Verkehrsrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen des eingeräumten Konsums von Amphetamin

Aktenzeichen  11 ZB 20.2407

Datum:
20.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 1659
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 108 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 S. 4
StPO § 136a Abs. 1 S. 1
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 11 Abs. 7, Anl. 4 Nr. 9.1

 

Leitsatz

1. Im fahrerlaubnisrechtlichen Verfahren ist die Frage, ob unter Missachtung strafprozessualer Vorschriften (hier: § 136a Abs. 1 S. 1 StPO) gewonnene belastende Erkenntnisse berücksichtigungsfähig sind, unabhängig vom Bestehen eines strafprozessualen Beweisverwertungsverbots zu beantworten (Bestätigung von VGH München BeckRS 2018, 32446 Rn. 14 mwN). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis wegen des Konsums von Betäubungsmitteln ist es nicht entscheidend, ob der Betroffene die Droge “Pep” für ein Amphetamin oder für Kokain gehalten hat. Denn beides sind psychoaktive Wirkstoffe bzw. Betäubungsmittel iSv § 1 Abs. 1 BtMG iVm Anlage III, deren einmaliger Konsum unabhängig von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen zum Wegfall der Fahreignung führt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 8 K 18.2086 2020-08-03 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die im Oktober 2000 geborene Klägerin wendet sich gegen die Entziehung der ihr am 23. März 2017 erteilten Fahrerlaubnis der Klassen A1 und AM.
Im Juni 2018 wurde der Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts Cham bekannt, dass der ehemalige Freund der Klägerin bei der Polizei am 22. August 2017 ausgesagt hatte, die Klägerin habe während der bis zu diesem Tag andauernden Beziehung beinahe täglich Marihuana konsumiert und sei laufend unter Einwirkung der Droge mit ihrem Kraftrad gefahren. Bei ihrer Beschuldigtenvernehmung am 28. Dezember 2017 gab die Klägerin nach Belehrung und Hinweis auf § 31 BtMG in Anwesenheit ihres Vaters an, sie habe im Jahr 2016 regelmäßig zweimal wöchentlich, überwiegend am Wochenende, Marihuana konsumiert. Auf die Frage, wann sie „Pep“ konsumiert bzw. damit Kontakt gehabt habe, erklärte sie, sie habe es einmal konsumiert. Ihr Vater habe den Rest entsorgt, als er es in ihrem Zimmer gefunden habe. Der Vater der Klägerin bestätigte diese Aussage. Sodann erläuterte die Klägerin, von wem und zu welchen Konditionen sie das „Pep“, bei dem es sich um eine billige Variante von Koks handele, erworben habe. Auf weitere Fragen gab sie an, sie habe von der Wirkung nicht wirklich etwas gemerkt, ihre Nase habe gebrannt. Sie habe eine „Linie“ mit der Nase gezogen. Seit der Durchsuchung bei ihrem Marihuana-Lieferanten konsumiere sie keinerlei Drogen mehr.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 25. Juni 2018 ließ die Klägerin im Strafverfahren erklären, sie werde die bei der Polizei gemachten Aussagen und Zusagen bestätigen. Die gekauften Betäubungsmittel seien einzig zum Eigenverbrauch bestimmt. Es sei zu bemängeln, dass von einem durchschnittlichen Wert ausgegangen werde, obwohl weder das Amphetamin noch das Marihuana aufgefunden worden seien.
Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis ließ die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 29. Juni 2018 vortragen, es sei nicht feststellbar, ob es sich, wie in der Anklageschrift behauptet, bei den erworbenen 2 g „Pep“ um Amphetamin bzw. ein Betäubungsmittel gehandelt habe. Die Drogen seien nie gefunden worden. Sie habe nicht gewusst, was dieser Stoff sei. Auch der beinahe tägliche Konsum von Marihuana sei im Hinblick auf die gekaufte Menge zweifelhaft.
Mit Bescheid vom 6. Juli 2018 entzog das Landratsamt der Klägerin die Fahrerlaubnis und forderte sie unter Androhung eines Zwangsgelds auf, den Führerschein innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung des Bescheids abzuliefern. Des Weiteren ordnete es die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an. Am 12. Juli 2018 gab die Mutter der Klägerin den Führerschein beim Landratsamt ab.
