Strafrecht

Freiheitsstrafe, Humanmedizin, Angeklagte, Zuziehung, Krankenpflege, Teilnahme, Disziplinarverfahren, Angeklagten, Soldat, Dienstpflichtverletzung, Bundeswehr, Unterschrift, Dienstvergehen, Beendigung, Bundesrepublik Deutschland, entstandener Schaden

Aktenzeichen  S 5 VL 38/18

Datum:
19.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 52429
Gerichtsart:
Truppendienstgericht Süd
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Gründe

I.
Der heute … Jahre alte, frühere Soldat stand von 1989 bis 1991 im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit und wurde dabei zum Reserveoffizieranwärter ausgebildet. Bereits während seiner beiden jeweils nicht abgeschlossenen Studien – zunächst der Betriebswirtschaftslehre, dann der Humanmedizin – absolvierte er Wehrübungen als Reserveoffizier. Nach dem Studienabbruch und Tätigkeiten in der Alten- und Krankenpflege ließ er sich 2006 als Reservist beim Panzergrenadierbataillon G in H einplanen und führte dort im Folgenden zahlreiche Wehrübungen durch, zuletzt im Juli/August 2011. Dabei wurde er regelmäßig, 2010 zum Oberstleutnant der Reserve, befördert und schließlich als stellvertretender Bataillonskommandeur eingesetzt.
Versorgungsansprüche gegen den Dienstherrn hat er nicht mehr: Die Übergangsbeihilfe nach § 12 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) wurde ihm mit Ablauf der zweijährigen Dienstzeit im Jahr 1991 ausbezahlt, Übergangsgebührnisse standen ihm infolge der Kürze der Dienstzeit nicht zu (§ 11 Abs. 1 SVG).
Mit Urteil vom 18. Juni 2014 (Az.: 1 Ls 101 Js 8927/11), rechtskräftig seit demselben Tag, verurteilte ihn das Amtsgericht J wegen Missbrauchs von Titeln, Betrugs und Urkundenfälschung gemäß §§ 132a Abs. 1 Nr. 1, 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1, 267 Abs. 1, 52, 53 StGB zur einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Die hierin getroffenen tatsächlichen Feststellungen lauten:
„Der Angeklagte … war während der nachstehend aufgeführten Tatzeiträume Reservist der Bundeswehr, zuletzt mit dem Dienstgrad ‚Oberstleutnant‘ und in der Funktion eines weiteren stellvertretenden Kommandeurs des Panzergrenadierbataillons G mit Standort in H.
In den Jahren 2009 bis 2011 rechnete der Angeklagte in einer Vielzahl von Fällen unter Vorlage offizieller Formblätter der Bundeswehr, insbesondere des Schriftstücks ‚Zuziehung zu einer dienstlichen Veranstaltung‘ Reisekosten ab. Seine Anträge mit Anlagen legte er jeweils dem Bundeswehr-Dienstleistungszentrum K/ Standortteam H, …, H, vor. In den nachgenannten Anträgen gab er jeweils bewusst wahrheitswidrig an, er habe die Anreise zu der dienstlichen Veranstaltung von seinem Wohnsitz ‚…, L‘ in Niedersachsen angetreten und sei nach Beendigung der Dienstveranstaltung jeweils dorthin zurückgereist.”
