Strafrecht

Notwendigkeit und Kriterien eigenständiger Kriminalprognose – Beschwerdezuständigkeit einer Staatsanwaltschaft auch bzgl. weiterer beteiligter Staatsanwaltschaften

Aktenzeichen  1 Ws 75/21

Datum:
16.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 14716
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GVG § 141, § 143
StGB § 56f Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1
StPO § 140 Abs. 2, § 142 Abs. 3 Nr. 3
StPO § 451, § 453 Abs. 2 S. 3, § 454 Abs. 4 S. 1, § 454b Abs. 4, § 462a

 

Leitsatz

1. Begeht ein Verurteilter während laufender Bewährungszeit eine neue Straftat, so ist im Bewährungswiderrufsverfahren erneut eine eigenständige Kriminalprognose vorzunehmen. Diese ist nicht schon allein deshalb positiv, weil der letzte Tatrichter die Vollstreckung der wegen der neuen Straftat verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt hat. (Rn. 5 – 13)
2. Greift nur eine von mehreren Vollstreckungsbehörden die den Widerruf der Vollstreckungsaussetzung mehrerer Reststrafen zur Bewährung ablehnende Entscheidung der Strafvollstreckungskammer an, so kann das Beschwerdegericht nur über den Widerruf oder den Nichtwiderruf der Aussetzung derjenigen Reststrafe entscheiden, für deren Vollstreckung die Beschwerde führende Staatsanwaltschaft zuständig ist. Hinsichtlich der anderen Reststrafen ist Rechtskraft eingetreten, sodass dem Beschwerdegericht hierüber keine Entscheidung möglich ist. (Rn. 15 – 20)
Zum vorstehenden amtlichen Leitsatz 2 wird auf die abweichende Meinung des OLG Düsseldorf im Beschluss vom 3.6.2020 = BeckRS 2020, 13028 (dort LS 1) betreffend eine einheitliche Aussetzungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer und das fehlende Rechtsmittel einer (von drei) Staatsanwaltschaften hingewiesen. (Rn. 15 – 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. [Anm: Verbindungsbeschluss].
II. Dem Verurteilten wird entsprechend § 140 Abs. 2 StPO für das Beschwerdeverfahren Rechtsanwalt J. als Pflichtverteidiger beigeordnet.
III. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft X wird der Beschluss der kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Y vom 09.12.2020 insoweit aufgehoben, als der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Widerruf der Aussetzung der Vollstreckung des Restes der mit Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts X vom 09.03.2015, rechtskräftig seit dem 25.03.2015 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr zur Bewährung zurückgewiesen wurde.
IV. Die insoweit mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Y vom 25.07.2019 – rechtskräftig seit 07.08.2019 – gewährte Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung wird widerrufen.
V. Es wird klargestellt, dass der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Y vom 09.12.2020 über die Verlängerung der Bewährungszeit hinsichtlich des Rests der mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Y vom 21.09.2016 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 6 Monaten und der Hälfte der mit Urteil des Amtsgerichts Z vom 02.07.2018 i.V.m. dem Urteil des Landgerichts Z vom 11.01.2019 rechtskräftig verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 2 Monaten aufgrund der eingetretenen Teilrechtskraft bestehen bleibt.
VI. Der Verurteilte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.
Mit Beschluss vom 09.12.2020, der Staatsanwaltschaft X am 16.12.2020 zugestellt, hat die kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Y den Antrag der Staatsanwaltschaft X auf Widerruf der Aussetzung der Vollstreckung des Restes der mit Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts X vom 09.03.2015, rechtskräftig seit dem 25.03.2015 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr zur Bewährung zurückgewiesen und statt dessen die Bewährungszeit um 1 Jahr verlängert. Gegen den Beschluss wendet sich die Staatsanwaltschaft X mit ihrer beim Landgericht am 22.12.2020 eingegangen sofortigen Beschwerde vom gleichen Tag. Auf deren Begründung vom 18.01.2021 wird verwiesen.