In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Cham – Jugendrichter – am 31. Juli 2018 widerrief die Klägerin die in der polizeilichen Vernehmung am 28. Dezember 2017 gemachten Aussagen zum Teil. Die Beamtin habe gesagt, sie wolle nur den Dealer haben. Die erworbenen Betäubungsmittel seien für ihren Ex-Freund bestimmt gewesen. Hierzu nahm die sachbearbeitende Polizeibeamtin mit Schreiben vom 16. August 2018 dahingehend Stellung, sie habe die Klägerin als Beschuldigte belehrt und auf § 31 BtMG hingewiesen, ihr aber keine diesbezügliche Zusage gemacht. Daraufhin hätten die Klägerin und ihr ständig anwesender Vater beschlossen, Angaben zu machen. Auf entsprechende Frage habe sie der Klägerin ferner mitgeteilt, es könne zu einer Beschränkung oder Entziehung der Fahrerlaubnis kommen, sofern der Fahrerlaubnisbehörde der Drogenkonsum bekannt werde. Diesbezüglich habe sie ihr zugesichert, sie werde auf eine Mitteilung an die Führerscheinstelle verzichten. Die Klägerin habe sich während der Vernehmung in einer wechselnden Gefühlslage befunden. Ihre Stimmung habe zwischen einer ablehnenden Haltung, Kooperationsbereitschaft, Weinerlichkeit und Reumütigkeit geschwankt. Die Angaben seien stockend erfolgt. An der Glaubwürdigkeit hätten jedoch keine Zweifel bestanden. Die Meldung an die Führerscheinstelle sei durch die Staatsanwaltschaft erfolgt.
Am 13. August 2018 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 6. Juli 2018 ein, den die Regierung der Oberpfalz mit Bescheid vom 21. November 2018 zurückwies.
Die am 18. Dezember 2018 erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 3. August 2020 ab. Die Fahreignung der Klägerin sei wegen des eingeräumten Konsums von Amphetamin entfallen. Der Widerruf dieser Aussage sei nicht glaubhaft. Die Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, sie habe den Konsum von Amphetamin nur deshalb angegeben, weil sie zu der Clique habe dazugehören wollen und weil die Polizeibeamtin sie auf § 31 BtMG hingewiesen habe, seien als Schutzbehauptung zu werten. Dafür spreche, dass die Klägerin bei der Beschuldigtenvernehmung am 28. Dezember 2017 detailliert und in sich schlüssig geschildert habe, von wem und wo sie das Amphetamin bezogen, wie sie es konsumiert und wie viel sie hierfür bezahlt habe. Insbesondere durch die Differenzierung, dass sie die Droge einmal konsumiert und den Rest habe abgeben wollen, werde die Aussage durch die genauen, detailreichen Angaben auch in sich schlüssig. Die Formulierungen im Rahmen der polizeilichen Vernehmung und auch in den Chatverläufen („hast den peppen no“) wiesen darauf hin, dass sie mit der Sprache im Drogenmilieu vertraut sei. Zudem habe die bei der polizeilichen Vernehmung angegebene Durchsuchung des Zimmers der Klägerin durch ihren Vater auch tatsächlich stattgefunden. Damit stehe fest, dass die Ausführungen bei der polizeilichen Vernehmung nicht gänzlich frei erfunden seien. Es komme auch nicht entscheidend darauf an, ob Drogen aufgefunden worden seien, sondern darauf, ob ein einmaliger Konsum stattgefunden habe. Für die Richtigkeit der Einlassung bei der polizeilichen Vernehmung sprächen auch die zeitlichen Abläufe und sonstige Umstände, insbesondere, dass der Widerruf erst am 31. Juli 2018 im Strafverfahren erfolgt sei. Wenn die Klägerin bereits eine Woche nach der polizeilichen Vernehmung ihrem Vater auf die Frage, woher sie wisse, wie man Drogen konsumiere, gegenüber erklärt habe, sie habe das nicht getan, die Aussage sei falsch gewesen, sie habe