Strafrecht

Misshandlung des eigenen Kindes

Aktenzeichen  8 Ds 217 Js 13296/16 jug

Datum:
13.6.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 159047
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 52, § 53, § 224 Abs. 1 Nr. 2, § 225 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2

 

Leitsatz

Bestrafungen des eigenen Kindes durch Schläge mit Kochlöffel als rohe Misshandlung eines Schutzbefohlenen und gefährliche Körperverletzung. Mehrzahl der Fälle als tatbestandliche Handlungseinheit. (Rn. 7 und 8) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Angeklagte ist schuldig der Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.
2. Sie wird deswegen zur Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.
3. Die Vollstreckung wird zur Bewährung ausgesetzt.
4. Die Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Angewendete Vorschriften:
§§ 225 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 52 StGB.

Gründe

(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
I.
Die Angeklagte ist zusammen mit vier Geschwistern bei ihren Eltern in Bayreuth aufgewachsen. Sie hat einen normalen Hauptschulabschluss. Eine Berufsausbildung hat sie nicht gemacht, da sie bereits mit 15 Jahren Mutter eines Sohnes geworden ist. Die Angeklagte hat insgesamt von drei Vätern 6 Kinder im Alter zwischen aktuell 3 Jahren und 23 Jahren. Zurzeit leben vier ihrer Kinder bei ihr, die 18-jährige …, die 14-jährige …, der 10-jährige … und die 3-jährige …. Der 24-jährige Sohn … lebt bei der Großmutter mütterlicherseits. Der 11-jährige Sohn … ist schwerstbehindert und lebt in einer Pflegefamilie in der …. Zu ihm hat die Angeklagte keinen Kontakt.
Die Angeklagte erhält Leistungen nach Hartz IV. in Höhe von 1.600,- EUR. Zusätzlich bekommt sie Kindergeld. Die Miete für die Wohnung wird vom Jobcenter bezahlt.
Die Angeklagte ist nicht vorbestraft.
II.
Zu im einzelnen nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Zeitraum zwischen Anfang 2016 bis Mitte 2016 schlug die Angeklagte im Anwesen … ihrer damaligen Wohnung in der … aufgrund eines einheitlichen Tatentschlusses in mindestens 10 Fällen jeweils mit einem hölzernen Kochlöffel ihrem am … geborenen Sohn … auf die Finger und das nackte Gesäß. Dabei erlitt … zumindest in einem Fall deutlich sichtbare Hämatome im Bereich des Gesäßes und der Oberschenkel. Der Angeklagten war hierbei bewusst, dass ihr Sohn dadurch erhebliche Schmerzen erleidet. Dies war ihr jedoch gleichgültig.
III.
Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme. Die Angeklagte selbst bestreitet massiv, ihren Sohn … jemals geschlagen zu haben. Zu den Hämatomen im Bereich des Gesäßes ihres Sohnes …, die auf den in Augenschein genommenen Lichtbildern deutlich zu erkennen sind, verweist sie darauf, dass ihr Sohn sich diese Verletzungen bei einem Treppensturz zugezogen habe.
Die Angeklagte ist jedoch widerlegt insbesondere durch die glaubhaften Angaben der Zeugen … und …. Bei … handelt es sich um den ehemaligen Lebensgefährten der Angeklagten, der Vater von zwei ihrer Kinder ist. Er gab an, dass ihm von seiner 18-jährigen Tochter … mitgeteilt worden sei, dass sie selbst und auch der Sohn … von der Mutter misshandelt würden. Von ihr habe er auch die beiden Lichtbilder, die das nackte Gesäß von … und die Hämatome zeigten. Bestätigt wird der obige Sachverhalt insbesondere durch die glaubhaften Angaben des Zeugen …. Bei diesem handelt es sich um den ehemaligen Freund von …, der im Tatzeitraum eine Beziehung zu dem Mädchen unterhalten und dort viele Male auch übernachtet hat. Dies wird auch von der Angeklagten bestätigt. … führte aus, dass er in vielen Fällen beobachtet habe, wie … von seiner Mutter mit einem hölzernen Kochlöffel auf das nackte Gesäß geschlagen wurde. Es habe sich um massive Schläge gehandelt. Bei der Polizei hatte der Zeuge angegeben, dass solche Übergriffe fast täglich stattgefunden hätten. In der Hauptverhandlung relativierte er diese Angaben. Es habe sich aber nicht nur um Einzelfälle gehandelt. Die Zahl 20 sei vielleicht ein bisschen hoch gegriffen. Das Gericht nimmt zu Gunsten der Angeklagten an, dass es sich auf jeden Fall um 10 Fälle gehandelt hat. Auch in Anbetracht des Umstandes, dass die beiden Kinder der Angeklagten, … und …, jeweils von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben, ist die Angeklagte aufgrund der von keinerlei Belastungseifer geprägten Aussage des Zeugen … überführt.
IV.
Somit ist die Angeklagte schuldig der Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 225 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 52 StGB. Es liegt jedenfalls eine rohe Misshandlung im Sinne von § 225 Abs. 1 vor. Die Mehrzahl der Fälle ist zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit zusammenzufügen (Fischer StGB, 64. Auflage, Rdn. 21 zu § 225). Hierzu in Tateinheit steht gefährliche Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs.
V.
Der Strafrahmen ist dem § 225 Abs. 1 StGB zu entnehmen, der Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren vorsieht. Ein minderschwerer Fall im Sinne des § 225 Abs. 4 StGB vermag das Gericht in der Tat nicht zu erkennen. Es hat sich um eine Vielzahl von Misshandlungen gehandelt mit nichtunerheblichen Folgen. Die in Augenschein genommenen Fotos belegen, dass die Angeklagte ihren Sohn mit erheblicher Wucht unter Verwendung eines hölzernen Kochlöffels geschlagen hat. Es ist somit zusätzlich zur Misshandlung von Schutzbefohlenen auch der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung verwirklicht. Es verbleibt somit beim Ausgangsstrafrahmen.
Zu Gunsten der Angeklagten ist zu berücksichtigen, dass sie nicht vorbestraft ist. Ihr ist weiter zugute zu halten, dass aufgrund ihrer familiären Situation eine gewisse Überforderungssituation nicht in Abrede zu stellen ist. Die Schläge standen nach den Angaben des Zeugen … im Zusammenhang damit, dass … trotz seines Alters immer noch einnässte und von der Angeklagten hierfür bestraft wurde.
Demgegenüber ist nicht zu übersehen, dass es sich um eine Vielzahl von Fällen gehandelt hat und, wie bereits ausgeführt, die Tat mittels eines gefährlichen Werkzeugs begangen wurde.
Zusammenfassend kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass zur Ahndung der Tat eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten tat- und schuldangemessen ist.
In Anbetracht dessen, dass es sich um die erste Strafe handelt, die gegen die Angeklagte ausgesprochen wurde, ist die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung auszusetzen. Das Gericht geht davon aus, dass die Angeklagte sich die Verurteilung alleine bereits zur Warnung dienen lässt und in Zukunft keine Straftaten mehr begeht. Hierbei ist von Bedeutung, dass das Jugendamt Kenntnis von der Anklage hat und regelmäßige Besuche im Haushalt der Angeklagten durchführt. Dank dieser Hilfe und Unterstützung ist davon auszugehen, dass es in Zukunft zu vergleichbaren Übergriffen nicht mehr kommt. Als Unterstützung steht der Angeklagten künftig auch ein Bewährungshelfer zur Seite.
VI.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 464, 465 StPO.


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