Verkehrsrecht

Erforderlichkeit des Abschleppens eines im absoluten Halteverbots stehenden Kraftfahrzeugs durch die Polizei

Aktenzeichen  M 7 K 16.2609

Datum:
19.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayPAG BayPAG Art. 4, Art. 5, Art. 9, Art. 25 Nr.  1
StVO StVO § 41

 

Leitsatz

Die Polizei darf ein Fahrzeug, das in einem absoluten Haltverbot steht, sofort abschleppen lassen, auch wenn es noch nicht zu einer gegenwärtigen konkreten Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen sein sollte. Ist eine Halteverbotszone zum vorbeugenden Brandschutz eingerichtet worden, um durch eine Erweiterung des Einfahrradius das Einbiegen größerer Rettungs- und Löschfahrzeuge ungehindert zu ermöglichen, erfordert der Zweck des angeordneten absoluten Halteverbots ein unverzügliches Handeln der Polizei. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg.
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Klägers über die Sache verhandeln und entscheiden, da der Kläger ordnungsgemäß geladen und in der mit Postzustellungsurkunde zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Zugunsten des nicht anwaltlich vertretenen Klägers wird angenommen, dass er sich gegen den Leistungsbescheid vom 15. Juli 2016 wendet, mit dem er zu den Kosten eines Abschleppvorgangs in Höhe von 216,69 EUR herangezogen wurde. Das Gericht hat das Begehren des Klägers nach § 88 VwGO zweckentsprechend auszulegen. Seiner Klage vom 8. Juni 2016 lässt sich entnehmen, dass er sich gegen die „Maßnahme vom … 2016 (Abschleppung und Kostenforderung)“ wendet. Bei Klageeinreichung war der Kostenbescheid zwar noch nicht erlassen, doch konnte der Kläger zu diesem Zeitpunkt gegen die Sicherstellung seines Fahrzeugs Klage erheben. Nachdem im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nun der Kostenbescheid vorliegt, wird sein Begehren zweckmäßigerweise als Anfechtung des Kostenbescheids ausgelegt.
Der Leistungsbescheid des Beklagten vom 15. Juli 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat zu Recht vom Kläger die Kosten für die veranlasste Abschleppmaßnahme erhoben.
Rechtsgrundlage für die Erhebung der Kosten der Abschleppmaßnahme sind Art. 9 Abs. 2 Satz 1, Art. 28 Abs. 3 Satz 1, Art. 76 Polizeiaufgabengesetz (PAG) i. V. m. Art. 1 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 Kostengesetz (KG), § 1 Polizeikostenverordnung (PolKV). Danach setzt die Kostenerhebung voraus, dass die Polizei anstelle des Verantwortlichen eine Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten unmittelbar ausgeführt hat und die abgerechneten Kosten dafür angefallen sind. Weiter besteht Einigkeit darüber, dass die Kostenerhebung auch davon abhängt, dass die Polizeimaßnahme rechtmäßig gewesen ist (vgl. BayVGH, U.v. 17.4.2008 – 10 B 08.449 – juris Rn. 12).
Die Voraussetzungen der unmittelbaren Ausführung einer Sicherstellung des Kraftfahrzeuges (Art. 9 Abs. 1 i. V. m. Art. 25 Nr. 1 PAG) lagen vor. Das Fahrzeug des Klägers stand am … 2016 unter Verwirklichung des objektiven Tatbestandes einer Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i. V. m. § 49 Abs. 3 Nr. 4, § 41 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) i. V. m. Anlage 2 lfd. Nr. 62 Zeichen 283 zur StVO im absoluten Haltverbot.
Das Abschleppen des klägerischen Fahrzeugs war ermessensfehlerfrei (Art. 5 PAG) und verhältnismäßig (Art. 4 PAG). Dem Kläger ist nicht zu folgen, wenn er meint, die Maßnahme sei unverhältnismäßig gewesen, da sein Fahrzeug die abbiegenden Fahrzeuge nicht behindert habe. Die Polizei darf ein Fahrzeug, das in einem absoluten Haltverbot steht, sofort abschleppen lassen, auch wenn es noch nicht zu einer gegenwärtigen konkreten Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen sein sollte (vgl. BayVGH, B.v. 6.8.2002 – 24 ZB 01.2666 – juris Rn. 4). Die vorliegende Halteverbotszone ist zum vorbeugenden Brandschutz eingerichtet worden, um durch eine Erweiterung des Einfahrradius das Einbiegen größerer Rettungs- und Löschfahrzeuge ungehindert zu ermöglichen. Der Zweck des angeordneten absoluten Halteverbots hat damit ein unverzügliches Handeln der Polizei erfordert, um den Rettungsweg frei zu halten.
Der Kläger war als Halter und Fahrer des Fahrzeuges der richtige Adressat des Kostenbescheids. Einwendungen gegen die Kostenhöhe wurden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 216,69 festgesetzt(§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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