Die Staatsanwaltschaften Y und Z haben den Beschluss vom 09.12.2020, soweit in ihm lediglich die Verlängerung der Bewährungszeit hinsichtlich des Rests der mit Urteil des Amtsgerichts Y vom 21.09.2016 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 6 Monaten und der Hälfte der mit Urteil des Amtsgerichts Z vom 02.07.2018 i.V.m. dem Urteil des Landgerichts Z vom 11.01.2019 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 2 Monaten ausgesprochen wurde, nicht angefochten. Die Staatsanwaltschaften Y und Z haben jeweils Rechtsmittelverzicht erklärt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Zuschrift vom 18.02.2021 beantragt, auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft X den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Y vom 09.12.2020 insgesamt aufzuheben und die Strafaussetzungen aus allen drei Verurteilungen zu widerrufen. Hierzu hatte der Verurteilte rechtliches Gehör; er äußerte sich durch Verteidigerschriftsatz vom 15.03.2021.
II.
Die nach §§ 454 Abs. 4 Satz 1, 453 Abs. 2 Satz 3, 311, 306 StPO zulässige (Meyer-Goßner/Schmitt StPO 63. Aufl. § 453 Rn. 13) sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft X ist begründet. Die Strafvollstreckungskammer hat zu Unrecht deren Antrag auf Bewährungswiderruf zurückgewiesen.
Gemäß § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB ist die Strafaussetzung zu widerrufen, wenn der Verurteilte in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, dass die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat. Dies ist hier der Fall.
a) Der Verurteilte beging während der Bewährungszeit am 12.12.2019 eine erneute Straftat (vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis), weswegen das Amtsgericht M mit Urteil vom 19.08.2020 – rechtskräftig seit 27.08.2020 – gegen ihn eine Freiheitsstrafe von 4 Monaten verhängt hat, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
b) Durch diese während der Bewährungszeit mit außerordentlich hoher Rückfallgeschwindigkeit begangene einschlägige Straftat hat der Verurteilte nachdrücklich unter Beweis gestellt, dass sich die Erwartung, die der Strafaussetzung zur Bewährung zugrunde lag, nicht erfüllt hat. Zwar ist im Bewährungswiderrufsverfahren erneut eine Kriminalprognose vorzunehmen. Diese ist aber für den Verurteilten negativ. Schon das außerordentlich schnelle Bewährungsversagen als solches stellt ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass sich der Verurteilte durch die Aussetzung des Vollzugs des Strafrests einer verhängten Freiheitsstrafe nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten lässt. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Verurteilte vielfach vorbestraft ist und zudem wegen einer einschlägigen Vorverurteilung rückfällig wurde. Auch in der Vergangenheit hat er eine Bewährungszeit nicht und eine weitere nur um wenige Wochen durchgestanden. In drei Verfahren musste er Freiheitsstrafen teilweise verbüßen. Gleichwohl ist er seit dem Jahre 2008 ohne größere Unterbrechungen immer wieder straffällig geworden. Sein BZR weist seitdem insgesamt 11 Verurteilungen (und zwei nachträgliche Gesamtstrafenbildungen) aus. Beim Verurteilten handelt es sich um einen hartnäckigen Wiederholungstäter, der durch den bisherigen Strafvollzug offensichtlich in keiner Weise beeindruckt werden konnte. Bei dieser Sachlage könnten allenfalls neue und in der Sache gewichtige Umstände eine andere Einschätzung rechtfertigen. Solche liegen indes nicht vor.
aa) Der Umstand, dass das Amtsgericht M am 19.08.2020 erneut nur eine Bewährungsstrafe gegen den Verurteilten verhängt hat, stellt als solcher keinen solchen tatsächlichen Umstand, sondern lediglich eine Wertung dar, die, wie die Strafvollstreckungskammer selbst richtigerweise ausführt, nicht auf einer nachvollziehbaren Begründung für eine positive Sozialprognose beruht.
bb) Die von der Strafvollstreckungskammer herangezogene besondere Haftempfindlichkeit des Verurteilten aufgrund seines Alters bildet ebenfalls keinen Gesichtspunkt für eine positive Sozialprognose. Immerhin ist der Angeklagte seit dem Jahre 2008 trotz seines Alters praktisch ununterbrochen straffällig geworden. Es ist nicht ersichtlich, warum sein weiter fortschreitendes Alter hieran irgendetwas geändert haben sollte, zumal ihn auch der gute Kontakt zur Bewährungshilfe nach seiner Haftentlassung nicht von der Begehung einer neuen Straftat abgehalten hat.