Tatsächlich fuhr der Angeklagte in all den Fällen von seinem Hauptwohnsitz M aus zur dienstlichen Veranstaltung und begab sich nach Beendigung der Dienstveranstaltung jeweils dorthin wieder zurück.
Dem Angeklagten war bei der Erstellung seiner Anträge auf Reisekostenerstattung bewusst, dass er bei Benutzung des eigenen Kraftfahrzeugs 0,20 € pro zurückgelegten Kilometer, höchstens jedoch jeweils 130,00 € für die Hinfahrt, und bei bestimmten mehrtägigen dienstlichen Veranstaltungen 130,00 € für die Rückfahrt, bei eintägigen dienstlichen Veranstaltungen insgesamt jedoch höchstens 130,00 € beanspruchen konnte.
… rechnete jeweils für die einfache Fahrt von L 438 km ab, während die schnellste Entfernung zwischen seinem Wohnsitz in M und der NKaserne in H lediglich knapp 77 km beträgt.
Wie vom Angeklagten vorhergesehen und beabsichtigt, wurden in H vom jeweiligen Sachbearbeiter der Bundeswehr für Reisekostenabrechnungen im Vertrauen auf die Richtigkeit der vom Angeklagten in seinen Anträgen gemachten Angaben für die einfache Fahrt bei mehrtägigen bzw. für die Gesamtstrecke bei eintägigen dienstlichen Veranstaltungen jeweils 130,00 € statt der berechtigt geltend gemachten 15,40 € angewiesen. Infolgedessen erhielt … somit regelmäßig jeweils 114,60 € ohne Rechtsgrundlage überwiesen oder in bar ausgezahlt. Die Bundesrepublik Deutschland wurde entsprechend um diese Beträge geschädigt.
In den nachstehend dargestellten unter der Rubrik ‚Titelmissbrauch‘ mit (…) gekennzeichneten Fällen gab der Angeklagte in den jeweiligen Anträgen seinen Familiennamen als ‚Dr. …‘ an, obwohl er wusste, dass er zu keinem Zeitpunkt zur Führung dieses akademischen Grades befugt war.
In den unter der Rubrik ‚Urkundenfälschung‘ mit (…) gekennzeichneten Fällen legte der Angeklagte … das amtliche Schriftstück ‚Zuziehung zu einer dienstlichen Veranstaltung‘ mit vor, das jeweils die angebliche Unterschrift des seit Ende September 2009 in der NKaserne H tätigen berufsmäßigen stellvertretenden Bataillonskommandeurs Oberstleutnant O trug. Tatsächlich hatte … unberechtigt selbst diese Unterschrift des Oberstleutnant O auf den Schriftstücken angebracht, um dadurch vorzutäuschen, es läge eine ordnungsgemäße Einladung zu einer reisekostenmäßig abzurechnenden dienstlichen Veranstaltung vor.
An manchen abgerechneten Veranstaltungen konnte der Angeklagte bereits deshalb nicht teilnehmen, weil er – wie er wusste – sich jeweils auf Wehrübungen befand, und zwar in folgenden Zeiträumen: 22.10.2009 bis 11.11.2009, 20.1.2011 bis 18.2.2011, 7.4.2011 bis 6.5.2011 sowie 18.7.2011 bis 17.8.2011.
Im einzelnen handelt es sich um folgende Fälle:

