Verkehrsrecht

Alleinverschulden bei Verkehrsunfall infolge überhöhter Geschwindigkeit

Aktenzeichen  2 O 121/16

Datum:
24.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 49493
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 7, § 17
StVO § 45 Abs. 6

 

Leitsatz

Der Fahrer hat seine Geschwindigkeit und sein sonstigen Fahrverhalten darauf einzurichten, dass er innerhalb des von ihm übersehbaren Straßenraums gefahrlos anhalten kann; verstößt er hiergegen, kann eine Alleinhaftung anzunehmen sein. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage erwies sich als unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Er hat den streitgegenständlichen Unfall allein verursacht. Auch die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs tritt dem gegenüber zurück. Im Anschluss an das Sachverständigengutachten, dem das Gericht folgt, hatte der Kläger beim Aufprall an den Anhänger des Beklagten zu 1) eine Aufprallgeschwindigkeit zwischen 23 und 27 km/h. Aus der festgestellten Blockierspur des Hinterrads des klägerischen Krads kann auf eine Annäherungsgeschwindigkeit im Ausgang von 62 bis 63 km/h geschlossen werden. Unter diesen Umständen hätte der Kläger durch Einsatz der Vorderradbremse den Unfall örtlich vermeiden können. Hätte der Kläger aber tatsächlich die Vorderradbremse benutzt, ergäben sich Annäherungsgeschwindigkeiten von 82 bis 97 km/h. Damit hätte der Kläger die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei weitem überschritten und bereits dadurch den Unfall vermeiden können. Eine Unvermeidbarkeit ergäbe sich lediglich dann, wenn man dem Kläger eine Reaktionszeit von 2,5 Sekunden zubilligen wollte, die deutlich über der Reaktionszeit bei Dunkelheit und schlecht erkennbaren Verkehrsteilnehmern liegt (2 Sekunden). In diesem Fall trifft den Kläger zusätzlich der Vorwurf der verspäteten Reaktion.
Allgemein ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger seine Geschwindigkeit und sein sonstigen Fahrverhalten darauf einzurichten hat, dass er innerhalb des von ihm übersehbaren Straßenraums gefahrlos anhalten kann. In anderer Richtung ist auf Seiten des Beklagten zu 1) ein Verschulden nicht festzustellen. Die zitierte Vorschrift der Straßenverkehrsordnung bezieht sich auf Bauarbeiten, worunter die Reinigungsarbeiten nicht fallen. Zwar hat der Beklagte zu 1) durchaus auch die notwendigen Sicherungsmaßregeln zu treffen, doch ist dies bei einem Abstand von 100 Metern nach einer Kurve und unter Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung nicht erforderlich, zusätzliche Sicherungsmaßregeln zu treffen.
Kosten: § 91 ZPO
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO


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