cc) Schuldeinsicht und Reue hat der Angeklagte ausweislich der Urteilsfeststellungen verbal immer wieder gezeigt. Angesichts seines immer wieder erneuten Straffälligwerdens begründet dieser Umstand jedoch keine hinreichende Vertrauensgrundlage für eine positive Sozialprognose.
dd) Soweit der Verurteilte in seiner mit Schreiben seines Bewährungshelfers vom 16.11.2020 übersandten Stellungnahme auf seine Krankheiten und mit Verteidigerschriftsatz vom 15.03.2021 auf seine Depressionen hinweist, ist zum einen weder ersichtlich, wieso die vielfältigen von ihm begangenen Straftaten Folge dieser Auffälligkeiten gewesen sein sollten, noch dass diese inzwischen erfolgreich behandelt worden wären und sich seine Sozialprognose deshalb verbessert hätte.
ee) Eine positive Einschätzung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Verurteilte seit Frühjahr 2020 mit einer neuen Lebenspartnerin zusammenlebt. Nachdem schon „10 Jahre lang glückliche Partnerschaft“ des Verurteilten mit seiner früheren Lebensgefährtin diesen nicht davon abgehalten haben, vielfach straffällig zu werden, besteht kein objektiver Anhaltspunkt, dass die neue Beziehung bzw. die Überwindung der mit dem Tod der alten Partnerin im Jahre 2016 verbundenen Schicksalsschläge geeignet wäre, den Verurteilten zu stabilisieren und zu einem straffreien Leben zu veranlassen.
c) Mildere Maßnahmen als der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung kommen nach § 56f Abs. 2 Satz 1 StGB nicht in Betracht. Dies wäre nur dann anders, wenn die neu anzustellende Prognose erwarten ließe, dass sich der Beschwerdeführer künftig von der Begehung weiterer Straftaten abhalten lässt (vgl. KG StraFo 2009, 122). Hierfür besteht jedoch aus den soeben geschilderten Gründen keine Grundlage.
III.
Deklaratorisch war festzustellen, dass der Beschluss im Umfang der eingetretenen Teilrechtskraft weiterhin Bestand hat.
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft X führt – anders als die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 18.02.2021 meint – nicht dazu, dass der Senat damit auch über den Nichtwiderruf der Reste der mit Urteil des Amtsgerichts Y vom 21.09.2016 und des Amtsgerichts Z am 02.07.2018 verhängten Strafen inhaltlich zu entscheiden hätte.
Entscheidet die Strafvollstreckungskammer negativ über den Widerruf der Vollstreckung mehrerer zur Bewährung ausgesetzter Reststrafen, für die verschiedene Staatsanwaltschaften als Vollstreckungsbehörden zuständig sind, kann jede Staatsanwaltschaft die Entscheidung nur hinsichtlich derjenigen Strafe anfechten, für die sie als Vollstreckungsbehörde auch zuständig ist. Greift nur eine von mehreren Vollstreckungsbehörden die Entscheidung an, so kann das Beschwerdegericht nur über den Widerruf oder den Nichtwiderruf derjenigen Reststrafe entscheiden, für deren Vollstreckung die Beschwerde führende Staatsanwaltschaft zuständig ist. Hinsichtlich der anderen Reststrafen ist Rechtskraft eingetreten, sodass dem Beschwerdegericht hierüber keine Entscheidung möglich ist.
Die einheitliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ändert im vorliegenden Fall formell nichts daran, dass sie in drei jeweils unterschiedlichen Vollstreckungsverfahren entschieden hat. Eine solche Fallkonstellation ist nicht mit einer solchen zu vergleichen, in der ein Verfahrensbeteiligter eine Entscheidung nur teilweise anfechten möchte, eine isolierte Prüfung und Entscheidung der einzelnen Beschwerdepunkte dem Beschwerdegericht jedoch nicht möglich ist.
1. Werden gegen einen Verurteilten mehrere Freiheitsstrafen vollstreckt, führt dies zwar nach § 462a StPO zu einer Zuständigkeitskonzentration hinsichtlich der erforderlich werdenden gerichtlichen Entscheidungen, die Zuständigkeit der jeweiligen Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde wird hierdurch jedoch nicht berührt. Zuständig bleibt jeweils die Staatsanwaltschaft bei dem Gericht des ersten Rechtszugs, § 143 Abs. 1 GVG; § 7 Abs. 1 StVollstrO (Meyer-Goßner/Schmitt StPO 63. Aufl. § 462a Rn. 35). Hätte die Entscheidung einer Staatsanwaltschaft in einem der Vollstreckungsverfahren nun aber Auswirkungen auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft in einem anderen Vollstreckungsverfahren, so würde dies dem Grundsatz des Vollstreckungsrechts widersprechen, wonach gerichtliche Entscheidungen nicht von irgendeiner deutschen Staatsanwaltschaft, sondern nur von der hierfür jeweils zuständigen Staatsanwaltschaft des ersten Rechtszugs (§ 451 StPO, §§ 141, 143 GVG, § 7 Abs. 1 StVollstrO) angefochten werden können. Eine solche Auswirkung würde einen Eingriff in die Anfechtungsbefugnis der anderen Staatsanwaltschaft darstellen. Dass dies von Gesetzes wegen nicht gewollt ist, ergibt sich aus dem Umstand, dass sich der Gesetzgeber der Schaffung einer einheitlichen Vollstreckungsstaatsanwaltschaft verschlossen hat.