Antrags Datum
Veranstaltung/Thematik (Zeitpunkt)
Titelmissbrauch
Urkundenfälschung
Ausbe zahlter Betrag (€)
Entstandener Schaden (€)
1
15.1.2009
Neujahrsempfang
(15.1.2009)
130,00
114,60
2.1
4.6.2009
Großer Zapfenstreich … PzDiv (16.5.2009)

130,00
114,60
2.2
4.6.2009
M Marathon (24.5.2009)

130,00
114,60
2.3
4.6.2009
Weiterbildung S. 3 StOffz (7./8.5.2013)

130,00
114,60
2.4
4.6.2009
Offiziersverabschiedung in der OHG (3.6.2009)

130,00
114,60
2.5
4.6.2009
Konzert Swing Big Band (20.5.2009)

130,00
114,60
3.1
6.8.2009
Brigadeball (9.5.2009)

130,00
114,60
3.2
6.8.2009
4. Gorch-Fock-Marathon,
P
(17.5.2009)

130,00
114,60
3.3
6.8.2009
Übergabe … Panzerdivision (29.7.2009)

130,00
114,60
3.4
6.8.2009
„Kleiner Tag der offenen Tür“, 2nd Squadron 2nd Striker Cavalry Regiment (8.7.2009)

130,00
114,60
3.5
6.8.2009
Übergabe PzBrig Q (16.7.2009)

130,00
114,60
4.1
28.10.2009
14. R Stadtlauf 2009 (20.9.2009)

130,00
114,60
4.2
28.10.2009
Leistungsmarsch 1./122 (17.9.2009)

130,00
114,60
4.3
28.10.2009
Bataillonsübergabe PzGrenBtl G (15.9.2009)

130,00
114,60
4.4
28.10.2009
Quartalsessen mit Verabschiedung Offiziere (11.9.2009)

130,00
114,60
4.5
28.10.2009
OWB/UWB „Trauer, Überbringen von Todesnachrichten“
(4.9.2009)

130,00
114,60
5.1
7.12.2009
Halbmarathon T (20.9.2009)

130,00
114,60
5.2
07.12.2009
Übergabe 3./122 (16.10.2009)

130,00
114,60
5.3
07.12.2009
Allgemeine Sprachprüfung Englisch (7.10.2009)

130,00
114,60
5.4
07.12.2009
Ordensfest U (13.10.2009)

130,00
114,60
5.5
07.12.2009
Teilnahme Volkstrauertag H (15.11.2009)

130,00
114,60
5.6
07.12.2009
Sommerbiwak … PzDiv (12.9.2009)

130,00
114,60
6.1
22.12.2009
Ausbildung Unterstützung durch Feldjägerkräfte (15.10.2009)

130,00
114,60
6.2
22.12.2009
S3-Weiterbildung (12. /13.11.2009)

130,00
114,60
6.3
22.12.2009
Offiziersverabschiedung/ Quartalsessen (18.12.2009)

130,00
114,60
6.4
22.12.2009
Weiterbildung „Geländebesprechung“ GTA 21.11.2009

130,00
114,60
6.5
22.12.2009
Weiterbildung „Taktik“
(8.12.2009)

130,00
114,60
6.6
22.12.2009
Jahresabschlussfeier
5. /PzGrenBtl G (15.12.2009)

130,00
114,60
7.1
21.3.2010
Standortball H (24.10.2009)

130,00
130,00
7.2
21.3.2010
Vortrag „Sicherheitspolitische Interessen Deutschlands“ GTA (20.11.2009)

130,00
114,60
8.1
14.4.2010
OWB/UWB Standardparcours „Patrouille und Konvoi“ (27.10.2009)

130,00
130,00
8.2.
14.4.2010
OWB/UWB „Vorbereitung auf § 78 im Jahr 2010“ (5.11.2009)

130,00
130,00
9.1
22.4.2010
Leistungsmarsch 1./122

130,00
130,00
(29.10.2009)
9.2
22.4.2010
OWB/UWB „Aktuelle Lage im Einsatzland“
(23.10.2009)

130,00
130,00
10.1
6.5.2010
Zentrale Gedenkfeier am Ehrenmal des Heeres/V (19.11.2009)

130,00
114,60
10.2
6.5.2010
Teilnahme 15. W Militärmusikfest (8.11.2009)

130,00
130,00
11.1
7.10.2010
Volksbund Dt. Kriegsgräber Soldatenfriedhof Yr (11.9.2010)

130,00
114,60
11.2
7.10.2010
IGF Marsch 5./PzGrenBtl G (6.9.2010)

130,00
114,60
11.3
7.10.2010
Stadtlauf R (3.10.2010)

130,00
114,60
11.4
7.10.2010
Tag der Reservisten/ Z (18.9.2010)

130,00
114,60
11.5
7.10.2010
Sommerbiwak Ä (28.8.2010)

130,00
114,60
11.6
7.10.2010
Familienbetreuungsveranstaltung (8.8.2010)

130,00
114,60
11.7
7.10.2010
Offiziersveranstaltung
(24.9.2010)

130,00
114,60
12.1
1.12.2010
Soldatenfußwallfahrt Weißer Regen (30.9.2010)


