Strafrecht

Hauptverhandlung, Angeklagte, Leistungen, Jugendstrafe, Strafzumessung, Einkommen, Cannabis, Angeklagter, Freiheitsstrafe, Handeltreiben, Angeklagten, Konsum, Strafausspruch, THC, nicht geringe Menge, nicht geringer Menge, geringe Menge

Aktenzeichen  JK 1 KLs 16 Js 9163/20 jug

Datum:
5.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 49885
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Weiden
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2
BtMG § 3 Abs. 1, § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage I zum
StGB § 27, § 53
JGG § 1, § 3, § 17, § 18, § 21
BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2
StGB § 53
JGG § 17, § 18, § 105
BtMG § 3 Abs. 1, 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage I zum
JGG § 17, § 18, § 21, § 105

 

Leitsatz

Tenor

1. Es sind schuldig,
der Angeklagte … der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen;
der Angeklagte … des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen;
der Angeklagte … der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen.
2. Es werden daher verurteilt,
der Angeklagte … zu einer Jugendstrafe von 9 Monaten, wobei die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird;
der Angeklagte … zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren 9 Monaten;
der Angeklagte … zu einer Jugendstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten, wobei die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird.
3. Soweit die Angeklagten verurteilt wurden, wird von der Auferlegung von Kosten und Auslagen des Verfahrens abgesehen.
Soweit das Verfahren vorläufig eingestellt wurde, trägt die Kosten des Verfahrens die Staatskasse.

Gründe

(abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO im Hinblick auf die Angeklagten K. und …)
I. Feststellungen zur Person
1. Angeklagter …
Der Angeklagte … wurde am … in … geboren. Er hat eine jüngere sowie eine ältere Schwester. Die Eltern des Angeklagten sind verheiratet. Der Vater ist als Angestellter bei … tätig, die Mutter arbeitet als Einzelhandelskauffrau in Teilzeit.
Im Alter von drei Jahren besuchte der Angeklagte den Kindergarten in …. Mit sechs Jahren wurde er in der Grundschule … eingeschult. Anschließend besuchte er die fünfte und sechste Klasse der Mittelschule in …. Die Klassen sieben bis zehn absolvierte der Angeklagte in der Wirtschaftsschule in …. Im Juli 2019 erwarb er dort die Mittlere Reife. Anschließend besuchte der Angeklagte die FOS/BOS mit Schwerpunkt Wirtschaft und erwarb im Sommer 2021 das Fachabitur. Zum September 2021 begann er eine schulische Ausbildung an der BSZ … zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung mit 38 Schulstunden pro Woche.
Eigenes Einkommen erzielt der Angeklagte nicht, er erhält ein monatliches Taschengeld in Höhe von 50 Euro von seinen Eltern. Schulden sowie größeres Vermögen bestehen seitens des Angeklagten nicht. Er lebt zusammen mit seinen Eltern und seiner jüngeren Schwester in seinem Elternhaus in ….
Im Jahre 2006 wurde bei dem Angeklagten ADHS diagnostiziert, wodurch bis 2011/2012 eine Medikation mit Ritalin, Medikinet und Strattera vorgenommen wurde. Im Übrigen blieb der Angeklagte bislang vor weiteren größeren Unfällen und Krankheiten verschont.
Der Angeklagte ist ledig und kinderlos. Er unterhält seit 2 Jahren eine feste Beziehung.
In der Zeit von Mitte 2019 bis zum 18.01.2020 rauchte der Angeklagte täglich eine geringe Menge an Cannabis.
Der Angeklagte … ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
AG Weiden i.d.OPf. 12.12.2019
Tatbezeichnung: Vers. Diebstahl mit Sachbeschädigung
Datum der (letzten) Tat: 12.03.2019
Angewendete Vorschriften: StGB § 242 Abs. 1, § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 303 Abs. 1, § 303 c, § 22, § 23, § 52, § 25 Abs. 2
Verfahren eingestellt nach § 47 JGG
2. Angeklagter …
Der Angeklagte … wurde am … 2000 in … geboren. Der Angeklagte hat zwei Geschwister. Der Vater des Angeklagten ist als Elektroniker, die Mutter als Reinigungskraft tätig.
Im Alter von vier Jahren besuchte der Angeklagte den Kindergarten in …. Mit sechs Jahren wurde er in die … eingeschult. Anschließend wechselte er auf die … und besuchte diese bis zum Ende der fünften Jahrgangsstufe. Aufgrund seiner guten schulischen Leistungen wechselte er anschließend auf die …. Dort musste er die fünfte und siebte Jahrgangsstufe wiederholen. Wegen der anhaltend schlechten schulischen Leistungen musste der Angeklagte schließlich die Realschule verlassen und wechselte auf die …. Dort beendete er im Jahr 2018 seine schulische Laufbahn mit der Mittleren Reife bei einem Notendurchschnitt von 3,0. Anschließend begann der Angeklagte eine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik bei der Firma … und beendete diese im Juli 2021 erfolgreich. Da er nicht von seiner Ausbildungsfirma übernommen wurde ist der Angeklagte seit August 2021 arbeitssuchend gemeldet.
Der Angeklagte bezieht Arbeitslosengeld I in Höhe von 350 Euro. Größeres Vermögen besteht seitens des Angeklagten nicht. Der Angeklagte wohnt auf der ersten Etage des Elternhauses zur Miete. Aufgrund des Mietverhältnisses bestehen seitens des Angeklagten gegenüber seinem Vater 900 Euro Schulden. Wegen eines Verstoßes gegen Corona-Auflagen zahlt der Angeklagte zudem eine Geldbuße in Höhe von 260 Euro mit monatlich 20 Euro ab.
Vor größeren Unfällen und Krankheiten blieb der Angeklagte bislang verschont.
Der Angeklagte ist ledig und kinderlos.
Der Angeklagte konsumiert gelegentlich Alkohol und raucht Zigaretten. Marihuana konsumiert er seit seinem 14. Lebensjahr. Seinen Konsum steigerte der Angeklagte bis zu einem Verbrauch von 20 Gramm pro Woche. Seit Eröffnung der gegenständlichen Tatvorwürfe im Januar 2020 hat sich der Angeklagte selbst- und vollständig von dem Drogenkonsum distanziert.
Der Angeklagte … ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
AG Weiden i.d.OPf. vom 08.11.2016
Tatbezeichnung: Urkundenfälschung
Datum der (letzten) Tat: 30.06.2016
Angewendete Vorschriften: StGB § 267 Abs. 1, JGG § 1, § 3, § 15
Verfahren eingestellt nach § 47 JGG
Erbringung von Arbeitsleistungen
3. Angeklagter …
Der Angeklagte … wurde am … in … geboren. Er hat eine jüngere sowie eine ältere Schwester. Die Eltern des Angeklagten sind verheiratet. Die Mutter ist als Hausfrau, der Vater als Hausmeister sowie bei einem Kfz-Abschleppdienst tätig.
Im Alter von drei Jahren besuchte der Angeklagte den Kindergarten in …. Das letzte Jahr vor der Einschulung ging er in den Kindergarten in …. Für den Schulbesuch wurde er ein Jahr zurückgestellt und sodann mit sieben Jahren an der Grundschule in … eingeschult. Nach Abschluss der Grundschule besuchte der Angeklagte bis zur siebten Klasse die Mittelschule in …. Anschließend wechselte er an die Wirtschaftsschule in … und erlangte dort im Jahr 2019, nach Abschluss der zehnten Klasse, die Mittlere Reife. Zum 01.09.2019 begann der Angeklagte eine Ausbildung zum Automatisierungselektroniker bei der Firma …. Den theoretischen Teil der Zwischenprüfung der Ausbildung absolvierte der Angeklagte im Sommer des Jahres 2021 erfolgreich.
Als Auszubildender im dritten Lehrjahr erzielt der Angeklagte ein monatliches Einkommen in Höhe von 870 Euro. Schulden sowie größeres Vermögen bestehen seitens des Angeklagten nicht. Er lebt zusammen mit seinen Eltern und seiner jüngeren Schwester in seinem Elternhaus in ….
Von seinem fünften bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr litt der Angeklagte an Asthma. Vor weiteren größeren Unfällen und Krankheiten blieb der Angeklagte bislang verschont.
Der Angeklagte ist ledig und kinderlos.
Der Angeklagte rauchte in der Zeit von Mitte 2019 bis zum 18.01.2020 etwa 3-mal zusammen mit dem Angeklagten … Cannabis.
Der Angeklagte … ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
AG Weiden i.d.OPf. 12.12.2019
Tatbezeichnung: Vers. Diebstahl mit Sachbeschädigung
Datum der (letzten) Tat: 12.03.2019
Angewendete Vorschriften: StGB § 242 Abs. 1, § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 303 Abs. 1, § 303 c, § 22, § 23, § 52, § 25 Abs. 2
Verfahren eingestellt nach § 47 JGG
II. Handlungen
Zu nicht näher feststellbaren Zeitpunkten zwischen der Mitte des Jahres 2019 und dem 16.01.2020 bestellte der Angeklagte … vermutlich von seiner Wohnung in der … 100 Gramm, 200 Gramm, 300 Gramm sowie 400 Gramm Haschisch im Internet.
Die Betäubungsmittel ließ der Angeklagte …, wie zuvor mit dem Angeklagten … vereinbart, jeweils an dessen Wohnadresse … liefern, um damit eine Rückverfolgung zu erschweren.
Der Angeklagte … nahm die Betäubungsmittel jeweils für den Angeklagten … entgegen und bewahrte sie gemeinsam mit dem Angeklagten …, bis zur Abholung durch den Angeklagten …, auf der Schuhablage vor seiner Haustür bzw. in dem Kofferraum eines stillgelegten Pkws auf dem elterlichen Grundstück auf.
Dabei war den Angeklagten … und … bewusst, dass der Angeklagte … das Rauschgift gewinnbringend weiterverkaufen wollte und sie ihn hierbei unterstützen würden. Dafür erhielten sie geringe Mengen an Marihuana bzw. Haschisch, welches sie wiederum teilweise an eigene Abnehmer verkauften oder selbst verkonsumierten.
Der Angeklagte … verbrachte das Haschisch nach der Abholung in seine Wohnung und veräußerte es in der Folgezeit zumindest mit der Hälfte der Menge gewinnbringend an namentlich nicht näher bekannte Personen. Die jeweils andere hälftige Menge verkonsumierte der Angeklagte … selbst.
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen dem 15.01.2020 und 16.01.2020 bewahrten die Angeklagten … und … zudem insgesamt 518,47 Gramm (netto) Haschisch mit einer Wirkstoffmenge von 173,79 Gramm THC in der Wohnung des Angeklagten … in der …, auf, um dieses in der Folge gewinnbringend an verschiedene Abnehmer im Raum … und … zu verkaufen.
Die Gesamtmenge von 518,47 Gramm gliederte sich dabei in eine Menge von 26,87 Gramm, in Form von Haschisch-Brocken bzw. Haschisch-Bruchstücke sowie von 491,60 Gramm, in Form von in Plastik verschweißten Haschisch-Platten.
Die Menge von 491,60 Gramm Haschisch hatte wiederum der Angeklagte … zuvor zwischen der Mitte des Jahres 2019 und dem 16.01.2019 im Internet bestellt, um es gewinnbringend weiterzuveräußern. Allerdings holte der Angeklagte … die Lieferung bei dem Angeklagten … nicht ab, woraufhin es der Angeklagte … zu dem Angeklagten … brachte.
Die Menge von 26,87 Gramm Haschisch war den Angeklagten … und … infolge ihrer vorangegangenen Hilfeleistungen durch den Angeklagten … überlassen worden.
Die bei dem Angeklagten … aufgefundenen Haschisch-Platten hatten dabei einen Mindestwirkstoffgehalt von 33,8 % Tetrahydrocannabinol (THC), die Haschisch-Brocken bzw. Haschisch-Bruchstücke einen Mindestwirkstoffgehalt von 28,4 % Tetrahydrocannabinol (THC).
Dem Haschisch der ersten vier Lieferungen, welches der Angeklagte … an den Angeklagten … versandt und anschließend auch abgeholt hatte, kam jeweils ein Mindestwirkstoffgehalt von 28,4 % THC zu.
Wie die Angeklagten wussten, besaßen sie nicht die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis.
Bei der Tatbegehung besaß der Angeklagte … die gem. § 3 JGG erforderliche Reife, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.
III. Beweiswürdigung
1. Einlassung der Angeklagten
a) Einlassungen des Angeklagten

