Strafrecht

Nichtannahmebeschluss: Keine Verletzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten durch Verurteilung wegen Trunkenheit im Straßenverkehr – zur Frage eines Beweisverwertungsverbotes wegen Verstoßes gegen den Richtervorbehalt bei Anordnung einer Blutentnahme

Aktenzeichen  2 BvR 1596/10, 2 BvR 2346/10

Datum:
24.2.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20110224.2bvr159610
Normen:
Art 19 Abs 4 GG
Art 20 Abs 3 GG
Art 3 Abs 1 GG
§ 152 GVG
§ 81a Abs 2 StPO
Spruchkörper:
2. Senat 1. Kammer

Verfahrensgang

vorgehend OLG Dresden, 10. Juni 2010, Az: 2 Ss 274/10, Beschlussvorgehend OLG Düsseldorf, 25. August 2010, Az: III – 3 RVs 109/10, Beschluss

Gründe

I.
1
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Frage, ob ein Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO bei Anordnung
einer Blutentnahme zum Nachweis einer Trunkenheitsfahrt ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht.

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1. Das Amtsgericht Weißwasser verurteilte den Beschwerdeführer zu 1) wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe.
Die Berufung des Beschwerdeführers wurde vom Landgericht Görlitz als unbegründet verworfen. Das Landgericht sah es als erwiesen
an, dass der Beschwerdeführer in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand, den er habe erkennen können und müssen, an einem
Sonntag gegen 16.00 Uhr mit einem Fahrrad im öffentlichen Straßenverkehr gefahren sei. Dabei habe er – ohne den Verkehr zu
beachten – die Fahrbahn überquert, um auf den gegenüberliegenden Radweg zu gelangen. Ein entgegenkommender Funkstreifenwagen
der Polizei habe deshalb bis zum Stillstand des Fahrzeugs abbremsen müssen, um nicht mit dem Fahrrad des Beschwerdeführers
zu kollidieren. Da der Beschwerdeführer einer Blutentnahme widersprochen habe, habe einer der Polizeibeamten des Funkstreifenwagens
beim Diensthabenden auf der Wache angerufen, damit dieser einen richterlichen Beschluss erwirke. Der Diensthabende habe den
Richter telefonisch nicht erreichen können und dies dem Polizeibeamten vor Ort mitgeteilt. Dieser habe deshalb Gefahr im Verzug
angenommen, die Entnahme einer Blutprobe angeordnet und den Diensthabenden auf der Wache hierüber informiert. Sein Vorgehen
habe er nicht in der Akte dokumentiert, weil es beim Polizeirevier W. üblich sei, dass das der Diensthabende auf der Wache
vornehme.

3
Das Ergebnis der um 16.30 Uhr entnommenen Blutprobe – die eine Blutalkoholkonzentration von 2,07 Promille im Analysenmittelwert
ergeben habe – sei verwertbar. Die Voraussetzungen einer Eilanordnung durch die Polizei hätten vorgelegen. Die fehlende Dokumentation
führe nicht zu einem Verwertungsverbot. Auch wenn – was nicht aufgeklärt worden sei – zugunsten des Beschwerdeführers unterstellt
werde, dass der Diensthabende nicht versucht habe, den Ermittlungsrichter zu erreichen, resultiere daraus kein Verwertungsverbot.
Maßgeblich sei, dass dem anordnenden Polizeibeamten die Rechtslage bekannt gewesen sei und er deshalb eine richterliche Anordnung
habe herbeiführen wollen, indem er den Diensthabenden gebeten habe, den Bereitschaftsrichter zu kontaktieren. Sollte der Diensthabende
dem nicht nachgekommen sein, könne das dem handelnden Polizeibeamten nicht angelastet werden. Dieser sei nicht gehalten, das
Handeln des Diensthabenden zu überprüfen, sondern könne auf dessen Auskunft vertrauen.

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Mit dem angegriffenen Beschluss vom 10. Juni 2010 verwarf das Oberlandesgericht Dresden die Revision des Beschwerdeführers
zu 1) gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet. Selbst bei unterstellter Rechtswidrigkeit der Anordnung der Blutentnahme bestehe
nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur ungerechtfertigten Inanspruchnahme einer gesetzlich eingeräumten
Eilanordnungskompetenz im Ausgangsfall kein Beweisverwertungsverbot, weil der anordnende Polizeibeamte Schritte unternommen
habe, um den Bereitschaftsrichter zu erreichen.