130,00
114,60
12.2
1.12.2010
Offiziersakademie
U (7.10.2010)


130,00
114,60
12.3
1.12.2010
S. 3 StOffz Weiterbildung (19.7./21.7.2010)


130,00
114,60
12.4
1.12.2010
IGF Marsch 1./PzGrenBtl
G
(8.9.2010)


130,00
114,60
12.5
1.12.2010
Teilnahme Ordensfest (31.10.2010)


130,00
114,60
12.6
1.12.2010
Ordensfest U (13.10.2010)


130,00
114,60
12.7
1.12.2010
Reservistenseminar Ö (6.11.2010)


130,00
114,60
12.8
1.12.2010
Führungslehrgang „Pla


130,00
114,60
nung und Umsetzung der
Einsatzverantwortung“, … PzDiv (25.10.2010)
12.9
1.12.2010
Appell/Empfang, Verleihung Jahrespreis General-Kießling-Stiftung (22.10.2010)


130,00
114,60
12.10
1.12.2010
Bataillonsappell
(10.9.2010)


130,00
130,00
12.11
1.12.2010
Offiziersabend „Griechischer Abend“ (11.10.2010)


130,00
130,00
13.1
4.1.2011
Wohltätigkeitskonzert H (7.12.2010)


130,00
114,60
13.2
4.1.2011
Gesprächsforum unter Soldaten T (14.10.2010)


130,00
114,60
13.3
4.1.2011
Teilnahme Volkstrauertag H (14.11.2010)


130,00
114,60
13.4
4.1.2011
Jahresabschlussschießen (4.12.2010)


130,00
114,60
13.5
4.1.2011
Führungslehrgang „ZMZGrundlagen“ LKdo-Kdr, KasKdt, Infrastruktur (27.10.2010)


130,00
114,60
13.6
4.1.2011
Führungslehrgang „Lage und Perspektive des Heeres, Insp Heer“ (19.10.2010)


130,00
114,60
13.7
4.1.2011
Katholische Militärseelsorge, Fahrradwallfahrt (13.7.2010)


130,00
130,00
13.8
4.1.2011
Rückkehrerappell, Empfang (21.10.2010)


130,00
114,60
13.9
4.1.2011
Offiziersveranstaltung (Quartalsessen, Weihnachtsfeier)
(17.12.2010)


130,00
130,00
14.1
14.3.2011
Materialbewirtschaftung
(22.9.2010)


130,00
114,60
14.2
14.3.2011
Feierliches Gelöbnis
5. /PzGrenBtl G (4.11.2010)


130,00
114,60
14.3
14.3.2011
FGG 3 Taktik/Gelände


130,00
114,60
besprechung GTA (11.11.2010)
14.4
14.3.2011
Winterbiwak … PzDiv (15.12.2010)


130,00
114,60
14.5
14.3.2011
Führungslehrgang „Einsatzerfahrung ISAF als Führer OMLT“ (22.11.2010)


130,00
114,60
14.6
14.3.2011
Verabschiedung StFw Ü (25.11.2010)


130,00
130,00
15
3.4.2011
Politische Bildung (4.10.2010)
130,00
114,60
16.1
13.4.2011
Offizierswettkampf GTA (16.11.2010)


130,00
114,60
16.2
13.4.2011
FGG 3 Taktik/Geländebesprechung GTA (9.11.2010)


130,00
114,60
16.3
13.4.2011
Wintervortrag Prof. AA (9.12.2010)


130,00
114,60
16.4
13.4.2011
Führungslehrgang „Lage des Feldheeres, HFüKdo-Befehlshaber (1.12.2010)


130,00
114,60
16.5
13.4.2011
Führungslehrgang „EinsFüKdo-Befehlshaber“
(29.11.2010)


130,00
114,60
16.6
13.4.2011
Reservistenwochenende GebirgsjägerBtl BB/ Mittenwald (25.2.-27.2.2011)