Der Zeuge … führte im Rahmen der Hauptverhandlung aus, dass der Angeklagte … bereits im Ermittlungsverfahren, nach der Durchsuchung seiner Wohnräume am 18.01.2020, umfangreiche Angaben zu seiner Tatbeteiligung getätigt habe und dabei auch die jetzigen Angeklagten … und … schwer belastet habe. So habe … bei seiner Vernehmung angegeben, dass der … wiederholt größere Mengen Haschisch im Darknet erworben habe. Er (der Angeklagte …) und der … hätten diese sodann etwa 3 bis 5 Mal für den … im Kofferraum eines stillgelegten Pkws „gebunkert“ und für ihre Dienste von dem … kleinere Mengen Rauschgift im Grammbereich erhalten, welches er (der Angeklagte …) an weitere Abnehmer weiterverkauft habe, so der Zeuge …. Die „gebunkerten“ Lieferungen hätten dabei Mengen von etwa 500 Gramm sowie einmal auch ein Kilo ausgemacht. Das bei ihm im Rahmen der durchgeführten Wohnungsdurchsuchung aufgefundene Haschisch mit einer Menge von etwa 500 Gramm habe er (der Angeklagte …) zusammen mit dem … auf eigene Rechnung weiter veräußern wollen, nachdem sich der … nicht gemeldet habe und daher bei ihm und dem … die Hoffnung entstanden sei, dass der … von dieser Lieferung nichts wisse, so der Zeuge ….
Der Verteidiger des Angeklagten …, Rechtsanwalt …, führte in der Hauptverhandlung aus, dass die den Angeklagten … betreffenden Vorwürfe der Anklageschrift so zutreffend seien und in subjektiver und objektiver Hinsicht zugestanden werden. Auf Nachfrage des Gerichts wurde diese Einlassung durch den Angeklagten … zudem bestätigt.
Der Angeklagte … führte auf Nachfrage in der Hauptverhandlung weiter aus, dass zu … 2 bis 5 Mal Cannabis bestellt worden sei. Beim letzten Mal hätten er und … das Paket dann zu sich genommen, da sich … nicht gemeldet habe. Dieses Paket hätten er und … ihm … „abziehen“ wollen. Das Paket sei dann aber im Rahmen der Hausdurchsuchung sichergestellt worden. Mit … selbst habe er (der Angeklagte …) keinen direkten Kontakt gehabt, sondern hätte das nur über … gemacht. … sei auch ursprünglich auf die Idee des „Bunkerns“ für … gekommen. Etwa Anfang bis Mitte des Jahres 2019 sei das Ganze dann losgegangen. Die Pakete habe … jeweils über das Darknet bestellt. Die Lieferungen seien anschließend jeweils zu … gekommen, um die Spur zu … zu verwischen. … habe diese dann in den Pkw bei sich, zur Abholung durch …, gelegt. Bis auf das letzte Paket habe er jedoch nichts davon gesehen. Es könne gut sein, dass auch mal eine Lieferung mit einem Kilo gekommen sei, ansonsten seien es immer etwa 500 Gramm gewesen. Die Lieferungen seien 2 bis 5 Mal gekommen. 2 Lieferungen habe er (der Angeklagte …) sicher mitbekommen, vom Rest habe er über … erfahren. Von den Paketen selbst habe er nur etwas von dem letzten zum Eigenkonsum abbekommen. Hinsichtlich der vorherigen Lieferungen habe er von … über … meistens etwa 2 Gramm erhalten. Diese Anteile habe er dann selbst geraucht oder auch an Freunde weiterverkauft. Die Abgabe sei meist an … und … erfolgt. Hierbei habe er das Gramm für 10 Euro weiterverkauft. Von dem letzten Paket, welches etwa schon seit Dezember 2019 bei … gelegen sei, habe er auch etwas genommen. Diese Lieferung habe er zusammen mit … aufgemacht und dann etwas davon geraucht, den Inhalt schließlich wieder eingepackt und dann in seinem Schrank verstaut. Diese Lieferung seien etwa 500 Gramm gewesen. Er (der Angeklagte …) habe zu der entsprechenden Zeit täglich Cannabis geraucht und die Geschäfte mit … als neue Quelle dafür angesehen.
b) Einlassungen des Angeklagten

Der Angeklagte … hat sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht zur Sache eingelassen.
Im Rahmen der Hauptverhandlung führte der Angeklagte … aus, dass er bereits sehr früh angefangen habe, Cannabis zu konsumieren und jeden Tag Haschisch oder Marihuana geraucht habe. Über das Darknet habe er schließlich 5 Bestellungen mit aufsteigenden Mengen zu 100 Gramm, 200 Gramm, 300 Gramm, 400 Gramm und schließlich 500 Gramm getätigt. Die Bestellungen habe er in dem Kellerabteil der Wohnräume seiner Eltern vorgenommen. Zur Bezahlung über den TOR-Browser des Darknets habe er Bitcoins an einem Automaten in Tschechien erworben. Um die Rückverfolgung zu ihm (den Angeklagten …) zu erschweren seien die Pakete jeweils an den … gegangen. Diesen habe er vorab informiert, wenn eine Lieferung komme und … hätte ihn nach der Ankunft benachrichtigt und die Lieferung zunächst für ihn (den Angeklagten …) aufbewahrt. Nach Abholung der Lieferung bei … habe er (der Angeklagte …) diese sodann in dem Kellerabteil aufbewahrt, in welchem er auch die Bestellungen getätigt habe. Das letzte Paket habe er jedoch nicht erhalten. Zwar habe er den … informiert, dass eine Lieferung auf dem Weg sei, der … hätte sich dann jedoch nicht gemeldet. Bei der ganzen Sache habe er lediglich Kontakt mit dem ihm bekannten … gehabt, mit dem … habe er hingegen keinen Kontakt gehabt, … habe zur Entlohnung pro Lieferung zwischen 5 und 15 Gramm von ihm erhalten. Er selbst (der Angeklagte … habe einen Teil der Lieferungen selbst geraucht, den anderen Teil an gute Freunde verkauft. Der Einkaufspreis habe 4 Euro, der durchschnittlich erzielte Verkaufspreis 8 Euro betragen. Die Verkäufe hätten vor Ort bei Freunden oder draußen in Parks etc. stattgefunden.
Der Eigenkonsum habe dabei etwa die Hälfte der Mengen der Bestellungen in Anspruch genommen. Sein Konsum habe zuletzt bei etwa 20 Gramm pro Woche gelegen. Der Konsum habe sich seit dem Beginn zu seinem 14. Lebensjahr stetig gesteigert. Zu Beginn habe er mit 3 bis 6 Joints pro Woche angefangen, dann habe er jedoch seinen Konsum weiter auf 1 bis 2 Gramm pro Tag ausgebaut und sei schließlich im Zeitraum von etwa Anfang bis Mitte 2019 bei dem Konsum von 20 Gramm pro Woche angelangt.
c) Einlassungen des Angeklagten