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2. Das Amtsgericht Wuppertal verurteilte den Beschwerdeführer zu 2) wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe.
Der Beschwerdeführer habe an einem Sonntag gegen 04.25 Uhr mit einem Fahrrad in – wie ihm bewusst gewesen sei – alkoholbedingt
fahruntüchtigem Zustand in Schlangenlinien eine öffentliche Straße in Wuppertal befahren. Die Untersuchung der ihm um 04.55
Uhr auf Anordnung der Polizei – die zuvor erfolglos versucht gehabt habe, den staatsanwaltschaftlichen Bereitschaftsdienst
zu erreichen – entnommenen Blutprobe habe eine Blutalkoholkonzentration von 2,78 Promille ergeben. Es sei gerichtsbekannt,
dass in Wuppertal zwischen 21.00 Uhr und 06.00 Uhr kein gerichtlicher Eildienst existiere. Ein Zuwarten bis zur Erreichbarkeit
des gerichtlichen Eildienstes hätte die Blutentnahme nicht unerheblich verzögert, während der Arzt zeitnah erreichbar gewesen
sei.

6
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 25. August 2010 verwarf das Oberlandesgericht Düsseldorf die Sprungrevision des Beschwerdeführers
zu 2) gegen das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet. Ob die Blutentnahme rechtmäßig
gewesen sei, könne dahinstehen. Der Senat folge der Auffassung, dass die Entnahme einer Blutprobe ohne richterliche Anordnung
gemäß § 81a StPO in der Regel nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führe. Für eine Ausnahmekonstellation enthielten die
Feststellungen des angefochtenen Urteils und die Revisionsbegründung keine Anhaltspunkte.

II.
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1. Der Beschwerdeführer zu 1) rügt eine Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs.
3 GG sowie von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK. In der Ermittlungsakte sei keine Gefahrenlage dokumentiert; außerdem sei dort kein
Hinweis enthalten, dass der Diensthabende tatsächlich versucht habe, den Ermittlungsrichter zu erreichen. Unterstelle man
– wie es das Landgericht getan habe – als wahr, dass der Diensthabende einen solchen Versuch nicht unternommen habe, liege
eine bewusste Missachtung des Richtervorbehalts durch den Diensthabenden vor, die zwingend zu einer Unverwertbarkeit der zu
Beweiszwecken entnommenen Blutprobe führen müsse. Bei der Prüfung eines Beweisverwertungsverbots dürfe nämlich nicht nur auf
den tatsächlich die Blutentnahme anordnenden Beamten abgestellt werden, wenn – wie hier mit dem Diensthabenden – ein weiterer
Beamter beteiligt gewesen sei. Das Verhalten der Polizeibeamten sei als Einheit zu bewerten.

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2. Der Beschwerdeführer zu 2) rügt eine Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG. Er beanstandet
insbesondere, dass in Wuppertal kein nächtlicher richterlicher Bereitschaftsdienst vorhanden sei. Dies sei objektiv willkürlich,
nachdem das Oberlandesgericht Hamm bereits entschieden habe, dass in einer Großstadt ein nächtlicher richterlicher Bereitschaftsdienst
eingerichtet sein müsse. Hier sei nicht einmal der Bereitschaftsdienst der Staatsanwaltschaft erreichbar gewesen. Dieser Gesetzesverstoß
sei so schwerwiegend, dass hieraus ein Beweisverwertungsverbot folgen müsse.

III.
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Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen
nicht vor. Den Verfassungsbeschwerden kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme
zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 ; 96, 245 ).