2. Richtig ist zwar, dass die gerichtliche Zuständigkeitskonzentration nach § 462a StPO auf der Überlegung beruht, dass die Sozialprognose nach § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich des Widerrufs der Vollstreckung mehrerer Freiheitsstrafen sinnvollerweise einheitlich erfolgen sollte, weil ihr in allen Fällen jeweils die gleichen Prüfungsmaßstäbe zugrunde liegen. Dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer mehrere Vollstreckungsverfahren zu Grunde liegen können, die jeweils der Rechtskraft fähig sind. Die Frage, ob eine einheitliche Entscheidung sinnvoll ist, ist zu trennen von der Frage, ob aus tatsächlichen Gründen zwingend eine einheitliche Entscheidung erforderlich ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall, da es rechtlich durchaus möglich ist, einzelne Strafen zu vollstrecken, während andere zur Bewährung ausgesetzt bleiben.
3. Auch im Rahmen einer Entscheidung nach § 454b Abs. 4 StPO ist die Frage, ob der Verurteilte nunmehr bedingt entlassen werden kann, hinsichtlich mehrerer Strafen einheitlich zu beurteilen. Insoweit wird, wenn die formalen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung vorliegen, die Entscheidung regelmäßig nur einheitlich auf Aussetzung aller oder Ablehnung der Aussetzung des Vollzugs hinsichtlich aller Strafreste lauten können, weil die Prognose stets dieselbe ist. Dieses Prinzip erfährt jedoch z.B. eine Durchbrechung, wenn der Verurteilte zum Beispiel wegen eines kurzen Strafrestes hinsichtlich einer von mehreren Strafen seine Einwilligung in die Aussetzung verweigert. Auch dann können einzelne Strafreste zur Bewährung ausgesetzt werden. Insoweit ist auch anerkannt, dass, wenn nur eine von mehreren Vollstreckungsbehörden die Aussetzung mehrerer Reststrafen mit der sofortigen Beschwerde angreift, keine andere Möglichkeit verbleibt, als nur über die Aussetzung dieser Reststrafe zu entscheiden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.07.1994 – 3 Ws 310-311/94 MDR 1994, 194 bei juris]; LR/Graalmann-Scheerer StPO 26. Aufl. § 454 Rn. 91 m.w.N.). Im Falle des Nichtwiderrufs einer Strafaussetzung zur Bewährung kann wegen der auf Seiten der Vollstreckungsbehörde gleichgerichteten Interessenlage nichts anderes gelten.
IV.
Dem Verurteilten wird entsprechend § 140 Abs. 2 StPO für das Beschwerdeverfahren Rechtsanwalt J. als Pflichtverteidiger beigeordnet. Gemäß § 142 Abs. 3 Nr. 3 StPO analog handelt es sich insoweit um die alleinige Entscheidung des mitunterzeichnenden Senatsvorsitzenden.
Im Vollstreckungsverfahren ist in entsprechender Anwendung von § 140 Abs. 2 StPO ein Verteidiger zu bestellen, wenn die Schwere der Tat oder die Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage bzw. die Unfähigkeit des Verurteilten, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen, dies gebieten.
Ein Fall der Schwierigkeit der Rechtslage liegt schon deshalb vor, weil der Antrag der Generalstaatsanwaltschaft vom 18.02.2021 in rechtlicher Hinsicht speziell im Hinblick auf das Vollstreckungsverfahren Fragen aufgeworfen hat, die auf die Frage des Widerrufs der Strafaussetzung bezogen – soweit ersichtlich – bislang nicht ausgetragen und entschieden wurden. In einem solchen Fall ist auch im Vollstreckungsverfahren die Beiordnung eines Verteidigers geboten (Meyer-Goßner/Schmitt § 140 Rn. Rn. 28, 34).
V.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 465 StPO. Hierbei ist auf den Erfolg des eingelegten Rechtsmittels (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt StPO 63. Aufl. § 473 Rn. 15; KK/Gieg StPO 8. Aufl. § 473 Rn. 5) und nicht auf den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft oder deren Rechtsaufassung abzustellen.


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