dies im Fernsehen gesehen, sei nicht nachvollziehbar, warum sie die Einlassung dann erst nach einem halben Jahr widerrufen habe. Ihr Bevollmächtigter habe noch mit Schreiben vom 25. Juni 2018 vorgetragen, die Klägerin werde im Strafverfahren ihre Aussagen bestätigen. Auch in der Stellungnahme im Rahmen der Anhörung vom 29. Juni 2018 sei noch nicht von einem Widerruf oder einer Drucksituation bei der polizeilichen Wahrnehmung die Rede gewesen. Der Verfahrensablauf spreche dafür, dass der Widerruf aufgrund der Anhörung und wegen der verwaltungsrechtlichen Konsequenzen erfolgt sei. Auch werde in dem protokollierten Widerruf der Einlassung im Strafverfahren vor allem auf die Fahrerlaubnis der Klägerin abgestellt und auf die Äußerung der Polizeibeamtin zur Fahrerlaubnis eingegangen. Es sei nicht überzeugend, dass die Klägerin – wenn sie selbst nie Drogen erworben, weiterverkauft oder konsumiert habe – eine Falschaussage bei der polizeilichen Vernehmung mache, obwohl sie sonst hätte straffrei bleiben können, und die falsche Aussage dann auch noch über einen langen Zeitraum aufrechterhalte. Soweit sie vortrage, sie habe die Aussage wegen des § 31 BtMG gemacht, spreche dies nicht dafür, dass sie nun die Wahrheit zu einem Drogenkonsum sage. Im präventiven Bereich der Fahrerlaubnisentziehung gebe es auch kein den strafprozessualen Regelungen entsprechendes Beweisverwertungsverbot. Die eine Ausnahme rechtfertigende Verletzung fundamentaler Rechtsgrundsätze liege hier nicht vor. Von einer Täuschung durch die Polizeibeamtin sei nicht auszugehen. Der Hinweis auf § 31 BtMG sei ein richtiger Hinweis auf die Rechtslage gewesen, insbesondere, wenn es um die Verfolgung anderer Angeschuldigter gegangen sei. Sofern die Polizeibeamtin angenommen habe, es werde keine „große Sache“ werden, zeige auch dies, dass sie einen Irrtum der Klägerin nicht habe ausnutzen wollen. Eine Drucksituation während der Vernehmung habe die Klägerin in der mündlichen Verhandlung verneint. Sie habe auch gewusst, dass eine Entziehung der Fahrerlaubnis nicht vollkommen ausgeschlossen sei. Es sei daher anzunehmen, dass sie die Aussage mit dem Ziel einer Strafmilderung wahrheitsgemäß abgegeben habe, wobei sie davon ausgegangen sei, dass es voraussichtlich nicht zu Auswirkungen auf ihre Fahrerlaubnis kommen werde. Dies habe sich letztlich als unrichtig erwiesen, was aber nicht dazu führe, dass die Aussage in Bezug auf den Drogenkonsum inhaltlich nicht glaubhaft sei. Der Einwand fehlender Feststellungen zu Qualität und Menge des konsumierten Betäubungsmittels und des konkreten Zeitpunkts der Einnahme gehe fehl, da bereits die einmalige Einnahme von Betäubungsmitteln mit Ausnahme von Cannabis den Entzug der Fahrerlaubnis rechtfertige. Deshalb könne offenbleiben, ob ein zweimal wöchentlicher Cannabiskonsum, auf den die angefochtenen Bescheide ebenfalls gestützt worden seien, als gewohnheitsmäßiger Konsum anzusehen sei. Auch führe die vorgetragene Drogenfreiheit seit 5. Oktober 2017 nicht zur Rechtswidrigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis, weil die sog. „verfahrensrechtliche Einjahresfrist“ im Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 6. Juli 2018 jedenfalls noch nicht abgelaufen gewesen sei und die bloße Behauptung der Drogenabstinenz regelmäßig nicht genüge. Die Klägerin habe keine besonderen Umstände vorgebracht, die für die Drogenabstinenz sprächen, sodass sich die Widerspruchsbehörde mit der verfahrensrechtlichen Einjahresfrist nicht habe befassen müssen.
