr., vgl. BayVGH, B.v. 06.10.2017 – 11 CS 17.953 – juris Rn. 10; B.v. 26.04.2012 – 11 CS 12.650 – juris Rn. 13 m.w.N.). Auch in der Sache ist bzw. war die auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG basierende Zwangsgeldandrohung außerdem rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Antrag ist daher abzulehnen.
2. Die Höhe des Streitwerts richtet sich nach § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.5 und 46.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).


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