Aktenzeichen StVK 1370/17
StPO § 458
Leitsatz
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Zeit der Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB vollständig, also über zwei Drittel hinaus auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren 9 Monaten anzurechnen ist (§§ 67 Abs. 4 StGB und 51 Abs. 1 StGB analog) mit der Folge, dass die o.a. Gesamtfreiheitsstrafe vollständig verbüßt ist.
Gründe
I.
Mit Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25.07.2013 (JK I KLs 651 Js 38108/13) wurde der Verurteilte B. H. wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. zur Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren 9 Monaten verurteilt. Daneben wurde noch seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Wegen der Einzelheiten und Gründe wird auf das Urteil Bezug genommen.
In dieser Sache befand sich der Verurteilte ab 01.10.2012 in Untersuchungshaft und ab 02.08.2013 in einstweiliger Unterbringung im BKH Ansbach. Mit Rechtskraft des Urteils am 02.08.2013 wurde dort seither auch die Maßregel vollzogen.
Mit Beschluss vom 08.11.2017 (2 Ws 549/17), auf den Bezug genommen wird, hat der 2. Strafsenat des OLG Nürnberg u.a. die Unterbringung für erledigt erklärt und angeordnet, dass deswegen keine Führungsaufsicht eintritt. Hintergrund dieser Entscheidung war nach sachverständiger Beratung des Senats die Feststellung einer Fehleinweisung von Anfang an; die Voraussetzungen einer Anordnung der Unterbringung gemäß § 63 StGB haben nicht vorgelegen.
Nach Erlass des Beschlusses wurde der Verurteilte – wohl auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth (insoweit sind die vorliegenden Akten trotz Monierung nach wie vor unvollständig) – am 09.11.2017in die Justizvollzugsanstalt St.Georgen-Bayreuth verlegt, wo er nach der vorliegenden Haftzeitübersicht, das letzte Drittel der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren 9 Monaten bis 06.02.2019 verbüßt.
Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 23.11.2017 an die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, auf den Bezug genommen wird. Er beantragt die sofortige Freilassung des Verurteilten, da sich der Verurteilte seit nunmehr deutlich über 5 Jahren im Vollzug befinde bei einer verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren 9 Monaten. Die Unterbringung in der Maßregel müsse bei der gegenständlichen Fallkonstellation in analoger Anwendung des § 51 Abs. 1 StGB über die Regelung des § 67 abs. 4 StGB hinaus vollständig auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet werden. Hierzu wird neuere obergerichtliche Rechtsprechung zitiert.
Die Staatsanwaltschaft hat unter dem 24.11.2017 – offensichtlich ohne zunächst eine eigene Entscheidung zu treffen (zumindest ergibt sich dies aus den vorgelegten Aktenteilen nicht) – hier ein Gesuchsheft gemäß § 458 StPO vorgelegt. Nach Monierung seitens des Gerichts hat die Rechtspflegerin der Staatsanwaltschaft eine Nichtabhilfeentscheidung unter dem 04.12.2017 getroffen und die Akten wurden dem Gericht mit Verfügung vom 04.12.2017 erneut vorgelegt mit dem Antrag, die Anträge des Verurteilten zurückzuweisen. Auf die Verfügungen vom 04.12.2017 wird Bezug genommen.
Der Verteidiger hat mit Schreiben vom heutigen Tage, auf das auch Bezug genommen wird, nach Anforderung durch das Gericht noch eine Entlassadresse des Verurteilten mitgeteilt sowie einen potentiellen Arbeitgeber.
II.
Die Strafvollstreckungskammer teilt die Einschätzung, dass in Fällen – wie vorliegend -, in denen von Anfang eine Fehleinweisung in eine Unterbringung gemäß § 63 StGB erfolgt ist, in analoger Anwendung des § 51 Abs. 1 StGB die gesamte Zeit der Unterbringung auf die verhängte Freiheitsstrafe anzurechnen ist.
Die Vorschrift des § 67 Abs. 4 StGB reicht für derartige (Ausnahme-)Fälle nicht aus, da sie eher die Zielrichtung einer Therapie- und Bewährungsmotivation verfolgt, wenn bei Aussetzung einer Unterbringung auch noch ein Strafrest offenbleibt.
Vorliegend ist es aber gerade so, dass – warum auch immer – eine Unterbringung von Anfang an zu Unrecht angeordnet wurde, ein Fall das Maßregelvollzuges – für den die Vorschrift des § 64 StGB gilt – also gar nicht vorlag.
Nachdem der Verurteilte durch die Zeiten in Unterbringung, Untersuchungshaft und einstweiliger Unterbringung die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe bei weitem verbüßt hat, ist er aus dem Strafvollzug zu entlassen. Zu Prüfen wird noch zeitnah sein, inwieweit Führungsaufsicht wegen Vollverbüßung der erkannten Freiheitsstrafe eingetreten ist, § 68 f StGB.