Mit ihrem Zulassungsantrag macht die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend. Im fahrerlaubnisrechtlichen Verfahren seien Erkenntnisse verwertet worden, die unter Missachtung fundamentaler Rechtsgrundsätze gewonnen worden seien. Die polizeiliche Sachbearbeiterin habe bei der Beschuldigtenvernehmung zwar mitgeteilt, dass es zu Beschränkungen oder einem Entzug der Fahrerlaubnis kommen könne, sofern der Fahrerlaubnisbehörde der Drogenkonsum bekannt werde. Sie habe aber das Zugeständnis gemacht, auf eine Mitteilung an die Behörde zu verzichten, und trotz besseren Wissens verschwiegen, dass die Staatsanwaltschaft, der sie ihr Ermittlungsergebnis vorlegen müsse, bei entsprechenden Anhaltspunkten für ein Fehlen der Fahreignung der Fahrerlaubnisbehörde davon Mitteilung mache. Durch dieses Verschweigen habe sie die Klägerin zu einer sachlichen Aussage veranlasst. Entsprechend dem „sachgerechten Lauf der Dinge“ habe die Staatsanwaltschaft die Führerscheinstelle auch, wie zu erwarten, unterrichtet. Selbst wenn man nicht von einer fundamentalen Rechtsverletzung ausgehe, sei nicht erkennbar, dass die Klägerin die Einnahme von Amphetamin zugegeben habe. Vielmehr habe sie gesagt, „Pep“ sei eine billige Variante von Koks, was alles andere als Amphetamin sei. Der Widerruf der Aussage sei schon aus diesem Grund verständlich und plausibel. Was sich die Klägerin „in die Nase gezogen“ habe, sei damit völlig offen, selbst wenn man unterstelle, sie hätte sich tatsächlich „etwas in die Nase gezogen“. Jedenfalls sei eine Einnahme von Amphetamin nicht plausibel und schon gar nicht bewiesen. Dass die Klägerin zu Unrecht der Einnahme von Amphetamin bezichtigt werde, belege auch eine bereits durchgeführte Abstinenzkontrolle vom 9. Oktober 2020. Das noch nicht vorliegende Ergebnis einer Haarprobe werde nachgereicht. Nach dem nachfolgend übersandten Befundbericht einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vom 10. November 2020 hatte die einen Zeitraum von sechs Monaten abdeckende Haarprobe ein negatives Ergebnis.
Der Beklagte erwidert, der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sei schon nicht hinreichend dargelegt worden. Im Wesentlichen werde das bisherige Vorbringen bzw. die eigene Rechtsauffassung wiederholt. Es erfolge jedoch keine Auseinandersetzung mit den ausführlichen, schlüssigen und überzeugenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, dessen Beweiswürdigung nicht zu beanstanden sei. Zu ergänzen sei, dass im Bereich des Sicherheitsrechts die Frage, ob unter Missachtung strafprozessualer Vorschriften gewonnene Erkenntnisse berücksichtigungsfähig seien, unabhängig vom Bestehen eines strafprozessualen Beweisverwertungsverbots zu beantworten sei. Selbst wenn ein solches Verbot bestehen sollte, wirke sich dies in der Regel nicht auf das fahrerlaubnisrechtliche Verfahren aus. Da ein Beweisverwertungsverbot im Fahrerlaubnisrecht nicht ausdrücklich normiert sei, sei im Wege der Interessenabwägung über die Beweisverwertung zu entscheiden, was regelmäßig zu einer Zulässigkeit der Verwertung führe. Von einer eine Ausnahme rechtfertigenden Missachtung fundamentaler Rechtsgrundsätze könne hier nicht die Rede sein. Bei der kriminalpolizeilichen Vernehmung sei die vorschriftsmäßige Beschuldigtenbelehrung und der Hinweis auf § 31 BtMG erfolgt. Die Angaben der zum damaligen Zeitpunkt minderjährigen Klägerin seien zudem in Anwesenheit ihres Vaters erfolgt. Der Beschuldigten sei wahrheitsgemäß mitgeteilt worden, dass es zu einer Fahrerlaubnisentziehung kommen könne. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Polizeibeamtin durch das Zugeständnis, keine Mitteilung an die Führerscheinstelle zu machen, absichtlich und damit böswillig die Regelungen der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) zum Zwecke des erweiterten Informationsgewinnes verschwiegen habe. Vielmehr sei der Klägerin mitgeteilt worden, dass eine Entziehung der Fahrerlaubnis grundsätzlich möglich sei. Es sei schon nichts dafür ersichtlich, dass die Angaben der Klägerin im Rahmen der polizeilichen Vernehmung vom 28. Dezember 2017 überhaupt einem strafprozessualen Beweisverwertungsverbot unterlägen. Ein Verwertungsverbot im Rahmen des Verwaltungsverfahrens scheide überdies aus, weil es bei der polizeilichen Aussage jedenfalls zu keiner Zeit zu einer Verletzung fundamentaler Rechtsgrundsätze gekommen sei. Auch sei das Verwaltungsgericht zu Recht zu der Überzeugung gelangt, die Klägerin habe (einmalig) Amphetamin konsumiert. Schließlich führe auch das Vorbringen, sie lebe aktuell drogenfrei, zu keinem anderen Ergebnis. Dies sei zwar, insbesondere im Hinblick auf eine spätere Neuerteilung der Fahrerlaubnis, positiv zu bewerten. Maßgeblich sei jedoch die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 21. November 2018.