Der Angeklagte … hat sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens lediglich teilweise mittels einer schriftlichen Verteidigererklärung zur Sache eingelassen.
Im Rahmen der Hauptverhandlung führte der Verteidiger des Angeklagten …, Rechtsanwalt …, aus, dass alle dem Angeklagten … zur Last gelegten Taten, wie sie sich aus der Anklageschrift ergeben, in objektiver und subjektiver Hinsicht zutreffend seien.
Diese Einlassung wurde durch den Angeklagten … auf Nachfrage des Gerichts bestätigt.
Auf Nachfrage des Gerichts führte der Angeklagte … hierzu weiter aus, dass es 5 Pakete gewesen seien, die er für den … angenommen habe. Da seine Eltern seine Pakete nicht aufmachen würden, habe er die Pakete des … auf die Schuhablage vor seiner Haustür bzw. in den Kofferraum des stillgelegten Pkws gelegt, damit der … diese dort abholen könne. Die ganze Sache sei etwa Mitte bis Ende 2019 losgegangen. Für seinen Beitrag habe er von … etwa 5 Gramm bekommen und dies an … weitergegeben. Über die Menge sei mit dem … nie gesprochen worden. Er (der Angeklagte …) habe aber von … gewusst, dass jeweils Rauschgift in den Paketen enthalten sei. Das erste Paket sei sehr leicht gewesen, das vorletzte ein bisschen leichter als das letzte, welches er und … schließlich behalten hätten. Hinsichtlich des letzten Paketes habe er dem … gesagt, dass wieder etwas von … gekommen sei und habe es dann letztlich zu … gebracht, nachdem sich … nicht gemeldet habe.
2. Überzeugung der Kammer
a) Feststellungen zur Sache
Die Kammer ist aufgrund einer Gesamtabwägung sämtlicher beweisrelevanter Tatsachen davon überzeugt, dass sich das jeweilige Tatgeschehen, wie unter Ziff. II. festgestellt, tatsächlich so zugetragen hat.
Die Überzeugung der Kammer beruht insbesondere auf den jeweiligen glaubhaften Einlassungen der Angeklagten … und … im Rahmen der Hauptverhandlung, welche auch untereinander in Einklang gebracht werden konnten.
Die entsprechenden Einlassungen konnten weiterhin auch mit den Ausführungen der ermittelnden Polizeibeamten … sowie dem in die Hauptverhandlung eingeführten toxikologischen Gutachten des Bayerischen Landeskriminalamts in Übereinstimmung gebracht werden.
So führten die Zeugen … in der Hauptverhandlung aus, dass am 18.01.2020 das Zimmer des Angeklagten … in den Wohnräumen seiner Eltern durchsucht worden sei. Die Durchsuchung sei vorgenommen worden, da zwei anderweitig Beschuldigte, die Zeugen … und …, den Angeklagten … zuvor belastet hätten, ihnen in unregelmäßigen Abständen Haschisch in Grammbereichen abgegeben zu haben. Bei der daraufhin durchgeführten Wohnungsdurchsuchung – bei welcher der Angeklagte … zu Beginn nicht anwesend gewesen sei, sondern lediglich seine Eltern – seien in dem Zimmer des Angeklagten … kleinere Rauschgiftutensilien wie Druckverschlusstütchen und eine Feinwaage sowie zwei Bongs mit Anhaftungen, Cannabissamen und kleinere Mengen an Haschisch-Brocken in einem Tütchen aufgefunden worden. Nachdem der Angeklagte … während der Durchsuchung in die elterliche Wohnung zurückgekehrt sei, habe dieser nach vorheriger Belehrung und Nachfrage seitens …, ob sich noch weitere Betäubungsmittel in seinem Zimmer befinden würden, freiwillig ein größeres Paket mit 5 in Plastik eingeschweißten Haschisch-Platten aus seinem TV-Schrank mit einem Gewicht von etwa 500 Gramm übergeben. Der Angeklagte … habe hierbei selbst geäußert, dass es sich um Haschisch handeln würde. Die bei der Wohnungsdurchsuchung gefertigten Lichtbilder, welche insbesondere die jeweilige Auffindesituation dokumentieren, wurden in die Hauptverhandlung eingeführt.
Nach der anschließenden Vernehmungen des Angeklagten …, deren Inhalt durch den Zeugen … in die Hauptverhandlung eingeführt wurde, sei aufgrund der dortigen Belastung des Angeklagten … dessen Wohnräume ebenfalls noch am 18.01.2020 durchsucht worden, so der Zeuge … im Rahmen der Hauptverhandlung. Im Zuge dieser Durchsuchung seien in einem Aufenthaltsraum des Kellers des elterlichen Anwesens ein Tabakbeutel mit etwa 2,8 Gramm Haschisch aufgefunden worden. In den Kellerräumlichkeiten seien während der Durchsuchung dem Freundeskreis des Angeklagten … zugehörige Personen angetroffen worden. Der Angeklagte … habe sich zu Durchsuchungsbeginn hingegen in den Wohnräumlichkeiten seiner Eltern im Erdgeschoss befunden. In dem Zimmer des Angeklagten … seien sodann diverse Plastikdruckverschlusstütchen in verschiedenen Größen in einem Sideboard sowie ein Crusher mit minimalen Anhaftungen aufgefunden worden. Weiterhin seien in dem Zimmer eine Machete mit einer Klingenlänge von 27 cm in einem Bürohocker sowie in einem Sideboard ein Messer mit einer Klingenlänge von 7,5 cm aufgefunden worden.
Nachdem der Angeklagte … in seiner Vernehmung weiterhin den Angeklagten … belastet habe, sei auch bei diesem noch am 18.01.2020 eine Wohnungsdurchsuchung durchgeführt worden, so der Zeuge … im Rahmen der Hauptverhandlung. Hierzu führte der Zeuge aus, dass im Zuge dieser Durchsuchung jedoch keine Auffindungen gemacht worden seien, welche in Verbindung mit Delikten im Betäubungsmittelbereich gebracht hätten werden können.
Der Zeuge … führte in der Hauptverhandlung schließlich ergänzend aus, dass auf dem beschlagnahmten Mobiltelefon des Angeklagten … die Konversations-App „Telegram“ aufgefunden worden sei, welche mit entsprechenden „Lösch-Timern“ der ausgetauschten Nachrichten konfiguriert gewesen sei. Zudem seien verschlüsselte Kommunikationen über die App „Prive Note“ feststellbar gewesen. Der Zeuge führte hierzu aus, dass diese Apps aus seiner kriminaltechnischen Erfahrung häufig im Bereich der Betäubungsmitteldelikte zum Verwischen etwaiger Spuren, wie der Kommunikationsdaten von Bestellvorgängen dienen würden.
Der Zeuge … führte in der Hauptverhandlung weiterhin ergänzend aus, dass in der „Chrome Browser Historie“ des Laptops des Angeklagten … Treffer unter dem Schlüsselwort „TOR“ aufgefunden haben werden können. Insbesondere ein Treffer deute dabei darauf hin, dass sich der Angeklagte … über die Installation des „TOR-Browsers“ erkundigt habe, worüber man letztlich ins „Darknet“ gelangen könne.
In die Hauptverhandlung wurde weiterhin das Gutachten des Bayerischen Landeskriminalamts aus dem Bereich Rauschgift des Sachverständigen … vom 04.06.2020 eingeführt. Daraus ergaben sich im Hinblick auf die bei dem Angeklagten … aufgefunden Betäubungsmittel folgende Feststellungen.
Die seitens des Angeklagten … übergebenen fünf Beutel, welche jeweils eine mit einer Folie überzogene Platte des Cannabis-Produkts vom Haschisch-Typ enthielten, wiesen Nettogewichte von 98,39 Gramm, 97,98 Gramm, 98,30 Gramm, 98,76 Gramm und 98,17 Gramm auf. Das Gesamtnettogewicht betrug daher 491,60 Gramm. Hinsichtlich der Haschisch-Platten ergab sich weiterhin ein Mindestwirkstoffgehalt von 33,8 % THC und damit eine . Mindestmenge von insgesamt 166,16 Gramm THC.
Die weiter bei dem Angeklagten … aufgefundenen Plattenbruchstücke, welche sich in Plastikdruckverschlussbeuteln befanden, sind ebenfalls dem Cannabis Produkt des Haschisch-Typs zuzuordnen und wiesen dabei ein Nettogesamtgewicht von 26,87 Gramm, mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 28,4 % THC sowie einer Mindestmenge von 7,63 Gramm THC auf.
Die durchgeführte Beweisaufnahme hat damit zur Überzeugung der Kammer ergeben, dass sich der Tathergang, wie unter Ziffer II. dargestellt, zugetragen hat. Insoweit hat sich auch das von den Angeklagten … und … jeweils in der Hauptverhandlung abgelegte Geständnis als schlüssig und glaubhaft ergeben. Weiterhin haben sich zur Überzeugung der Kammer auch keinerlei Anhaltspunkte für einen anderweitigen Tathergang oder einer anderweitigen Täterschaft ergeben.
b) Feststellungen zur Person
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten … und … (Ziffer I.) beruhen vornehmlich auf ihren eigenen Angaben gegenüber dem Vertreter des Kreisjugendamtes … sowie der Vertreterin des Stadtjugendamtes …. Der Kreisjugendamtvertreter … sowie die Stadtjugendamtvertreterin … stellten die Ausführungen der Angeklagten in der Hauptverhandlung umfassend dar. Diese Angaben wurden von den Angeklagten … und … anschließend ausdrücklich als zutreffend bestätigt.
Die entsprechenden Auskünfte der Angeklagten … und … aus dem Bundeszentralregister wurden in die Hauptverhandlung eingeführt.
IV. Rechtliche Würdigung
1. Strafbarkeit des Angeklagten

