Strafrecht

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

Aktenzeichen  203 StRR 270/20

Datum:
6.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 31281
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 73, § 73c, § 266a Abs. 1, Abs. 2
StGB aF § 73 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

1. Im Falle des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt unterliegen sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerbeiträge zur Krankenversicherung der Einziehung des Wertersatzes gemäß §§ 73, 73 c StGB. (Rn. 6)
2. Die Sperrwirkung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB a.F. ist nach neuem Recht entfallen. (Rn. 6)
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, an die Krankenkasse sowohl den Arbeitgeber-anteil (§ 266a Abs. 2 StGB) als auch den Arbeitnehmeranteil (§ 266a Abs. 1 StGB) abzuführen. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

8 Ns 507 Js 1472/17 2020-02-11 Urt LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

I. Die Revision des Angeklagten S M J gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.02.2020 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Zur Begründung wird auf die auch unter Berücksichtigung der Gegenerklärung der Verteidigung vom 02.07.2020 zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft München in ihrer Antragsschrift vom 09.06.2020 Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Ergänzend bemerkt der Senat zur Einziehungsentscheidung:
Der Angeklagte war als Arbeitgeber des Zeugen K verpflichtet, an die Techniker Krankenkasse sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmeranteile abzuführen; anderenfalls macht er sich strafbar hinsichtlich der Arbeitgeberanteile nach § 266a Abs. 2 StGB, hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile nach § 266a Abs. 1 StGB.
Im Sinne der §§ 73, 73c StGB erlangt er nach ganz herrschender Meinung den Gesamtbetrag der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge, also der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile. Dieser Betrag kommt ihm aus der Tat (als ersparte Aufwendungen, vgl. Fischer, StGB, 67. Aufl. 2020 § 73 Rn. 20) unmittelbar messbar zugute; bei redlichem Verhalten wäre das Vermögen des Täters nämlich unmittelbar um diesen Betrag vermindert (dies voraussetzend BGH, Urteil vom 10.11.2009, Az.: 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635, zitiert nach juris Rn. 42, wonach der Einziehung des Wertersatzes – nur – der eigene Anspruch der Krankenkasse gemäß § 73 Abs. 1 S. 2 StGB a.F. entgegen stand; BVerfG, Beschluss vom 17.04.2015, Az.: 2 BvR 1986/14, zitiert nach juris Rn. 17; OLG Nürnberg, Beschluss vom 20.12.2018, Az.: 2 Ws 627/18, wistra 2019, 297; Wiedner in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2017 § 266a Rn. 114; Reh, NZWiSt 2018, 20; a.A. Bach, NZWiSt 2019, 214).


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