Verkehrsrecht

Abwägung der Betriebsgefahr zweier Fahrzeuge

Aktenzeichen  1 C 540/15

Datum:
8.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Hersbruck
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StVG StVG § 7, § 17
VVG VVG § 115
BGB BGB § 280, § 286

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagten haben an die Klägerin gesamtverbindlich 935,09 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.04.2015 sowie Auskunftskosten in Höhe von 5,10 € zu bezahlen.
2. Die Beklagten haben daneben vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 25.04.2015 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/3, die Beklagten tragen 2/3.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.407,64 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig und zum Teil begründet.
I.
Die Beklagten haften in Höhe von 2/3 für den bei dem Fahrzeug der Klägerin entstandenen Schaden nach §§ 7 StVG, 115 VVG, 1 Pflichtversicherungsgesetz.
1. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann ein vorwerfbares Verschulden des Fahrers des LKW der Beklagten nicht festgestellt werden.
2. Die Beklagten haften jedoch aufgrund der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG.
Angesichts der Ausführungen des Sachverständigen … und der Angaben der Zeugin … ist davon auszugehen, dass durch den LKW im damaligen Baustellenbereich am Autobahnkreuz Nürnberg kleinere Partikel von der Straße hochgewirbelt wurden, die die Schäden verursacht haben. Der Sachverständige hat am Fahrzeug der Klägerin typische „Steinschlag“-Schäden festgestellt, die mit einem Hochwirbeln von Partikeln sehr gut erklärbar und damit vereinbar wären. Die von der Zeugin … wahrgenommenen Geräusche passen zu einem derartigen Vorgang.
Es erscheint nahezu ausgeschlossen, dass sich die Klägerin – dann wohl auch in Kenntnis bereits vorhandener Schäden – irgendeinen LKW willkürlich herausgreift und ihn als Verursacher „beschuldigt“. In einem solchen Fall hätte es darüberhinaus nahe gelegen, einen deutlich verdreckteren LKW zu benennen, der immer und überall gefunden werden könnte. Der Umstand, dass – gegen physikalische Logik – herabfallende Partikel angenommen werden, kann leicht damit erklärt werden, dass diese beim Darüberfahren auf die Höhe der Ladefläche aufgewirbelt werden.
3. Die Klägerin hat den Schaden nicht ihrerseits vorwerfbar (mit-)verursacht. Ein zwingender Rückschluss auf einen zu geringen Abstand zu dem vorausfahrenden LKW ist – anders als bei einem Auftreffen von herabfallenden Teilen – nicht möglich. Auf die Feststellungen des Gutachters wird insoweit Bezug genommen.
4. Die Haftung nach § 7 StVG ist nicht ausgeschlossen.
Das Hochwirbeln von Steinchen mag ein unabwendbares Ereignis im Sinne der früheren Gesetzeslage gewesen sein. Die Neufassung von § 7 Abs. 2 StVG stellt aber nicht mehr hierauf ab sondern lässt eine Ersatzpflicht für eine Schadensentstehung während des Betriebs eines Kraftfahrzeugs nur dann entfallen, wenn höhere Gewalt vorliegt. Dies ist bei einer derartigen Situation nicht der Fall (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenvekehrsrecht, 42. Auflage, § 7 Rn. 35). Die Klägerin muss sich allerdings ihrerseits die Betriebsgefahr anrechnen lassen; weil auch insoweit keine höhere Gewalt vorliegt.
5. Im Rahmen der Abwägung der Betriebsgefahren beider Fahrzeuge nach § 17 StVG wiegt diejenige des LKW höher, weil eine größere Wahrscheinlichkeit bei breiteren Reifen besteht, dass dadurch Schmutzpartikel beim Überfahren weggeschleudert werden. Dieser hat sich im konkreten Fall auch ausgewirkt; eine Haftungsquote von zwei Dritteln zu einem Drittel erscheint angemessen.
6. Die Schadenshöhe als solche ist unstreitig; die Unkostenpauschale beträgt (weiterhin) 25,00 €. Aus dem ersatzfähigen Schaden in Höhe von 1.407,64 € kann die Klägerin daher 935,09 € beanspruchen.
II.
Nebenentscheidungen:
1. Zinsen und Anwaltskosten: §§ 280, 286 BGB. Anwaltskosten errechnen sich aus einem Streitwert bis zu 1.000,00 € und in Höhe einer 1,3 Gebühr.
2. Kosten: § 92 ZPO
3. Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO Auf die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung:, die nach § 232 ZPO Gegenstand der Entscheidung sein soll, wird Bezug genommen.
Bartsch Direktor des Amtsgerichts


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