Der Angeklagte … hat in den oben aufgeführten 5 Fällen, jeweils den Straftatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gem. §§ 29 a Abs. 1 Nr. 2, 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage I, III zum BtMG, 3 Abs. 1 BtMG, § 53 StGB verwirklicht.
Er war deshalb wegen 5 tatmehrheitlicher Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig zu sprechen.
a) Überschreitung der nicht geringen Menge
Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass in den oben genannten Fällen die Grenze zur nicht geringen Menge jeweils um ein Mehrfaches überschritten wurde.
Die Kammer ging dabei hinsichtlich der im Darknet bestellten ersten vier Lieferungen – jeweils zugunsten des Angeklagten – von den durch den Angeklagten … benannten Mengen von 100 Gramm, 200 Gramm, 300 Gramm und 400 Gramm aus. Hinsichtlich der letzteren Lieferung konnte die konkrete Menge infolge der Auffindung im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung bei dem Angeklagten … mit 491,60 Gramm verifiziert werden.
Im Übrigen hatte der Angeklagte … zwar in seiner Vernehmung von weiteren Bestellungen des Angeklagten … von Haschisch im Bereich von 500 Gramm sowie einer einmaligen Bestellung im Bereich eines Kilos berichtet, jedoch ergaben sich für die Kammer insoweit keine weiteren belastbaren Nachweise, sodass letztlich von den durch den Angeklagten … selbst benannten Mengen auszugehen war.
Weiterhin war aufgrund der nicht widerlegbaren Einlassung des Angeklagten … – zu seinen Gunsten – eine hälftige Eigenverbrauchsquote hinsichtlich der getätigten Bestellungen anzunehmen.
Hinsichtlich der unter Ziff. II. dargestellten Fällen des Erwerbs des Rauschgifts Haschisch, handelt es sich um ein Cannabisprodukt, bei welchem die nicht geringe Menge bei 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) höchstrichterlich festgelegt wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 20.12.1995, Az. 3 StR 245/95).
Die Kammer ist betreffend der fünften Bestellung des Angeklagten … aufgrund des Wirkstoffgutachtens des Bayerischen Kriminalamtes vom 04.06.2020, hinsichtlich der bei dem Angeklagten … aufgefundenen eingeschweißten Haschisch-Platten, von einer Nettomenge von 491,60 Gramm sowie einem Mindestwirkstoffgehalt von 33,8 % ausgegangen. Folglich ergab sich im Hinblick auf die fünfte Tathandlung eine korrespondierende Mindestmenge von 166,16 Gramm THC.
Da mit Ausnahme der im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung bei dem Angeklagten … sichergestellten Haschisch-Platten sowie der Plattenbruchstücke das zum Teil verkaufte und zum Teil selbst konsumierte Haschisch des Angeklagten … nicht sichergestellt und gutachterlich untersucht werden konnte, musste die Kammer insoweit den Wirkstoffgehalt hinsichtlich der ersten vier Lieferungen, mit den dortigen Mengen von 100 Gramm, 200 Gramm, 300 Gramm und 400 Gramm jeweils schätzen. Auf Grundlage des in die Hauptverhandlung eingeführten Wirkstoffgutachtens betreffend die bei dem Angeklagten … ebenfalls aufgefundenen Plattenbruchstücke, welchen ein Mindestwirkstoffgehalt von 28,4 % THC zukam, war dabei zugunsten des Angeklagten … hinsichtlich der ersten vier Lieferungen lediglich von einem solchen Mindestwirkstoffgehalt auszugehen, da die Kammer nicht ausschließen kann, dass die bei dem Angeklagten … aufgefundenen Haschisch-Brocken den ersten vier Bestellungen des Angeklagten … entstammen und diesen letztlich nur ein Mindestwirkstoffgehalt von 28,4 % THC zukam. Infolgedessen ergaben sich für die ersten vier Tathandlungen jeweilige Mindestmengen von 28,4 Gramm, 56,8 Gramm, 85,2 Gramm und 113,6 Gramm THC.
Weiterhin berücksichtigte die Kammer hierbei, dass der Angeklagte …, nach seiner eigenen nicht zu widerlegenden Einlassung, etwa die Hälfte seiner Bestellungen für seinen eigenen Konsum nutzte. Demnach waren die hinsichtlich der fünf Tathandlungen aufgeführten Mindestmengen im Hinblick auf die Tathandlung des Handeltreibens nochmals zu halbieren. Damit ergaben sich für die fünf gegenständlichen Tathandlungen des Angeklagten … jeweilige Mindestmengen von 14,2 Gramm, 28,4 Gramm, 42,6 Gramm, 56,8 Gramm und 83,08 Gramm THC.
Folglich wurde die nicht geringe Menge hinsichtlich der ersten Bestellung um das 1,89-fache, hinsichtlich der zweiten Bestellung um das 3,78-fache, hinsichtlich der dritten Bestellung um das 5,68-fache, hinsichtlich der vierten Bestellung um das 7,57-fache sowie hinsichtlich der fünften Bestellung um das 11,07-fache – unter Zugrundelegung des eigenen Konsums des Angeklagten … – überschritten.
b) Täterschaftliches Handeltreiben
Der Begriff des Handeltreibens umfasst „jede eigennützige, auf den Güterumsatz gerichtete Tätigkeit“ (vgl. BGH, Beschl. v. 26.10.2005, Az. GSSt 1/05).
Eigennützig handelt der Täter, dem es auf einen persönlichen Vorteil, insbesondere auf die Erzielung von Gewinn ankommt (vgl. BGH, Beschl. v. 06.11.2012, Az. 2 StR 410/12). Sein Handeln muss vom Streben nach Gewinn geleitet sein oder er muss sich sonst irgendeinen persönlichen Vorteil von ihm versprechen, durch den er materiell oder immateriell bessergestellt wird (vgl. BGH, a.a.O.).
Angesichts der erheblichen Mengen und des betriebenen Aufwandes geht die Kammer in Übereinstimmung mit den eigenen Einlassungen des Angeklagten … davon aus, dass das aufgefundene Rauschgift zumindest hälftig dem Handeltreiben galt sowie das Handeln des Angeklagten … darauf gerichtet war, durch die Drogenverkäufe Gewinn zu erzielen.
c) Konkurrenzen
Die 5 einzelnen Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge stehen zueinander in Tatmehrheit gem. § 53 StGB.
d) Keine Strafbarkeit wegen unerlaubtem bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Eine Strafbarkeit des Angeklagten … wegen unerlaubtem bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen gem. §§ 30a Abs. 2 Nr. 2, 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage I, III zum BtMG, 3 Abs. 1 BtMG, § 53 StGB war zur Überzeugung der Kammer hingegen bei den unter Ziff. II dargestellten Tathandlungen nicht gegeben.
Zwar verkannte die Kammer dabei nicht, dass der Angeklagte … in den Wohnräumen seines Elternhauses sich jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten der in seinem Zimmer in einer Bürohocker, unter einem losen Aufsatz befindlichen Machete mit einer Klingenlänge von 27 cm sowie des in einem Sideboard befindlichen Messers mit einer Klingenlänge von 7,5 cm hätte bedienen können. Allerdings ist dabei sowohl ausreichend als auch erforderlich, dass die jeweilige Waffe während eines Teilakts des Handeltreibens mit sich geführt wird (vgl. BGH NJW 2014, 1125 m.W.n.).
Dies war vorliegend jedoch nicht gegeben, da in der Wohnung des Angeklagten keine Teilakte des eigentlichen Handeltreibens vollzogen wurden. Diese fanden hingegen ausschließlich in den Kellerräumlichkeiten statt. Aufgrund der räumlichen Trennung über ein Stockwerk sowie mehrerer Türen wurde daher die Machete sowie das Messer nicht bei entsprechenden Teilakten des Handeltreibens durch den Angeklagten … mitgeführt.
2. Strafbarkeit des Angeklagten … und …
Die Angeklagten … und … haben in den oben aufgeführten 5 Fällen jeweils den Straftatbestand der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gem. §§ 29 a Abs. 1 Nr. 2, 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage I, III zum BtMG, 3 Abs. 1 BtMG, §§ 27, 53 StGB verwirklicht, indem sie die Rauschgiftbestellungen des Angeklagten … entgegennahmen und diese für ihn „bunkerten“, damit sie dieser anschließend ohne eines erheblichen Entdeckungsrisikos abholen und sodann mit der etwa hälftigen Menge gewinnbringend weiterverkaufen konnte.
Die Angeklagten … und … waren deshalb jeweils wegen 5 tatmehrheitlicher Fälle der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig zu sprechen.
Der Angeklagte …, welcher bei der Begehung der jeweiligen Taten 17 Jahre alt und daher Jugendlicher gem. § 1 Abs. 2 Alt. 1 JGG war, besaß bei Begehung der Taten zur Überzeugung der Kammer zudem die gem. § 3 JGG erforderliche Reife, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.
So erkannte der Angeklagte sowohl die Illegalität des Handeltreibens mit den Betäubungsmitteln durch den Angeklagten … als auch die Illegalität der eigenen Unterstützungshandlung durch das „bunkern“ der Betäubungsmittel für den Angeklagten …. Dies folgt zur Überzeugung der Kammer insbesondere aus den erheblichen Mengen, welche der Angeklagte … zusammen mit dem Angeklagten … für den Angeklagten … bis zu dessen Abholung aufbewahrte. Diese Einschätzung teilte auch der in der Hauptverhandlung einvernommene Vertreter des Kreisjugendamts …, der von einer zweifelsfrei vorhandenen Strafbarkeitseinsicht und Willensreife seitens des Angeklagten … ausging.
V. Strafausspruch
1. Angeklagter …
Gegen den Angeklagten … war eine Jugendstrafe von 9 Monaten auszusprechen.
Die Kammer ist – in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Vertreters des Kreisjugendamts … – davon überzeugt, dass gegen den Angeklagten … Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld (§ 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG) zu verhängen war.
Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Wirkung möglich ist, § 18 Abs. 2 JGG.
a) Schwere der Schuld
Gemäß §§ 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG ist eine Jugendstrafe zu verhängen, wenn wegen der Schwere der Schuld eine Jugendstrafe erforderlich ist.
Bei der Beurteilung der Schuldschwere kommt dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat und ihrer Einstufung nach allgemeinen Strafrecht keine selbstständige Bedeutung zu, sondern es ist in erster Linie auf die innere Tatseite abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.2014, Az. 2 StR 413/13). Der äußere Unrechtsgehalt der Tat ist aber jedenfalls insofern von Belang, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Höhe der Schuld gezogen werden können (vgl. BGH a.a.O.). Bei der Beurteilung der Schuldschwere ist damit letztlich eine – jugendspezifische – Gesamtabwägung vorzunehmen, in die sämtliche für die Schuldbeurteilung relevanten Umstände einzubeziehen sind (vgl. BGH Urt. v. 09.01.2018, Az. 1 StR 239/17).
So liegt es hier.