Mit Beschluss vom 9. Januar 2019 stellte der Jugendrichter beim Amtsgericht Regensburg das Strafverfahren gemäß § 47 JGG gegen die Leistung einer Arbeitsauflage ein.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten sowie die vom Verwaltungsgericht beigezogenen Strafakten (511 Js 9664/18) Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Der geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), ist nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind immer schon dann anzunehmen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16 m.w.N.) und dies zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründet (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).
Der Beklagte wendet zu Recht ein, dass die im Stil einer Berufungsbegründung abgefasste Zulassungsbegründung die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO verfehlt, die eine Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Ausführungen des angefochtenen Urteils verlangen. „Darlegen“ im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO bedeutet „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (vgl. BVerwG, B.v. 9.3.1993 – 3 B 105.92 – Buchholz 310 § 133 [n.F.] VwGO Nr. 11 = juris Rn. 3 m.w.N.). Erforderlich ist deshalb eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird (Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2020, § 124a Rn. 100; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 194; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 59, 63). Daraus folgt, dass die bloße Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens unter vollständiger Ausblendung der Urteilsgründe nicht ausreicht (vgl. BayVGH, B.v. 26.5.2020 – 15 ZB 19.2231 – juris Rn. 14; Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 124a Rn. 49 m.w.N.).
Lediglich mittelbar ist dem Zulassungsantrag zu entnehmen, dass die Klägerin eine von der des Verwaltungsgerichts abweichende Rechtsauffassung (vgl. Urteilsgründe, S. 9) vertritt, da sie geltend macht, die vernehmende Polizeibeamtin habe am 28. Dezember 2017 fundamentale Rechtsgrundsätze verletzt. Welche Grundsätze dies konkret sein sollen, wird nicht weiter dargelegt. Offenbar meint die Klägerin, die Polizeibeamtin sei über ihre Zusage hinaus, keine Mitteilung an die Fahrerlaubnisbehörde zu machen, verpflichtet gewesen, ihr und ihrem Vater näher zu erläutern, auf welchem Weg ein etwaiger Betäubungsmittelkonsum der Fahrerlaubnisbehörde sonst noch hätte bekannt werden können. Woraus sich eine entsprechende Verpflichtung der Polizeibeamtin ergeben soll, wird allerdings nicht dargelegt. Nachdem auch einem Laien bekannt ist, dass an einem Strafverfahren neben dem polizeilichen Vernehmungsbeamten noch andere Stellen mitwirken, insbesondere die Staatsanwaltschaft und das Gericht, für die die Polizeibeamtin keine Zusage hätte abgeben können und auch nicht abgegeben hat, und auch eine etwaige in ein Register einzutragende Verurteilung nicht geheim bleiben muss, konnten die Klägerin und ihr Vater entgegen ihrer Ansicht nicht davon ausgehen, dass die Fahrerlaubnisbehörde von der Aussage der Klägerin keine Kenntnis erhalten werde. Sie haben dies vor dem Hintergrund des bereits vorliegenden Chatverlaufs und belastender Zeugenaussagen in Kauf genommen, damit die Klägerin in den Genuss der Aussicht auf Strafmilderung oder Absehen von Strafe gemäß § 31 BtMG kommen konnte. Im Übrigen stand auch nicht von vornherein fest, dass die Fahrerlaubnisbehörde eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts erhalten würde. Denn die Mitteilung von „sonstigen Tatsachen“ an die Fahrerlaubnisbehörde nach Abschnitt 45 Absatz 2 der Mitteilungen in