152,80
152,80
17.1
30.5.2011
FGG 3 Taktik (30.11.2010)


130,00
114,60
17.2
30.5.2011
FGG 3 JAB 2010 (14.12.2010)

130,00
114,60
17.3
30.5.2011
Führungslehrgang „Joint Logistics – Besonderheiten im Einsatz, SKUKdo“ (2.12.2010)

130,00
114,60
17.4
30.5.2011
Adventkonzert KSK (6.12.2010)

130,00
130,00
18.1
2.7.2011
Neujahrsempfang 2011,
Reserv.-Kameradsch.
(15.1.2011)


130,00
130,00
18.2
2.7.2011
Weiterbildung „Führungsprozess“
(18.1.2011)


130,00
130,00
18.3
2.7.2011
Jahresempfang 2011 KSK, CCC (25.1.2011)

130,00
130,00
18.4
2.7.2011
Teilnahme Marsch PzGrenBtl G (8.2.2011)

130,00
130,00
18.5
2.7.2011
Planübung Teil I „NG & A“ (16.2.2011)

130,00
130,00
18.6.
2.7.2011
Jahresempfang 2011 PzGrenBtl G (24.2.2011)

130,00
130,00
19.1
9.8.2011
Wintervortrag KSK „Der Afghanistaneinsatz aus polizeilicher Sicht“ (10.2.2011)


130,00
130,00
19.2
9.8.2011
Teilnahme Weiterbildung
„Standardparcours“
(2.3.2011)


130,00
130,00
19.3
9.8.2011
Teilnahme Weiterbildung
„Geländebesprechung“
(15.3.2011)


130,00
130,00
19.4
9.8.2011
Offiziersabend/Quartalsessen (18.3.2011)


130,00
130,00
19.5
9.8.2011
Teilnahme „200 Punkte Test“ (Englisch)
(24.3.2011)


130,00
130,00
19.6
9.8.2011
Truppenübungsplatz
GTA
(30.3.-1.4.2011)


130,00
130,00
19.7
9.8.2011
Teilnahme Marsch PzGrenBtl G (7.4.2011)


130,00
130,00
19.8
9.8.2011
Teilnahme CIMIC PzPiBtl
DD
(9.4.2011)


130,00
130,00
19.9
9.8.2011
Brigadeball PzBrig Q (7.5.2011)


130,00
130,00
19.10
9.8.2011
Herrenabend-TSK InfoTage f. d. UniBw U (10.5.2011)


130,00
130,00
20.1
9.9.2011
Teilnahme „Gem. Symposium der Freundeskreise der PzGrenTr“ (10.3.2011)

130,00
130,00
20.2
9.9.2011
„Tanz in den Frühling“, PzGrenBtl G (13.5.2011)

130,00
130,00
20.03
9.9.2011
*50 Jahre EE-Kaserne FF (1.6.2011)

130,00
130,00
20.4
9.9.2011
Kompanieübergabe
2. /122 (17.6.2011)

130.00
130,00
20.05
9.9.2011
Premiere „Dr. E.
Festspiel“ H (23.6.2011)

130,00
130,00
20.06
9.9.2011
Soldatenfußwallfahrt GG (30.6.2011)