Hierbei war vornehmlich in den Blick zu nehmen, dass seitens des Angeklagten … in fünf Fällen dem Handeln des Angeklagten … Vorschub geleistet wurde, indem dieser zusammen mit dem Angeklagten … die Lieferungen des Angeklagten … aufbewahrten und diesen dadurch bei dem jeweiligen Handeltreiben mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge maßgeblich unterstützten. Gerade die hierbei gegebene fünfmalige Beihilfehandlung seitens des Angeklagten … – wobei hinsichtlich jeder einzelnen Tat die nicht geringe Menge überschritten wurde – ist Ausdruck eines besonders hohen Grades der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Infolge dieser fortgesetzten Handlungen war daher auch die Verhängung einer Jugendstrafe wegen schwerer Schuld aufgrund erzieherischer Gründe erforderlich.
b) Dauer der Jugendstrafe
Gemäß § 18 Abs. 2 JGG ist die Jugendstrafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Wirkung möglich ist. Dies gilt bereits dann, wenn die Verhängung allein wegen der Schwere der Schuld begründet wird (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.2014, Az. 2 StR 413/13).
Dabei ist ausgehend von einer Parallelwertung nach Erwachsenenstrafrecht (vgl. BGH, Beschl. v. 05.06.2013, Az. 2 StR 189/13; BGH, Beschl. v. 21.08.2013, Az. 4 StR 157/12) eine Abwägung der strafzumessungsrelevanten Umstände vorzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.2014, Az. 2 StR. 413/13) und unter Berücksichtigung des Erziehungsgedankens sowie unter Abwägung des Gewichts des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die Weiterentwicklung des Angeklagten die Dauer der Jugendstrafe zu bemessen (vgl. BGH a.a.O.).
Insoweit war zunächst in den Blick zu nehmen, dass die zeitliche Höchstdauer der Jugendstrafe vorliegend 5 Jahre betrug, da das Gesetz im Erwachsenenstrafrecht für die Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 15 Jahren gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG vorsieht, so dass eine über 5 Jahre hinausgehende Jugendstrafe gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 JGG vorliegend nicht in Betracht kam.
Schuldmildernd war dabei im Hinblick auf den Angeklagten … insbesondere zu berücksichtigen, dass der Angeklagte – mit Ausnahme der ihm zur Last liegenden Taten – sozial eingeordnet lebt und einem geordneten Berufsleben nachgeht.
Zu seinen Gunsten war weiterhin zu werten, dass ein großer Teil der Betäubungsmittel mit einer Menge von 518,47 Gramm im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung bei ihm sichergestellt werden konnte und diese Menge damit nicht weiter in den Verkehr gelangen konnte. Hierbei war insbesondere auch der Umstand in den Blick zu nehmen, dass der Angeklagte … den ermittelnden Polizeibeamten die verpackten Haschisch-Platten mit einer Menge von 491,60 Gramm im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung selbstständig aushändigte.
Schuldmildernd war weiterhin zu werten, dass der Angeklagte bereits in seiner Vernehmung vom 18.01.2020 ein frühzeitiges und umfassendes Geständnis ablegte und dieses auch in der Hauptverhandlung wiederholte.
Für den Angeklagten sprach weiter, dass dieser – bis auf seine Vorahndung durch das Amtsgericht Weiden i.d.OPf. vom 12.12.2019 wegen versuchtem Diebstahl mit Sachbeschädigung – strafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten ist und das Verfahren hinsichtlich der genannten Vorahndung gem. § 47 JGG eingestellt wurde.
Schuldmildernd wertete die Kammer darüber hinaus, dass es sich bei Haschisch um eine sogenannte „weiche Droge“ handelt.
Zugunsten des Angeklagten wertete die Kammer zudem, dass der Angeklagte … nach seiner eigenen Einlassung sowie den insoweit übereinstimmenden Ausführungen des Angeklagten … im Rahmen der Hauptverhandlung, lediglich über den indirekten Weg des Angeklagten … Kontakt zu dem Angeklagten … hatte, der als Haupttäter und „Triebfeder“ fungierte.
Zugunsten des Angeklagten konnte die Kammer hinsichtlich sämtlicher Taten von dem Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG aus den folgenden Erwägungen ausgehen.
Bei der Prüfung dieser Frage ist zunächst eine Gesamtbetrachtung notwendig, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Bewertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Gesetzlich vertypte Milderungsgründe bleiben in dieser Prüfungsstufe noch außer Betracht.
Insoweit hat im Rahmen der zunächst vorzunehmenden Gesamtbetrachtung zugunsten des Angeklagten insbesondere die oben bereits aufgeführten schuldmildernden Umstände Berücksichtigung gefunden. Bereits diese zugunsten des Angeklagten … wirkende Umstände ließen im Ergebnis die jeweiligen Taten vom Regelfall so weit nach unten abweichen, dass es nicht mehr dem gesetzlichen Regelbild entspräche und daher der Regelstrafrahmen unangemessen erschiene. Die Kammer verkannte dabei nicht, dass es sich zwar einerseits bei dem vorliegenden Haschisch um eine sogenannte „weiche Droge“ handelt, jedoch seitens des Angeklagten … erhebliche Mengen hiervon bestellt und auch gehandelt wurden und der Angeklagte … hierbei durch sein eigenes Handeln Unterstützung gewährte.
Weiterhin lag der gesetzlich vertypte Milderungsgrund des § 27 Abs. 1 Satz 2 StGB vor, da die gegenständlichen Handlungen des Angeklagten … nicht auf ein täterschaftliches Handeln, sondern auf die eines Gehilfen gerichtet waren.
Infolge des Geständnisses des Angeklagten … im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, in dem er über seinen eigenen Tatbeitrag auch die entsprechenden Taten der Angeklagten … und … benannte und dadurch letztlich die gegenständlichen Taten umfassend aufgeklärt werden konnten, war vorliegend auch der gesetzliche Milderungsgrund des § 31 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BtMG erfüllt.
Schulderschwerend wirkt sich hingegen insbesondere aus, dass der Angeklagte … fünf Taten in relativ geringer Zeitabfolge, bei sich steigernden Mengen der durch den Angeklagten … bestellten Betäubungsmitteln beging und hierbei leicht überdurchschnittliche Mindestwirkstoffgehalte von 28,4 % THC, hinsichtlich der ersten vier Bestellungen sowie von 33,8 % THC, hinsichtlich der fünften Bestellung vorlagen.
Zulasten war zudem zu werten, dass bei der ersten Bestellung die nicht geringe Menge um das 1,89-fache, bei der zweiten Bestellung um das 3,78-fache, bei der dritten Bestellung um das 5,68-fache, bei der vierten Bestellung um das 7,57-fache sowie bei der fünften Bestellung um das 11,07-fache – unter Zugrundelegung des eigenen Konsums des Angeklagten … – überschritten wurde und damit jedenfalls in der Gesamtschau ein Handeltreiben des Angeklagten … mit erheblichen Mengen von Betäubungsmitteln vorlag, welchen der Angeklagte … durch seinen eigenen Tatbeitrag unterstütze.
Dabei hat die Kammer zum einen nicht verkannt, dass es sich bei Haschisch um – wie ausgeführt – um eine „weiche Droge“ handelt und zudem auch ein Stufenverhältnis zu noch gefährlicheren Drogen wie Heroin oder Metamphetamin besteht. Die Kammer verkannte dabei ebenso nicht, dass der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Beschluss vom 25.02.2016 im Verfahren 2 StR 29/16 ausgeführt hatte, dass eine „geringe Überschreitung der Untergrenze zur nicht geringen Menge“ „ein Strafmilderungsgrund“ sei. Hieran hat der 2. Strafsenat im Urteil vom 15.03.2017 in dem Verfahren 2 StR 294/16 jedoch nicht mehr festgehalten, sondern vielmehr ausgeführt, dass „die Überschreitung des Grenzwerts grundsätzlich strafschärfende Bedeutung“ habe.
Der strafschärfenden Berücksichtigung der gegebenen Vielfachen der Grenzwertüberschreitungen steht § 46 Abs. 3 StGB zudem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift dürfen „Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind,“ bei der Strafzumessung „nicht berücksichtigt werden.“ Die Kammer würdigt indes nicht die Erfüllung des straferschwerenden, daher qualifizierenden Merkmals des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, nämlich das Vorliegen einer nicht geringen Menge, sondern das Maß der jeweiligen Überschreitung als straferschwerend. Jenseits einer die Grenze zur Erfüllung des Qualifikationstatbestands nur unwesentlich überschreitenden Wirkstoffmenge hat das Maß der Überschreitung dieser Grenze die Bedeutung eines im Sinne von § 267 Abs. 3 Satz 1, Var. 2 StPO bestimmenden Strafzumessungsgrundes (vgl. BGH a.a.O.) und kann somit zu Lasten des Angeklagten nach Ansicht der Kammer bei der Strafzumessung auch berücksichtigt werden (vgl. BGH a.a.O.).
Von einer unwesentlichen Grenzwertüberschreitung, die einer strafschärfenden Berücksichtigung entgegenstehen könnte, konnte vorliegend in Anbetracht der angesprochenen Grenzwertüberschreitungen sowie der weiter dargelegten Gesichtspunkten in keinem der fünf Bestellungen ausgegangen werden. Hierbei verkannte die Kammer hinsichtlich dieser Taten nicht, dass hierbei jeweils der Handel mit ausschließlich von Haschisch als sog. „weiche Droge“ vorlag und es sich dabei jeweils um eine eher geringwertige Überschreitung der nicht geringen Menge handelte.
Ausgehend von dem zuvor bezeichneten Rahmen für eine Jugendstrafe erachtet die Kammer daher die Verhängung einer Einheitsjugendstrafe von 9 Monaten als tat- und schuldangemessen, aber auch erforderlich und verhältnismäßig ist, um auf den Angeklagten … erzieherisch einzuwirken und einen gerechten Schuldausgleich zu bewirken (§ 18 Abs. 2 JGG).
Die Notwendigkeit der Bildung einer Einheitsjugendstrafe folgt aus § 31 Abs. 1 JGG.
Insgesamt erschien daher zur Überzeugung der Kammer die Verhängung einer Jugendstrafe von 9 Monaten erforderlich.
c) Strafaussetzung zur Bewährung
Die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe konnte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 JGG zur Bewährung ausgesetzt werden, da dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose gestellt werden konnte.
Insbesondere war auch hier das umfassende und schuldeinsichtige Geständnis des Angeklagten … in der Hauptverhandlung zu würdigen. Der Angeklagte zeigte sich in seiner Einlassung im Zuge der Hauptverhandlung, sowie in seinem letzten Wort einsichtig und aufgrund der drohenden strafrechtlichen Konsequenzen beeindruckt. Der Angeklagte ist auch bislang strafrechtlich nicht erheblich in Erscheinung getreten, so dass ihm mangels entgegenstehender gewichtiger Umstände eine günstige Sozialprognose auf der Grundlage positiv feststellbarer Umstände gestellt werden konnte. So war hierbei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Angeklagte – bis auf seine Vorahndung durch das Amtsgericht … vom 12.12.2019 wegen versuchtem Diebstahl mit Sachbeschädigung – strafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten ist sowie hierbei das Verfahren gem. § 47 JGG eingestellt wurde und der Angeklagte damit noch nicht unter dem Eindruck einer Hauptverhandlung stand.