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1. a) Die Verfassungsbeschwerden geben keinen Anlass, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den aus dem Recht
auf einen effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Maßstäben für die Entscheidung über das Vorliegen eines
Beweisverwertungsverbots infolge möglicherweise verfahrensfehlerhafter Blutentnahme zu überprüfen oder fortzuentwickeln. Danach
haben die Gerichte im Strafprozess die Rechtmäßigkeit der Blutentnahme nicht umfassend nachzuprüfen, sondern nur insofern,
als dies für die Entscheidung über das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbots von Bedeutung ist (vgl. BVerfG, Beschluss
der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juli 2008 – 2 BvR 784/08 -, juris Rn. 8 f.). Die Beurteilung der Frage, welche Folgen
ein möglicher Verstoß gegen strafprozessuale Verfahrensvorschriften hat und ob hierzu ein Beweisverwertungsverbot zählt, obliegt
in erster Linie den zuständigen Fachgerichten (vgl. BVerfGK 4, 283 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats
vom 28. Juli 2008 – 2 BvR 784/08 -, juris Rn. 10). Insofern gehen die Strafgerichte in gefestigter, willkürfreier und von
den Beschwerdeführern auch als solcher nicht angegriffener Rechtsprechung davon aus, dass dem Strafverfahrensrecht ein allgemein
geltender Grundsatz, dass jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich
zieht, fremd ist, und dass die Frage jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und
dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden ist (vgl. dazu BGHSt 44, 243 ;
51, 285 ). Die Annahme eines Verwertungsverbots schränkt – auch wenn die Strafprozessordnung nicht auf Wahrheitserforschung
“um jeden Preis” gerichtet ist – eines der wesentlichen Prinzipien des Strafverfahrensrechts ein, nämlich den Grundsatz, dass
das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle hierfür bedeutsamen Tatsachen und
Beweismittel zu erstrecken hat. Daran gemessen bedeutet ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher
gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist. Insbesondere die willkürliche
Annahme von Gefahr im Verzug oder das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers können danach ein Verwertungsverbot
nach sich ziehen (vgl. BGHSt 44, 243 ; 51, 285 ; BGH, Urteil vom 18. April 2007 – 5 StR 546/06 -, NStZ 2007,
S. 601 ; speziell zu § 81a StPO Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 16. Juni 2010 – (1) 53 Ss 68/10 (34/10) -, juris
Rn. 17 ff.; Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 4. Februar 2008 – 1 Ss 226/07 -, juris Rn. 26 ff.).

11
b) In den Ausgangsfällen haben die Gerichte das Verhalten der Ermittlungsbehörden an diesem Maßstab überprüft und sind somit
ihrer Verpflichtung aus Art. 19 Abs. 4 GG gerecht geworden.

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aa) Dass die strafgerichtliche Rechtsprechung davon ausgeht, eine fehlende Dokumentation allein führe nicht zu einem Verwertungsverbot
(vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 2007 – 1 StR 135/07 -, NStZ-RR 2007, S. 242 , unter Verweis auf BGH, Beschluss vom
13. Januar 2005 – 1 StR 531/04 -, NStZ 2005, S. 392 ), ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal diese Rechtsprechung
die Möglichkeit offen lässt, den Dokumentationsmangel entsprechend seinem Gewicht im Einzelfall als Gesichtspunkt in der vorzunehmenden
Abwägung zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juli 2008 – 2 BvR 784/08 -, juris
Rn. 10). Ebenso wenig ist es verfassungsrechtlich bedenklich, dass das Oberlandesgericht Dresden im Verfahren des Beschwerdeführers
zu 1) bei der Prüfung eines Beweisverwertungsverbots auf den die Anordnung der Blutentnahme vor Ort aussprechenden Polizeibeamten
abgestellt hat.

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bb) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch, dass das Fehlen eines nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienstes
kein Beweisverwertungsverbot begründet. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Notwendigkeit eines richterlichen
Bereitschaftsdienstes zur Nachtzeit betrifft den in Art. 13 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich verankerten Richtervorbehalt bei
der Wohnungsdurchsuchung (vgl. BVerfGE 103, 142 ; BVerfGK 2, 176 ). Sie kann nicht schematisch auf den einfachrechtlichen
Richtervorbehalt des § 81a StPO übertragen werden, der nicht als rechtsstaatlicher Mindeststandard geboten ist (vgl. BVerfG,
Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juli 2008 – 2 BvR 784/08 -, juris Rn. 12). Selbst wenn das Fehlen eines
nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienstes der Inanspruchnahme der Eilkompetenz entgegenstünde, folgte daraus von Verfassungs
wegen kein Beweisverwertungsverbot. Die Strafgerichte können darauf verweisen, dass die handelnden Polizeibeamten in einem
solchen Fall den Richtervorbehalt nicht willkürlich oder zielgerichtet umgehen.