Strafsachen (MiStra), um die es sich hier handelt, erfolgt nicht zwangsläufig, sondern wenn der anordnende Staatsanwalt oder Richter die zu übermittelnden Erkenntnisse für hinreichend gesichert hält. Ob dies so sein würde, stand vor der Aussage der Klägerin und dem Ausgang des Strafverfahrens noch nicht fest. Letztlich sind Hoffnungen der Klägerin enttäuscht worden. Es ist weder dargelegt noch erkennbar, dass die Beamtin eine Täuschungshandlung im Sinne von § 136a Abs. 1 Satz 1 StPO begangen und einen Irrtum erregt hat, und ferner auch nicht, dass sich hieraus ein Beweisverwertungsverbot im fahrerlaubnisrechtlichen Verfahren ergeben müsste. Die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (Urteilsgründe, S. 9) zu einem Beweisverwertungsverbot, die der Beklagte in seiner Erwiderung unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2018 – 11 CS 18.2254 – juris Rn. 13 f.) vertieft hat, hat die Klägerin nicht angegriffen.
Auch mit der Kritik an der Auslegung ihrer Aussagen zu ihrem Amphetaminkonsum werden ernstliche Zweifel nicht hinreichend dargetan. Für die Frage, ob die Klägerin „Pep“ eingenommen hat, ist unerheblich, ob sie dieses für „Koks“ bzw. Kokain (vgl. https://drugscouts.de/de/lexikon/kokain) gehalten hat. Außerdem kann dahinstehen, ob es sich hierbei um Kokain oder – wie üblich – um Amphetamin (vgl. BayVGH, B.v. 18.4.2011 – 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 – juris Rn. 21: „Pep“ ist eine unter Rauschgiftkonsumenten gebräuchliche Bezeichnung für Amphetamin; vgl. auch Binz/Baumgartner, Kriminalistik 2020, 476/481) handelte. Denn beides sind psychoaktive Wirkstoffe bzw. Betäubungsmittel im Sinne von § 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage III, deren einmaliger Konsum nach ständiger Rechtsprechung unabhängig von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen zum Wegfall der Fahreignung führt (BayVGH, B.v. 14.9.2020 – 11 CS 20.1292 – juris Rn. 11 m.w.N.). Maßgeblich ist somit der (einmalige) Konsum einer sog. harten Droge. Weiter ist der vorgelegte Abstinenznachweis, der nicht die Zeit vor Dezember 2017 betrifft, von vornherein ungeeignet nachzuweisen, dass die Klägerin zu Unrecht der Einnahme von Amphetamin bezichtigt worden ist.
Schließlich ist mit dem Vorbringen der Klägerin auch kein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz dargetan. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist es Sache des Tatsachengerichts, sich im Wege der freien Beweiswürdigung eine Überzeugung von dem entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Die Freiheit, die der Überzeugungsgrundsatz dem Tatsachengericht zugesteht, bezieht sich auf die Bewertung der für die Feststellung des Sachverhalts maßgebenden Umstände. Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich grundsätzlich dem sachlichen Recht zuzuordnen (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 30.12.2016 – 9 BN 3.16 – juris Rn. 12 m.w.N.). Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO und damit ein Verfahrensfehler ist ausnahmsweise nur dann gegeben, wenn die tatrichterliche Beweiswürdigung auf einem Rechtsirrtum beruht, objektiv willkürlich ist oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Natur- oder Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, missachtet, ferner wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätten aufdrängen müssen (stRspr, BVerwG, a.a.O. m.w.N.). Auch dies ist hier jedoch nicht dargelegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1, 2 GKG i.V.m. der Empfehlung in Nr. 46.2 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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