2. Angeklagter …
Gegen den Angeklagten … war eine Jugendstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten auszusprechen.
Alle Taten waren deutlich und greifbar geprägt von der Persönlichkeitsakzentuierung bzw. von damit einhergehenden Reifeverzögerungen des, zu den jeweiligen Tatzeitpunkten, 18-jährigen Angeklagten …, so dass zur Überzeugung der Kammer unter Zurückstellung gewisser Zweifel vorliegend insgesamt noch Jugendstrafrecht gemäß § 105 Abs. 1 JGG auf den Heranwachsenden anzuwenden war.
Die entsprechende Reifeverzögerung des Angeklagten ergeben sich hierbei insbesondere aus den Umständen, dass der Angeklagte zur Tatzeit noch im häuslichen Umfeld seiner Familie lebte und dort auch unter dem Einfluss seiner Familie stand. Weiterhin geht die Kammer zugunsten des Angeklagten davon aus, dass dieser entsprechend seiner Einlassung im Rahmen der Hauptverhandlung, seit seinem 14. Lebensjahr einem illegalen Drogenkonsum nachgeht und damit eine Reifeverzögerung der Persönlichkeitsentwicklung einherging.
Diese Einschätzung teilt auch die in der Hauptverhandlung einvernommene Vertreterin des Stadtjugendamts …, welche unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Angeklagten … die Anwendung einer Jugendstrafe für angezeigt erachtete.
Die Kammer ist – auch insoweit in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Vertreterin des Stadtjugendamts … – davon überzeugt, dass gegen den Angeklagten … Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld (§§ 17 Abs. 2 Alt. 2, 105 Abs. 1 JGG) zu verhängen war.
Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Wirkung möglich ist, §§ 18 Abs. 2, 105 Abs. 1 JGG.
a) Schwere der Schuld
Gemäß §§ 17 Abs. 2 Alt. 2, 105 Abs. 1 JGG ist eine Jugendstrafe zu verhängen, wenn wegen der Schwere der Schuld eine Jugendstrafe erforderlich ist.
Bei der Beurteilung der Schuldschwere kommt dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat und ihrer Einstufung nach allgemeinen Strafrecht keine selbstständige Bedeutung zu, sondern es ist in erster Linie auf die innere Tatseite abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.2014, Az. 2 StR 413/13). Der äußere Unrechtsgehalt der Tat ist aber jedenfalls insofern von Belang, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Höhe der Schuld gezogen werden können (vgl. BGH a.a.O.). Bei der Beurteilung der Schuldschwere ist damit letztlich eine – jugendspezifische – Gesamtabwägung vorzunehmen, in die sämtliche für die Schuldbeurteilung relevanten Umstände einzubeziehen sind (vgl. BGH Urt. v. 09.01.2018, Az. 1 StR 239/17).
So liegt es hier.
Hierbei war vornehmlich in den Blick zu nehmen, dass der Angeklagte … fünf Taten in relativ geringer Zeitabfolge, bei sich steigernden Mengen der durch ihn bestellten Betäubungsmitteln beging und hierbei leicht überdurchschnittliche Mindestwirkstoffgehalte von 28,4 % THC hinsichtlich der ersten vier Bestellungen sowie von 33,8 % THC hinsichtlich der fünften Bestellung vorlagen. Weiterhin war zu beachten, dass bei der ersten Bestellung die nicht geringe Menge um das 1,89-fache, bei der zweiten Bestellung um das 3,78-fache, bei der dritten Bestellung um das 5,68-fache, bei der vierten Bestellung um das 7,57-fache sowie bei der fünften Bestellung um das 11,07-fache – unter Zugrundelegung des eigenen Konsums des Angeklagten … – überschritten wurde und damit jedenfalls in der Gesamtschau ein Handeltreiben des Angeklagten … mit erheblichen Mengen von Betäubungsmitteln vorlag. Dies spricht zur Überzeugung der Kammer in einer Gesamtschau gerade für einen hohen Grad der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Dieser Aspekt kann dabei maßgeblich zur Beurteilung der Schuldschwere herangezogen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 13.05.1997, Az. 4 StR 216/97).
Weiterhin war zu beachten, dass der Angeklagte … als Triebfeder der Taten und dabei mit relativ hoher krimineller Energie sowie unter geschickter Einbeziehung des Angeklagten … agierte. So initiierte und betrieb der Angeklagte … das der Taten zugrundeliegende Geschäftsmodell, indem er über das Darknet das Haschisch bezog und dabei Bitcoins verwendete. Der Angeklagte … achtete dabei stets darauf, einer entsprechenden Entdeckung seiner Machenschaften zu entgehen, indem er hauptsächlich verschlüsselte bzw. mit Lösch-Timern versehene Chatnachrichten bei dem Handel mit den Betäubungsmitteln verwendete sowie den Angeklagten … zur Annahme und Aufbewahrung der Lieferungen der Betäubungsmittel einband, um so zusätzlich sein eigenes Entdeckungsrisiko zu minimieren. Diese Aspekte, welche die konkrete Ausführung der Tat beschreiben, können ebenfalls in die Beurteilung der Schuldschwere einbezogen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 02.12.2008, Az. 4 StR 543/08).
Nach der damit letztlich vorzunehmenden Gesamtabwägung ist zur Überzeugung der Kammer aufgrund der genannten Umstände die Verhängung einer Jugendstrafe aufgrund von Schuldschwere geboten.
Weiterhin erachtet die Kammer die Verhängung einer solchen Jugendstrafe hinsichtlich des Angeklagten … zudem aus erzieherischen Gründen als erforderlich. Auch insoweit war der in der konkreten Tatausführung zum Ausdruck kommende erhebliche Erziehungsbedarf für die Erforderlichkeit einer Jugendstrafe aus Sicht der Kammer gegeben (vgl. BGH. Beschl. v. 28.06.2011, Az. 1 StR 291/11).
b) Dauer der Jugendstrafe
Gemäß §§ 18 Abs. 2, 105 Abs. 1 JGG ist die Jugendstrafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Wirkung möglich ist. Dies gilt bereits dann, wenn die Verhängung allein wegen der Schwere der Schuld begründet wird (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.2014, Az. 2 StR 413/13).
Dabei ist ausgehend von einer Parallelwertung nach Erwachsenenstrafrecht (vgl. BGH, Beschl. v. 05.06.2013, Az. 2 StR 189/13; BGH, Beschl. v. 21.08.2013, Az. 4 StR 157/12) eine Abwägung der strafzumessungsrelevanten Umstände vorzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.2014, Az. 2 StR. 413/13) und unter Berücksichtigung des Erziehungsgedankens sowie unter Abwägung des Gewichts des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die Weiterentwicklung des Angeklagten die Dauer der Jugendstrafe zu bemessen (vgl. BGH a.a.O.).
Insoweit war zunächst in den Blick zu nehmen, dass die zeitliche Höchstdauer der Jugendstrafe vorliegend 10 Jahre betrug, da das Gesetz im Erwachsenenstrafrecht für die Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 15 Jahren gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG vorsieht, so dass eine über 10 Jahre hinausgehende Jugendstrafe gemäß § 105 Abs. 3 Satz 1 JGG vorliegend nicht in Betracht kam.
Schuldmildernd war dabei im Hinblick auf den Angeklagten … insbesondere zu berücksichtigen, dass der Angeklagte – mit Ausnahme der ihm zur Last liegenden Taten – sozial eingeordnet lebt, im Juli 2021 seine Ausbildung abgeschlossen hat und seitdem aktiv arbeitssuchend ist.
Zu seinen Gunsten war weiterhin zu werten, dass ein großer Teil der Betäubungsmittel mit einer Menge von 518,47 Gramm im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung bei dem Angeklagten … sichergestellt werden konnte und diese Menge damit nicht weiter in den Verkehr gelangen konnte.
Schuldmildernd war weiterhin zu werten, dass sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung durch eigene Ausführungen geständig zur Sache einließ.
Für den Angeklagten sprach weiter, dass dieser – bis auf seine Vorahndung durch das Amtsgericht … vom 08.11.2016 wegen Urkundenfälschung – strafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten ist und das Verfahren hinsichtlich der genannten Vorahndung gem. § 47 JGG eingestellt wurde.
Schuldmildernd wertete die Kammer darüber hinaus, dass es sich bei Haschisch um eine sogenannte „weiche Droge“ handelt.
Weiterhin wertete die Kammer den seitens des Angeklagten … im Rahmen der Hauptverhandlung schließlich vorgebrachten Umstand, des etwa hälftigen Eigenkonsums im Hinblick auf die erworbenen Betäubungsmittel, zugunsten des Angeklagten.
Ebenfalls schuldmildernd wirkte sich aus, dass der Angeklagte, nach seiner eigenen Einlassung gegenüber der Jugendgerichtshilfe als auch im Rahmen der Hauptverhandlung, seit dem Bekanntwerden des Tatvorwurfs im Januar 2021 keinerlei illegale Drogen mehr konsumiert hat.
Zugunsten des Angeklagten … konnte die Kammer hinsichtlich sämtlicher Taten von dem Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG aus den folgenden Erwägungen ausgehen.
Bei der Prüfung dieser Frage ist zunächst eine Gesamtbetrachtung notwendig, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Bewertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Gesetzlich vertypte Milderungsgründe bleiben in dieser Prüfungsstufe noch außer Betracht.
Insoweit hat im Rahmen der zunächst vorzunehmenden Gesamtbetrachtung zugunsten des Angeklagten insbesondere die oben bereits aufgeführten schuldmildernden Umstände Berücksichtigung gefunden. Bereits diese zugunsten des Angeklagten … wirkende Umstände ließen im Ergebnis die jeweiligen Taten vom Regelfall so weit nach unten abweichen, dass es nicht mehr dem gesetzlichen Regelbild entspräche und daher der Regelstrafrahmen unangemessen erschiene. Die Kammer verkannte dabei nicht, dass es sich zwar einerseits bei dem vorliegenden Haschisch um eine sogenannte „weiche Droge“ handelt, wenngleich seitens des Angeklagten … erhebliche Mengen hiervon bestellt und zumindest hälftig auch weiterveräußert wurden.
Schulderschwerend wirkt sich hingegen insbesondere aus, dass der Angeklagte … fünf Taten in relativ geringer Zeitabfolge, bei sich steigernden Mengen der durch ihn bestellten Betäubungsmitteln beging und hierbei leicht überdurchschnittliche Mindestwirkstoffgehalte von 28,4 % THC hinsichtlich der ersten vier Bestellungen sowie von 33,8 % THC hinsichtlich der fünften Bestellung vorlagen.
Zulasten war zudem zu werten, dass bei der ersten Bestellung die nicht geringe Menge um das 1,89-fache, bei der zweiten Bestellung um das 3,78-fache, bei der dritten Bestellung um das 5,68-fache, bei der vierten Bestellung um das 7,57-fache sowie bei der fünften Bestellung um das 11,07-fache – unter Zugrundelegung des eigenen Konsums des Angeklagten … – überschritten wurde und damit jedenfalls in der Gesamtschau ein Handel des Angeklagten … mit erheblichen Mengen von Betäubungsmitteln vorlag.