130,00
130,00
“Durch sein Handeln verursachte der Angeklagte einen Gesamtschaden in Höhe von 12.251,00 €.
Bei seinem strafbaren Tun handelte er jeweils in dem Willen, sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen.“
Sachgleich legte die Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr mit Anschuldigungsschrift vom 23. Mai 2018, zunächst eingegangen beim Truppendienstgericht Nord, dem früheren Soldaten das dargestellte und gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO feststehende Verhalten als vorsätzliche, zumindest fahrlässige Dienstpflichtverletzung zur Last.
Die 3. Kammer des Truppendienstgerichts Nord hat die Sache mit Beschluss vom 28. August 2018 an die erkennende Kammer verwiesen.
II.
Das Verfahren ist gemäß § 108 Abs. 3 Satz 1 WDO wegen eines bestehenden Verfahrenshindernisses einzustellen. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss außerhalb der mündlichen Verhandlung durch den Vorsitzenden der Truppendienstkammer (§ 108 Abs. 4 i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 2 WDO).
Ein Verfahrenshindernis im Sinne des § 108 Abs. 3 Satz 1 WDO besteht unter anderem dann, wenn die allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen nicht vorliegen. Zu den allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen gehören im gerichtlichen Disziplinarverfahren neben der Verfolgbarkeit von Täter und Tat (dazu Dau/Schütz, WDO, 7. Aufl. 2017, § 108 Rn. 8 und § 98 Rn. 4 m.w.N.) insbesondere auch die Möglichkeit, im Falle eines Schuldspruchs eine der in der Wehrdisziplinarordnung vorgesehenen gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen verhängen zu können (BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2007 – 2 WD 17.06 – juris Rn. 15). Daran fehlt es hier.
Der frühere Soldat, der bereits seit Auszahlung seiner Übergangsbeihilfe im Jahr 1991 keine Versorgungsansprüche gegen den Dienstherrn mehr hatte, hat mit dem Tag der Rechtskraft des Strafurteils, das auf Verurteilung wegen vorsätzlicher Tatbegehung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr lautet, nach §§ 57 Abs. 1 Alt. 2 i.V.m. 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 48 Satz 1 Nr. 2 SG nämlich auch seinen Dienstgrad verloren: Mit Ausnahme der im Urteil unter Ziffern 20.1 bis 20.6 angeführten Taten (Antragsdatum hier jeweils 09.09.2011) wurde er wegen Taten verurteilt, die er vor der Beendigung seines letzten Dienstverhältnisses (vgl. dazu Scheerer/Alff/ Poretschkin/Lucks, SG, 10. Aufl. 2018, § 53 Rn. 2) als Wehrübender am 17. August 2011 begangen hatte. Bei Berücksichtigung der für diese Handlungen dort unter Nr. 3d angesetzten Einzelstrafe von drei Monaten Freiheitsstrafe lag damit die Gesamtstrafe für die übrigen, d.h. vor der Beendigung begangenen Taten bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 5 Monaten. Er hat somit keine Rechte mehr, die ihm durch eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme aberkannt werden könnten.
Auch die Verhängung einer einfachen Disziplinarmaßnahme durch die Kammer ist nicht mehr zulässig. Zwar dürfen Wehrdienstgerichte gemäß § 58 Abs. 6 WDO auch einfache Disziplinarmaßnahmen nach § 22 WDO verhängen. Vorliegend steht dem allerdings das Verbot des § 17 Abs. 2 WDO entgegen: Die 6-Monatsfrist, deren Ablauf bis zum Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils am 18. Juni 2014 gehemmt war (§ 17 Abs. 5 WDO, Dau/Schütz, § 17 Rn. 29), ist im sich anschließenden Zeitraum bis zur Zustellung der Einleitungsverfügung am 28. Februar 2018 abgelaufen.
Das Verfahren war daher wegen eines Verfahrenshindernisses nach § 108 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1, Abs. 4 WDO zwingend einzustellen (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 30. September 1976 – II WD 12/76).
Die Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses schließt die Feststellung eines Dienstvergehens aus (BVerwG v. 15. Juni 2007, a.a.O. Rn. 26).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 138 Abs. 2 WDO. Der frühere Soldat hat seinen Dienstgrad auf andere Weise als durch eine Verurteilung in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren verloren, nämlich von Gesetzes wegen. Aufgrund der tatsächlichen, gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO bindenden Feststellungen des Strafurteils ist zudem jedenfalls eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung, mithin ein Dienstvergehen erwiesen (§ 23 Abs. 1 SG i.V.m. §§ 7, 13 Abs. 1, 17 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 SG).


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