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cc) Schließlich führt die Nichterreichbarkeit des staatsanwaltschaftlichen Bereitschaftsdienstes im Fall des Beschwerdeführers
zu 2) nicht zu einem verfassungsrechtlich gebotenen Beweisverwertungsverbot. Nach dem Wortlaut von § 81a Abs. 2 StPO sowie
der Systematik der Richtervorbehalte der Strafprozessordnung haben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch ihre Ermittlungspersonen
im Sinne von § 152 GVG die Befugnis, eine Blutentnahme anzuordnen. Das Ergebnis einer polizeilich angeordneten Blutentnahme
ist daher von Verfassungs wegen unabhängig von der Antwort auf die einfachrechtliche Frage verwertbar, ob und bejahendenfalls
unter welchen Voraussetzungen die Eilkompetenz nach § 81a StPO vorrangig durch die Staatsanwaltschaft wahrzunehmen ist (vgl.
BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juli 2008 – 2 BvR 784/08 -, juris Rn. 10; BVerfG, Beschluss der
1. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Juni 2010 – 2 BvR 1046/08 -, juris Rn. 26).

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2. Die Verfassungsbeschwerden sind auch nicht im Hinblick auf die Rüge anzunehmen, die Ablehnung eines Beweisverwertungsverbots
verstoße gegen das Recht auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren.

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a) Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind geklärt. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt
erst vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht – auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Gerichte – ergibt,
dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben wurde
(vgl. BVerfGE 57, 250 ; 64, 135 ; 122, 248 ).

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Der einfachrechtliche Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO gehört nicht zum Bereich des rechtsstaatlich Unverzichtbaren
(vgl. bereits BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juli 2008 – 2 BvR 784/08 -, juris Rn. 12). Das Grundgesetz
enthält ausdrückliche Richtervorbehalte nur für Wohnungsdurchsuchungen (Art. 13 Abs. 2 GG) und Freiheitsentziehungen (Art.
104 Abs. 2 Satz 1 GG), nicht aber für Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Sätze 1 und 3 GG). Auch die
hohe Bedeutung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gebietet verfassungsrechtlich nicht,
dass die – zwingend von einem Arzt vorzunehmende – Blutentnahme zum Nachweis von Alkohol, Betäubungsmitteln oder Medikamenten
im Blut nur durch einen Richter angeordnet werden dürfte. Eine Blutentnahme zum Zwecke der Aufklärung eines Sachverhalts tastet
das Grundrecht nicht in seinem Wesensgehalt an (vgl. BVerfGE 5, 13 ) und stellt auch keinen so schwerwiegenden Eingriff
dar, dass aus dem Gesichtspunkt der Eingriffstiefe heraus ein Richtervorbehalt zu verlangen wäre (vgl. BVerfGE 16, 194 <200
f.>). Der Richtervorbehalt nach § 81a Abs. 2 StPO beruht auf einer Entscheidung des Gesetzgebers, nicht auf einer zwingenden
verfassungsrechtlichen Vorgabe.

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Dies bedeutet allerdings nicht, dass ein Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO im nachfolgenden Strafverfahren
keine verfassungsrechtliche Bedeutung erlangen könnte. Es bleibt jeweils zu prüfen, ob die maßgeblichen strafrechtlichen Vorschriften
unter Beachtung des Fairnessgrundsatzes und in objektiv vertretbarer Weise, also ohne Verstoß gegen das allgemeine Willkürverbot
(Art. 3 Abs. 1 GG), ausgelegt und angewandt worden sind (vgl. BVerfGE 18, 85 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des
Zweiten Senats vom 28. Juli 2008 – 2 BvR 784/08 -, juris Rn. 12).

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b) Vorliegend sind keine Anhaltspunkte für eine willkürliche, den Fairnessgrundsatz ignorierende Handhabung der strafprozessualen
Grundsätze über Beweisverwertungsverbote gegeben. Insbesondere ist es nicht willkürlich, dass im Ausgangsverfahren des Beschwerdeführers
zu 1) die rechtliche Prüfung allein das Vorgehen des die Blutentnahme unmittelbar anordnenden Ermittlungsbeamten in den Blick
genommen hat.

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3. Ob der in der Blutentnahme liegende Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Beschwerdeführer Art. 2 Abs. 2 Satz
1 GG verletzt, ist vorliegend nicht zu prüfen, da Gegenstand der Verfassungsbeschwerden nicht die Anordnung der Blutentnahme,
sondern die jeweilige strafgerichtliche Verurteilung ist. Auch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gebietet nicht, im Falle eines – unterstellten
– Verstoßes gegen § 81a StPO im Zuge einer polizeilich angeordneten Blutentnahme ein Verwertungsverbot hinsichtlich der erlangten
Beweismittel anzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juli 2008 – 2 BvR 784/08 -, juris
Rn. 11).

21
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.


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