Dabei hat die Kammer zum einen nicht verkannt, dass es sich bei Haschisch um – wie ausgeführt – um eine „weiche Droge“ handelt und zudem auch ein Stufenverhältnis zu noch gefährlicheren Drogen wie Heroin oder Metamphetamin besteht. Die Kammer verkannte dabei ebenso nicht, dass der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Beschluss vom 25.02.2016 im Verfahren 2 StR 29/16 ausgeführt hatte, dass eine „geringe Überschreitung der Untergrenze zur nicht geringen Menge“ „ein Strafmilderungsgrund“ sei. Hieran hat der 2. Strafsenat im Urteil vom 15.03.2017 in dem Verfahren 2 StR 294/16 jedoch nicht mehr festgehalten, sondern vielmehr ausgeführt, dass „die Überschreitung des Grenzwerts grundsätzlich strafschärfende Bedeutung“ habe.
Der strafschärfenden Berücksichtigung der gegebenen Vielfachen der Grenzwertüberschreitungen steht § 46 Abs. 3 StGB zudem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift dürfen „Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind,“ bei der Strafzumessung „nicht berücksichtigt werden.“ Die Kammer würdigt indes nicht die Erfüllung des straferschwerenden, daher qualifizierenden Merkmals des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, nämlich das Vorliegen einer nicht geringen Menge, sondern das Maß der jeweiligen Überschreitung als straferschwerend. Jenseits einer die Grenze zur Erfüllung des Qualifikationstatbestands nur unwesentlich überschreitenden Wirkstoffmenge hat das Maß der Überschreitung dieser Grenze die Bedeutung eines im Sinne von § 267 Abs. 3 Satz 1, Var. 2 StPO bestimmenden Strafzumessungsgrundes (vgl. BGH a.a.O.) und kann somit zu Lasten des Angeklagten nach Ansicht der Kammer bei der Strafzumessung auch berücksichtigt werden (vgl. BGH a.a.O.).
Von einer unwesentlichen Grenzwertüberschreitung, die einer strafschärfenden Berücksichtigung entgegenstehen könnte, konnte vorliegend in Anbetracht der angesprochenen Grenzwertüberschreitungen sowie der weiter dargelegten Gesichtspunkten in keinem der fünf Bestellungen ausgegangen werden. Hierbei verkannte die Kammer hinsichtlich dieser Taten nicht, dass hierbei jeweils der Handel mit ausschließlich von Haschisch als sog. „weiche Droge“ vorlag und es sich dabei jeweils um eine eher geringwertige Überschreitung der nicht geringen Menge handelte.
Zulasten des Angeklagten … war zudem zu werten, dass dieser als Triebfeder der Taten und dabei mit relativ hoher krimineller Energie sowie unter geschickter Einbeziehung des Angeklagten … handelte. So initiierte und betrieb der Angeklagte … das der Taten zugrundeliegende Geschäftsmodell, indem er über das Darknet das Haschisch bezog und dabei Bitcoins verwendete. Der Angeklagte … achtete dabei stets darauf, einer entsprechenden Entdeckung seiner Machenschaften zu entgehen, indem er hauptsächlich verschlüsselte bzw. mit Lösch-Timern versehene Chatnachrichten bei dem Handel mit den Betäubungsmitteln verwendete sowie den Angeklagten … zur Annahme und Aufbewahrung der Lieferungen der Betäubungsmittel einband, um so zusätzlich sein eigenes Entdeckungsrisiko zu minimieren.
Ausgehend von dem zuvor bezeichneten Rahmen für eine Jugendstrafe erachtet die Kammer daher die Verhängung einer Einheitsjugendstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten als tat- und schuldangemessen, aber auch erforderlich und verhältnismäßig ist, um auf den Angeklagten … erzieherisch einzuwirken und einen gerechten Schuldausgleich zu bewirken (§§ 18 Abs. 2, 105 Abs. 1 JGG).
Die Notwendigkeit der Bildung einer Einheitsjugendstrafe folgt aus §§ 31 Abs. 1, 105 Abs. 1 JGG.
Insgesamt erschien daher zur Überzeugung der Kammer die Verhängung einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten erforderlich.
3. Angeklagter …
Gegen den Angeklagten … war eine Jugendstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten auszusprechen.
Alle Taten waren deutlich und greifbar geprägt von der Persönlichkeitsakzentuierung bzw. von damit einhergehenden Reifeverzögerungen des, zu den jeweiligen Tatzeitpunkten, 18-jährigen Angeklagten …, so dass zur Überzeugung der Kammer unter Zurückstellung gewisser Zweifel vorliegend insgesamt noch Jugendstrafrecht gemäß § 105 Abs. 1 JGG auf den Heranwachsenden anzuwenden war.
Die entsprechende Reifeverzögerung des Angeklagten ergeben sich hierbei insbesondere aus den Umständen, dass der Angeklagte zur Tatzeit noch im häuslichen Umfeld seiner Familie lebte sowie die entsprechenden Taten erst kurz nach Vollendung seiner Volljährigkeit beging. Die gegenständlichen Taten waren zudem durch eine gewisse jugendliche Naivität geprägt, da der Angeklagte, trotz der erheblichen Gefahr einer eigenen strafrechtlichen Sanktionierung, dem Angeklagten …, ohne der Erlangung eines eigenen nennenswerten Vorteils, durch das Aufbewahren dessen Lieferungen im häuslichen Umfeld seiner Familie Hilfe leistete.
Diese Einschätzung teilt auch der in der Hauptverhandlung einvernommene Vertreter des Kreisjugendamts …, welcher unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Angeklagten … die Anwendung einer Jugendstrafe für angezeigt erachtete.
Die Kammer ist – auch insoweit in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Vertreters des Kreisjugendamts … – davon überzeugt, dass gegen den Angeklagten … Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld (§§ 17 Abs. 2 Alt. 2, 105 Abs. 1 JGG) zu verhängen war.
Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Wirkung möglich ist, § 18 Abs. 2, 105 Abs. 1 JGG.
a) Schwere der Schuld
Gemäß §§ 17 Abs. 2 Alt. 2, 105 Abs. 1 JGG ist eine Jugendstrafe zu verhängen, wenn wegen der Schwere der Schuld eine Jugendstrafe erforderlich ist.
Bei der Beurteilung der Schuldschwere kommt dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat und ihrer Einstufung nach allgemeinen Strafrecht keine selbstständige Bedeutung zu, sondern es ist in erster Linie auf die innere Tatseite abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.2014, Az. 2 StR 413/13). Der äußere Unrechtsgehalt der Tat ist aber jedenfalls insofern von Belang, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Höhe der Schuld gezogen werden können (vgl. BGH a.a.O.). Bei der Beurteilung der Schuldschwere ist damit letztlich eine – jugendspezifische – Gesamtabwägung vorzunehmen, in die sämtliche für die Schuldbeurteilung relevanten Umstände einzubeziehen sind (vgl. BGH Urt. v. 09.01.2018, Az. 1 StR 239/17).
So liegt es hier.
Hierbei war vornehmlich in den Blick zu nehmen, dass seitens des Angeklagten … in fünf Fällen dem Handeln des Angeklagten … Vorschub geleistet wurde, indem dieser zusammen mit dem Angeklagten die Lieferungen des Angeklagten … annahm und aufbewahrte und diesen dadurch bei dem jeweiligen Handeltreiben mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge maßgeblich unterstützte. Gerade die hierbei gegebene fünfmalige Beihilfehandlung seitens des Angeklagten … – wobei hinsichtlich jeder einzelnen Tat die nicht geringe Menge überschritten wurde – ist Ausdruck eines besonders hohen Grades der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Infolge dieser fortgesetzten Handlungen war daher auch die Verhängung einer Jugendstrafe wegen schwerer Schuld aufgrund erzieherischer Gründe erforderlich.
b) Dauer der Jugendstrafe
Gemäß §§ 18 Abs. 2, 105 Abs. 1 JGG ist die Jugendstrafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Wirkung möglich ist. Dies gilt bereits dann, wenn die Verhängung allein wegen der Schwere der Schuld begründet wird (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.2014, Az. 2 StR 413/13).
Dabei ist ausgehend von einer Parallelwertung nach Erwachsenenstrafrecht (vgl. BGH, Beschl. v. 05.06.2013, Az. 2 StR 189/13; BGH, Beschl. v. 21.08.2013, Az. 4 StR 157/12) eine Abwägung der strafzumessungsrelevanten Umstände vorzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.2014, Az. 2 StR. 413/13) und unter Berücksichtigung des Erziehungsgedankens sowie unter Abwägung des Gewichts des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die Weiterentwicklung des Angeklagten die Dauer der Jugendstrafe zu bemessen (vgl. BGH a.a.O.).
Insoweit war zunächst in den Blick zu nehmen, dass die zeitliche Höchstdauer der Jugendstrafe vorliegend 10 Jahre betrug, da das Gesetz im Erwachsenenstrafrecht für die Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 15 Jahren gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG vorsieht, so dass eine über 10 Jahre hinausgehende Jugendstrafe gemäß § 105 Abs. 3 Satz 1 JGG vorliegend nicht in Betracht kam.
Schuldmildernd war dabei im Hinblick auf den Angeklagten … insbesondere zu berücksichtigen, dass der Angeklagte – mit Ausnahme der ihm zur Last liegenden Taten – sozial eingeordnet lebt und einem geordneten Berufsleben nachgeht.
Zu seinen Gunsten war weiterhin zu werten, dass ein großer Teil der Betäubungsmittel mit einer Menge von 518,47 Gramm im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung bei dem Angeklagten … sichergestellt werden konnte und diese Menge damit nicht weiter in den Verkehr gelangen konnte.
Schuldmildernd war weiterhin zu werten, dass sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung durch eigene Ausführungen geständig zur Sache einließ und zudem bereits im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zumindest teilweise geständig war.
Für den Angeklagten sprach weiter, dass dieser – bis auf seine Vorahndung durch das Amtsgericht … vom 12.12.2019 wegen versuchtem Diebstahl mit Sachbeschädigung – strafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten ist und das Verfahren hinsichtlich der genannten Vorahndung gem. § 47 JGG eingestellt wurde.
Schuldmildernd werte die Kammer darüber hinaus, dass es sich bei Haschisch um eine sogenannte „weiche Droge“ handelt.
Zugunsten des Angeklagten … konnte die Kammer hinsichtlich sämtlicher Taten von dem Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG aus den folgenden Erwägungen ausgehen.
Bei der Prüfung dieser Frage ist zunächst eine Gesamtbetrachtung notwendig, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Bewertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Gesetzlich vertypte Milderungsgründe bleiben in dieser Prüfungsstufe noch außer Betracht.
