Strafrecht

Revision, Berufung, Staatsanwaltschaft, Rechtsmittel, Verfahrensfehler, Angeklagte, Rechtsfehler, Belehrung, Angeklagten, Fortsetzungstermin, Ladung, Nichterscheinen, Stellungnahme, Revisionsvorbringen, dienstliche Stellungnahme

Aktenzeichen  207 StRR 83/22

Datum:
29.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6212
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Hat das Landgericht den Angeklagten entgegen § 329 Abs. 4 S. 3 StPO in der (öffentlichen zugestellten) Ladung zu einem Fortsetzungstermin nicht darüber belehrt hat, dass seine Berufung bei unentschuldigtem Nichterscheinen trotz Anwesenheit eines entsprechend bevollmächtigten Vertreters verworfen werden kann, ist die Verwerfung der Berufung unzulässig. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

9 Ns 36 Js 21049/19 2021-10-19 Urt LGMUENCHENII LG München II

Tenor

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 19. Oktober 2021 samt den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an eine andere Strafkammer des Landgerichts München II zurückverwiesen.

Gründe

Dem zulässigen Rechtsmittel kann ein mindestens vorläufiger Erfolg nicht versagt bleiben (§ 349 Abs. 4 StPO).
1. Die Revision greift mit der zulässig erhobenen Rüge der Verletzung des § 329 Abs. 4 S. 3 StPO durch.
a) Die Revision trägt zutreffend vor, dass das Landgericht entgegen § 329 Abs. 4 S. 3 StPO den Angeklagten in der (öffentlichen zugestellten) Ladung zum Fortsetzungstermin vom 19. Oktober 2021 nicht darüber belehrt hat, dass seine Berufung bei unentschuldigtem Nichterscheinen trotz Anwesenheit eines entsprechend bevollmächtigten Vertreters verworfen werden kann. Das entsprechende Revisionsvorbringen wird durch die Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft München II vom 19. Januar 2022 und die darin in Bezug genommene dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden vom 30. November 2021 bestätigt. Daraus ergibt sich, dass die Ladung mit dem Textverarbeitungsprogramm ForumSTAR gefertigt wurde und der dortige Vordruck eine entsprechende Belehrung nicht enthält.
b) Dies stellt einen Verstoß gegen die gesetzlich ausdrücklich vorgeschriebene Belehrungspflicht nach § 329 Abs. 4 S. 3 StPO dar (vgl. im Einzelnen KG, Beschluss vom 12.12.2018, (6) 161 Ss 161/18 (63/18), zitiert nach juris; s. auch Paul in Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl., § 329 Rdn. 3).
c) Auf diesem Rechtsfehler beruht das angefochtene Urteil auch. Eine Beruhensprüfung ist auch hier wie bei jedem Verfahrensfehler vorzunehmen (vgl. Löwe/Rosenberg-Gössel, StPO, 26. Aufl., § 329 Rdn. 15; a.A. (ohne Begründung) OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.2021, III-2 RVs 5/21 u.a., zitiert nach juris, dort Rdn. 17). Der Senat kann nicht ausschließen, dass der verteidigte Angeklagte bei zutreffender Belehrung zum Termin erschienen wäre.
2. Das Urteil war daher gemäß § 349 Abs. 4 StPO samt den zugrunde liegenden Feststellungen (§ 353 StPO) aufzuheben und das Verfahren gemäß § 354 Abs. 2 StPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an eine andere Strafkammer des Landgerichts München II zurückzuverweisen.


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