Strafrecht

Rechtmäßige Entziehung der Fahrerlaubnis – Nichtvorlage eines ärztlichen Gutachtens nach MDMA-Fund

Aktenzeichen  11 CS 16.1591

Datum:
26.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV FeV § 11 Abs. 8 S. 1, § 14 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Der Verdacht des Konsums von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes, der sich aus dessen Besitz ergibt, wird nicht dadurch ausgeräumt, dass der Besitz vor über zwei Jahren festgestellt wurde.  (redaktioneller Leitsatz)
Die Menge des mitgeführten Betäubungsmittels, die Tatsache, dass es in eine Diskothek mitgenommen werden sollte, sowie die Drogenvergangenheit des Betroffenen können als Anhaltspunkte für den begründeten Verdacht des Eigenkonsums herangezogen werden. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

7 S 16.744 2016-07-21 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klasse BE (einschließlich Unterklassen) wegen Nichtvorlage eines ärztlichen Gutachtens (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV), dessen Beibringung angeordnet wurde, weil in der Hose des Antragstellers Methylendioxymetamfetamin (MDMA) gefunden worden war.
1. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre.
1.1 Entgegen dem Beschwerdevorbringen ergibt sich die Rechtswidrigkeit der Gutachtensbeibringungsanordnung vom 2. September 2015 nicht daraus, dass der Drogenfund bereits am 27. April 2013 gewesen war, wobei die Gründe für das späte Handeln der Fahrerlaubnisbehörde irrelevant sind. Liegen Tatsachen vor, aus denen sich Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs ergeben, hat die Fahrerlaubnisbehörde die vom Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen. Das gilt auch dann, wenn diese Maßnahmen über einen längeren Zeitraum vorher nicht ergriffen worden sind. Maßgeblich ist allein, ob die Gefahr zum Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme der Fahrerlaubnisbehörde noch besteht und nicht etwa durch Zeitablauf entfallen ist.
Letzteres ist hier nicht der Fall. Der Verdacht des Konsums von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes, der sich aus dessen Besitz ergibt, wird nicht dadurch ausgeräumt, dass der Besitz vor über zwei Jahren festgestellt wurde. Das ist kein Zeitraum, bei dem davon ausgegangen werden könnte, dass die Gefahr nicht mehr besteht.
1.2 Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV kann die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Es kann offenbleiben, ob der Besitz von Betäubungsmitteln in diesem Sinn in jedem Fall die Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens rechtfertigen kann oder ob, wie in der Beschwerde vorgetragen, weitere und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen müssen, dass bei dem Besitzer auch die konkrete Absicht bestand, das Betäubungsmittel zu konsumieren. Die vom Antragsteller hierzu zitierten obergerichtlichen Entscheidungen (BVerfG, B. v. 20.6.2002 – 1 BvR 2062/96 – juris, v. 30.1.2003 – 1 BvR 866/00 – juris; OVG NW, B. v. 15.5.2009 – 16 B 114/09 – juris, OVG RP, B. v. 4.12.2008 – 10 B 11149/08 – juris) betreffen allerdings den Konsum von Cannabis. Im Fall des ebenfalls zitierten Beschlusses des VG Neustadt vom 4. Februar 2016 (3 L 25/16.NW – juris) stand fest, dass die Betäubungsmittel nicht zum Eigenkonsum, sondern zum Weiterverkauf bestimmt waren.
Hier bestand jedenfalls der begründete Verdacht des Eigenkonsums. Das ergibt sich zum einen aus der Menge des Betäubungsmittels (Papierbriefchen), aus der Tatsache, dass es in eine Diskothek mitgenommen werden sollte und insbesondere aus der Drogenvergangenheit des Antragstellers. Laut dem medizinisch-psychologischen Gutachten vom 14. Oktober 2011 hat der Antragsteller von 1997 bis 2005 Amphetamin konsumiert und das zeitweise täglich. Im Juni/Juli 2012 hat er Cannabis erworben. An der Rechtmäßigkeit der Gutachtensbeibringungsanordnung bestehen daher keine Zweifel. Dass beim Antragsteller am 27. April 2013 kein Drogentest durchgeführt wurde, steht der Anordnung gleichfalls nicht entgegen. Die Frage des Drogenkonsums und ggf. dessen Ausmaß hätten gerade durch das ärztliche Gutachten geklärt werden können.
1.3 Auch die Behauptung des Antragstellers, er habe sich die Hose geliehen und keine Kenntnis davon gehabt, dass sich in der Hose Betäubungsmittel befunden haben, kann die Anordnung hier nicht infrage stellen. Dieser pauschale Vortrag ist schon deshalb nicht glaubhaft, weil der Antragsteller die Person, von der er die Hose geliehen haben will, ausdrücklich nicht benennen wollte, so dass eine Überprüfung seiner Angaben nicht möglich war. Die Glaubwürdigkeit des Antragstellers ist auch dadurch erschüttert, dass er zunächst wahrheitswidrig geltend zu machen versuchte, nicht die Person zu sein, bei der das Betäubungsmittel aufgefunden wurde.
2. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anhang zu § 164 Rn. 14).
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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