Insoweit hat im Rahmen der zunächst vorzunehmenden Gesamtbetrachtung zugunsten des Angeklagten insbesondere die oben bereits aufgeführten schuldmildernden Umstände Berücksichtigung gefunden. Bereits diese zugunsten des Angeklagten … wirkende Umstände ließen im Ergebnis die jeweiligen Taten vom Regelfall so weit nach unten abweichen, dass es nicht mehr dem gesetzlichen Regelbild entspräche und daher der Regelstrafrahmen unangemessen erschiene. Die Kammer verkannte dabei nicht, dass es sich zwar einerseits bei dem vorliegenden Haschisch um eine sogenannte „weiche Droge“ handelt, jedoch seitens des Angeklagten … erhebliche Mengen hiervon bestellt und auch gehandelt wurden und der Angeklagte … hierbei durch sein eigenes Handeln Unterstützung gewährte.
Weiterhin lag der gesetzlich vertypte Milderungsgrund des § 27 Abs. 1 Satz 2 StGB vor, da die gegenständlichen Handlungen des Angeklagten … nicht auf ein täterschaftliches Handeln, sondern auf die eines Gehilfen gerichtet waren.
Schulderschwerend wirkt sich hingegen insbesondere aus, dass der Angeklagte … fünf Taten in relativ geringer Zeitabfolge, bei sich steigernden Mengen der durch den Angeklagten … bestellten Betäubungsmitteln beging und hierbei leicht überdurchschnittliche Mindestwirkstoffgehalte von 28,4 % THC hinsichtlich der ersten vier Bestellungen sowie von 33,8 % THC hinsichtlich der fünften Bestellung vorlagen.
Zulasten war zudem zu werten, dass bei der ersten Bestellung die nicht geringe Menge um das 1,89-fache, bei der zweiten Bestellung um das 3,78-fache, bei der dritten Bestellung um das 5,68-fache, bei der vierten Bestellung um das 7,57-fache sowie bei der fünften Bestellung um das 11,07-fache – unter Zugrundelegung des eigenen Konsums des Angeklagten … – überschritten wurde und damit jedenfalls in der Gesamtschau ein Handel des Angeklagten … mit erheblichen Mengen von Betäubungsmitteln vorlag, welchen der Angeklagte … durch seinen eigenen Tatbeitrag unterstütze.
Dabei hat die Kammer zum einen nicht verkannt, dass es sich bei Haschisch um – wie ausgeführt – um eine „weiche Droge“ handelt und zudem auch ein Stufenverhältnis zu noch gefährlicheren Drogen wie Heroin oder Metamphetamin besteht. Die Kammer verkannte dabei ebenso nicht, dass der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Beschluss vom 25.02.2016 im Verfahren 2 StR 29/16 ausgeführt hatte, dass eine „geringe Überschreitung der Untergrenze zur nicht geringen Menge“ „ein Strafmilderungsgrund“ sei. Hieran hat der 2. Strafsenat im Urteil vom 15.03.2017 in dem Verfahren 2 StR 294/16 jedoch nicht mehr festgehalten, sondern vielmehr ausgeführt, dass „die Überschreitung des Grenzwerts grundsätzlich strafschärfende Bedeutung“ habe.
Der strafschärfenden Berücksichtigung der gegebenen Vielfachen der Grenzwertüberschreitungen steht § 46 Abs. 3 StGB zudem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift dürfen „Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind,“ bei der Strafzumessung „nicht berücksichtigt werden.“ Die Kammer würdigt indes nicht die Erfüllung des straferschwerenden, daher qualifizierenden Merkmals des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, nämlich das Vorliegen einer nicht geringen Menge, sondern das Maß der jeweiligen Überschreitung als straferschwerend. Jenseits einer die Grenze zur Erfüllung des Qualifikationstatbestands nur unwesentlich überschreitenden Wirkstoffmenge hat das Maß der Überschreitung dieser Grenze die Bedeutung eines im Sinne von § 267 Abs. 3 Satz 1, Var. 2 StPO bestimmenden Strafzumessungsgrundes (vgl. BGH a.a.O.) und kann somit zu Lasten des Angeklagten nach Ansicht der Kammer bei der Strafzumessung auch berücksichtigt werden (vgl. BGH a.a.O.).
Von einer unwesentlichen Grenzwertüberschreitung, die einer strafschärfenden Berücksichtigung entgegenstehen könnte, konnte vorliegend in Anbetracht der angesprochenen Grenzwertüberschreitungen sowie der weiter dargelegten Gesichtspunkten in keinem der fünf Bestellungen ausgegangen werden. Hierbei verkannte die Kammer hinsichtlich dieser Taten nicht, dass hierbei jeweils der Handel mit ausschließlich von Haschisch als sog. „weiche Droge“ vorlag und es sich dabei jeweils um eine eher geringwertige Überschreitung der nicht geringen Menge handelte.
Zulasten des Angeklagten … war zudem zu werten, dass dieser in direktem Kontakt mit dem Angeklagten … stand und von diesem – neben der tatbestandlichen Entgegennahme und Aufbewahrung der Lieferungen für den Angeklagten … – auch die Gegenleistung in Form von Haschisch und Marihuana annahm und dieses anschließend – zumindest teilweise – an den Angeklagten … weiterleitete.
Ausgehend von dem zuvor bezeichneten Rahmen für eine Jugendstrafe erachtet die Kammer daher die Verhängung einer Einheitsjugendstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten als tat- und schuldangemessen, aber auch erforderlich und verhältnismäßig ist, um auf den Angeklagten … erzieherisch einzuwirken und einen gerechten Schuldausgleich zu bewirken (§§ 18 Abs. 2, 105 Abs. 1 JGG).
Die Notwendigkeit der Bildung einer Einheitsjugendstrafe folgt aus §§ 31 Abs. 1, 105 Abs. 1 JGG.
Insgesamt erschien daher zur Überzeugung der Kammer die Verhängung einer Jugendstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten erforderlich.
c) Strafaussetzung zur Bewährung
Die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe konnte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 JGG zur Bewährung ausgesetzt werden, da dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose gestellt werden konnte und die Vollstreckung der Strafe im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen nicht geboten erschien.
Insbesondere war auch hier das umfassende und schuldeinsichtige Geständnis des Angeklagten in der Hauptverhandlung zu würdigen. Der Angeklagte zeigte sich in seiner Einlassung im Zuge der Hauptverhandlung, sowie in seinem letzten Wort einsichtig und aufgrund der drohenden strafrechtlichen Konsequenzen beeindruckt. Der Angeklagte ist auch bislang strafrechtlich nicht erheblich in Erscheinung getreten, so dass ihm mangels entgegenstehender gewichtiger Umstände eine günstige Sozialprognose auf der Grundlage positiv feststellbarer Umstände gestellt werden konnte. So war hierbei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Angeklagte – bis auf seine Vorahndung durch das Amtsgericht … vom 12.12.2019 wegen versuchtem Diebstahl mit Sachbeschädigung – strafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten ist sowie hierbei das Verfahren gem. § 47 JGG eingestellt wurde und der Angeklagte damit noch nicht unter dem Eindruck einer Hauptverhandlung stand.
VI. Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
Im Hinblick auf den Angeklagten … war zur Überzeugung der Kammer nicht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB anzuordnen.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass beim Angeklagten … die Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht gegeben sind, da ein Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB nicht vorliegt.
Ein Hang im Sinne des § 64 StGB setzt eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung voraus, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel zu sich zu nehmen, wobei auch das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz dem nicht entgegenstehen (BGH, Beschluss vom 12.4.2012 – 5 StR 87/12, NStZ-RR 2012, 271).
Hierbei war zu beachten, dass sich der Angeklagte … erstmalig in einem Gespräch am 24.09.2021 mit der Jugendgerichtshilfe der … zur Sache einließ und hierbei darauf verwies, dass er seit seinem 14. Lebensjahr Cannabis konsumiere, diesen Konsum auf bis zu 20 Gramm in der Woche gesteigert habe sowie sich seit dem Anklagevorwurf allerdings gänzlich von einem illegalen Drogenkonsum distanziert habe. Diese Ausführungen wiederholte der Angeklagte … zudem im Rahmen der Hauptverhandlung. Eine Haarprobe wurde seitens des Angeklagten … nicht entnommen. Der Zeuge … führte hierzu in der Hauptverhandlung aus, dass hinsichtlich des Angeklagten … keine Haarprobe genommen wurde, nachdem sich dieser weder mit der Wohnungsdurchsuchung sowie der erfolgten Sicherstellungen einverstanden gezeigt und jegliche Unterschriften verweigert habe.
Unter Zugrundelegung der eigenen Angaben des Angeklagten … konnte die Kammer vorliegend nicht vom Vorliegen eines Hanges ausgehen. Insoweit vermag die Kammer aufgrund eigener Eigenschätzung keine behandlungsbedürftige Suchterkrankung seitens des Angeklagten … erkennen, welche darauf gerichtet wäre, immer wieder entsprechende Stimulantien im Übermaß zu sich zu nehmen.
So konnte der Angeklagte … nach seinen eigenen Angaben seinen vorigen, teils erheblichen Konsum unmittelbar nach Bekanntwerden der Tatvorwürfe abrupt selbstständig einstellen und diesen Zustand über den mittlerweile gegebenen Zeitraum eines halben Jahres aufrechterhalten. Dies spricht zu Überzeugung der Kammer gerade gegen die Annahme eines entsprechenden Hanges.
Weiterhin konnte die Kammer keine aus dem vorherigen Konsum der Betäubungsmittel resultierende substanzbedingte Persönlichkeitsveränderung bzw. eine Depravation erkennen. So brachte der Angeklagte … zwar den Konsum teils erheblicher Mengen von Cannabisprodukten vor, jedoch war aus den übrigen Lebensverhältnissen des Angeklagten … nicht erkennbar, dass dieser vorherige Suchtmittelkonsum sein Persönlichkeitsbild überdauernd verändert hat, da insoweit auch keine persönliche oder sozialen Desintegration für die Kammer erkennbar war. Der Angeklagte schilderte dabei zwar durch den bereits frühzeitig begonnenen Betäubungsmittelkonsum ausgelöste schulische Probleme, jedoch vermochte es der Angeklagte im Jahr 2018 erfolgreich seine schulische Laufbahn mit der Mittleren Reife abzuschließen sowie anschließend eine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik aufzunehmen, welche er im Juli des Jahres 2021 ebenfalls erfolgreich abschließen konnte.
Dies spricht in einer Gesamtschau letztlich zur Überzeugung der Kammer gegen das Vorliegen eines entsprechenden Hanges seitens des Angeklagten …, womit die Eingangsvoraussetzungen des § 64 StGB nicht vorliegen.
VII. Teileinstellung
Im Hinblick auf den Angeklagten … wurden die in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft … vom 05.02.2021 ihm zur Last gelegten Taten Ziffern 3. a) bis d), mit dem dortigen Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in neun weiteren selbstständigen Fällen, gemäß § 154 Abs. 2, Abs. 1 StPO vorläufig eingestellt.
VIII. Kosten
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464, 465 StPO soweit die Angeklagten verurteilt wurden.
Soweit das Verfahren gemäß § 154 StPO vorläufig eingestellt wurde, beruht die Kostenentscheidung auf §§ 464, 467 Abs. 1 StPO.


Ähnliche Artikel


Nach oben