Strafrecht

Verurteilung wegen Filmens einer allgemeinen Verkehrskontrolle

Aktenzeichen  1034 Ls 458 Js 197562/19 jug

Datum:
20.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 3084
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 52, § 201 Abs. 1 Nr. 1
JGG § 1, § 105

 

Leitsatz

Zur Strafbarkeit des Filmens der Kommunikation von Polizisten im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Angeklagte ist schuldig der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes in zwei tateinheitlichen Fällen.
2. Der Angeklagte wird angewiesen, am nächsten Vortrag „Korrekt im Web“ beim Stadtjugendamt bis spätestens 01.07.2020 teilzunehmen.
3. Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die eigenen notwendigen Auslagen trägt der Angeklagte selbst.

Gründe

(abgekürzt gemäß § 267 Absatz 4 StPO)
I.

Der Auszug aus dem Bundeszentralregister enthält folgende Einträge:
1. …
2. …
3. …
4. …
1 Jahr(e) 3 Monat(e) Jugendstrafe
Bewährungszeit 2 Jahr(e)
Einbezogen wurde eine nicht zentralregisterpflichtige Entscheidung
Bewährungshelfer bestellt
Strafaussetzung widerrufen
5. 26.11.2018 AG München
Rechtskräftig seit 26.11.2018
Tatbezeichnung: Vorsätzl. unerl. Erwerb von Betäubungsmitteln (Anlage 1 zum BtMG) in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit fahrl. Körperverletzung
Datum der (letzten) Tat: 16.10.2017
Angewandte Vorschriften: StGB § 52, § 113, § 223, § 229, BtMG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 29 Abs. 1 Satz 1, JGG § 31 Abs. 2, § 21
1 Jahr(e) 9 Monat(e) Jugendstrafe
Bewährungszeit 3 Jahr(e)
Bewährungshelfer bestellt bis: 25.11.2020
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher
II.
Am 26.4.2019 gegen 3:40 Uhr kontrollierten die Zeugen POM P und PM S den Angeklagten auf der G -Straße in München im Rahmen einer allgemeinen  Verkehrskontrolle.
Die Kommunikation zwischen POM P und PM S einerseits und dem Angeklagten andererseits zeichnete der Angeklagte hierbei ohne Einverständnis der Beamten in Bild und Ton auf dem Mobiltelefon des Angeklagten „Apple lphone X“ auf.
Strafantrag wurde durch die Beamten form- und fristgerecht gestellt.
III.
Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere eines glaubhaften und umfassenden Geständnisses des Angeklagten sowie den glaubhaften Bekundungen des glaubwürdigen Zeugen S.
IV.
Der Angeklagte war daher schuldig zu sprechen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes in zwei tateinheitlichen Fällen gemäß §§ 201 Abs. 1 Nr. 1, 52 StGB, §§ 1, 105 JGG.
V.
Der Angeklagte war zum Tatzeitpunkt 20 Jahre alt und damit Heranwachsender. Er wohnt zuhause, hat keine abgeschlossene Ausbildung und vermittelt auch im persönlichen Umgang den Eindruck, noch Reifeverzögerungen aufzuweisen. Demzufolge war Jugendstrafrecht anzuwenden.
Zugunsten des Angeklagten war zu werten, dass er die Tat umfassend eingeräumt hat und die Videoaufnahmen nicht heimlich gemacht. Der Angeklagte hat sich irrtümlich für berechtigt gehalten, die Aufnahmen zu fertigen. Die Tat liegt darüber hinaus bereits etwas länger zurück und der Angeklagte hat über viele Monate aufgrund der erfolgten Sicherstellung kein Handy gehabt, musste aber dennoch Ratenzahlungen dafür leisten. Schlussendlich hat der Angeklagte sich in der Hauptverhandlung in angemessener Form beim Geschädigten S entschuldigt. Seine Entwicklung generell wird sowohl von dem szenekundigen Polizeibeamten als auch von der Bewährungshelferin als positiv dargestellt.
Zulasten des Angeklagten war dagegen zu werten, dass er hier zum Nachteil von zwei Personen vorgegangen ist. Der Angeklagte ist vielfach und massiv vorgeahndet, hat Arreste und vor allem auch eine längere Vollzugsstrafe verbüßt. Er hat in offener, wenn auch nicht einschlägiger Bewährung gehandelt. Er muss sich auch entgegenhalten lassen, dass er im Rahmen mehrerer Vorahndungen wie hier zum Nachteil von Polizeibeamten vorgegangen ist, die nur ihrem Dienst nachgegangen sind.
Bei Berücksichtigung aller Umstände erschien es aus erzieherischen Gründen zweckmäßig, das Urteil des Amtsgerichts München vom 26.11.2018 nicht einzubeziehen. Es handelt sich hier um eine Tat aus einem gänzlich anderen Deliktsbereich, auf die aus pädagogischen Gründen isoliert reagiert werden soll.
Es erschien notwendig, aber auch ausreichend, den Angeklagten zur Teilnahme an einem Korrekt im Web-Kurs anzuweisen, um ihm einschlägige Kenntnisse bei der Verwendung elektronischer Geräte zu vermitteln und damit künftige weitere Straftaten zu verhindern.
VI.
Bei der Kostenentscheidung wurde von § 74 JGG Gebrauch gemacht.


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